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CCD oder CMOS ?

Begonnen von Ole, Oktober 09, 2010, 20:50:51 NACHMITTAGS

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Ole

Hallo Freunde der Mikroskopie,
zurzeit überlege ich, mir eine Mik-Kamera zuzulegen, mit der ich auch Videosequenzen aufnehmen kann. Da hier häufiger erwähnt, bin ich bei der Firma "The Imaging Source" gelandet, speziell den USB-Farbkameras DFK 72AUC02 und DFK 41AU02.
Die erste Kamera ist eine CMOS-Kamera (1/2.5"), sie bietet bis zu 2591x1922 Pixel bei 6 Bildern/Sekunde. Allerdings kann die Bildfrequenz (und die Empfindlichkeit) auf Kosten der Auflösung gesteigert werden (15 Bilder/Sekunde bei 1280x960; genauso wie die CCD-Kamera). Die Kamera arbeitet nach dem Prinzip des "Rolling Shutter". Sie kostet etwa 299€ (vermutlich ohne Märchensteuer).
Die zweite Kamera ist eine CCD-Kamera (1/2") mit einer Auflösung von 1280x960 Pixeln (bei 15 Bildern/Sekunde). Diese Kamera arbeitet nach dem Prinzip des "Progressive Scan". Sie kostet etwa 440€ (vermutlich auch ohne Märchensteuer).

Auf den ersten Blick erscheinen die Daten der preisgünstigen CMOS-Kamera für den Laien (zu denen ich mich auch zählen muss) ja doch "imposanter", dennoch habe ich die Vermutung, dass es gute Gründe gibt, die für die teure CCD-Kamera sprechen.
Bei der Suche im iNet (überwiegend Wikipedia) bin ich bei dem Vergleich CMOS-CCD auf folgende generelle Pros und Contras gestoßen

Stärken CCD:
hohe Ausgangsuniformität und Bildqualität
kaum Schwankungen
hohe Lichtausbeute
hohe Lichtempfindlichkeit und Dynamik

Vorteile CMOS:
Geringerer Stromverbrauch
Geringere Baugröße, durch Integration der Auswertelogik auf demselben Chip
Sehr hohe Bildraten (schnelle Vorschau-Ansicht, Video-Funktion)
Flexibler auszulesen durch direkte Adressierung (Binning, mehrfaches Auslesen, gleichzeitiges Auslesen mehrerer Pixel)
Begrenzter Blooming-Effekt

Das sagt natürlich nicht unbedingt etwas über die Tauglichkeit der oben erwähnten Kameras aus. Die Sensitivität der Kameras vermag ich leider nicht direkt zu vergleichen, da diese bei der CCD in Lux angegeben wird, bei den CMOS in "V/lux-sec".
Zudem soll der "Rolling Shutter" (CMOS) zu Problemen bei schnell beweglichen Objekten führen (auf Wikipedia gibt es da interessante Beispielaufnahmen aus dem "Alltag"). Die Frage ist, spielt dieses auch in der Mikrowelt bei den vorliegenden Bildfrequenzen eine Rolle? Hat damit jemand Erfahrungen?
Die Kamera soll im Wesentlichen für Hellfeldaufnahmen genutzt werden, allerdings sind auch Phako, DIK und Fluoreszenz verfügbar, so dass die Sensitivität für mich ein Kriterium ist.
Mich würde einmal interessieren, ob jemand –vielleicht auch aus eigener Anschauung- die konkrete Eignung der beiden Kameras für die verschiedenen Mikroverfahren (DIK, Fluoreszenz etc.) bewerten kann, sprich, lohnt es sich in der Praxis, trotz des höheren Preises und der geringeren Auflösung zu der CCD-Kamera zu greifen? Kennt jemand eine Quelle, wo dieselben Mikro-Objekte mit CMOS und CCD Kameras (vielleicht sogar zu Vergleichszwecken) aufgenommen wurden?
Viele Grüße,
Ole

Holger Adelmann

Hallo Ole,

ich hatte das gleiche Problem. Ich habe den Vertriebsingenieur der Firma Motic (Hr M. Kuca) zu mir nach Hause eingeladen und wir haben die Moricam 2300 (CMOS), ca. 900 EURO mit den teureren Motic Profi-CCD Kameras, ca. 2200 Euro verglichen.
Fazit: Die CCD Kamera war etwas leuchtender und präziser in den Farben wenn man sie bei histologischen Schnitten einsetzt, allerdings hatte sie deutliche Probleme bei flotten Ciliaten. Hier zeigte sie ein deutliches Nachhängen, was sich im Video als Geisterschatten darstellte. Somit war für mich die Entscheidung klar in Richtung CMOS.

