Tortula ... Ein Versuch ein Moos zu bestimmen

Begonnen von A. Büschlen, Januar 15, 2010, 14:48:07 NACHMITTAGS

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A. Büschlen

Hallo,

in den frostfreien Tagen Ende Dezember sammelte ich einige Moose. Auf einem freistehenden Ahorn fand ich das unten gezeigte Moos. Ich habe es für mich der Gattung Tortula zugeordnet. Zur Verfügung steht mir der Schlüssel zur Bestimmung der Tortula-Arten von E. Maier.

Einer Art konnte ich die erkannten Merkmale noch nicht zuordnen.

Kann mir vielleicht Jemand weiter helfen?




Glashaar

Blattrand umgerollt bis zum Apex

Laminazellen an der Basis des Blattes

Laminazellen Papillös

Blattquerschnitt



Stengelquerschnitt, kein Zentralstrang

Besten Dank

Arnold Büschlen
Schwerpunkt z.Z.:
- Laub- und Lebermoose.
- Ascomyceten als Bryoparasiten.
- Nikon Optiphot I mit HF, DIC.
- Nikon Microphot mit HF, Pol.
- Zeiss Standard Universal mit HF, Ph, Pol.
- Wild M3Z mit Ergotubus.
- Nikon SMZ-U Zoom 1:10 mit ED Plan Apo 1x.

Bernhard Kaiser

#1
Guten Morgen Herr Büschlen,

ich halte Ihr Moos für Tortula cf. muralis.

glattes langes Glashaar; Zentralstrang groß, undeutlich begrenzt; Blattrand bis zum Apex umgebogen; C-förmige Papillen.
Der Blattquerschnitt entspricht ebenfalls der Abbildung von Frau Maier (Naturräumliches Inventar der Schweizer Moosflora – NISM o.J.).

Sie haben den weiten Zentralstrang für nicht vorhanden gehalten.

Ungewöhnlich ist der Standort. Üblicherweise kommt T. muralis an Mauern oder kalkhaltigen Felsen vor. Seltener auch epiphytisch (Nebel/Philippi).

Bitte versuchen Sie das Moos an Mauern und/oder Kalkfelsen wiederzufinden. Es ist häufig und sporuliert reichlich im Frühjahr.

Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Kaiser

A. Büschlen

Guten Tag Herr Kaiser,

ganz herzlichen Dank für ihre Hilfe.

Der anscheinend ungewöhnliche Standort hat mir die Bestimmung nicht leicht gemacht. Welche Bedeutung hat den der Standort?

Der Zentralstrang fehlte mir. Nach welchen Kriterien wird die Frage nach dem Zentralstrang beantwortet? Gibt es Färbelösungen die hier als Kontrastmittel eingesetzt werden können? Ich habe die FCA Lösung angewendet.

Freundliche Grüsse

Arnold Büschlen
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Ralf

Hallo Arnold,

mir gefällt besonders der Blattquerschnitt. Mit welcher Methode hast Du die Blattquerschnitte angefertigt?

Methylblau (Baumwollblau) ist bei Moosen ein übliches Färbemittel, Etzold geht aber auch.


Bernhard Kaiser

Hallo Herr Büschlen,

Tortula muralis ist ein ausgesprochen kalkliebendes, häufiges Moos.
Ahornborke ist kalkhaltig. Die Asche der Rinde enthält um die 80% Kalk.
(Hegi,G.(1931): Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Bd. V.1.)
Dadurch können kalkholde Moose sich hier auch ansiedeln.

Den Zentralstrang der Moose sehen Sie immer bei 400 facher Vergrößerung auch ohne Anfärbung.
In der Mitte Ihres Stengelquerschnittes sehen Sie deutlich eine Gruppe undeutlich begrenzter kleinerer Zellen. Das ist er. In den meisten Fällen ist der Zentralstrang klar umrissen.


Im Schlüssel von Eva Maier komme ich noch nicht ganz weiter:

8* Bauchzellen der Rippe isodiametrisch, in einem Verband mit den Laminazellen  führt zu 11.
11* Blattränder umgebogen oder umgerollt  führt zu 20.
20. endet mit T. subulata und T. mucronifolia. #
Ihr Moos gehört keinesfalls dazu.
Ich muß den Schlüssel nochmal in Ruhe studieren.Frau Maier gehört zu den wenigen Tortula-Spezialisten im deutschsprachigen Europa.

