Großwildjagd: Stentor coeruleus (Obacht, massenweise Bilder)

Begonnen von sushidelic, April 23, 2018, 18:07:07 NACHMITTAGS

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sushidelic

Hallo Foristen,

in einer Tümpelprobe, die schon eine gute Weile hier herumsteht, kam es zu einem ordentlichen Aufkommen von Stentor coeruleus. Ein riesen Biest, gerne auch mal über einen Millimeter lang, und recht agil. Direkt aus der Probe auf den Objektträger, mitten im Detrius habe ich mich mit einem 60er Wasserimmersionsobjektiv auf die Jagd nach Bildern gemacht. Zugegeben, ein 60/1.2 war für diese Aufgabe mitnichten die logische Wahl, aber ich wollte mit dem Objektiv einfach mal knipsen. Große Schichtdicke, kein Blitz, eine leider nötige Auslöseverzögerung von einer Sekunde mir Mirror Up und eine Schiene am rechten Zeigefinger machten die Sache recht spannend. Gerade die Schiene war beim Bewegen des Kreuztisches echt mal nervig, aber Dank der Auslöseverzögerung hatte ich ja eh keine Ahnung, wo die Biester in einer Sekunde sein werden.

Also habe ich einen Haufen Material geschossen, mit verschiedenen DICs und Kameraeinstellungen. Ddeswegen sind die Bilder in der Serie auch nicht wirklich konsistent, auch die Stentoren waren in ihrem Erscheinungsbild und der Farbgebung recht unterschiedlich.
Hier eine Selektion, trotzdem eine Menge Bilder, ich hoffe, sie gefallen. Der Messbalken links unten hat immer 25µm.

Den Beitrag habe ich mit viel Interesse und ebenso viel gefährlichem Halbwissen erstellt. Also gerne genau durchlesen und korrigieren!!

Hier ist es mir tatsächlich mal gelungen, ein komplettes Exemplar auf den Chip zu bekommen:



Typisch sind die wie an einer Kette angeordneten Zellkerne:



Hier haben mir zusätzlich die kleineren Cilien in der Mundhöhle gefallen...


...die wohl durchaus eine gewisse Länge besitzen:


Die großen Cilien scheinen mit einer Art Platten verankert:


Am "Fussende" sitzen ebenfalls eine Menge Cilien, die wohl zum festhalten dienen:


Und hier "in action":


Hier ist das Ende geteilt?


Wenn er denn mal sicher Halt gefunden hat, kann er sich mächtig dünn machen...


...oder sich auch verdrehen


Die Oberfläche ist übersäumt mit kleinen Punkten/Pigmenten, die wohl hauptursächlich für die Farbe zu sein scheinen:


Hier eine Beobachtung, von der ich vermute, dass mein Proband "mal musste". Werden die Nahrungsvakuolen einfach nach aussen entleert, oder was geht hier vor?



Feddich!


Manche wurden von extrem schnellen Bakterien (Spirillen?) regelrecht umschwärmt, erinnerte mich irgendwie an Mücken.


Wenn es im Detrius mal eng wird, können sie sich ordentlich verformen (auch hier wieder schön die Zellkerne).


Und noch ein paar ganz gelungene Aufnahmen allgemein:



Und wieder die Bakterien:







Puhh, eine ganze Menge, ich hoffe, ich habe keinem den Datentarif gesprengt...

LG Michael

ImperatorRex

Hallo Michael,
unglaublich gute und detailreiche Fotos, kaum zu glauben dass das Ganze so ohne Blitz gelungen ist.

Bist Du mit Deinem 60er Wasserimmersionsobjektiv direkt in die Tümpelprobe eingetaucht, d.h. es ist ohne Deckglaskorrektur ausgelegt?

viele Grüße
Jochen

sushidelic

Hallo Jochen,

das Objektiv ist mit Deckglas gerechnet und verfügt noch über eine Deckglaskorrektur, mit der man je nach Schichttiefe noch etwas Kontrast herauskitzeln kann. Es handelt sich um ein Olympus UPLANAPO 60XW / 1.2 PSF. Ich hätte nie gedacht, dass es so einen Unterschied macht gegenüber Trockenobjektiven oder Ölimmersion, aber das Bild beim Tümpeln ist wirklich großartig. Ich habe noch 10er, 40er und 60er "Water dipping" Objektive, da kann man dann direkt in die Suppe. Gerade das 10er wollte ich demnächst mal mit Dunkelfeld in der Petrischale ausprobieren. Da brauche ich dann tatsächlich etwas Wasserstand, denn der Arbeitsabstand beträgt gehörige 3.5 mm, die muss man dann mindestens auffüllen.

