Einschlaglupe - hinterlistige Täuschung

Begonnen von Werner, September 09, 2010, 23:04:46 NACHMITTAGS

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treinisch

#60
Hallo Frank,

Zitat von: Frank D. in April 15, 2014, 20:31:56 NACHMITTAGS
jetzt verstehe ich die Marketingstrategie nicht ganz. Ist man denn wirklich der Meinung, die prägende Eigenschaft einer solchen Lupe (Beseitigung der Bildfehler) mit einem angedeuteten dreilinsigen Aufbau vorgaukeln zu können?

heutzutage ist ein schwieriges Konzept. Aber ich glaube, genau das ist etwas, das den Zeitgeist dominiert.

Der Tenor (hat ihn Aldi etabliert? Oder Saturn? Keine Ahnung!) ist doch irgendwie, dass alles machbar ist, auch für fast umsonst.

Der »Normalbürger« sieht doch die Farbfehler und Randunschärfen gar nicht, hat aber mal gehört Triplet sei (man verzeihe mir die Wortwahl) geil. Normalbürger+ ist interessanter! Da er eine gewisse Bauernschläue hat, ist er ein Multiplikator, denn er tut Dinge die für Normalbürger- unheimlich kompetent aussehen! Lupen aufschrauben und Sätze mit unbekannten Wörtern murmeln.

(Der Delphintest für Grundschüler legt nahe, dass «unbekannte Wörter murmeln können» ein Bildungsniveau ist)

Er schraubt also auf und sieht oha! Triplet! Bei dem Preis? Kaufen wir doch direkt mal für die Schule!

Zusammen mit einem weiteren Faktor, nämlich, dass Firmen außerhalb der 1. Welt um jeden Cent Gewinn kämpfen ergibt das eine qualitätsfeindliche und produktverachtende aber »wirtschaftlich vernünftige« Strategie.

Ich glaube es handelt sich um einen Trend, denn wie sonst wäre Eukalyptusbad ohne Eukalyptus, Wasabi ohne Wasabi oder Pesto ohne Pesto zu erklären?

Oder um zum Wein zu kommen: Jeder Sensorik-Legastheniker weiß, dass Zeug muss trocken sein. Wie das Triplett. Durchoxidierte Mischpampe mit Pferdestallaroma ist egal, Hauptsache Einkerbung reingeschliffen – schön sauer.

Herzliche Grüße

Timm

P.S: Ja, ich weiß, trocken ist nicht gleich sauer, aber der oben zitierte Geschmackslegastheniker weiß das nicht ....

P.P.S: Die vielfach zitierte Lupe aus der Sammelbestellung von Stefan Hiller habe ich auch. Sie lebt noch. Habe für meine Kinder auch welche gekauft, aus meiner Sicht ein absolutes Top-Produkt!
Gerne per Du!

Meine Vorstellung.

Herbert Dietrich

Hallo Peter,

die in dem Link angezeigte Lupe habe ich gestern schon bestellt :-)
Heute kam die 1.-- EURO-Lupe von lupengigant an, per DHL Packet, ein Rücksendeschein war auch gleich dabei.
Natürlich nur e i n e  Linse, beim Test mit einem Zeiss Objektmikrometer Einteilung 1mm in 1/10 - 1/20 und 1/100mm
waren die 1/20mm gerade noch, mit der "Schweizer"Lupe (2 plankonvexe Silikatlinsen) waren die 1/20mm besser
und im Zeiss Stemi bei 10fach hervorragend zu trennen.
Ich werde die 1.-- EURO Lupe behalten, ins Auto legen und im Bedarfsfall dabei haben, empfehlen kann ich sie aufgrund der
Portokosten von 4,99 nicht. Aber für mich war es einen Versuch wert.

Herzliche Grüße
Herbert


Peter V.

#62
Hallo,

wo wir gerade so schön dabei sind....

