Botanik: Riesen-Goldrute (Solidago gigantea) *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, Januar 06, 2011, 15:51:58 NACHMITTAGS

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Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

Die Gattung Goldruten hat ihre Heimat in Nordamerika und umfasst ca. 100 Arten. 5 dieser Arten sind bei uns heimisch bzw. eingebürgert.

Systematik
Ordnung: Asternartige (Asterales)
Familie: Korbblütler (Asteraceae)
Unterfamilie: Asteroideae
Gattung: Goldruten (Solidago)
Art: Riesen-Goldrute
Wissenschaftlicher Name : Solidago gigantea

englischer Name: Goldenrod
volkstümliche Namen:
Heilwundkraut, Machtheilkraut, Gülden Wundkraut, Petrusstab, Wisselnkraut, Himmelbrand, Pferdskraut, Ochsebrot

Für Insekten ist die Goldrute vor allem im Spätersommer ein Nahrungslieferant. Allerdings ist der Nährwert von Nektar und Pollen gering.
Die Goldrute wird auch als Arzneipflanze eingesetzt. Sie enthält Saponine, Gerbstoffe, Flavonoide, etherische Öle, Diterpene, Bitterstoff und Inulin.
Sie kann als Beimischung oder Einzeldroge im Riesengoldrutenkraut genutzt werden. Einsatz findet es bei Erkrankungen der Harnwege, Blase und Niere zur Erhöhung der Harnmenge.
Verwendete Pflanzenteile: das blühende Kraut
Sammelzeit: Juli-Oktober

Verbreitung:
Im Schatten oder in dicht bewachsenen Wiesen werden sie durch die Konkurrenz der anderen Pflanzen unterdrückt. Neben der Ausbreitung über Samen spielen unterirdische Ausläufer eine wichtige Rolle. Die einzelnen Sprosse bleiben über das Rhizom miteinander verbunden. Die Rhizome dienen außerdem als Nährstoff- und Wasserspeicher, so dass auch Sprosse, die unter weniger günstigen Bedingungen leben, von anderen ausreichend versorgt werden. An Fließgewässern geht von dem oberflächlichen und flachgründigen Rhizomgeflecht Erosionsgefahr bei Starkregen und Hochwasser aus, weil der Boden durch fehlende Durchwurzelung unterirdisch nicht gefestigt wird.

Beschreibung:
Die Rispenäste sind bogig gekrümmt. Die Zungenblüten sind kaum länger als die Röhrenblüten und die Blütenhülle nicht überragend. Die Stängelblätter sind lanzettlich und im vorderen Bereich gesägt. Die Blattunterseite und Stängel dicht abstehend kurzhaarig, letzterer später an der Basis verkahlend.

Blätter:
Wechselständig, sitzend, dicht beieinander. Blattspreite lanzettlich, am Grund spitz zulaufend, locker spitz gezähnt, obere fast ganzrandig, auf der Oberseite kahl, auf der Unterseite nur an den Nerven kurzbehaart.
Die starren Stängel bleiben weit in den Winter erhalten, sodass die Nüsse mit ihrem Pappus sich auf der Schneedecke noch ungehinderter als im Sommer verbreiten können. Hat sie sich erst in die Natur ausgebreitet, ist die Riesengoldrute vielen einheimischen Naturpflanzen überlegen und bedroht den ursprünglichen Formenreichtum. .
Wilde Goldruten können bis zu 100 Jahre alt werden.
Die Riesen-Goldrute wird 50 bis 300 cm hoch.

Nutzung als Färberpflanze:
Goldrute kann vollständig zum Gelbfärben verwendet werden. Je nach Beizung ergibt sie eine braungelbe bis goldene Färbung. Besonders eignet sie sich zur Einfärbung von Naturfaser.
Die entsprechenden Farbstoffe sind: Quercetin, Isoquercetrin (Quercetin 3-glucosid), Kämpferol, Astragalin (kämperol-3-glucosid) und Isorhamnetin (Isorhamnetin-3-glucorhamnosid).
Die höchsten Gehalte weisen die Blüten auf.