In den letzten Jahren haben die zunächst technisch und qualitativ den CCD Kameras unterlegenen CMOS Kameras erheblich aufgeholt. Die derzeitige Krönung der Kameratechnik sind die sogennanten sCMOS Chips (scientific CMOS). Ich habe Kameras mit diesem Chip derzeit nur als Prototypen gesehen (habe meinen Augen kaum getraut - war wirklich sensationell), sollen aber noch in diesem Jahr geliefert werden (allerdings für den Amateur bestimmt noch zu teuer).
Die Daten sprechen allerdings eine deutliche Sprache, CCDs, auch die neuesten, besten, empfindlichesten werden klar geschlagen:
- extreme Rauscharmut
- hoher Dynamikbereich: 16 Bit bei bis zu 100 frames / sec.
- schnelle frame rates (Bildfolgen), selbst bei voller Auflösung von derzeit 5.5 Megapixel
- rolling oder global shutter (einstellbar)

Mehr unter http://www.scmos.com/.
Fazit für den Amateur: Für Standbilder mit kniffligen Farben (Histologie z.B.) sind die CCD Kameras etwas besser aber auch teurer, für bewegte Objekte sind ganz klar CMOS zu bevorzugen. Und wenn die sCMOS erschwinglich werden, ist das Ende der CCD Technik möglich.

Herzliche Grüsse
Holger


peter-h

Hallo Ole,

ich besitze die DBK41 (wie DFK41 aber ohne IR-Sperrfilter) , die DFK72 und die DMK72. Bisher war ich mit der DBK41 sehr zufrieden. Aber nachdem die DFK72 lieferbar war, liegt die CCD-Kamera mehr oder weniger in der Ecke.
Man sollte auch wissen, dass Zeiss in seiner Kamera AxioCam ERc 5s ebenfalls den Sensor MT9P031 von Micron verbaut.

Die Software von DFK41 und DFK72 unterscheiden sich geringfügig. Leider ist bei der DFK72 keine Gammafunktion aktiv, was ich bei der DFK41 als Vorteil erachte. Sehr gut bei der DFK72 ist das wählbare Bildformat von 640 x 480 bis 2592 x 1944 Pixel. Es gäbe noch viel zu schreiben.

Was wären denn "Vergleichsbilder" ? Auf was kommt es an ? Ich will aber nicht versprechen, dass ich alle Wünsche erfüllen kann.  :)

Gruß
Peter

Ole

Hallo Holger,
vielen Dank für Deine Einschätzung und den Hinweis auf die sCMOS. Wenn die neuen Chips halten, was die Prospekte versprechen, ist das in der Tat beeindruckend.

Hallo Peter,
Du schreibst "Aber nachdem die DFK72 lieferbar war, liegt die CCD-Kamera mehr oder weniger in der Ecke." Was sind denn die entscheidenden Gründe dafür? Läßt sich die DFK72 besser "handhaben" und einstellen, schlägt sich die höhere Auflösung spürbar in der Bildqualität nieder oder gibt es hierfür noch andere Gründe? Ich habe im Netz von beiden Kameras gute Aufnahmen gefunden (zumindest für meine Begriffe), aber nicht von dem gleichen Objekt. Wenn Du beide Kameras besitzt, gibt es Objekte oder Einsatzgebiete, wo Du sagst, hier setze ich die DFK72, dort die DBK41 ein (mal abgesehen von der IR-Mikroskopie)? Wie schlagen sich die beiden Kameras denn bei der Fluoreszenzmikroskopie (oder anderen lichtschluckenden Verfahren) oder bei Objekten mit einem großen Kontrastumfang? Ist eine der Kameras hier (auch in der Praxis spürbar) im Vorteil?
Hattest Du schon einmal Probleme beim Filmen schneller Objekte durch den "Rolling Shutter" oder spielt das im Mikrobereich keine Rolle? Die "Darsteller" flitzen ja mitunter auch recht flott durch Gesichtfeld.
Nur anhand von theoretischen Grundlagen und Datenblättern vermag ich die tatsächliche Eignung in der Praxis nicht einzuschätzen, daher wäre ich für eine Anwendermeinung aus der Praxis sehr dankbar!
Viele Grüße,
Ole

peter-h

#4
Vergleiche wie gewünscht ?
Rohbilder, nur in Größe angepaßt !

Clematis , W3A Färbung , Planapo 25/0,65

DBK41 - CCD Kamera , Bel.Zeit 1/769s


DFK72 -CMOS Kamera , Bel.Zeit 1/1000s

Fluoreszenzaufnahmen , Blaulichtanregung @455nm , W3A Färbung , Winterjasmin

DBK41 - CCD Kamera , Bel.Zeit 1/13s


DFK72 - CMOS Kamera , Bel.Zeit 1/22s

-

linkes Bild DBK41 , rechtes Bild DFK72

Hier kommt nun der Auflösungsgewinn 1,3 MPixel gegen 5 MPixel zum Vorschein. Dass die CMOS-Kamera auch noch empfindlicher ist und bei ganz kritischer Betrachtung weniger rauscht, zeigt die Fortschritte in der Chip-Technologie.

Wichtiger Nachtrag:
Die CCD-Kamera kann Belichtungszeiten bis 60 min ! , die CMOS-Kamera kann nur bis 1/4s belichten.


Gruß
Peter

Ole

Hallo Peter,
Vielen herzlichen Dank für die Mühe! Ich denke, meine Entscheidung ist gefallen  :)
Viele Grüße,
Ole