Interessante Pilzfunde 60 - Veränderlicher Spaltporling

Begonnen von Bernd Miggel, Januar 05, 2023, 17:13:07 NACHMITTAGS

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Bernd Miggel

Allgemeines
Mit dem Veränderlichen Spaltporling stelle ich hier einen häufigen, weit verbreiteten Nichtblätterpilz vor, an dem man meist achtlos vorbeigeht, der es aber verdient, einmal gründlich unter die Lupe genommen zu werden. Ich fand den Pilz in einem kleinen Naturschutzgebiet, wo er einen auf dem Boden liegenden, morschen Laubholzast auf einem halben Meter Länge überzog.

Lebensweise
Die Art lebt saprobiontisch auf abgestorbenem Laubholz (,,lignicol") und ruft im Holz eine Weißfäule hervor. Weißfäulepilze zersetzen sowohl das Lignin als auch die Zellulose im Holz. Durch eine Weißfäule vollständig zersetztes Holz ist im trockenen Zustand sehr leicht und weist eine längsfaserige Struktur mit weißlicher Farbe auf. Bild 1 zeigt die Art am Fundort.

Bernd Miggel

.
#1
Eckdaten des Fundes
•   Pilzart: Veränderlicher Spaltporling (Schizopora paradoxa (Schrad.) Donk).
•   Funddatum: 2. Januar 2023.
•   Naturregion: Nördl. Schwarzwald-Vorland.
•   Fundort: Flächenartiges Naturdenkmal ,,Tornadowald", Gemeinde Karlsbad, Baden-Württemberg.
•   Substrat: Hainbuchenast, Optimalphase der Vermorschung.
•   Wetter bis zum Fundzeitpunkt: feucht und für die Jahreszeit ungewöhnlich warm.
•   Belegnummer: fnd23008,tor.


Makromerkmale
Der Veränderliche Spaltporling überzieht das Substrat rein flächig, bildet an senkrechten Flächen allenfalls knotenartige Vorsprünge. Man nennt diese Wuchsform ,,resupinat". Er kann dabei  sicherlich auf Ästen einen Meter Ausdehnung erreichen. Die Farbe reicht von weißlich über cremefarben bis hellocker oder hell bräunlich. Die Poren sind eckig und man zählt nur etwa 1-3 pro mm. Mit zunehmendem Wachstum spalten sich die Poren schlitzartig auf und erreichen schließlich ein labyrinthartig-zähnchenartig-plattiges Aussehen. In letzterem Zustand kann man den Pilz auch als resupinaten Stacheling ansehen. Der Rand der Fruchtkörper ist weißlich und läuft flach und fransig aus.
Bild 2 zeigt alle Übergänge von rein porig bis labyrinthartig-plattig.
In Bild 3 sieht man deutlich den weißen, fransig auslaufenden Rand.

Bernd Miggel

.
#2
Mikromerkmale
Das Hyphensystem ist dimitisch, und zwar besteht es aus Generativ- und Skeletthyphen.  Die etwa 2 µm dicken Generativhyphen sind dünn- bis dickwandig und besitzen große Schnallen an den Septen ("gh" in Bild 4) mit einer Schnalle "s" an einer Septe. Die Skeletthyphen sind etwa 3 µm dick, unverzweigt und englumig ("sh" in Bild 4).

Bernd Miggel

.
#3
Man findet beim Veränderlichen Spaltporling einzelne kugelige Hyphenenden, ein wichtiges Bestimmungsmerkmal. In Bild 5 sind ein paar zu sehen ("k").

Bernd Miggel

.
#4
Basidien und Sporen
Die Basidien ("b" in Bild 6) messen so um die 20 x 5 µm, sie sind schlankkeulig, oft mit eingeschnürter Mitte, und besitzen vier Sterigmen sowie eine Basalschnalle ("bs" in Bild 6). Im Bild erkennt man außerdem eine Skeletthyphe "sh".

Bernd Miggel

.
#5
Die Sporen sind ellipsoid, dünnwandig, hyalin und besitzen einen Tropfen. Die Hochrechnung einer Probe aus 32 repräsentativen Sporen, unter Zugrundelegung eines Vertrauensintervalls von 95 %, ergab:
L x B = 5,2-6,3 x 3,8-4,7µm      Lav x Bav = 5,7-5,9 x 4,2-4,3µm      Qav = 1,33-1,39      Vav = 52-57 µm3.
Darin sind L Länge, B Breite, Q Schlankheitsgrad = L/B, V Volumen, av Average (Mittelwert).

