Botanik: Pfefferminze frisch und gefärbt *

Begonnen von sirdul, August 14, 2010, 11:44:18 VORMITTAG

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sirdul

Hallo Forum,

anbei eine kleine Gegenüberstellung von Querschnitte eines jungen Pfefferminzstengels einmal als Frischpräparat
und einmal gefärbt. Geschnitten wurde der unbehandelte Stengel. Für die Frischprärparate wurden die Schnitte in
Wasser aufbewahrt und nach Auswahl im Wasser mikroskopiert.
Die Schnitte für die Färbung wurden mit Clorix 1:4 verdünnt gebleicht, 3 mal gewaschen und mit Etzolsfarbgemisch (FCA)
5 Minuten gefärbt und anschließend in Wasser gewaschen. Eine Differenzierung mit 70 % Ethanol fand nicht statt.
Mikroskopiert in Wasser.

Zuerst eine Gesamtansicht der Schnitte. Die Gesamtansicht wurde aus mehreren Aufnahmen zusammengesetzt.





Das Eckenkollenchym ist bei der gefärbten und gebleichten Variante leider eingerissen. Wirkt Clorix  auflösend auf den Zellverband ?





Die Epidermis und die Cuticula sind nach meiner Meinung in der ungefärbten Variante informativer als in der gefärbten Variante.
Interessant, dass die Epidermiszellen violett erscheinen. Welchen Zweck dient es, hier Farbstoffe einzulagern ?





Als nächstes die Leitbündel. Die mit Nummer 1 gekennzeichneten Stellen dürften das Phloem sein, die mit der Nummer 2 das Xylem.
Überrascht hat mich, dass die im ungefärbtem Präparat chlorophylhaltigen Zellen in der gefärbten Variante rot erscheinen. Ich nehme an,
dass die Zellen nicht verholzt sind, sondern dass die Rotfärbung auf die nicht durchgeführte Differenzierung beruht.
Handelt es sich hierbei um ein kollateral geschlossenes Leitbündel ? Ich hätte auch mehr verholzte Zellen erwartet, aber der Stengel war jung,
ich nehme daher an, dass die Verholzung noch nicht stattgefunden hat.





Zum Schluß eine Aufnahme der chlorophylhaltigen Zellen. Interessant, dass die Zellen eine unterschiedliche Dichte an
Chlorophyl aufweisen ( von Stengel außen nach Innen abnehmend ) und das Chlorophyl gleichmäßig verteilt an der runden
Zellwand  "gepreßt"  ist.



Ich werde versuchen einen " alten " Stengel quer zu schneiden, um zu sehen, ob eine stärkere Verholzung stattfindet.

Gruß aus Kronach

Ludger Benning

Holger Adelmann

Sehr interessanter Schnitt, Ludger, besonders das Eckenkollenchym.
Habe ich so schön noch nicht gesehen !

Herzliche Grüsse
Holger


Detlef Kramer

Hallo Holger,

das alles ist sehr informativ, vor allem das Kollenchym im unbehandelten Zustand. Klar, das Clorix kann verheerendes bewirken.

Das beschriftete Foto habe ich mir erlaubt, ergänzend zu markieren - da ist einiges durcheinander geraten.


Es handelt sich um einen Leitbündelring, der sich sehr wohl im sekundären Dickenwachstum befindet. Das Phloem ist sehr schön aufgelöst, es handelt sich um die Zellen links von der Schrift!

Wenn nicht alles klar ist, nachfragen!

Detlef


Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Mila

Hallo Ludger,

das ist eine wunderschöne Pfefferminzspross-Doku :)

So schön habe ich das Eckenkollenchym auch noch nicht gesehen. Für mich und meine "Brut" sind die Fotos der ungefärbten Schnitte natürlich sehr wertvoll, denn so sehen wir es ja im Unterricht.
Vielleicht erwischst Du ja noch eine Drüsen"schuppe" (Drüsenhaar mit achtzelligem sezernierendem Köpfchen), wenn Du noch mal Pfefferminze schneidest.

