Botanik: Naturfarben oder die Glanzmispel "Red Robin" *

Begonnen von Fahrenheit, Februar 23, 2011, 20:49:36 NACHMITTAGS

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Fahrenheit

Liebe Pflanzenfreunde,

angeregt von Hans-Jürgens Präparaten der Zwerg-Blutpflaume habe ich mich über den heimischen Red Robin her gemacht, der ein Zweiglein lassen musste.

Der zur Familie der Rosengewächse (Rosaceae) gehörende Red Robin (Photinia x fraseri) ist eine Kreuzung aus der Japanischen Glanzmispel (Photinia glabra) und der Kahlen Glanzmispel (Photinia serratifolia) und als immergrüner und anspruchsloser Strauch in vielen unserer Gärten heimisch. Die frischen Triebe sind intensiv rot gefärbt, was auch für die jungen Blätter gilt.
Diese verlieren schon im ersten Jahr die rote Farbe und sind im zweiten Jahr dann glänzend dunkelgrün gefärbt, bei einer matten, hellgrünen Blattunterseite. Der Spross verliert seine rote Farbe ebenfalls im zweiten Jahr mit dem Einsetzen des sekundären Dickenwachstums über ein dunkles Rotbraun nach Grau.

Im Frühsommer zeigen sich endständig an den neuen Trieben große Dolden kleiner weißer fünfzähliger Blüten mit einem Durchmesser von ca. 5 mm. Gefasst von fünf grünen Kelchblättern trägt die einzelne Blüte ca. 20 Staubblätter.

Die kleinen apfelförmigen Früchte mit einem Umfang von 4 bis 12 mm werden in großen Mengen gebildet. Sie reifen im Herbst und bleiben - theoretisch - oft bis weit in den Winter hinein an der Pflanze hängen. Dies ist bei uns nicht der Fall, da der Red Robin sehr stark wächst und übers Jahr in Schach gehalten werden muss. Zum Ende der Blütezeit ist da ein Schnitt fällig.
Normalerweise werden die Früchte von Vögeln gefressen, die die Samen mit ihrem Kot ausscheiden und verteilen.

Bild 1: eine einfache Illustration einer näheren Verwandten

Photinia pyrifolia von Britton & Brown (1930)

Bild 2: ein Zweig in Szene gesetzt

Das Bild zeigt einen Spross vom vergangenen Jahr mit der Knospe für den diesjährigen Austrieb.

Ich war gespannt, wie sich der rote Pflanzenfarbstoff im Spross während des Präparierens und Färbens verhält - hier nun die Ergebnisse.

Bild 3: ... eingedost

Nach einigen Stunden im AFE ist schon einiges vom roten Farbstoff in die Fixierlösung über gegangen

Bild 4: ... nach dem Schnitt

Die Fixierung kann die rote Farbe nicht völlig zerstören oder ausziehen. Es bleiben reizvolle Altrosa-Töne in Epidermis und Rindenparenchym, das Mark ist blaßgelb.

Die natürliche Farbe des fixierten Materials hat mir so gut gefallen, dass ich einige Schnitte ungefärbt eingedeckt habe (über Isopropanol in Euparal). Hier die zugehörigen Bilder.

Bild 5: Übersicht, Vergrößerung 25x, Stapel aus 10 Bildern.
 

Bild 6 a/b: ein Ausschnitt aus dem Sprossquerschnitt, Vergrößerung 100x, Stapel aus 10 Bildern; 6b mit Beschriftung



Bild 7: Rindenparenchym, Vergrößerung 200x, Stapel aus 12 Bildern

Eingelagert im Rindenparenchym finden sich rautenförmige Kalziumoxalat-Kristalle

Bild 8: Phloem und Sklerenchymkappen, Vergrößerung 200x, Stapel aus 10 Bildern

Ungefärbt sind die sklerenchymatischen Zellen wegen des geringen Kontrastes nur schlecht zu erkennen.

Bild 9: Primäres Xylem und Mark, Vergrößerung 200x, Stapel aus 12 Bildern

Alles bereit zm Austrieb, sobald das Wetter mitspielt! Die Markzellen sind voller Amyloplasten.

