Botanik: Gemeiner Dost (Origanum vulgare) *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, Juli 30, 2011, 09:05:36 VORMITTAG

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Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

Der Dost ist eine Gewürz- und Heilpflanze.

Systematik:
Ordnung: Lippenblütlerartige (Lamiales)
Familie: Lippenblüter (Lamiaceae)
Unterfamilie: Nepetoideae
Gattung: Dost (Origanum)
Art: Oregano
Wissenschaftlicher Name: Origanum vulgare
spanisch ,,orégano", italienisch ,,origano", griechisch ,,ορίγανον [oríganon,
französisch: Marjolaine sauvage
Volkstümliche Namen:
Dorst, Dost, Echter Dost, Gemeiner Dost , Wilder Majoran, Bergminze, Blauer Dunst, Orant, Dosten, Badkraut  (Osttirol), Wohlgemut, Costenz, Gemude,  brauner Dost (Braunschweig), Mutterkraut, Mara,  wilder Balsam, hoher Kaspar, grober Kostens, schwarzes Ruhrkraut.

Oríganum ist die Übersetzung des griechischen _ρ_γανον (origanon) oder _ρ_γανος (origanos), welches wohl von _ρος (óros) = Berg und γ_νος (gános) = Glanz, Zierde, also Bergzierde, abgeleitet ist.
Dost wurde im Mittelalter als wich¬tige Hexenabwehrpflanze ange¬sehen und sollte vor dem Teufel schützen. Man hielt sie den Hexen unter die Nase, um sie vom Teufel zu lösen.
In den alten deutschen Kräuterbüchern ist das Origanum vulgare sehr eingehend behandelt.
Konrad v. Megenberg (Buch der Natur) empfiehlt den Dost mit Schwefel gemischt als ein gutes Mittel, um Ameisen zu vertreiben.
Ein recht alter Volksreim sagt:

"Dost, Hartheu und weiße Heidt
Thun dem Teufel vil Leidt."

Im Harz ist er auch heute noch ein volkstümliches Mittel gegen Husten und Brustschmerzen.
Verschiedentlich ist der Dost auch als Tabakersatz empfohlen worden; doch soll er bei Genuss in großen Mengen die Herztätigkeit zu sehr steigern. Ich rauche gerne Pfeife, aber  mit den getrockneten Blätter vom Dost werde ich meine Pfeife nicht stopfen!
In Kräuterbüchern wird Folgendes beschrieben: Ein gutes Mittel wieder Ruhr und Durchfall.  ,, ...nimm Dostenblätter, dörre und pulvere sie und vermische sie mit Eidottern, backe solchen und iss ihn".
In den Kräuterbüchern des 16. und 17. Jahrhunderts als schweißtreibendes, magenstärkendes, verdauungsförderndes Mittel und zum Stärken des Wohlbefindens genannt.
Während die ganze Pflanze angenehm und gewürzt riecht, schmeckt sie aber sehr scharf.
Auch zum Würzen von Speisen eignet sich der Dost hervorragend.
Die Staude mit einjähriger Primärwurzel und Primärachse, aus deren Knospen Bodenausläufer, Laub- und Blütensprosse hervorgehen, trägt eiförmige, bis 4 cm lange Blätter und hellkarminrote, zu trugdoldigen Rispen vereinigte Lippenblüten, die einen aromatischen Duft verströmen.
Durch organische oder Torfdüngung lässt sich der ätherische Ölgehalt von 0,20 auf 0,36% erhöhen.

Bild 01 Illustration Gemeiner Dost (Origanum vulgare)

Botanischer Bilder-Atlas (1884)

Bild 02 der Gemeiner Dost blüht in unserem Garten (Origanum vulgare)


Bild 03 Schnittstellen – Blattstiel und Spross, Gemeiner Dost (Origanum vulgare)



Arbeitsanleitung:

Original Färberezept siehe Seite von Herrn Armin Eisner http://www.aeisner.de/

W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau) modifiziert

Arbeitsablauf :

Reichert - Jung Schlittenmikrotom Hn 40 - Schnittstärke beträgt 40 µm.

