Botanik: Blattstiel der Esche (Fraxinus excelsior) *

Begonnen von Fahrenheit, November 16, 2009, 23:40:09 NACHMITTAGS

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Fahrenheit

Liebe Mikrofreunde,

Blattstiele und kein Ende! Hier der der Gemeinen Esche (Fraxinus excelsior), Baum des Jahres 2001 und ein wichtiger Nutzbaum, da das zähe Eschenholz zum Beispiel für Werkzeugstiele ideal ist.

Bild 1: Blätter der Esche, das Präparat stammt aus dem mittleren Blattstiel.


Bild 2: Botanische Zeichnung zur Esche aus "Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz; Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé; 1885" (Wikipedia)


Präparation:
- Fixierung der etwa 12 mm lange Stücke des Blattstiels in AFE für 48 Stunden
- Härten in Ethanol 70%
- Schnitt mit Zylindermikrotom und Klingenhalter, Schnittdicke 50µm

Färbung 1 nach Wacker
- nach dem Rezept von Eckhard Voelcker (Schnitte bleiben in einem Uhrglas,
 die Flüssigkeiten werden jeweils zugegeben und abgezogen).
- Ausgangsmaterial in Ethanol 70%
- ca. 6 bis 8 Minuten in Acridinrot 1% in Ethanol 50%
- Überführen in Aqua dest.
- ca. 20 Sekunden in Acriflavin 1% in Aqua dest
- Wässern (mehrmaliger Wechsel)
- ca. 3 bis 4 Minuten in Astrablau 2% in Aqua dest (1:1 verdünnt mit Aqua dest) mit wenig
 Acriflavin, sodass ein grüner Farbton entsteht.
 (Färbelösung in einem eigenen Uhrglas erstellt: 5 Tropfen Aqua dest, 5 Tropfen Astrablau
  und ein Tropfen Acriflavin. Dann in das Färbeglas übertragen)
- Wässern
- Überführen in Isopropanol mit einer Spur Acriflavinlösung für 10 Sekunden
- Absaugen, 3-mal Isopropanol in schnellem Wechsel (10 Tropfen für je 10 bis 30 Sekunden)
- 2-mal Isopropanol für je 3 Minuten +
- Eindecken in Euparal

Färbung 2 AcriBER
- AcriBER Färbung mit BKB, Acriflavin und Erythrosin (Tetraiodfluorescein, E127) in
 wässrigen Lösungen
 - BKB 1,25%
 - Acriflavin 1% für 30 Sekunden
 - Erythrosin für 10 Minuten
 - Isopropanol/Xylol/Malinol
- Wässern (2-mal wechseln)
- Färben in BKB 1,25% für 5 Minuten
- Wässern (2-mal wechseln)
- Färben mit Acriflavin für 30 Sekunden
- Wässern (wechseln bis kein Acriflavin mehr im Spülwasser)  
 (Lupenkontrolle: Sklerenchym grün, restliches Gewebe gelb-orange)
- Färben mit Erythrosin in wässriger Lösung (Ansatz einige Kristalle in 10 Tropfen
  Aqua dest.)
- Wässern (2 bis 3 Mal wechseln)
- Entwässern mit Isopropanol (2-mal wechseln nach 10 und 30 Sekunden, anschließend
  2 Mal für je 2 Minuten)
- Überführen in Xylol (3 Mal wechseln nach 30 Sekunden und jeweils 3 Minuten)
- Eindecken in Malinol
Das Erythrosin wird sowohl in Wasser als auch im polaren Isopropanol wieder ausgezogen. Das Eindecken erfolgt daher nach dem Entwässern in Isopropanol über Xylol in Malinol.

Die Technik
- Leica DM E mit N-Plan und C-Plan Objektiven (Vergrößerung siehe Bildbeschreibung)
- Canon A520 an Leica Periplan mit dem Herrmannschen Adapter
- Stacken mit Zerene Stacker (Build 07.2009)
- Bildbearbeitung mit XNView (Korrektur des Schwarz- und Weisspunkts,
 Größe angepasst und leicht nachgeschärft)

Nun aber zu den Bildern, die beiden Färbungen (immer in der Reihenfolge W3A und AcriBER) sind bei jeweils gleicher Vergrößerung gegenübergestellt.

Bild 3 und Bild 4: Übersicht über den Schnitt, N-Plan, Vergrößerung 50x, Stapel aus 16 bzw. 8 Bildern



Bild 5 und Bild 6: Ausschnitt vom Mark bis zur Cuticula, Bild 5b mit Beschriftung; C-Plan, Vergrößerung 200x, Stapel aus 15 bzw. 12 Bildern




Bild 7 und Bild 8: Details aus einem Nebenleitbündel bzw. dem Hauptleitbündel, C-Plan, Vergrößerung 400x, Stapel aus 5 bzw. 12 Bildern



Bild 9: Polbild aus dem Leitbündel mit Oxalatkristallen, C-Plan, Vergrößerung 400x, Stapel aus 11 Bildern

Auch die Esche lagert Calciumoxalat ein, allerdings nicht wie bei der Walnuss oder der Pappel in Sternförmigen Drusen, sondern in einzelnen Kristallen, die in unterschiedlicher Anzahl in den vielen Zellen zu finden sind.
Leider fällt die Bildqualität wegen der Schwäche der Canon A520 bei Polbildern stark ab.