Dieses "Mikroskop" ist für mich mittlerweile zu einem nahezu unverzichtbaren Instrument geworden! Kein Scherz - ich meine das wirklich ernst und habe sie an verschiedenen Stellen liegen. Die LED ist superhell, das Bild ordentlich und die Vergößerung geschätzt 20 - 25x  (45x ist wohl etwas übertrieben).
Ich möchte sie nicht mehr missen. "Entdeckt" und hier vorgestellt hat sie seinerzeit mal Bernhard Lebeda, wenn ich mich recht erinnere. Hätte er sie nicht gelobt, wäre ich sicher niermals auf die Idee gekommen, dieses eher an einen Scherzartikel aus dem Kaugummiautomaten erinnernde Teil zu bestellen. Aber sie ist wirklich gut und meine Lieblingslupe für richtig hohe Vergrößerungen. Jedenfalls ist sie schneller zur Hand als das Stereomikroskop.  ;)
Sie wird auf Ebay von mehreren China-Händlern für unter 2 EUR incl. Versand abgeboten (fragt mich nicht, wie das geht  ???  ???  ???)

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Peter V.

Hallo Safari,

ich weiß gar nicht mehr, wie teuer sie damals in der Sammelbestellung war. 5 EUR ist natürlich ein "geiler" Preis, aber die 12.50 EUR sind ja auch noch erträglich.

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Werner

Lupe mit eingeschliffener Taille...

Die Idee stammt schon aus dem Jahr 18xx. Ich habe mir den Namen dieser Lupenbauart aber nicht gemerkt.
Das hat aber nichts mit dem Vortäuschen eines Tripletts zu tun, sondern mit dem Verkleinern der Bildfehler durch Abblenden. Damit wird das abbildende Lichtbündel schmäler - bei der Kamera zieht man die Blende zu. Das geht auf Kosten der Bildhelligkeit, aber das fällt bei einer Lupe ja nicht auf...
Mir ist ein echtes Triplett aber doch lieber. Wobei es da auch theoretisch Unterschiede gibt. Man kann zwei oder sogar drei verschiedene Glassorten verwenden und hat vier Krümmungsradien als Variable, damit kann man eine Menge Fehler kompensieren.
Das wird aber bei Lupen warscheinlich nicht gemacht - weil mans dort nicht merkt - höchstens bei hochwertigen Ferngläsern oder Militäroptiken. Lupen-Tripletts sind warscheinlich aus zwei billigen Glassorten und zwei gleichen Linsenradien geschliffen, das ist in jedem Fall noch besser als eine dicke Einzellinse (wobei hier die Linse auf 2 cm abgeblendet ist, bei Taille noch kleiner).

Gruß   -   Werner

Alfons Renz

Hallo Werner,

Coddington war es, der die Taille im frühen 19. Jahrhundert eingeführt hat.  Einfach und effizient! Erfunden haben dieses Prinzip, wie so oft, Andere:

http://en.wikipedia.org/wiki/Coddington_magnifier

Ein weiterer Vorteil solcher einfachen Linsen: Da kann sich keine Verschraubung lösen und die Linsen samt Zwischenstücken herauspurzeln lassen.

Herzliche Grüße,

Alfons

Detlef Kramer

Hallo Peter,

Zitatich weiß gar nicht mehr, wie teuer sie damals in der Sammelbestellung war. 5 EUR ist natürlich ein "geiler" Preis, aber die 12.50 EUR sind ja auch noch erträglich.
Ich habe sie seiner Zeit selbst bestellt und erinnere mich an einen Preis von ca. 15 €. Klar, dass die in China selbst um einiges billiger zu bekommen sein wird. Aber deshalb nach China fliegen ...?

Herzliche Grüße
Detlef

Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

Vorstellung: Hier klicken

Oecoprotonucli

Hallo Allerseits,

Zitat von: Peter V. in April 15, 2014, 22:09:20 NACHMITTAGS
Sie wird auf Ebay von mehreren China-Händlern für unter 2 EUR incl. Versand abgeboten (fragt mich nicht, wie das geht  ???  ???  ???)

...Preiskampf? Subvention? Lagerauflösung? Barmherzige Geschenke? Ausbeutung? Wahnsinn?

