Interessante Pilzfunde 76 – Roter Samttäubling / Kleiner Reiftäubling

Begonnen von Bernd Miggel, Juni 20, 2023, 13:44:07 NACHMITTAGS

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Bernd Miggel

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Einführung, Lebensweise und Verbreitung

Klein, aber oho, könnte man zu diesem hübschen Zwergtäubling sagen. Beim Roten Samttäubling oder Kleinem Reiftäubling (Russula melzeri) handelt es sich um einen sehr kleinen, schwach fruchtig riechenden, mild schmeckenden Ockersporer mit rotem Hut, weißem Stiel und ockerfarbenen Lamellen. Man findet den Pilz bei Rot- und Hainbuchen, Eichen und Edelkastanien.

Bernd Miggel

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#1
Häufig ist der Rote Samttäubling nicht: Die Rote Liste Deutschlands (2016) führt ihn in der Kategorie 3 (gefährdet).
Ich fand Fruchtkörper dieser Art zweimal im Mittleren Schwarzwald nahe Hornberg am ,,Büchereck" an einer Wegböschung über Kinzigitgneis (einem Paragneis) bei Rotbuchen.
Die hier gezeigten Bilder verdanke ich Karl Wehr und Helga Marxmüller.

Bernd Miggel

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#2
Makroskopische Merkmale

Wir haben es mit einem recht kleinen, dünnfleischigem Pilz zu tun, mit Hutbreiten bis 3 cm und Stiellängen bis 3,5 cm. Oft ist der Stiel kürzer als die Hutbreite.
Kennzeichnend ist die rote, leicht komplett abziehbare, stets flockig aufgelöste, samtig-trockene, glanzlose Huthaut, die dem Pilz ein besonderes Aussehen verleiht. Die Hutfarbe ist blass bis gesättigt karminrot M10A6-M10A8, M11A6-M11A8, in der Hutmitte oft dunkler oder gesättigter gefärbt.
Der Stiel ist zylindrisch, weiß, gebrechlich und meist nur 0,5 cm dick. Die Lamellen sind brüchig, bauchig, dünn, relativ breit, stehen etwas entfernt, sind nur wenig mit Lamelletten untermischt und nicht gegabelt. Bei jungen Exemplaren sind sie hell cremefarben bei ausgewachsenen hellocker. Das Fleisch ist weiß und sehr brüchig, im Hut dünn, im Stiel wattig ausgestopft.

Bernd Miggel

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#3
Makrochemische Farbreaktionen nach ROMAGNESI, H. (1985)
•   Guajaktinktur: rapide und intensiv blaugrün.
•   Eisensulfat: deutlich rosa.
•   Phenol: karminviolett, ein wenig wie bei R. amoena.

Frisch ausgefallener Sporenstaub
Hellocker, IIIb nach der Farbtafel in MARXMÜLLER, H. (2014).

Bernd Miggel

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#4
Mikroskopische Merkmale (siehe zum Vergleich Bild 4)

Die Sporen sind rundlich bis breitellipsoid und isoliert stumpfwarzig, Warzen und Hilarfleck deutlich amyloid. Maße: L x B = 7-8,5 x 5,5-7,5 µm, Höhe der Warzen bis 0,8, einzelne bis 1,0 µm hoch. Der Schlankheitsgrad dürfte im Mittel bei Q = 1,1 liegen.
Die Epikutis besteht aus recht kräftigen, vielfach septierten, meist stumpf endenden  Epikutishaaren ,,eh"  mit 3-6 µm Durchmesser, sowie vielfach septierten, oft kurzgliedrigen, in Sulfovanillin grauenden Pileozystiden mit 5-10 µm Durchmesser.
Die Hymenialzystide "hz" sind bauchig-spindelförmig, oft mit apikaler Ausstülpung.

Bernd Miggel

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#5
Ähnliche kleine, mild schmeckende Arten mit rotem Hut
•    Der Kleine Rosatäubling (R. minutula) ist aufgrund des Rosmarindufts, der bei Aufsammlungen stets vorhanden ist, deutlich zu unterscheiden, außerdem durch die weißen Lamellen und das rein weiße Sporenpulver. 
•    Beim Rotscheibigen Täublings (R. rhodella) ist die Huthaut glatt und glänzend.
•    Der Zinnoberrote Reiftäubling (R. emeticicolor) unterscheidet sich durch weiße Lamellen und weißes Sporenpulver. Außerdem besitzt er in der Huthaut keine Pileozystiden, sondern inkrustierte Primordialhyphen.

Literatur
•    EINHELLINGER, A. (1985): Die Gattung Russula in Bayern. Hoppea, Denkschr. Regensb. Bot. Ges. 43: 123-124.
•    EINHELLINGER, A. (1990): Russula-Monographie Romagnesis. Zum Studium von Täublingen unentbehrliche Schlüssel und Tabellen aus der Russula-Monographie Romagnesis unter Berücksichtigung der Ergänzungen Romagnesis von 1985 und 1987. Ins Deutsche übersetzt von A. Einhellinger: 48.
•    GALLI, R. (1996): Le Russule: 326-327.
•    KIBBY, G. (2014): The genus Russula in Britain: 50.
•    KRÄNZLIN, F. (2005): Pilze der Schweiz Bd. 6, Russulaceae: Nr. 163.
•    KRIEGLSTEINER, G.J. (2001): Die Großpilze Baden-Württembergs, Bd. 2. Ständerpilze: Blätterpilze I: 519-520.
•    ,,M": KORNERUP A. & WANSCHER J.H., 1981: Methuen Handbook of Colour.
•    MARXMÜLLER, H. (2014) - Russularum Icones: 462-463.
•    MONEDERO, C. (2012): El Género Russula en la Península Ibérica: 350-351.
•    ROMAGNESI, H. (1985): Les Russules d ́Europe et d ́Afrique du Nord: 633-635.
•    SARNARI, M. (2005): Monographia illustrata del genere Russula in Europa 2: 1207-1210.
•    https://de.wikipedia.org/wiki/Roter_Samt-T%C3%A4ubling
(abgerufen am 19.6.2023).
•    https://fundkorb.de/pilze/russula-melzeri-roter-samtt%C3%A4ubling


Viel Freude beim Anschauen!
Bernd




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