Probe lag in AFE – Gemisch
Fixiergemisch auswaschen in 70 % Ethanol 5 Minuten
1. (Querschnitte) mit 70 % Ethanol
2. Alkoholreihe bis zum 30%igen Ethanol
3. Wasser entmin. 3x wechseln je 1 Minute
4. Vorfärbung Acridinrotlösung  8 Min.
5. 1x auswaschen mit Aqua dest. .
6. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle)  15 Sekunden.
7. 2 x auswaschen mit Aqua dest..
8. Nachfärbung Astrablaulösung  2 Minute.
Bei der Nachfärbung mit Astrablau eine Mischung aus Astrablau und Acriflavin im Verhältnis 5 : 1 verwendet.
9. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste auf dem Objektträger verbleiben
10. Entwässern mit 2x gewechseltem Isopropylalkohol ( 99,9 % )
11. Als letzte Stufe vor dem Eindecken Xylol einsetzen
12. Einschluss in Entellan

Ergebnis :
Rindenparenchym grün; Sklerenchymring rot;. Phloem blau; Epidermis hellrosa;
Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend  rot.

Fotos erstellt mit Nikon D5000.

Bild 04 Übersicht, Blattstiel, Gemeiner Dost (Origanum vulgare)


Bild 05 Blattstiel, Vergrößerung aus der Übersicht mit Beschriftung, Gemeiner Dost (Origanum vulgare)


Der Blattstiel ist sehr kurz und hat einen Durchmesser von ca. 0,5 mm. Mit Hilfe der Gefriereinrichtung konnte ich eine Schnittdicke von 20 µm erreichen.
Leitbündel im Inneren
Cu = sehr dünne Cuticula
Ep = Epidermis
Rp = Rindenparenchym
Ph = Phloem
Xy = Xylem
T = Trachee
D = kurzgestieltes Drüsenhaar

Bild 06 Blattstiel, Übersicht, Dunkelfeld, Gemeiner Dost (Origanum vulgare)


Bild 07 Spross, Übersicht, Gemeiner Dost (Origanum vulgare)


Familienmerkmal der Lippenblütler ist der vierkantig Stängel. Die Kanten sind versteift. Oft sind die Stängelglieder hohl.
Die Übersichtsaufnahme wurde mit ,,MagniFlash" erstellt.

Bild 08 Spross, Vergrößerung aus der Übersicht mit Beschriftung, Gemeiner Dost (Origanum vulgare)


Ep = Epidermis
R = Rindenparenchym
Ph = Phloem
K = Kambium
Xy = Xylem
T = Trachee
M = Markparenchym
Das luftfreie Xylem dient der Wasserleitung und den Transport Von Mikro – und Makronährstoffen. Es ist auch recht dickwandig, da der Transport fast ausschließlich durch ,,Sog" in Gang gehalten wird. So können die Pflanzen auch bei sehr angespannten Wasserverhältnissen nicht Kollabieren und der Wasserfaden reißt nicht ab.

Bild 09 sehr junger Spross mit Haare (Trichome), Gemeiner Dost (Origanum vulgare)


Bild 10 Floureszenzaufnahme, junger Spross, Gemeiner Dost (Origanum vulgare)


Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED

Bild 11 einjährige Primärwurzel, Übersicht, Gemeiner Dost (Origanum vulgare)


Die Übersichtsaufnahme wurde mit ,,MagniFlash" erstellt.