LG Michael

cabo

Hallo Michael

unglaublich schöne Bilder!

Nur Großwild ist ein Stentor keines   ;D

Gruß

Christian

Peter Reil

Hallo Michael,

tolle Bilder dieses "Riesen"!

Freundliche Grüße
Peter
Meine Arbeitsgeräte: Olympus BHS, Olympus CHK, Olympus SZ 30

steffenclauss

Hallo Michael,

danke für sehr schöne Bilddoku!

viele Grüße
Steffen

sushidelic

Hallo und danke für die Antworten!

@Christian
Goßwildjagd... wie konnte ich bloß! Ich wollte Dir Deinen Threadtitel nicht klauen, und natürlich hast Du Recht, verglichen mit Deinem Beuteschema sind das hier maximal Zwerge :).
Ich hoffe, Du bist mir nicht böse wegen des Titels, dass die "gute Idee" inspiriert war von ebenfalls einem Beitragsnamen hier aus dem Forum hatte ich einfach nicht in meinen Hirnwindungen beim Erstellen des Beitrags.

LG Michael


cabo


Kurt

Hallo Michael,

ich schließe mich den Meinungen von Steffen, Peter und Christian an - tolle Bilder, danke!

Viele Grüße
Kurt

Bob

Hallo Michael,

tolle Fotos, danke fürs Zeigen!
Die Strukturen an der Oberfläche Deines Stentors erinnern mich einerseits an Schmetterlingsflügel, andererseits an die Muster auf D-Mark Geldscheinen.

Es ist übrigens nett, dass Du Dein abgelegtes Mikroskop im Mikromarkt eingestellt hast, dann kann man es wenigstens auf die Ausrüstung schieben, wenn man selbst solche schönen Bilder nicht hinbekommt, sehr mitfühlend, danke! ;D

Viele Grüße,

Bob

ImperatorRex

Zitat von: sushidelic in April 23, 2018, 19:07:13 NACHMITTAGS
Hallo Jochen,

das Objektiv ist mit Deckglas gerechnet und verfügt noch über eine Deckglaskorrektur, mit der man je nach Schichttiefe noch etwas Kontrast herauskitzeln kann. Es handelt sich um ein Olympus UPLANAPO 60XW / 1.2 PSF. Ich hätte nie gedacht, dass es so einen Unterschied macht gegenüber Trockenobjektiven oder Ölimmersion, aber das Bild beim Tümpeln ist wirklich großartig. Ich habe noch 10er, 40er und 60er "Water dipping" Objektive, da kann man dann direkt in die Suppe. Gerade das 10er wollte ich demnächst mal mit Dunkelfeld in der Petrischale ausprobieren. Da brauche ich dann tatsächlich etwas Wasserstand, denn der Arbeitsabstand beträgt gehörige 3.5 mm, die muss man dann mindestens auffüllen.

LG Michael

Hallo Michael,
ein tolles Set an Objektiven! Bitte berichte von Deinen Erfahrungen, es würde mich sehr interessieren, wie Du mit den "Water Dipping" Objektiven so zurecht kommst.
Es hat den Anschein, dass das Objektiv  UPLANAPO 60XW / 1.2 PSF der Traum für jeden Tümpler darstellt. Habe auch gleich mal auf der Webseite von Olympus nachgeschaut: Es verfügt über einen Arbeitsabstand von 0,28 mm...und Autofokus. D.h. wenn Du mit dem Einstellring für die Deckglaskorrektur einstellst, musst Du nicht nachfokusieren?
Ich verwende ja auch sehr gerne WI und verwende das alte Zeiss endlich WI Objektiv Plan Neofluar 63/1,2 W. Aber dieses spielt wohl nur in der Altherren-Liga :-)   Insbesondere verfügt es nur über einen freien Arbeitsabstand von 0,09mm und damit kommt man ja nicht besonders weit in das Präparat.

viele Grüße
Jochen

Bernhard Lebeda

Hallo Michael

da sind megamäßige Aufnahmen dabei!!