Herzliche Grüße
Bernhard Kaiser




A. Büschlen

Hallo Ralf,

ich habe frisches Pflanzenmaterial verwendet. Das Moosblatt lege ich in einem Tropfen Wasser auf den Objektträger und lege darauf ein Deckglas so, dass ca. 1/3 des Blattes vom Deckglas nicht bedeckt ist. Mit einer Rasierklinge schneide ich dann freihändig so wie man "eine Wurst schneidet" kontrolliert unter der Stereolupe.
Das Bild habe ich im PS von umliegendem Schmutz gereinigt aber es ist nicht gestapelt.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich kleine Moospolster im Petrischalen über Wochen frisch halten.

Freundliche Grüsse

Arnold
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A. Büschlen

Hallo Herr Kaiser,

danke für die Ergänzungen.
Die kalkhaltige Ahornborke habe ich nicht beachtet!

Die Terminologie ist für mich nach wie vor eine rechte Hürde! Wo finde ich z.B. die Definition des Begriffs: "Bauchzellen"?

Freundliche Grüsse

Arnold Büschlen
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Bernhard Kaiser

#7
Hallo Herr Büschlen,

ZitatDie Terminologie ist für mich nach wie vor eine rechte Hürde! Wo finde ich z.B. die Definition des Begriffs: "Bauchzellen"?

Den Begriff "Bauchzellen" kenne ich in diesem Zusammenhang nicht. Konnte mir aber ableiten, daß er synonym für Deuterzellen gebraucht wird. Das sind im Rippenquerschnitt weite, dünnwandige Zellen in der mittleren Ebene bei manchen Laubmoosen.

Lassen Sie sich bitte nicht durch solche Anfangsschwierigkeiten abschrecken. Die Rippenanatomie benötigen Sie beim Bestimmen normalerweise nicht. Bei schwierigen Gattungen (Tortula, Grimmia, Campylopus u.a.) wird sie abgefragt. Aber Ihre Blatt- und Stengelquerschnitte sind gut gelungen und Sie können die Fragen beantworten. Wenn Zweifel auftreten, helfe ich Ihnen gerne, wenn Sie mögen.
Ich habe vor 50 Jahren mit der Bryologie angefangen mit einem Unterschied zu Ihnen: es gab kein Internet, für mich keine Photographie und vor allem keine Ansprechpartner. Nur den Bertsch: Moosflora.

Zwei Bücher empfehle ich Ihnen um mit den Definitionen weiterzukommen:

Magill, R.E. (1990): Glossarium Polyglottum Bryologiae. St. Louis.
(1 Exemplar bei Abe Books. 22,-- € schnell zugreifen.)

Malcolm, Bill and Nancy (2000): Mosses and other Bryophytes. An illustrated Glossary. Napier. New Zealand.

ZitatIch habe die Erfahrung gemacht, dass sich kleine Moospolster im Petrischalen über Wochen frisch halten.

diese Methode kann ich nur für besondere Fragestellungen empfehle, um z.B. Sporenkapseln zum Ausreifen zu bringen. Ansonsten ist es besser, Moose nach der ersten Untersuchung zu trocknen, um sie bei Bedarf wieder aufzuweichen und weiter zu untersuchen. Wenn Sie die Rasen feucht halten, leben die Pflanzen weiter und die Anatomie kann sich verändern.

Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Kaiser




A. Büschlen

Hallo Herr Kaiser,

herzlichen Dank für ihre Erläuterungen und Hilfestellungen.

Freundliche Grüsse

Arnold Büschlen
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Bernhard Kaiser

Hallo Herr Büschlen,

ZitatDen Begriff "Bauchzellen" kenne ich in diesem Zusammenhang nicht. Konnte mir aber ableiten, daß er synonym für Deuterzellen gebraucht wird.
Das stimmt so nicht.

Nach längerem Suchen bin ich auf den Begriff "Bauchzellen" gestoßen.

Dieser geht auf Lorentz (1835-1881) zurück, welcher als Rücken- oder Dorsalzellen die an der Unterseite, als Bauch- oder Basalzellen die an der Oberseite der Rippe gelegenen Aussenzellen so bezeichnete.

Limpricht, K.G. (1890): Die Laubmoose Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. Bd. 1, 23. Kummer, Leipzig.
Lorentz, P.G. (1867): Grundlinien zu einer vergleichenden Anatomie der Laubmoose. Pringsheims Jahrb, wiss. Botanik. VI.


Limpricht ist übrigens das grundlegende Werk für die Laubmoose.

Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Kaiser