Bild 12 Wurzel, Vergrößerung aus der Übersicht mit Beschriftung, Gemeiner Dost (Origanum vulgare)


Ph = Phellem
Wb = Weichbast (Phelloderm)
skZ = sklerenchymatische Zellgruppen
Se = Sekretgang
Das Phelloderm besteht aus Parenchymzellen

Bild 13 Wurzel, Zentrum, Gemeiner Dost (Origanum vulgare)


Bild 14 Wurzel, starke Vergrößerung, Gemeiner Dost (Origanum vulgare)


Bild 15 Wurzel, sehr starke Vergrößerung, Gemeiner Dost (Origanum vulgare)


Bild 16 Floureszenzaufnahme, Wurzel, Gemeiner Dost (Origanum vulgare)


Bild 17 Floureszenzaufnahme mit leichter Beidosierung von Pilotlicht, Wurzel, Gemeiner Dost (Origanum vulgare)


Literatur:
Meyers Konversations-Lexikon, 1888; Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892; 12. Band: Seite 439
Ben-Erik van Wyk: Handbuch der Arzneipflanzen; Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart; ISBN 3-8047-2069-2, 2004.
M. Wichtl; Teedrogen und Phytopharmaka; Ein Handbuch für die Praxis auf wissenschaftlicher Grundlage; Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart, 2002.
L. Roth, M. Daunderer, K. Kormann; Giftpflanzen - Pflanzengifte; Ecomed Verlagsgesellschaft, 1988.
A. Poletti; H. Schilcher; A.Müller: HEILKRÄFTIGE PFLANZEN, Walter Hädecke Verlag, (1982). ISBN 3-7750-0104-2.
Lexikon der Arzeipflanzen und Drogen; Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg.
H. Schilcher: Kleines Heilkräuter-Lexikon; Walter Hädecke Verlag, 1999; ISBN 3-7750-0316-9.
Hagers Enzyklopädie der Arzneistoffe und Drogen; Springer Medizin Verlag, Heidelberg, 2008.
Wikipedia; Freie Enzyklopädie.

Für Verbesserungsvorschläge habe ich ein offenes Ohr.

Mit freundlichem Gruß
Hans-Jürgen



Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Rawfoto

Guten Morgen Hans-Jürgen

Na da warst du je wieder extrem produktiv! Toll wie immer, sehr spannend finde ich die die Darstellung im Dunkelfeld :-))

Liebe Grüße

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

David 15

Hallo Hans-Jürgen,

Sehr schöne Bilder ! Den Wurzelwuerschnitt finde ich besonders schick. Eine kleine Anmerkung habe ich doch noch. Bei Bild 5 , fehlt in der Legende Rp. Ich glaube ich renne heute noch in den Garten und hole mir etwas Oregano  ;D. Wenn man so schöne Bilder sieht kann man garnicht wiederstehen selbst Hand anzulegen  :)

Viele Grüße
David
''Wir leben in einem gefährlichen Zeitalter. Der Mensch beherrscht die Natur, bevor er gelernt hat, sich selbst zu beherrschen.'' ( Albert Schweitzer)

Vorstellung: ''Hier''

Hans-Jürgen Koch

Hallo Gerhard, hallo David,

danke für Euer Lob.

@ David,

du hast meinen Beitrag konzentriert gelesen. Bei dem Bild 5 habe ich tatsächlich in der Legende das
" Rp " Rindenparenchym vergessen, danke für Deinen Hinweis.

Gruß nach Österreich und an den Bodensee

Hans-Jürgen
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Gerne per "Du"

Detlef Kramer

Lieber Hans-Jürgen,

eine schöne Darstellung, die sicher viel Arbeit gemacht hat.

Es tut mir leid, dass immer ich derjenige sein muss, der aber auch die Fehler aufdeckt. Weichbast und Phelloderm sind nicht das Gleiche. Weichbast und Hartbast (hier nicht vorhanden) sind die Bestandteile des sekundären Phloems und werden vom Kambium gebildet. Um das dürfte es sich hier auch tatsächlich handeln. Das Phelloderm ist Bestandteil des Periderms, also des sekundären Abschlussgewebes. Es wird vom Phellogen (=Korkkambium) nach innen gebildet und besteht aus dünnwandigen Zellen, die meist Chloroplasten enthalten. Das könnten die bläulichen Zellen über dem Bast sein und darüber kann man eventuell auch das Phellogen direkt unter dem Phellem erkennen. Demnach existiert hier die primäre Rinde nicht mehr.

