Cylindrospermum ! (Anabaena oder Nostoc ?)

Begonnen von WinfriedK, Februar 04, 2018, 21:31:01 NACHMITTAGS

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WinfriedK

Jetzt muß ich doch mal von meinen schlaflosen Nächten berichten:

Die Bilder kann ich weder zweifelsfrei mit den Beschreibungen von Anabaena noch mit Nostoc in Übereinstimmung bringen.
Entstammen einem ca. 3 mm großen, dunkelgrünlichem Gallerthaufen, die Fäden darin oft gebogen, die Zellen eher zylinderförmig und an beiden Enden meistens eine größere ovale Zelle (das verwirrt mich am Meisten).
An Zellformen kann ich eigenlich nur zwei verschiedene ausmachen.
Diese zähe Gallertmasse ist optisch schwer zu durchdringen und die Fäden lassen sich so gut wie nicht vereinzeln.
Weder in Büchern noch im Internet konnte ich endgültige Aufklärung finden.









Ob es wohl eine Lösung gibt?

Winfried

Bernhard Lebeda

Zitat von: WinfriedK in Februar 04, 2018, 21:31:01 NACHMITTAGS

Entstammen einem ca. 3 mm großen, dunkelgrünlichem Gallerthaufen, die Fäden darin oft gebogen, die Zellen eher zylinderförmig und an beiden Enden meistens eine größere ovale Zelle (das verwirrt mich am Meisten).


Hallo Winfried

das spricht doch schon für Nostoc. Was lässt Dich denn zweifeln und nicht schlafen? Hast Du "Das Leben im Wassertropfen"?

Viele Mikrogrüße

Bernhard
Ich bevorzuge das "DU"

Vorstellung

liftboy

Hallo erstml,

da muss ich Bernhard zustimmen! Auf Grund der "verdickten Endzellen" tippe ich auf eine Nostoc Art; commune würde ich aber ausschließen, der hat Kugeln in der Mitte.

Grüße
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

Herbert Dietrich

Hallo Winfried,

im "Mikrokosmos" Jg. 81 März 1992  S. 65 - 70 ist ein Artikel über "Spezialisierte Zellen bei Cyanobakterien" von Prof. Dr. Wolfram Braune.
Der könnte eventuell für Dich interessant sein.
Diesen  Mikrokosmos-Jahrgang findest Du unter   http://www.zobodat.at/pdf/Mikrokosmos_81_0001.pdf

Herzliche Grüße
Herbert

WinfriedK

#4
Ich danke euch für eure Hinweise!

Meine Fotos zeigen eine einfach gestrickte Alge bestehend nur aus identischen zylindrischen Zellformen im Zellfaden und nur einer größeren ovalen Zelle, und nur am Ende, meist an beiden Enden befindlich.
Bei dieser endständigen Zelle ist es mit nicht klar, welche Zellart es ist: Heterocyste, Akinet ..
Die "normalen" Zellen sind zylindrisch.
Heterozysten konnte ich nicht zwischen den immer gleichen Zellen im Zellfaden ausmachen.

Die Beschreibungen, Zeichnungen und Fotos in Streble, Algenführer, hier im Forum u.v.w. Internetreferenzen beinhalten eine viel größere Variabilität bei allen in Frage kommenden Bestimmungen.

Wegen des Gallertklumpens tendiere ich zu Nostoc.

Wahrscheinlich muß man nicht nur die unterschiedlichen Nostoc-Arten mit ihren unterschiedlichen Formen, sondern auch noch die unterschiedliche Entwicklungsstadien berücksichtigen.

Der Artikel über "Spezialisierte Zellen bei Cyanobakterien" von Prof. Dr. Wolfram Braune.
http://www.zobodat.at/pdf/Mikrokosmos_81_0001.pdf
beschreibt Anabaena, darin die Bildung von Akineten mit Bild.

Nostoc Beispielzeichnungen







Treffen bei meinen Fotos nicht zu ..