Ein bisschen grübel ich noch über das sekundäre Dickenwachstum, denn die oberirdischen Teile sterbe ja ab im Winter...

Herzliche Grüße
Mila

Detlef Kramer

Aber, aber, liebe Mila,

wer sagt denn, dass das sekundäre DW erst im zweiten Jahr einsetzt? Das beginnt, auch bei einjährigen Pflanzen im späten Frühjahr. Und genau dies erkennt man an der Minze sehr gut, wenn auch etwas später im Jahr (die keimen bzw. sprießen ja auch während der ganzen Vegetationsperiode.

Herzliche Grüße

Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Mila

#5
Lieber Detlef,

dann irre ich wohl..., aber hier ein Zitat aus dem Buch "Anatomie und Histologie der Samenpflanzen" von Stahl.Biskup, Reher:

Das sekundäre Dickenwachstum

Nach Beendigung des primären Sprosswachstums im ersten Lebensjahr zeigen ausdauernde Pflanzen wie Sträucher und Bäume eine tiefgreifende Veränderung beim weiteren Wachstum ihrer Sprossachse. Diese Veränderungen gehen mit einer erheblichen Umfangserweiterung einher, die als sekundäres Dickenwachstum bezeichnet wird.


Viele Grüße
Mila

Entschuldigung: Stahl-Biskup und Reichling sind die Autoren

Detlef Kramer

Liebe Mila,

das, wenn komplett zitiert, ist Quatsch. Wir sollten, um unseren "Nachwuchs" hier und dort bedacht, die Sache untermauern  ;D. Ich bin dabei!

Schönen Sonntag,

Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Mila

#7
Lieber Detlef,

morgen scanne ich den Absatz mal ein. Anders herum habe ich noch nicht gefunden (auch nicht im Lüttge/Kluge/Bauer beim schnellen Durchgucken), dass das sek. Dickenwachstum bereits im ersten Jahr stattfindet. Wie spannend :)

Viele Grüße
Mila

Mila

Hallo,

hier jetzt der versprochene Scan:



Viele Grüße
Mila

Detlef Kramer

Liebe Mila,

der Text ist, gelinde gesagt, missverständlich, denn er bezieht sich auf mehrjährige Gewächse und auch da stimmt das nicht. Aber, jetzt schau doch einmal, wie oft hier im Forum schon Leitbündel bzw. Sprossquerschnitte von einjährigen Pflanzen, bzw. einjährigen Trieben gezeigt wurden, die ein deutliches Kambium und auch die sekundären Gewebe zeigen. Kann doch nicht alles Täuschung sein. Glaube einfach, was Du siehst, natürlich nach selbstkritischer Prüfung.

Hier, als Beispiel, ein Schnitt durch Galium apparine, den ich früher schon einmal gezeigt habe - eine einjähtige Pflanze; im Frühjahr oder Frühsommer geschnitten.


Herzliche Grüße

Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Mila

Lieber Detlef,

erstmal vielen Dank. Natürlich glaube ich nicht an Täuschung, das wäre ja noch schöner :o
Ich schrieb ja auch, dass ich grüble, nicht, dass das ich das nicht glaube ;) Mir war nur ein sekundär verdickter Spross bei der Minze nicht so ganz plausibel. Aber ich sehe es ja natürlich. Wenn uns jetzt aber jemand Jahresringe bei einer Minze präsentiert, dann bin ich wirklich geplättet ;D

Wir haben hier ja schon die dollsten "Sachen" gesehen, auch an geschlossen kollaterale LB bei Dikotyledonen meine ich mich zu erinnern. Leider habe ich im Moment zum Stöbern wenig Zeit, werde das aber selbstverständlich noch tun, sofern ich aus den Tiefen und Untiefen der Drogenkunde wieder herauskommen sollte...

Herzliche Grüße
Mila