Bernd Miggel

.
#6
Verwechslungsmöglichkeiten
Es gibt noch zwei weitere, seltene Schizopora-Arten, mit denen der Veränderliche Spaltporling verwechselt werden könnte:
•   Der Gelbporige Spaltporling Schizopora flavispora besitzt mit 3-5 Poren pro mm ein deutlich feineres Porenbild. An senkrechtem Substrat bildet er wesentlich deutlichere treppenartige Vorsprünge. Außerdem sind die Sporen mit einer Länge von 3-4,5 µm deutlich kleiner.
•   Schizopora radula ist rein poroid, und das Hyphensystem ist monomitisch. Auch sind die Sporen mit einer Länge von 4-5,5 µm etwas kleiner.

Literatur
•   BERNICCHIA, A. (2005): Polyporaceae s.l. – Fungi Europaei Vol 10: 490-491.
•   JAHN, H. (1979): Pilze die an Holz wachsen: Nr. 73.
•   BREITENBACH, J. & KRÄNZLIN F. (1986): Pilze der Schweiz Bd. 2, Nichtblätterpilze: Nr. 380.
•   RYVARDEN, L. & MELO, I. (2014): Poroid fungi of Europe: 380-381.
•   https://fundkorb.de/pilze/schizopora-paradoxa-ver%C3%A4nderlicher-spaltporling


Viel Vergnügen beim Anschauen!
Bernd


Alle Fundberichte in der Übersicht: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=42360.msg312080#msg312080

Fachausdrücke, Abkürzungen: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41611.msg306729#msg306729

jcs

Hallo Bernd,

wieder ein sehr gut aufbereiteter und informativer Thread! Interessant fände ich noch, den Pilz im Inneren des Holzgewebes zu beobachten. Ich habe das einmal an einer Tramete versucht, bin aber präparativ komplett gescheitert. Wie würdest Du da vorgehen, wenn man den Pilz im Inneren des Holzes mikroskopieren will?

LG

Jürgen

Bernd Miggel

#8
Hallo Jürgen,

dazu würde ich einen feinen Längsschnitt durch das befallene Holz machen, entweder manuell mit der Rasierklinge oder mit dem Mikrotom. Für das zu schneidende Holzstück verwendet man am besten einen Würfel der Kantenlänge 10 mm. Das Holzstück sollte möglichst fest sein, sonst gelingt der Schntt nicht. Den Schnitt fünf Minuten in Etzold-FCA färben und in Wasser mikroskopieren. Die Pilzhyphen heben sich dann blau vom Hintergrund ab. Das folgende Bild zeigt als Beispiel einen Längsschnitt durch morsches Rotbuchenholz mit einer Pilzhyphe an der Wandung eines Gefäßes. Die Längsrichtung des Holzes ist vertikal. Es handelt sich nicht um das Substrat des Fundes.
Wichtig: Der Pilz-Fruchtkörper selbst wächst nicht in das Holz hinein, dort befinden sich "nur" die Hyphen. Zu welcher Pilzart die Hyphen hier im Bild gehören, weiß ich leider nicht.

Viele Grüße
Bernd

jcs

Hallo Bernd,

danke für den Hinweis und das sehr aussagekräftige Bild! Offenbar habe ich bei meinen damaligen Versuchen ein Holzstück verwendet, dass schon zu stark verrottet war. Ich habe damals nur Brösel im Schlittenmikrotom produziert. Ich werde das bei Gelegenheit einmal mit einem weniger zersetzten Holz versuchen, wie von Dir beschrieben.

LG
Jürgen

Bernd Miggel

#10
Hallo Jürgen,

hier habe ich 2 Bilder vom Substrat des Fundes. Es hat sich eindeutig als Hainbuche herausgestellt. Die Holz-Schnitte wurden in Etzold-FCA gefärbt. Das Bild links zeigt den Querschnitt Q, das Bild rechts den Radialschnitt R.

Querschnitt Q:

  • Wir haben es mit zerstreutporigem Laubholz zu tun; das zeigt die Anordnung der Gefäße (G). Die Wuchsrichtung ist von oben nach unten.
  • Die Gefäße sind vielfach in radialen Reihen angeordnet.
  • Die Jahresringgrenze "JG" ist bei der Hainbuche geschwungen.
  • Neben echten (HS) sind auch Falsche Holzstrahlen (FHS) vorhanden

Radialschnitt R:

  • Die Gefäße besitzen einfache Durchbrechungen (EDB).
  • Die Kreuzungsfeldtüpfel (KTü) = Verbindung zwischen Gefäß und Holzstrahl sind mit einem tangent. Durchmesser von 5-6 µm relativ groß.
  • Deutlich erkennbar sind Pilzhyphen (PHy).

lg - Bernd

jcs

Hallo Bernd,

danke für's Zeigen diese Aufnahme! Etzold FCA scheint ja ein sehr guter Farbstoff für soclhe Anwendungen zu sein, die Pilzhyphen kommen sehr schön zur Geltung.

LG

Jürgen