Ralf Wagner
http://www.mikroskopie.de/mikforum/read.php?2,32282,32282
http://www.mikroskopie.de/mikforum/read.php?2,19325,19325


Bernhard Lebeda

#5
Hallo Winfried

also ich kann Deine Überlegungen und Zweifel sehr nachvollziehen! Man kann aber auch durchaus Hinweise die für Nostoc sprechen zusammentragen:

kennst Du dieses Werk?

https://www.lanuv.nrw.de/fileadmin/lanuv/veroeffentlichungen/arbeitsblatt/arbla9/arbla9.pdf

Ich zitiere S. 179 : " Die Ausbildung der Gallertlager ist charakteristisch für die Gattung Nostoc...."

Die Abbildungen auf S. 181 entrsprechen Deiner Beschreibung der Gallertlager.

Desweiteren finde ich im "Wassertropfen" die Abb. und Beschreibung von Nostoc carneum durchaus Deiner Blaualge ähnlich. Heterocysten können mitten-oder endständig sein. Merkwürdig ist tatsächlich, daß Du bei Deiner keinerlei mittenständige Heterocysten gefunden hast.

Vielleicht läßt sich das Rätsel nicht endgültig klären.

Viele Mikrogrüße

Bernhard
Ich bevorzuge das "DU"

Vorstellung

WinfriedK

Hallo Bernhard,

schön, daß Du nochmal nachgehakt und kommentiert und neues Bestimmungmaterial beigebracht hast!
Ne, solches schöne Material habe ich nicht und von der Existenz und Zugangsmöglichkeit haben meist nur Eingeweihte Kenntnis.
Ich habe mir auch Nostoc carneum angesehen und die gezeigten "hellen" Zellen sollen wohl Heterocysten sein. Akineten werden nicht erwähnt oder gezeigt.
Das Rätsel vom "Wasserkopf" am Ende der Fäden harrt wohl weiterhin der Bestimmung ..
Aber die weitere Makrobeschreibung trifft grob zu.

Inzwischen habe ich Tonnen von Informationen durchlitten und mir sogar kostenpflichtig etwas vom Nostoc-Guru Mollenhauer besorgt, der leider vor kurzem verstorben ist:

Natur und Museum: Band 116.1986 Heft 2 (1 Heft). Bericht der Senckenbergischen Naturforschenden
Gesellschaft. Inhalt u.a.: Mollenhauer,Dieter - Blaualgen der Gattung Nostoc - ihre Rolle in Forschung und Wissenschaftsgeschichte III.

Ich habe es hochpräzise gescannt und hier zum geräuschlosen Download bereit gestellt:
https://1drv.ms/b/s!Am2UlOFjs5MWjVBn0SkIRwH03rAs

Seine äußerst detaillierten Beschreibungen sind wohl nur von Experten zu realen Bildern zu synthetisieren und seine hochkomprimierte Literaturliste ist schwieriger zu bewältigen als der Mount Everest.

Wie Du schon sagst: die fehlenden Heterocysten bleiben merkwürdig, ebenso wie die Natur der großen Zelle an beiden Enden der Fäden.

Hier ein Bild vom neuesten Makro-Entwicklungsstadium in meinem Philadelphia-Käse-Plastikschachtel-Bioreaktor auf der Fensterbank:



Hier passen die Beschreibungen von Streble Nostoc carneum bezüglich Habitat.

Die Mikroaufnahmen der Zellen knöpfe ich mir evtl. noch mal im Abstand von einigen Tagen oder Wochen vor zusammen mit dem Versuch der Vereinzelung der Fäden.

Aber eigentlich will ich ja kein Experte werden sondern ein altes Experiment nachvollziehen
http://stiftung-france.de/forum/viewtopic.php?f=31&t=265

Winfried

Bernhard Lebeda

Zitat von: WinfriedK in Februar 11, 2018, 16:21:39 NACHMITTAGS


Wie Du schon sagst: die fehlenden Heterocysten bleiben merkwürdig, ebenso wie die Natur der großen Zelle an beiden Enden der Fäden.


...aber warum sollte das denn etwas anderes als Heterocysten sein?? Die können wie schon erwähnt endständig sein!