Vor der Färbung steht die Bleiche. In diesem Falle mit Klorix in Wasser 1:4 für gut 180 Sekunden. Leider mag das Rindenparenchym den langen Kontakt mit dem Bleichmittel garnicht. Dieser war jedoch notwendig, da die rote Farbe der Schnitte beim Kontakt mit der Bleichlösung sofort in ein Schwarzbraun umschlug, das nur langsam verblassen wollte.

Bild 10: Schnitte im Uhrglas nach dem Bleichen


Anschließend wurden die ca. 50 µm dicken Schnitte nach der Eckhardschen Uhrglasmethode mit Acridinrot, Acriflavin und Astrablau (Wacker W3A) gefärbt. Dem letzten Färbegang wurde natürlich wieder das berühmte Quäntchen Acriflavin beigesetzt. Der Einschluss dann über Isopropanol in Euparal.

Bild 11: Übersicht, Vergrößerung 25x, Stapel aus 10 Bildern

Leider stellt sich nach dem Bleichen nicht die schöne Rotfärbung von Hans-Jürgens Zwerg-Blutbucnenschnitte ein ...

Bild 12: Ausschnitt des Sprosses bei einer Vergrößerung von 100x, Stapel aus 9 Bildern


Bild 13: Phloem und Sklerenchymkappen, Vergrößerung 200x, Stapel aus 7 Bildern

Mit sehr intensiven Rottönen hat die Canon PS A520 leider ein wenig Probleme ...

Bild 14: Primäres Xylem und Mark, Vergrößerung 200x, Stapel aus 9 Bildern


Bild 15: Markparenchym mit Amyloplasten, Vergrößerung 400x, Stapel aus 10 Bildern

Auch die Kristallisationskeime sind gut als unregelmäßige dunkle Punkte im Zentrum der Amyloplasten erkennbar.

Vielen Dank fürs Anschauen, Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg
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Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Mila

Lieber Jörg,

das ist ja superstark!

Der Vergleich ungefärbt - gefärbt: wirklich toll!

Ungfärbt bzw. gebleicht ist ja die typische Pharmazeuten-Sichtweise. Hier dann aber auch noch die gefärbten Schnitten zu sehen ist wieder eine Berreicherung! Schön zum Üben der Gewebeerkennung für meine liebe "Brut" :)

Klasse Fotos!

Herzliche Grüße
Mila

Fahrenheit

Liebe Mila,

vielen Dank für Dein großes Lob! Es freut mich, dass Dir die Bildreihe hilft, Deiner Brut die Pflanzenanatomie näher zu bringen.  ;)

Herzliche Grüße
Jörg
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Rawfoto

Hallo Joerg

Tolle Serie, vor allem die ungefaerbten Schnitte finde ich wirklich stark. Bei den gefaerbten hast Du dieses Mal Probleme mit dem Kontrast. Warum eigentlich, die hast Du doch sonst nicht?

Die Gegenueberstellung finde ich spannend, das sind jetzt schon die zweiten ungefaerbten, Leopold hat ja vor kurzem auch welche gezeigt ...

Schoenen Abend

:-)

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Anatol

Hallo Jörg,

Sehr interessante Arbeit und tolle Fotos!


Anatoly
Herzliche Grüße

Anatoly

Fahrenheit

Lieber Gerhard, lieber Anatoly,

vielen Dank für Euer Lob!

Ja, die ungefärbten Schnitte sind wirklich sehr reizvoll, ich mag die Pastelltöne, die sich wohl aus der Fixierung ergeben haben, sehr gerne.

Ja, der Kontrast bzw. das stellenweise "ausgebrannte" Rot. Ich musste wegen der dunklen Stellen in den nach W3A gefärbten Schnitten die Beleuchtung etwas weiter hochdrehen - und mit zu "grellen" Rottönen kommt die A520 nicht klar. Es kann natürlich auch sein, dass ich für diesen schwierigen Fall noch nicht die optimale Belichtung gefunden habe.  :(

Herzliche Grüße
Jörg
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treinisch

Hallo Jörg,

ich bin ja nicht so der Schnibbler, aber ich muss sagen, gerade die Aufnahmen
mit der ,,natürlichen" Färbung sind für mich ästhetisch sehr ansprechend, schön, dass
du das ausprobiert hast!