Ich finde es recht spannend, dass der grundsätzliche Aufbau der Leitbündel sich bei den Blättern der Laubbäume, die wir bisher gesehen haben (Walnuss, Pappel, Esche, Platane) nicht wesentlich unterscheidet.
Bei der Pappel gibt es zwar mehrere übereinandergeschichtete Leitbündel, bei der Platane größere Nebenleitbündel und bei der hier gezeigten Esche nur einen Ring mit wenigen sehr kleinen Nebenleitbündeln, aber die Grundstruktur aus einzelnen, in Ringen dicht aneinanderliegenden Bündeln, getrennt von ein bis mehrzelligen Markstrahlen, ist gleich.

Herzliche Grüße
Jörg

Edit: Bilder wiederhergestellt und Bild 5b (Beschriftung) ergänzt
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Druse

Mensch Jörg,

gigantisch schön!

Tolle Doku, klasse Bilder, super Färbungen!

Viele Grüße
Mila

Fahrenheit

Liebe Mila,

vielen Dank für Dein großes Lob!

Am Donnerstag in 2 Wochen werden wir ja in Bonn Gelegenheit haben, auch die AcriBER Färbung durchzuführen. Dazu werde ich eine kleine Menge Erythrosinlösung ansetzen und mitbringen - es werden ja immer nur ein paar Tropfen benötigt.

Bisher habe ich die immer nach Bedarf im Uhrglas erstellt.

Herzliche Grüße
Jörg
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Eckhard

Lieber Jörg,

wirklich sehr schön geworden. Du hast recht, bis auf die fehlende "Nussform" ist es der selbe Aufbau wie bei der Walnuss. Wie gut lässt sich die Esche schneiden?

Herzlicher Gruss
Eckhard
Zeiss Axioscope.A1 (HF, DF, DIK, Ph, Pol, Epifluoreszenz)
Nikon SE2000U (HF, DIK, Ph)
Olympus SZX 12 (HF, DF, Pol)
Zeiss Sigma (ETSE, InLens SE)

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Fahrenheit

Lieber Eckhard,

auch Dir vielen Dank für Dein Lob!

Der Blattstiel der Esche lässt sich, obwohl etwas dünner als der der Walnuss, sehr gut schneiden.
Ich hatte es oben nicht erwähnt: geschnitten habe ich ohne Einbettung. Die gehärtete Probe stand frei in der Klemme meines Zylindermikrotoms.
Die Schnitte waren mit schräg gestellter Klinge und ziehendem Schnitt kein Problem.

Herzliche Grüße!
Jörg
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Klaus Herrmann

Lieber Jörg,

ganz großes Lob für die sorgfältige Darstellung und natürlich die Spitzenpräparate!

Schade, dass die Kamera im Pol so schwach ist. Das ist mir bei der noch älteren A 95 nie aufgefallen. Und bei der A 620 ist es überhaupt kein Problem, selbst Fluoreszenzbilder werden gut!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Michael W.

Lieber Jörg,

wie immer eine vorbildliche Darstellung. Gute Dokumentation, hervoragende Präparate und top Fotos. Da lacht das Mikroskopiker-Herz  :D
Besten Dank für die präzise Beschreibung Deiner Vorgehensweise. Ich werde versuchen, es nachzumachen.  ;D

Was mich überascht, ist dass die A520 bei Pol nicht so gut ist. Woran könnte das denn liegen?? Und kann man es irgendwie begrenzen? Ich habe mit meiner A540 leider noch keine Polbilder gemacht. Ich habe mir immer noch keine Polfilter gebastelt. Da ich das aber noch machen möchte, interessiert mich diese "Schwäche" natürlich.

Viele Grüße
Michael
Am liebsten per "Du"

rekuwi

Lieber Jörg,

ich bin genauso begeistert von Deinen Schnitten und den Färbungen. Hervorragend! Schließe mich gerne den Vor"lobenden" an.

Zum Polbild fällt mir auf daß der Hintergrund violett ist. Dieses Problem hatte ich auch bei einer Nikon Coolpix 7900. Mittlerweise vermute ich, daß bei dieser Kamera irgendeine Linse eine "Kunststoffbeschichtung - Vergütung" hat. Dies wirkt fast wie ein Glimmerplättchen, aber die Schärfe ist kaum einzustellen. Die älteren Coolpixe hatten das nicht.
Da hilft nur eine andere Kamera - leider.

Liebe Grüße
Regi

Fahrenheit

Liebe Regi, lieber Klaus, lieber Michael,

danke für Eure lobenden Worte, es freut mich, dass Euch meine Darstellung gefällt!

Und insgeheim hoffe ich natürlich, dass die eine oder der andere sich auch einmal mit der AcriBER - Färbung oder einem andern BEN-Abkömmling beschäftigt und seine Ergebnisse hier zeigt. Die Färberezepte sind ja noch ganz frisch und da gibt es sicher Verbesserungspotential.

