Botanik: Ölkörper bei Lebermoosen *

Begonnen von A. Büschlen, Januar 03, 2010, 20:26:47 NACHMITTAGS

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A. Büschlen

Hallo,

haben sie schon einmal den aromatischen Duft von Lebermoosen erlebt?-
Einige Lebermoose duften tatsächlich und dieser Duft kann bei deren Bestimmung weiter helfen. Dieser Duft stammt von aetherischen Oelen.
Seit einigen Wochen Versuche ich mich in der Bestimmung der Moose. Mir scheint, dass ich mir dabei nicht die einfachste Aufgabe gestellt habe!
Oelkörper sind eine Besonderheit der Lebermosse. Bei der Bestimmung von Lebermoosen kommt unweigerlich die Frage nach der Anzahl, Form und Grösse der Oelkörper.

Hier eine Aufnahme vom Laminazellen mit Oelkörpern. Aufnahme mit der guten alten Nikon Coolpix 990



Freundliche Grüsse

Arnold Büschlen
Schwerpunkt z.Z.:
- Laub- und Lebermoose.
- Ascomyceten als Bryoparasiten.
- Nikon Optiphot I mit HF, DIC.
- Nikon Microphot mit HF, Pol.
- Zeiss Standard Universal mit HF, Ph, Pol.
- Wild M3Z mit Ergotubus.
- Nikon SMZ-U Zoom 1:10 mit ED Plan Apo 1x.

Ragin

Hallo Herr Büschlen
Vielen Dank für ihren interessanten Beitrag. Mir geht schon lange die Frage durch den Kopf, an welchen Inhaltsstoffen es liegen mag dass Extrakte des Lebermooses gegen Pilze wirken. Das wird im Gartenbau angewendet. Auch zur Schneckenabwehr sollen die Präperate nützlich sein.
Allerdings gibt es auch Studien, wonach auch andere Moose dazu geeignet sind. So sind es wohl auch andere Inhaltsstoffe als vielleicht nur die Öle welche da wirken. Gibt es denn Analysen was in den Ölen so drinnen steckt? Haben Sie als Moosexperte dazu Informationen?
Schöne Grüße
Rainer
Ich pflege das bayrische Du, von Mensch zu Mensch

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Hallo Rainer

In Biologie der Moose, von Jan-Peter Frahm, gibt es dazu einen Einblick

Biologie der Moose
1. Auflage 2001
ISBN 3-8274-0164-X
Seite 267 - 271

Kannst du dir auch bei

http://www.subito-doc.de

ausleihen.

Bernhard Kaiser

#3
Guten Morgen Herr Büschlen, Rainer,

aus meiner Arbeit zitiere ich den diesbezüglichen Absatz über die Ölkörper der Lebermoose:

ZitatÖlkörper
Die große Mehrzahl der Lebermoose besitzen in den Zellen der Ober – und Unterblätter, des Stengels und der Perianthien sogenannte Ölkörper. Diese sind zum Teil hell, stark lichtbrechend oder aus vielen, einzelnen, kleinen Tröpfchen zusammengesetzt mehr trübe, jedenfalls deutlich erkennbare Inhaltsstoffe der Zellen.
Anzahl, Form und Farbe der Ölkörper ergeben wichtige Merkmale für die Lebermoosbestimmung. So sind blaue Ölkörper für Calypogeia azurea signifikant. Ist nur ein Ölkörper pro Zelle vorhanden, so liegt Jungermannia caespiticia vor. Sehr viele, kleine Ölkörper hat die Gattung Porella.
Wichtig ist für die Bestimmung, dass immer frische Pflanzen mikroskopiert werden, da die Ölkörper mit der Zeit verschwinden oder sich bereits nach wenigen Tagen desorientieren. Bewahrt man Lebermoose in Plastiktüten verschlossen und nur ganz schwach angefeuchtet bei etwa 5 °C im Kühlschrank auf, sind die Ölkörper länger stabil. Die Haltbarkeit der Ölkörper bei trockenen Herbarbelegen ist sehr unterschiedlich und wird von mir noch weiter untersucht. Bei vielen Arten sind nach einigen Tagen keine Ölkörper mehr zu sehen – bei Bazzania trilobata dagegen konnte ich sie nach 5 Jahren noch erkennen.
Zum Chemismus ist nur kurz anzumerken, dass die Ölkörper keine Öle im chemischen Sinne – also mit ungesättigten Fettsäuren verestertes Glycerol darstellen, sondern zum Teil in die Gruppe der alicyklischen, organischen Verbindungen gehören.
Die Ölkörper kommen im ganzen Pflanzenreich nur bei den Lebermoosen vor und die Frage nach Sinn und Zweck dieser für die Pflanze aufwendig produzierten Inhaltsstoffe ist meines Wissens noch nicht ganz geklärt. Weder handelt es sich um Reservestoffe noch um Stoffwechselendprodukte, da bereits in ganz jungen Pflanzen Ölkörper anzutreffen sind. Möglicherweise sind die Ölkörper Schutzstoffe gegen Tierfraß und den Befall von bestimmten Pilzen und Bakterien. Fungizide Eigenschaften der Moose werden derzeit an der Universität Bonn getestet FRAHM (1999).