Ich bin schwer beeindruckt und ebenso begeistert!

Viele Mikrogrüße

Bernhard
Ich bevorzuge das "DU"

Vorstellung

sushidelic

Vielen vielen Dank für die motivierenden Antworten!

@Bob - So wirklich abgelegt war das Vanox eigentlich gar nicht, gerade im hochauflösenden Bereich komme ich mit der neueren Serie noch nicht an die Kombination SPlan Apo 60x/1.4 + NFK 3.3 heran. Keine Ahnung, ob es daran liegt, dass mein höchstaperturiges Unendlichobjektiv "nur" 1.35 ist, aber das Vanox hat da definitiv mehr rausgeholt. Phasenkontrast habe ich dann auch nicht mehr, den habe ich ständig zum Durchmustern von Tümpelproben genommen, da erkennt man meines Erachtens auf die Schnelle noch mehr als im DIC, und die Möglichkeit, mit einem Tastendruck zwischen negativem und positivem PK zu wechseln war schon klasse. Zum Fotografieren habe ich dann häufig wieder auf andere Kontrastverfahren gewechselt, irgendwie kommt Phasenkontrast "live" besser als auf Bildern. Immerhin hätte ich die Möglichkeit, das auch alles am BX nachzurüsten, aber ob ich das je mache ist fraglich.

@Jochen: Das 60er ist sicher eine Wucht, war auch mein teuerstes Objektiv bis jetzt, aber da auf ein Schnäppchen zu warten ist wohl bei der Seltenheit eher aussichtslos. Ob es beim Drehen des Korrekturringes parfokal bleibt, müsste ich tatsächlich noch mal genauer prüfen. Ich habe immer automatisch die andere Hand am Feintrieb, wenn ich daran drehe, und fokussiere mit. Ich meine, das durchaus Fokusdrift da war, wenn auch nicht annähernd so viel wie bei meinem 40er oder 60er Trockenobjektiv. Wirklich toll daran ist, dass der Kontrast auch in der Tiefe der Probe viel besser bleibt, auch im DIC, als mit Trocken- oder Ölobjektiven. Man merkt fast nicht, dass man sich schon beinahe auf dem Grund befindet, und durch den "komfortablen" Arbeitsabstand und die niedrige Viskosität von Wasser als Immersionsmedium rührt man auch seine Probe nicht mit dem Deckglas durch.
Die LUMPLFLs sind spezielle Biester. Eigentlich für Gewebeproben gedacht, hatte ich sie mir angeschafft, um Auflichtbilder von Diatomeen mit höchster Apertur zu schiessen. Also Kieselalgenschalen in die Petrischale, Wasser drüber, und dann von aussen beleuchten. Immerhin hat das 40er eine Apertur von 0.8 bei einem Arbeitsabstand von 3.3mm. Aber das ganze ist so umständlich, dass ich das bis jetzt nur einmal umgesetzt habe. Man rührt mit der Spitze die Probe einfach zwangsweise ordentlich durch, und auch das Navigieren in der Schale ist noch nicht so meines. Wie gesagt, mit dem 10er und Dunkelfeld in einer Teichprobe, das könnte was werden.
Das Plan Neofluar ist aber auch ein tolles Objektiv, da habe ich schon unglaubliche Bilder gesehen. Das war mit der Grund, mich auch nach einem Wasserimmersionsobjektiv mit Deckglaskorrektur umzusehen. Allerdings wusste ich gar nicht, dass der Arbeitsabstand so gering ist, da bleibt das Beobachten ja wirklich nur auf Objekte direkt unter dem Deckglas begrenzt..

Viele Grüße,
Michael

kare

Hallo Michael,

da sind dir interessante und fantastische Bilder gelungen!

Grüße, Karl