Viele liebe Grüße

Timm
Gerne per Du!

Meine Vorstellung.

Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg,

die ungefärbten Schnitte sind einfach spitze.
Zur Nachahmung empfohlen.

Gruß

Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Klaus Herrmann

Lieber Jörg,

sehr schön graphisch das Übersichtsbild - wie übrigens auch das Schwarz-Rotbild vom Strandhafer, das schon fast wie ein japanischer Farbholzschnitt wirkt! Habe ich mir beides galerisiert! Danke!

ZitatJa, der Kontrast bzw. das stellenweise "ausgebrannte" Rot. Ich musste wegen der dunklen Stellen in den nach W3A gefärbten Schnitten die Beleuchtung etwas weiter hochdrehen - und mit zu "grellen" Rottönen kommt die A520 nicht klar

Das habe ich auch beobachtet, ich denke Canon hatte da einen Chip, der sich über die Jahre verabschiedet im Bereich Rottöne - die zeichnen nicht mehr scharf sondern werden matschig.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Fahrenheit

Lieber Timm, lieber Hans-Jürgen, lieber Klaus,

auch Euch vielen Dank für Euer Lob!

Lieber Klaus,

ja, das habe ich befürchtet. Hoffentlich wird das nicht noch schlimmer - ich wüsste nicht, welche Kamera ich sonst verwenden sollte, die sowohl eine Okularadaption erlaubt als auch komplett fernsteuerbar ist.

Herzliche Grüße
Jörg
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Klaus Herrmann

Lieber Jörg,

Zitatja, das habe ich befürchtet. Hoffentlich wird das nicht noch schlimmer - ich wüsste nicht, welche Kamera ich sonst verwenden sollte, die sowohl eine Okularadaption erlaubt als auch komplett fernsteuerbar ist.

soweit ich weiß hört diese Möglichkeit mit der 500er-Reihe auf. Die 620, die ich lange benutzt habe braucht dann schon einen aufwändigeren Adapter um Vignettierung zu vermeiden. Ausnahme ist die etwas kitzlige Einstellung, die Herr Cypionka hier schon vorgestellt hatte - Peter H. hat sie auch nachvollzogen. Aber auch der Chip der 620 kann die Rotschwäche zeigen.

Ich meine mal gehört zu haben, dass Canon die Chips kostenlos austauscht, weil sie den Fehler kennen.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Fahrenheit

Lieber Klaus,

danke für den Tipp! Da werd ich mal nachfragen - obwohl ich fürchte, dass die A520 für einen Kulanztausch schon zu viele Jährchen auf dem Buckel hat.

Herzliche Grüße
Jörg
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Päule Heck

Lieber Jörg,

wieder eine tolle Vorstellung! Wenn Du so weiter machst, bringst Du mich doch noch zum Schnippeln. Schade dass ich gestern nicht am Treffen in Bonn teilnehmen konnte. An dem Thema war ich schon interessiert. Aber auf Grund des Wetters (hier im Siegerland hat es viele Unfälle gegeben), habe ich mich dann doch nicht getraut ......

Herzliche Grüße

Päule

Fahrenheit

Lieber Päule,

nur zu, es macht Spaß!

Der Vortrag am Donnerstag war wirklich sehr gut. Herr Dr. Heumann hat und die Palynologie (Pollenkunde) auf sehr interessante und spannende Weise näher gebracht. Schade, dass Du nicht dabei sein konntest, aber wir werden wohl eine abgespeckte Version der Folien zum Vortrag auf unserer Webseite zur Verfügung stellen können.

Auch Dir vielen Dank für Dein Lob und herzliche Grüße
Jörg
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Jan Kros

Lieber Jörg
Ich finde die ungefärbte Schnitten wunderschön.
Danke für die tolle Arbeit.
Ich lese immer gerne deine Arbeit.
Herzlichen Gruss
Jan