Herzliche grüße

Detlef

Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

Vorstellung: Hier klicken

Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

vielen Dank für Deine schöne und umfassende Darstellung vom Dost.
Deine Beiträge sind immer wieder ein Genuss.

Lieber Detlef,

ganz im Gegenteil. Ich finde, erst die Diskussion und die Korrektur eventueller Fehler machen die Beiträge für Leser und Autor gleichermaßen lehrreich.

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Jan Kros

Lieber Hans-Jürgen
Ich schliesse mich vorige Schreibern an
Schöne Arbeit und wieder gut dokumentiert
Herzlichen Gruss
Jan

Mila

Lieber Hans-Jürgen,

eine schöne Darstellung der alten Hexen- und Heilpflanze. Ich freue mich besonders wieder über den Wurzelschnitt, aber auch die deutliche Darstellung der für Labiaceen typischen vierkantigen Sprossachse (die ganz anders als die des Lavendels aussieht) finde ich gut!

Herzliche Grüße
Mila

Leo van Griensven

Hallo Hans-Jurgen,

My complements for your beautiful pictures of this very interesting plant.

Would it be possible to show the  histology of the leaves of Oreganum ? Reason is that the  leaves contain  a large amount of  essential oil which consists mostly of  carvacrol and thymol, probably contained in trichomes. The trichomes must be very many or have a giant size. Oregano  oil is commonly obtained by water destillation of the leaves and is very strongly bactericidal and fungicidal, even stronger than streptomycin resp. bifonazole. It works beautifully against bacterial food pathogens like E. coli and S. enteritidis as well as against many common fungal infections of the skin. Marina Sokovic from Belgrade  did nice work on it and published the results in a peer reviewed "open access" journal.  Sokovic et al. Molecules 2010, 15, 7532-7546; and Sokovic et al. Molecules 2009, 14, 238-249.
If possible, I would very much like to see the site where the oil is processed or stored in the plant.

Thank you,

Leo van Griensven.


Klaus Herrmann

Hallo Leo,

in France Bernard Boher did - and is still doing - some nice work in vegetal histology. I found two examples of plants thyme and sage where these trichomes producing the well smelling oils are shown. In his newer work he has also made an abstract in english.

http://www.lenaturaliste.net/forum/viewtopic.php?f=94&t=5896

http://www.lenaturaliste.net/forum/viewtopic.php?f=94&t=5881
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Leo van Griensven

Hallo Klaus,
Danke, and indeed the trichomes of Thymus sp. look enormous. So will those of Oreganum sp., I guess. And again beautiful pictures.

Thank you,
Leo

Hans-Jürgen Koch

Lieber Detlef,

für die Korrektur bin ich Dir sehr dankbar, denn nur dadurch kann ich etwas lernen.
Ich habe noch ein Bild von der Wurzel eingestellt, dank Deiner Beschriftungshinweise ist mir die Struktur jetzt klarer.

Bild 18  Wurzel, Vergrößerung aus der Übersicht mit Beschriftung, Gemeiner Dost (Origanum vulgare)


K = Kork = Phellem
Pg = Phellogen
Pd = Phelloderm
Ph = Phloem
K = Kambium
St = Strahl
Xp = Xylemparenchym
T = Trachee
PP = Phloem - Parenchym

Das Phloem – Parenchym muss vom Kambium gebildet sein, denn es ist von Strahlen durchzogen. Weichbast ist es nicht, denn man sieht keine Siebröhren und Geleitzellen.

Hallo Mila, Jörg und Jan,
danke  für  Euer Lob.

@ Leo van Griensven

Dear Leo,
I already tried to prepare microscopic sections of the leaves of " Origanum".
Unfortunately, it didn`t work, because the sections coiled up.

Best regards, Hans-Jürgen

@ Klaus,

danke  für den Hinweis auf die super Arbeiten von Bernard Boher.

Gruß
Hans-Jürgen



Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"