;)

Viele Grüße

Sebastian
Ich benutze privat:
Leitz SM-Lux mit (LED-) Durchlicht und Phaco-Ausrüstung (ca. 1975-77)
Hensoldt Wetzlar Stereomikroskop DIAMAL (1950er Jahre)

Bernd Kaufmann

Hallo zusammen,

dann will ich doch auch noch meinen Senf dazu geben, denn Lupen sind schon fast lebenslänglich meine liebsten Spielzeuge. Nachdem in den letzten 60 Jahren dann doch einige davon auf wundersame Weise aus meinen Hosentaschen verschwunden sind (unter anderen auch mehrere Einschlaglupen von ZEISS West und Ost), kaufte ich mir vor etwa einem Jahr diese hier: http://www.lupenshop.de/content/lupenshop.storefront/534e38c619c199542740d43f47070663/Product/View/118210 und war bis gestern davon überzeugt, dass sie sehr gut ist. Gestern kamen aber zwei BeLOMO von Frank bei mir an und ich kann wunderbar vergleichen. Was soll ich sagen - die Eschenbach wird auch zukünftig in meiner Hosentasche hausen, denn das "staubdichte" Gehäuse ist tatsächlich pfiffig. Aber die optische Qualität fällt im Vergleich zu den BeLOMOs doch deutlich sichtbar ab.
Viele Grüße
Bernd ©¿©
www.aquamax.de
Lieber per Du.

Frank D.

#69
Lieber Werner, lieber Alfons,

Danke für Euren Hinweis auf die Vogelaugenlinse (Koneopsid), deren Form nach Coddington in einer Bausch&Lomb-Lupe  http://www.google.de/imgres?imgurl=http://www.otelo.com/waroot/images/products/600/47701700_A.gif&imgrefurl=http://www.otelo.com/de/produkte/lupe-coddington/bausch-lomb-0014320217-skg.html&h=600&w=600&tbnid=CgbttlPeGZqs9M:&zoom=1&tbnh=90&tbnw=90&usg=__H1YBEQUia5ErKd3d1yCnYuOz3GA=&docid=w4zfbb1T8o9SPM&itg=1&sa=X&ei=RFlOU9OWMYm0tAbm7oG4DA&ved=0CD0Q9QEwAw&dur=438 (hier wohl mit verstellbarer Zentralblende) verbaut ist.
Aus Meyers Großes Konversations-Lexikon http://www.zeno.org/Meyers-1905/A/Lupe:
"Die Lupen von Coddington (Fig. 2) und Brewster (Fig. 3, Koneopside, Vogelaugenlinsen) sind Glaskugeln mit einer ringsum laufenden, ziemlich tief eingeschnittenen Rinne, die bewirkt, daß nur die mittlern Strahlen durch die L. gehen können."

Ich meine aber, dass diese, und auch die eingeschnürte Form nach Brewster, wohl eher nichts mit Jorrits Beschreibung zu tun haben. Obwohl, ein Foto wäre hier sehr hilfreich.

Jedoch hatte mich der Linsenaufbau an den Belomo-Lupen und dieser hier https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=6869.msg148396#msg148396 schon immer etwas stutzig gemacht. Ich war bisher der Meinung, der Aufbau nach Steinheil entspräche in etwa dem 4-linsigen Aufbau nach Plössl (2+2), wobei hier nur die beiden mittleren Kronglaslinsen vereint wurden. Also eben 3-linsig, aber auch mit identischen Linsendurchmessern. Das "ABC der Optik" hat mich aber gerade eines Besseren belehrt. Der echte Aufbau nach Steinheil besitzt für alle Linsenflächen den selben Krümmungsmittelpunkt. Realisiert durch Menisken mit größerem Durchmesser bei verkleinerter und gestreckter zentraler Kronglaslinse. In bin mir nicht sicher, ob genau dieser Aufbau in den beiden o.g. Lupen wiederzufinden ist, aber es könnte eine Erklärung für die Wespentaille sein.

Damit das Ganze für das Forum nicht zu trocken wird, habe ich mich entschlossen, meine oben verlinkte Lupe chinesischer Herkunft weiter zu zerlegen:
Nach den optischen Tests ist nun eindeutig eine dreilinsige Anordnung belegt. Exakt zentriert und mit farbneutralem Linsenkitt (Reste sieht man noch auf den ungereinigten Linsenflächen) verbunden.