Dieses vielleicht zur Ergänzung.

Herr Büschlen, Ihre Aufnahme ist sehr aussagekräftig. Handelt es sich vielleicht bei dem Lebermoos um Lophocolea cf.bidentata ? Sie schreiben von Duft. Ist derselbe "erdig" ?

ZitatSeit einigen Wochen Versuche ich mich in der Bestimmung der Moose. Mir scheint, dass ich mir dabei nicht die einfachste Aufgabe gestellt habe!
Welche Literatur benutzen Sie ?

Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Kaiser

Lit.:
ZitatKaiser, B. (2001):  Beitrag z. Kenntnis d. Moosflora um Velden (Mfr.) und d. angrenzenden Pegnitzalb. Teil 1: Die Horn-, Leber- und Torfmoose. Natur und Mensch. Jubiläumsausgabe 200 Jahre Naturhist. Ges. Nürnberg 213 – 256.

ZitatFrahm, J.- P. (1999): Fungizide Eigenschaften von Moosen in Bonn getestet. Bryolog. RundbriefeNr.25.5.



Fahrenheit

Liebe Moosfreunde,

eine kleine Anekdote sei mir hier erlaubt.

Die Studenten von Herrn Prof. Frahm haben im einmal einen Aufgesetzten mit einem Lebermoos (die genaue Art kann ich leider nicht benennen) gemacht. Prof. Frahm war so nett, den letzten Rest im Rahmen eines von ihm gehaltenen Workshops zur Mikroskopie von Moosen im Bonner Kreis mit uns zu teilen.

Ich war überrascht: der Aufgesetzte war sehr aromatisch und wohlschmeckend. Dabei denke ich, dass die Inhaltsstoffe der Ölkörperchen maßgeblich für den Geschmack verantwortlich sind.

Herzliche Grüße
Jörg 
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

A. Büschlen

Guten Tag,

danke für die Ergänzungen. z.Z. benutze ich vorallem die Moosflora von J.-P. Frahm um mich in der Bestimmung zu üben. Es ist tatsächlich ein üben, von Routine kann noch keine Rede sein!

Aber schon das sammeln der Moose ist ein besonders Erlebnis und die Herbst- und Winterzeit eignet sich vorzüglich dazu.
Ich bleibe dran!

Freundliche Grüsse

Arnold Büschlen
Schwerpunkt z.Z.:
- Laub- und Lebermoose.
- Ascomyceten als Bryoparasiten.
- Nikon Optiphot I mit HF, DIC.
- Nikon Microphot mit HF, Pol.
- Zeiss Standard Universal mit HF, Ph, Pol.
- Wild M3Z mit Ergotubus.
- Nikon SMZ-U Zoom 1:10 mit ED Plan Apo 1x.

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Das ist das schöne an Moose und Flechten.
Man sammelt in der warmen Zeit, jede Menge Material. Und im Winter kann man sich Zeit lassen und das gesammelte Material untersuchen  ;D

Bernhard Kaiser

#7
Herr Büschlen,

bei
Melzer`s Antiquarium
Sauerfelder Str. 8
D-58511 Lüdenscheid

Telefon: 49 2351 / 2 24 64
Telefax: 49 2351 / 2 24 64
e-mail: MelzersAnt@aol.com

können Sie z.Z. für 13,-- € inkl. Porto

Bertsch, Karl: Moosflora von Südwestdeutschland (1959). erwerben.