Liebe Regi, so ähnlich habe ich es mir auch gedacht, da ist etwas im Strahlengang, das zu einer Wellenlängenverschiebung führt und auch die Fokussierung beeinträchtigt. Dem versuche ich durch festhalten eines einmal gewählten Fokus und weiträumiges Stacken entgegen zu wirken, aber bessere Ergebnisse wie die gezeigten sind leider für mich nicht drin. 

Herzliche Grüße
Jörg
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Fahrenheit

#9
Liebe Freunde der botanischen Färberei,

hier möchte ich nochmal den quergeschnittenen Blattstiel der Esche zeigen, diesmal mit einer von Rolf-Dieter Müller auf Basis der Safranin/Astrablau Färbung ersonnenen Dreifachfärbung Safranin/Astrablau/Chrysoidin (Müller SAC), die im Vergleich zur bekannten Zweifachfärbung lignifizierte Zellwände noch deutlicher differenziert.

Wie immer das Rezept auf Basis vorliegender Schnitte in Ethanol 70%:
- Alkoholstufen 50% und 30%, anschließend Wässern (2-mal wechseln)
- Färben in Safranin 0,1% (5 bis 7 Minuten)
- Wässern
- Normalerweise erfolgt eine Differenzierung in Salzsäure/Ethanol (0,5ml HCL 30% auf 100 ml
 Ethanol 70%), hier nur mit Ethanol 70% unter Lupenkontrolle (hatte keine HCL im Haus)
- Unterbrechen der Differenzierung mit Aqua dest.
- Mehrfach Spülen
- Färben mit Astrablau 2% für ca. 30 Sekunden
- Wässern
- Färben mit Chrysoidin 0,1% unter einmaligem Erhitzen für 5 bis 7 Minuten
- Wässern, 3x wechseln
- Entwässern mit Isopropanol (2x wechseln nach 10 und 30 Sekunden, anschließend
 3 Mal für je 3 Minuten)
- Eindecken in Euparal

Nun die Bilder:

Bild 10: Übersicht, bei 50-facher Vergrößerung, Stapel aus 9 Bildern


Bild 11: Vom Markparenchym bis zur Epidermis, Vergrößerung 200x, Stapel aus 10 Bildern


Bild 12: Zentral im Bild zwei Phloemzellen mit Siebplatten, Vergrößerung 400x, Stapel aus 8 Bildern


Die Schnitte sind nicht mit Klorix "geputzt" und enthalten in den Parenchymzellen um die Sklerenchymkappen gruppen von Calciumoxalat-Kristallen.

Die Färbung besticht meines Erachtens durch Ihre frischen Farben und die gute Differenzierung der Leitbündel. Hier nicht im Bild: auch die Cuticula wird vom Chrysoidin gut angefärbt. Besonders, wenn der Färbeansatz erwärmt wurde.

Herzliche Grüße
Jörg

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Druse

Superschön Jörg,

vielen Dank, die LB sind toll dargestellt, man sieht auch die Siebplatten im Phloem, klasse!

Ich freue mich auf das Färben,

herzliche Grüße
Mila

Eckhard

Lieber Jörg,

wirklich sehr schön geworden. Irgendwie hab ich den Eindruck, dass in den jetzt gesammelten Blättern sehr viel mehr Calziumoxalat drin ist als im Sommer. Post ist übrigens noch nicht an Dich unterwegs - kommt aber noch.

Herzliche Grüsse
Eckhard
Zeiss Axioscope.A1 (HF, DF, DIK, Ph, Pol, Epifluoreszenz)
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Fahrenheit

Liebe Mila, lieber Eckhard,

schön, dass Euch die Präparate gefallen! Einen guten Teil des Lobes gebe ich an Rolf-Dieter weiter, dem wir das schöne Rezept zu verdanken haben.

Mit dem vermehrten Auftauchen von Drusen bzw. Kristalleinlagerungen allgemein hast Du sicher Recht, lieber Eckhard.  Da die Einlagerung des Calciumoxalats gemeinhin als Abfallbeseitigung der Pflanze verstanden wird, denke ich, dass das auch zu erwarten ist. Während der Stoffwechsel-aktiven Phase des Blattlebens dürften die Kristalle kontinuierlich aufgebaut werden, um im Herbst kurz vor dem Fall des Blattes ihre maximale Größe/Anzahl zu erreichen.

Herzliche Grüße
Jörg
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Detlef Kramer

Lieber Jörg,

recht hast! Um es zu präzisieren: Ca2+ ist für das Cytoplasma der lebenden Zelle Gift. Da die Pflanze aus dem Bodenwasser aber zwangsläufig etwas aufnimmt, muss sie es unschädlich machen, indem sie es in die Vakuole transportiert, wo es mit dem Oxalat das sehr schwer lösliche Salz bildet.

Herzliche grüße

Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Druse

Hallo,

die Pflanzen lösen ihr Müllproblem schon sehr praktisch: in Vakuolen oder Exkretbehältern abgelagert wird allerhand entsorgt und dient möglicherweise der Pflanze als Fraßschutz oder uns in der Phytotherapie :)

Viele Grüße,
Mila