Bild 1 Illustration,  Solidago gigantea


Bild 2 Schnittstelle - kahle Stängel,  Solidago gigantea

Die Kanadische Goldrute kann mit der, meist kleineren, Riesen-Goldrute (Solidago gigantea) verwechselt werden. Diese hat bis kurz unter den Blütenstand einen kahlen Stängel, während die Kanadische Goldrute spätestens ab dem Bereich der ersten Blätter behaart ist.

Bild 3 Mikrotomschnitt,  Solidago gigantea


Bild 4 Schnitte in Ethanol 70 % ig.,  Solidago gigantea


Arbeitsanleitung:
Original Färberezept siehe Seite von Herrn Armin Eisner   http://www.aeisner.de/
W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau) modifiziert

Arbeitsablauf – Einjähriger Spross
(Probe in AFE I - Gemisch)
1. AFE-Gemisch auswaschen
2. (Querschnitt  40 µm) mit 70 % Ethanol
3.  Alkoholreihe bis zum 30%igen Ethanol
4. Wasser entmin. 3x wechseln je 1 Minute
5. Zellinhalte entfernen: mit  Cholrix ; 1:10 verdünnt   4 Minuten
Nach dem Aufbringen verfärbt sich der Schnitt leicht bräunlich und verblasst      in den folgenden 3 bis 4 Minuten Einwirkzeit.
mit verdünntem Essigwasser neutralisieren, kräftig wässern
6.  Vorfärbung  Acridinrotlösung      10 Min.
7.  Auswaschen mit Aqua dest.  15 Sek.
8.  Acriflavinlösung     10 Sekunden
9.  Auswaschen mit Aqua dest.  15 Sek.
10.  Nachfärbung  Astrablaulösung    40 Sek.
Bei der Nachfärbung mit Astrablau habe ich etwas Acrflavin   beigemischt.
11.  Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste auf dem Objektträger verbleiben
12.  Entwässern mit 3x  gewechseltem Isopropylalkohol   ( 99,9 % )
13.  Als letzte Stufe vor dem Eindecken Rotihistol einzusetzen
14.  Einschluss  in Entellan

Ergebnis :
Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot. Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb. Zellwände der innenliegenden Hypodermis  tiefrot, Suberin  hellrosa.

Fotos erstellt mit Nikon D5000.

Bild 5 Übersicht,  Solidago gigantea

Die Übersichtsaufnahme wurde mit ,,MagniFlash" erstellt.

Bild 6 Ausschnitt aus der Übersicht, Solidago gigantea


Bild 7 Ausschnitt aus der Übersicht mit Beschriftung, Solidago gigantea

Einjähriger Spross
E =  Epidermis, K = Kollenchym, S = Sekretgang, SK = Sklerenchym, P = Phloem, Ge = Geleitzellen, K = Kambium (weißer Pfeil), T = Trachee, pX = prim. Xylem,
Xy = Xylemparenchym, Str = Strahlenparenchym
Die Epidermis ist verholzt. Das Kollenchym mit den typischen Verdickungen (hier rotbraun gefärbt). Die Leitbündel vergrößern sich stark unter Bildung von Holz.
Dank an Detlef Kramer für seine Hilfe bei der Benennung der Strukturen.

Bild 8 Trachee, Solidago gigantea

In den Tracheen wird Wasser aus den Wurzeln in die Blätter transportiert. Die hauptsächliche Antriebskraft dafür ist der Transpirationssog.

