Botanik: Schwarze Holunder (Sambucus nigra) *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, Februar 25, 2011, 10:39:56 VORMITTAG

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Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

bei mir zu Hause nennt man diese interessante Pflanze ,, Hollerbusch" .

Systematik
Ordnung: Kardenartige (Dipsacales)
Familie: Moschuskrautgewächse (Adoxaceae)
Gattung: Holunder (Sambucus)
Art: Schwarzer Holunder
Wissenschaftlicher Name :  Sambucus nigra

Volkstümliche Bezeichnung: Holler, Holderbusch, Eller, Flieder

Der Schwarze Holunder kommt fast in ganz Europa vor. Der Strauch oder Baum kann bis über 10 Meter hoch werden, er hat eine dicht belaubte Krone.  Man findet ihn noch heute in vielen Dörfern. Meist wächst er neben Scheunen oder an Wegrändern. An alten Exemplaren wächst oft das sogenannte Judasohr (Auricularia auricula-judae), ein hervorragender Speisepilz.
Der Schwarze Holunder trägt seine weißen, duftenden Blüten in schirmähnlichen Dolden. Blütezeit ist von Juni - Juli. Die Früchte werden zur Reife schwarz und hängen deutlich über. Der Strauch hat eine rissige, braungraue Borke, in den Zweigen findet man weißes Mark (Holundermark für Pflanzenschnitte).
Die Blätter sind unpaarig.  Die heilenden Eigenschaften der schwarzen Holunderbeere (Sambus nigra) sind seit Jahrtausenden bekannt, wurden bereits in antiken Schriften erwähnt und auch von Hippokrates, Hildegard von Bingen oder Kräuterpfarrer Kneipp empfohlen. Viele volkstümliche und magische Traditionen kreisten um die Pflanze: So glaubte man, dass der Hollerbusch böse Einflüsse abwehrt und ihm die schützende Hausgöttin Holda (Frau Holle) zugeordnet sei.
In der Volksheilkunde vieler Gebiete ist der Schwarze Holunder eine der angesehensten Heilpflanzen. Aus diesem Grund sind noch heute einzelne Holunderbüsche in der unmittelbaren Nähe von Bauernhöfen verbreitet. Im Volksbrauchtum hatten diese Pflanzen außerdem hohen Stellenwert, um gute Hausgeister anzuziehen. Auch deshalb durften Holunderpflanzen nicht umgeschnitten werden, da die mit ihnen assoziierten Geistwesen nicht verstimmt werden sollten. Im Alpengebiet hat sich lokal die Erinnerung an den Glauben erhalten, dass ein Familienmitglied sterben wird, wenn der Holunder unerwartet zu Grunde geht. Im ländlichen Bereich Österreichs ist das Ausbacken von Blütenständen in Brand- oder Palatschinkenteig  bis heute weitverbreitet. Auch das Ansetzen der Blüten zu Holundersirup, -wein, -likör oder - schnaps sowie die Verarbeitung der reifen Beeren zu Mus bzw. Kompott ist noch gebräuchlich.
Der Volksmund bezeichnet den Holler- oder Fliederbeerenstrauch als "Apotheke des Bauern". Denn noch heute verarbeitet man in der Naturheilkunde Blüten, Blätter, Beeren, Rinde und Wurzeln zu gesundheitsfördernden Essenzen gegen Erkältungen, Nieren- und Blasenleiden.  Aufgrund ihres hohen Vitamin C-Gehalts setzt man die zu Saft und Sirup verarbeiteten Beeren vor allem gerne als Hausmittel zur Immunstärkung ein. Der Schwarze Holunder enthält insbesondere in unreifen Früchten und Fruchtstengel das cyanogene Glykosid Sambunigrin ( Blausäureglykosid).