Dieses Buch ist für Anfänger in der Mooskunde hervorragend geeignet zuerst einmal die Gattungen zu bestimmen.
Die Nomenklatur ist zwar z.Tl. überholt aber Sie haben den Frahm und können bei Bedarf dort weitermachen.

@Mike Guwak
ZitatDas ist das schöne an Moose und Flechten.
Man sammelt in der warmen Zeit, jede Menge Material. Und im Winter kann man sich Zeit lassen und das gesammelte Material untersuchen.
Genau das geht bei Lebermoosen nicht. Dann sind die Ölkörper meistens weg.

Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Kaiser

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Kann ich auch nur empfehlen.
Selber habe ich auch den bertsch für Moose und für Flechten. Sind sehr einfach geschrieben und man kommt damit auch schnell zurecht.

Zwar ein wenig alt, aber darum nicht schlechter  ;)

Oliver S.

#9
Lieber Herr Büschlen,
einer meiner guten alten Botanik-Profs hat mir mal folgenden Tipp zum Moosebestimmen gegeben:
Mann solle einfach versuchen ein Moos zu bestimmen. Ist man sich nicht 100% sicher, dass man es richtig bestimmt hat, also fast immer ;D, so  notiert man seinen vermeintlichen Namen auf einen Briefumschlag und hebt das Moos darin auf (ggf. mit einer Skizze der leicht vergänglichen Merkmale wie der Ölzellen). Betreibt man das Studium dieser interessanten Gewächse über eine gewisse Zeit mit dieser Methode, so wird man irgend wann gewiss auch auf das richtige Moos zum Namen stoßen und so im Laufe der Zeit von der Natur selber berichtigt oder bestätigt.
Diese Methode eignet sich natürlich nur für Leute mit langem Atem. Viel angenehmer ist es, wenn man sich an irgend einen freundlichen "Kenner" wenden kann.
Mir persönlich haben auch sehr die Abbildungen in den einschlägigen Bilderbüchern geholfen, obwohl die Auswahl an Moosen darin natürlich recht begrenzt ist.
Herzliche Grüße,
Oliver
(gern per "Du" )

bini

Ein Hallo in die Runde,

möglicherweise kennen Sie die Seite ja schon.
War mir letzen Sommer bei der Bestimmung recht hilfreich.

http://www.bryophyta.pflanzenliebe.de/

Lieber Gruß
Sabine

Bernhard Kaiser

Hallo Sabine,

eine schöne Seite.
Aber bei ca. 1000 Moosarten in Deutschland lassen sich vielleicht 100 Arten - in einem bekannten Gebiet - mit der Lupe erkennen. Der Rest muß mikroskopiert werden, sonst kommt man nicht weiter.
Aber gerade das ist ja der Reiz.

Liebe Grüße
Bernhard Kaiser

bini

Hallo Herr Kaiser,

ich weiß, ich weiß.
Hab´ mir eh überlegt, ob ich den Link einstellen soll...

Lieber Gruß
Sabine

Wolfgang Bettighofer

Nun, es ist jedenfalls ein sehr schöne Zusammenstellung "terrestrischer" Aufnahmen. Das tut der Notwendigkeit, für Spezialfragen das Mikroskop zu benutzen, keinen Abbruch. Vielen Dank für den Link, Sabine.

Gruß, Wolfgang
Hier gibt es was für Einzellerfreunde: www.protisten.de

Bernhard Kaiser

Guten Morgen Sabine,

ZitatHab´ mir eh überlegt, ob ich den Link einstellen soll...

aber warum nicht?

Das sind Spitzenaufnahmen. Nur solche machen Appetit auf mehr. Dann erst kommt der Wunsch, diese filigranen Winzigkeiten einmal im Mikroskop zu betrachten. Und dann ist es passiert!!!

ZitatKarl Loitlesberger, ein bekannter österreichischer Hepatikologe schrieb an Studienrat Franz Gradl aus Feldkirch in einem Brief vom 1.5.1908: Sie sind also wieder einer, der sich von den Wundern der Mooswelt einfangen liess! Senn(1998).

Einen schönen Tag
Bernhard Kaiser