Übrigens gibt es diese LED-Lupe, bei 3 Euro Mehrkosten, mit einer zusätzlichen langwelligen UV-Beleuchtung (letztes Foto) http://www.ebay.de/itm/10x-Vergroserung-Juwelier-Lupe-Triplet-Objektiv-6-Eingebaute-LED-UV-Licht-21mm-/331016942101?pt=Uhrmacherwerkzeug&hash=item4d1225b215

Herzliche Grüße
Frank











Lupus

Hallo Frank,

der von Dir nochmals beschriebene konzentrische Aufbau eines verkitteten Tripletts dürfte optisch zu den optimalen Lupensystemen gehören.
Man sollte aber nicht unerwähnt lassen, dass auch sehr dicke Einzellinsen, die äußerlich einem Triplett ähnlich sind, eine deutlich bessere Abbildungsqualität besitzten als dünne Bikonvexlinsen mit der gleichen Brennweite. Ich habe das einmal grob nachgerechnet, typischerweise ist allein die spärische Aberration halbiert, und diese konzentrischen symmetrischen Systeme haben ganz allgemein den Vorteil, dass auch die Koma stark verringert ist. D.h. gerade für die Abbildungsqualität des Bildrandes bringen dicke Linsen eine deutliche Verbesserung. Und auch ein nur kleiner Einschnitt am Linsenrand (als Blende) hat eine starke Wirkung, da bei einem schrägen Strahlenbündel die Strahlabweichung am Linsenrand fast exponentiell ansteigt. Daher dürfte das auch kein Trick sein um ein Triplett vorzutäuschen, wäre eigentlich unsinnig.

Diese dicken Linsen sind also durchaus bereits höherwertige Systeme als einfache Bikonvexlinsen und daher eine Alternative zu den einfachen unverkitteten zweilinsigen Systemen, bei denen Bildfehler durch Aufteilung auf zwei dünnere Linsen verringert werden.

Hubert

Frank D.

Zitat von: Lupus in April 16, 2014, 16:47:54 NACHMITTAGS
...

Diese dicken Linsen sind also durchaus bereits höherwertige Systeme als einfache Bikonvexlinsen und daher eine Alternative zu den einfachen unverkitteten zweilinsigen Systemen, bei denen Bildfehler durch Aufteilung auf zwei dünnere Linsen verringert werden.

..

Hallo Hubert,

ich besitze leider keine Lupe mit einer "dicken" Linse, kann daher auch keine Vergleiche durchführen. Aber einige (Triplet)-Belomo-Lupen, die dann später auf den Trödelmärkten angeboten wurden, waren in Wirklichkeit nur unverkittete, zweilinsige Systeme. Beide Bikonvexlinsen durch einen schwarzen Kunststoffring voneinander getrennt. Die Bauform der Lupen war identisch, Bildqualität und Gewicht waren es nicht.

Herzliche Grüße
Frank

the_playstation

Hallo,
Ich kann nur sagen, daß z.B. zwischen einer dicken Einzellinse und der Belomo oder einer echten achromatischen Linse oder einer echten Triplet Linse (Krantz) Welten liegen. Die Einschnürung scheint zwar wirklich den Farbfehler am Rand zu minimieren. Mit der Belomo oder einer echten Triplet Linse kommt aber auch diese bei weitem nicht mit.

Sollten für mich alle mal gleich aussehen, muß Ich wohl das Hobby an den Nagel hängen. ;)

Liebe Grüße Jorrit.
Die Realität wird bestimmt durch den Betrachter.

Frank D.

Zitat von: the_playstation in April 16, 2014, 18:59:24 NACHMITTAGS
..... muß Ich wohl das Hobby an den Nagel hängen. ;)

....

Hallo Jorrit,

genau das habe ich schon seit einiger Zeit vor! Aber ich schaffe es einfach nicht, die Optik hält sich hartnäckiger als Linsenkitt.

Viele Grüße
Frank

Lupus

Hallo,
damit kein Missverständnis entsteht: Ich habe mit unverkitteten zweilinsigen Systemen natürlich keine achromatischen sondern nur Systeme ähnlich Ramsden-Okulare mit nur einer Glassorte gemeint und die dicke Linse daher auch nur mit solchen verglichen. Und erst recht keinen Qualitätsvergleich mit achromatischen Tripletts angestellt. Ich wollte u.a. zum Ausdruck bringen, dass da durchaus ein sinnvolles, kostengünstiges optisches Konzept dahinter steckt und nicht der Versuch äußerlich ein Triplett vorzutäuschen (wenn man von der irreführenden Markenbezeichnung eines Hersteller absieht).

Hubert