LG Bernhard
Ich bevorzuge das "DU"

Vorstellung

Rene

The are indeed heterocytes. Many genera have heterocytes on the end of the filaments: Anabaenopsis, Cylindrospermopsis are typical examples. Akinetes are resting cells and not formed the whole year round.

Best wishes, Rene

WinfriedK

Ha, jetzt hab ich sie erwischt!
Habe mich als Mikromanipulator und Separator mit der Sicherheitsnadel betätigt.
Die Dinger haben jetzt genauso einen dicken Hals wie ich.
Wenn das keine Akineten sind ..
Man muß nur lang genug jammern.



Und die großen endständigen Wasserköpfe sind Heterozysten, - wegen den als helle Pünktchen sichtbaren polaren nodule/granule wie man hier sehen kann - wenn es keine optische Illusion ist.
Da endständiger Heterocyst nur ein Pünktchen an der Verbindung zur nächsten Zelle.



Aaaber immer noch keine interkalaren Heterozysten.
Vielleicht entwickeln sie sich noch.

Winfried

Rene

Hi Winfried,

Without guarantee, I'm not a freshwater specialist  ;)

True non-branching trichomes with akinetes and heterocytes => Nostocales. Terminal heterocytes. Akinetes directly connected to the heterocyte, vegetative cells without aerotopes => Cylindrospermum. Occuring in submersed mucilaginous mats, and based on occurence in the Netherlands => Cylindrospermum stagnale

HTH, René


WinfriedK

Hallo René,

danke für Deine Hinweise, sie treffen auf meine Probe zu.

"vegetative cells without aerotopes => Cylindrospermum.
Occuring in submersed mucilaginous mats, and based on occurence in the Netherlands => Cylindrospermum stagnale":

kann man bei meiner Probe ausschließen, da meine Nostoc Spezies auch terrestrisch lebt.

Winfried

WinfriedK

#12
So, nach vielen mikroskopischen Abenteuern jetzt hab ich mir mal Beistand von Wilhelm Busch geholt:
"Also lautet der Beschluß" .. daß es Cylindrospermum heißen muß!

Nachdem ich das halbe Internet leergesaugt habe (die andere Hälfte wird von der Kryptominingmafia okkupiert) widerrufe ich was ich gestern gesagt habe und bin heute von Cylindrospermum überzeugt.

Die Morphologie von Heterozyste und Akinete am Fadenende und die Abwesenheit von interkalaren Heterozysten hat mich zu der Entscheidung gebracht.
Außerdem ist die Gallerte flächig-flockig und nicht kugelig wie bei Nostoc.
Darüber hinaus ist ein Aufenthalt nicht nur im Wasser sondern auch im feuchten Boden möglich (der ja mein eigentlicher Untersuchungsgegenstand ist).
Heterozyste und Akinete können auch beidseitig am Fadenende auftreten.
Ob eine Akinete gebildet wird hängt vom Seelenzustand der "Blau-Alge" ab.
Nur Heterozysten an beiden Enden sind also nicht ungewöhnlich (wie in einigen Bildern von mir gezeigt).

Hier gibt es schöne Bilder von den Entwicklungsstadien und der Variationsbreite von Cylindrospermum
https://www.researchgate.net/figure/Light-micrographs-of-Cylindrospermum-a-t-Calatosporum-a-c-vegetative-filaments-wit_fig4_259553598

Und hier eine schöne einfache Liste der Identifikationsmerkmale
http://www-cyanosite.bio.purdue.edu/taxon79.html

Mal sehen, wovon ich morgen überzeugt bin ..

Bernhard Lebeda

Zitat von: WinfriedK in Februar 23, 2018, 20:41:51 NACHMITTAGS


Die Morphologie von Heterozyste und Akinete am Fadenende und die Abwesenheit von interkalaren Heterozysten hat mich zu der Entscheidung gebracht.
Außerdem ist die Gallerte flächig-flockig und nicht kugelig wie bei Nostoc.


Hallo Winfried

tolle Detektivarbeit-ist alles nachvollziehbar, ich schließe mich Deiner Einschätzung an.

Viele Mikrogrüße

Bernhard
Ich bevorzuge das "DU"

Vorstellung