Ein Holunderbusch im Garten ersetzt die Apotheke

Arbeitsanleitung:
Original Färberezept siehe Seite von Herrn Armin Eisner   http://www.aeisner.de/

W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau) modifiziert

Arbeitsablauf :
1. (Schnitte 40 µm) mit 70 % Ethanol
2. Fixieren in 70 % Ethanol  24 Stunden
3.  Alkoholreihe bis zum 30%igen Ethanol
4. Wasser entmin. 3x wechseln je 1 Minute
5.  Vorfärbung  Acridinrotlösung      9 Min.
6. 1x auswaschen mit Aqua dest. .
7.  Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen- Lupenkontrolle)     ca. 10 Sekunden.
8.  2 x auswaschen mit Aqua dest..  
9. Nachfärbung  Astrablaulösung    50 Sek.
      Bei der Nachfärbung mit Astrablau eine Mischung aus Astrablau und Acriflavin im Verhältnis 5:1  verwendet.
10.  Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste auf dem Objektträger verbleiben
11.  Entwässern mit 2x  gewechseltem Isopropylalkohol   ( 99,9 % )
12.  Als letzte Stufe vor dem Eindecken Xylol einsetzen
13.  Einschluss in Entellan  

Ergebnis :
Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot. Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb. Zellwände der innenliegenden Hypodermis  tiefrot, Suberin  hellrosa.

Fotos erstellt mit Nikon D5000.
Die Übersichtsaufnahmen wurde mit ,,MagniFlash" erstellt.

Blattstiel - Querschnitt

Bild 01 Mikrotomschnitt Blattstiel, quer, 40 µm (ziehender Schnitt - Winkelstellung 15 Grad) (Sambucus nigra)


Bild 02 Schnitte in Ethanol 70 % (Sambucus nigra)


Bild 03 Übersicht (schwarz-weiß) Blattstiel  (Sambucus nigra )


Ich habe verschiedene Färbezeiten probiert:

Färbezeiten für Bilder  04 bis 06:
Acridinrotlösung      9 Min.
Acriflavinlösung     10 Sek.
Astrablaulösung     40 Sek.

Bild 04 Xylem (Sambucus nigra)


Bild 05 Cuticula (Sambucus nigra)

Die dreidimensionale Struktur erkennt man bei diesem Foto deutlich.

Bild 06 Haar (Trichom) (Sambucus nigra)


Färbezeiten für Bilder  07 bis 09:

Acridinrotlösung      10 Min.
Acriflavinlösung       10 Sek.
Astrablaulösung      40 Sek.

Bild 07 Vergrößerung Haar (Trichom) (Sambucus nigra)


Bild 08 Leitbündel (Sambucus nigra)


Bild 09 Cuticula , gelb (Sambucus nigra)


Spross – Querschnitt

Bild 10 Schnittstelle – einjähriger Spross (Sambucus nigra)

Die Rinde des Stammes sowie die Zweige sind graubraun und übersät mit Lentizellen.

Bild 11 Übersicht (Sambucus nigra)


Bild 12 Lentizelle (Sambucus nigra)

Lentizelle (Sambucus nigra)
Die "Korkwarzen" ermöglichen dem äußeren Sprossgewebe den Gasaustausch.
Der Sklerenchymring wird mit zunehmendem Dickenwachstum durch die Bildung von Parenchymzellen unterbrochen, wodurch die "Inseln" entstehen.
Ep = Epidermis-zerreißt;  Sk = Sklerenchymring;  Ka = Kantenkollenchym mit Chloroplasten;
Fü = Füllzellen – locker geschichtete Korkzellen (Phellem);  Phgn = Lentizellenphellogen;
Phdm = nach innen Phelloderm.

Spross –Längsschnitt

Bild 13 aufgeklebter Spross (Sambucus nigra)

Wenn die äußere Korkschicht durchschnitten ist, wird die Struktur instabil.
Der Spalt auf der linken Seite zeigt es deutlich.