Bild 9 Sekretgang, Solidago gigantea

In den Sekretgängen sind etherische Öle enthalten

Bild 10 Epidermis mit Kollenchym, Solidago gigantea


Bild 11 Fluoreszenz, Solidago gigantea


Bild 12 Fluoreszenz mit Halo.-Pilotlicht, Solidago gigantea


Bild 13 primäres Xylem, bestehend aus Metaxylem und Protoxylem, Solidago gigantea


Mit freundlichem Gruß
Hans-Jürgen

Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Detlef Kramer

Lieber Hans-Jürgen,

der Beitrag, den ich teilweise schon begutachten durfte, ist sehr schön geworden. An dem letzten Foto, das ich ja bisher nicht gesehen habe, sind zwei Dinge jetzt hervorragend zu erkennen: zum einen das Kambium zwischen Xylem und Phloem, zum anderen im Phloem die etwas größeren, hellen Siebröhren und die daran ansitzenden kleineren, dunkleren (weil plasmareicheren) Geleitzellen.

Herzliche Grüße

Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

vielen Dank für den schönen Beitrag zur Goldrute. Ein attraktives Präparat mit sehr schöner Färbung.

Vielleicht kannst Du noch einmal Detailbilder der Blattspuren zeigen?

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

Lieber Detlef, lieber Jörg,

danke für Euer Lob.

@ Jörg,

gerne habe ich Detailbilder der Blattspuren gemacht.

Bild 14 Riesen-Goldrute (Solidago gigantea)


Bild 15 Riesen-Goldrute (Solidago gigantea)


Bild 16 Riesen-Goldrute (Solidago gigantea)


Mit freundlichem Gruß

Hans-Jürgen
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Gerne per "Du"

Jan Kros

Hallo Hans-Jürgen

Herzlichen Dank für diesen schönen Beitrag
Freundlichen Gruss
Jan

Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

vielen Dank für die neuen Bilder Deines interessanten Präparates!
Man kann schön die feinen Unterschiede im Aufbau der Leitbündel und der Blattspuren erkennen - am stärksten ins Auge stechen natürlich die bei den regulären Leitbündeln deutlich massiveren Sklerenchymkappen.
Aber z.B. auch bei den Tracheen gibt es Unterschiede. Diese sind in der Blattspur aufgereiht wie Perlen auf einer Schnur, im Leitbündel dagegen sieht es etwas unordentlicher aus.  :)

Herzliche Grüße
Jörg
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reblaus

Hallo Hans-Jürgen -

schon lange bewundere ich deine vielseitigen, vortrags- und druckreifen Publikationen!

Nur eine Frage dazu  - mit welcher Wellenlänge wird die Fluoreszenz angeregt? Wahrscheinlich hab ichs schon mal gelesen, aber mein Kurzzeitgedächtnis ist auch nicht mehr das was es nie war.

Vielen Dank und weiterhin vielen Erfolg!

Rolf


Hans-Jürgen Koch

Hallo Jan, hallo Rolf,

danke für Eure netten Worte.

@ Rolf,
zur Frage: " mit welcher Wellenlänge wird die Fluoreszenz angeregt?"

Auflicht Fluoreszenztubus IV FL aus der Standard-Reihe 14-18
Zeiss Filtersatz mit BP 450-490 und LP 520
RoyalBlue mit 455 nm 3 Watt LED

Die Anregungswellenlänge ist definiert durch die Royal Blue, die hat 455 nm. Sie ist damit ideal abgestimmt auf den Anregungsfilter, der als Bandpass im Bereich 450 bis 490 durchlässig ist.

In meinem Beitrag ist das Bild 11 -  Fluoreszenz ohne Pilotlicht.
Bild 12 -  Fluoreszenz mit Pilot-Licht Halogen (Durchlicht)

Gruß
Hans-Jürgen
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Gerne per "Du"

Rawfoto

 Lieber Hans-Juergen

Toll, informativ, spitze ...

:-)

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Mila

Lieber Hans-Jürgen,

was soll ich sagen? Super, wieder eine H... :-X ;D

Vielen Dank für diesen Beitrag und herzliche Grüße
Mila

Hans-Jürgen Koch

Hallo Mila, Hallo Gerhard,

vielen Dank !

Herzliche Grüße

Hans-Jürgen
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