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Kreidefossilien

Begonnen von plaenerdd, Januar 13, 2018, 18:41:25 NACHMITTAGS

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plaenerdd

Hallo,
nachdem ich den Jahreswechsel auf Rügen verbracht und auch der Kreide-Küste wieder einen Besuch abgestattet hatte, habe ich meine alte Kreidefossiliensammlung mal wieder vorgekramt. Diesmal habe ich mein Augenmerk besonders auf die Kleinfossilen gelenkt, die als Aufwuchs auf den größeren Fossilien zu finden sind. Die Kreide ist ja in einem Abschnitt des Schelfmeeres entstanden, der damals ca. 200 km von der nächsten Küste entfernt war. Nur allerfeinste Sedimentpartikel überwiegend biologischen Ursprungs kamen hier zur Ablagerung, so dass der Grund überwiegend schlammig gewesen sein dürfte. Da wundert es kaum, dass jede verfügbare Anheftfläche von sessilen Lebenwesen genutzt wurde. Dazu zählen auch die auf dem Grunde liegenden Schalen abgestorbener Belemniten ("Donnerkeile") und die leeren Gehäuse von Seeigeln, von denen die Stacheln abgefallen sind.
In Übersichtsbild zwei Rostren von Belemnella occidentalis und die Corona eines Galerites vulgaris mit reichlich Bewuchs:
Bild 1


Schon im Übersichtsbild fallen die relativ großen Serpel auf, kalkige Wohnröhren von Würmern. Hier zwei Ansatzflächen von spiralig wachsenden Serpeln (oben) und einer Muschel (Dimyodon sp.) (unten) auf einem "Donnerkeil":
Bild 2


Es gibt zahlreiche Muscheln, die sich mit einer Klappe an einem Substrat verankern. Hier ist es Spondylus sp., die sich neben einer Moostierchenkolonien auf der Schale eines Seeigels ein Plätzchen gesucht hat:
Bild 3


Nachfolgend noch zwei Ansatzflächen, die ich nicht näher bestimmen konnte. Wahrscheinlich ist eine (Bild 5) von einem Brachiopoden, wenn nicht sogar beide:
Bild 4:


Bild 5:


Sehr groß ist die Artenvielfalt der Bryozoa (Moostierchen). Bei über 250 in der Rügener Kreide beschriebenen Arten, die zudem noch eine große Variationsbreite aufweisen, weil die Form Einzelgehäuse (Zoarien) unter anderem auch von der Wasserbewegung mitbestimmt wird, traue ich mir nichteinmal eine Gattungszuordnung. Hier ein paar Beispiele:

Bild 6:


Nicht von Rügen, sondern von der Kanalküste (Fecamp) mit zwei Bryozoenarten auf dem Gehäuse eines Herzigels (Cardiaster sp.):
Bild 7


Das letzte Bild zeigt die Ansatzfläche einer Octokoralle:
Bild 8


Alle Bilder wurden am Stereomikroskop MBS-10 als Einzelbilder fotografiert.
Vielleicht veranlaßt mein Beitrag doch den Einen oder Anderen seine Urlaubs-Mitbringsel von einer Kreideküste etwas genauer zu betrachten. Als Literatur kann ich empfehlen:
H. NESTLER: Die Fossilien der Rügener Schreibkreide, Neue Brehm-Bücherei A. Ziemsen-Verl. Wittenberg Lutherstadt 1975, das als Reprint zu haben ist.

Beste Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Ulrich S

Moin,
Bild  5 sollte eine Crania (Isocrania) sein.
Grüße
Ulrich
Es kommt immer anders wenn man denkt

plaenerdd

Hallo Ulrich,
das war auch mein erster Gedanke, da das schädelartige Erscheinungsbild ja für die Crania bzw. Isocrania namensgebend ist. Allerding habe ich im NESTLER gelesen:
Zitat von:  Nestler 1975"Bei Isocrania erfolgt die Verwachsung nur im Bereich des Wirbels....
Bei der Rügener Art I. costata ist an ausgewachsenen Klappen nur selten eine Anheftungsstelle festzustellen. Sie werden immer isoliert im Sediment gefunden. Nach SURLYK (1973) besiedelten sie speziell sehr kleine Substrate, die mit dem Heranwachsen der Klappen völlig funktionslos werden."

Deshalb bin ich irgendwie skeptisch. Müsste man mal einem richtigen Kreidespezi zeigen. Laut Mineralienatlas sind auch noch zwei weitere Arten von dort beschrieben: Isocrania barbata und Crania antiqua, aber zu denen habe ich keine Bilder finden können.
LG Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
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Inverses: Willovert mit Ph

Ulrich S

hmm,
frag doch mal den Hr. Kutscher vom Kreidemuseum Gummant
http://www.kreidemuseum.de/
wenn der es nicht weiß, dann niemand
Grüße
Ulrich
Es kommt immer anders wenn man denkt

plaenerdd

Hallo Ulrich,
ja, Manfred Kutscher ist mit Sicherheit einer derjenigen, die sehr viele Rügener Kreidefossilien in der Hand hatte. Er war aber auch immer sehr spezialisiert auf Stachelhäuter. Ich habe ihn Mitte der 80er Jahre mal auf der Geschiebetagung in Saßnitz getroffen. Da war ich noch Lehrling. Er müsste inzwischen Mitte 70 sein. Ich wußte aber nicht, dass er in dem Kreidemuseum aktiv ist. Im Netz habe ich gerade gelesen, dass er es sogar gegründet hat. Werde dort mal anfragen. Mal sehen, ob er Zeit dafür hat.
Beste Grüße
Gerd
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