Bild 14 Übersicht (Sambucus nigra) 40 µm


Bild 15 Vergrößerung (Sambucus nigra)


Bild 16 Lentizelle im Längsschnitt (Sambucus nigra)


Bild 17 Lentizelle im Längsschnitt, Fluoreszenzaufnahme  (Sambucus nigra)


LITERATUR:
Die Heilkraft der Bäume / K.Allgeier / München 1986
Bäume u.Sträucher im Garten / R.Hansen u. F.Stahl / Ulm 1980
BLV Naturführer Bäume u.Sträucher / K.Harz / München
Bäume u.Sträucher / Jean-Denis Godet / Augsburg 1987
Unsere Bäume / K.Schnelting / München 1992
So stirbt der Wald / München 1985
Rettet den Wald / H.Stern / München 1979
Deutschlands alte Bäume / S.Kühn, B.Ulrich, U.Kühn / München 2003
KIEHN M. , LASSNIG P., LIEBHART T., SCHEMBERA E., WALTER J., 1996: Giftpflanzen.
Katalog zur Ausstellung im Institut für Botanik und Botanischen Garten der Universität Wien,
Juni bis September 1996, 64 Seiten. - Wien: Inst. Bot. u. Bot. Garten

Mit freundlichem Gruß
Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Anatol

Hallo Hans-Jürgen.

Bravo!!!
Professionell und sehr interessante Arbeit!
Haben Sie einen Schlitten Mikrotom?

Mit freundlichem Gruß
Anatoly

Herzliche Grüße

Anatoly

Hans-Jürgen Koch

#2
Guten Tag Anatoly,

Добро пожаловать, здесь на форуме.

(Herzlich willkommen hier im Forum).

Danke für Dein Lob.
Ich arbeite mit einen alten Reichert-Jung Schlittenmikrotom Hn 40.

Gruß aus Norddeutschland

Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

schön, das Hilfmittel Holundermark mal als Präparat zu sehen, und sogar komplett und als Längstschnitt!
;)

Danke für's Zeigen! Die Lentizellen sind besonders schön.

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Roderich Römhild

Wunderschöner Betrag! Ich habe noch nie eine so schöne Lenticelle gesehen.

Bernhard Kaiser

Guten Morgen Herr Koch,

danke für die aufschlußreiche Arbeit.

Freundliche Grüße
Bernhard Kaiser

HDD

Hallo Hans-Jürgen

Man bekommt bei diesem Beitrag so richtig Lust, selber mal mit dem
Schnibbeln anzufangen.
Wunderschön gemacht, wie alle Deine Präsentationen. Gratuliere !

Herzliche Grüße

Horst-Dieter

Klaus Herrmann

Lieber Hans-Jürgen,

Deinen schönen Schnitt des Sprosses habe ich gleich in meine Galerie kopiert.
Der Hollunder ist ja immer ein super-Beispiel für Lentizellen! Und er hat so viele, dass man gar nicht vorbeischneiden kann!

Sie neigen dazu auszureißen, das hast Du mit dem Längsmesserschittt mit scharfem Messer perfekt vermieden!

Die W 3 A-Färbung ist für Fluorszenz schön geeignet. Ich habe hier mit Blauanregung bei Trachelospermum jasminoides  eine etwas andere Fluoreszenz erzielt: Eingedeckt in Malinol, das kaum Eigenfluoreszenz zeigt.

Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Jan Kros

Lieber Hans-Jürgen

Sehr schöne Arbeit und gut dokumentiert.
Die Bilder gefallen mir auch.
Herzlichen Gruss
Jan

Hans-Jürgen Koch

Hallo Jörg, Roderich, Bernhard, Horst-Dieter, Klaus und Jan,

danke für Euer Interesse und die netten Worte.

@Horst-Dieter,

es ist nie zu spät mit dem "Schnibbeln" anzufangen, nur Mut.

Gruß

Hans-Jürgen
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Gerne per "Du"

Mila

Lieber Hans-Jürgen,

ein schöner Beitrag zu dieser sagenumwobenen Heilpflanze :)

Längsschnitt und Lentizelle gefallen mir besonders gut!

Herzliche Grüße von Borkum,
Mila

Hans-Jürgen Koch

Liebe Mila,

danke für Dein Lob.
Ich wünsche Dir noch einen schönen Urlaub.

Gruß

Hans-Jürgen
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Gerne per "Du"