Interessante Pilzfunde 86 - Purpurbrauner Ledertäubling

Begonnen von Bernd Miggel, September 11, 2023, 13:07:15 NACHMITTAGS

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Bernd Miggel

Einführung, Lebensweise und Verbreitung

Beim hier beschriebenen Purpurbraunen Ledertäubling Russula vinosobrunnea handelt es sich um einen milden, geruchlosen, groß werdenden Gelbsporer mit braunem Hut, reif gelben Lamellen, weißem oder rötlich angehauchtem Stiel und auffälliger Phenolreaktion. Karl Wehr fand  die in Bild 1 gezeigte, eindrucksvolle Populationim August dieses Jahres in der Eifel. Sie wuchs in einem Kalkbuchenwald mit eingestreuten Eichen an einem wärmebegünstigten Standort. Gemäß der Fachliteratur gelten als Mykorrhizapartner Eichen, Esskastanien, Rot- und Hainbuchen.
Die recht seltene Art wird er in der Roten Liste Deutschlands (2016) in der Gefährdungskategorie D (Daten unzureichend) geführt.

Ein großes Dankleschön an Karl Wehr und Helga Marxmüller für Bild 1 bzw. Bild 4.


Bild 1 – Russula vinosobrunnea am Fundort bei Rotbuchen und Eichen. Foto: Karl Wehr.



Bernd Miggel

#1
Makroskopische Merkmale (weitgehend nach PIDLICH-AIGNER, H. (2006))

Die Fruchtkörper sind stabil und können sehr groß werden. Dabei sind Hutdurchmesser von 16 -18 cm durchaus möglich. Die Hutfarbe ist recht variabel: braunrot (10D6), rotbraun (9D6, 9E7), violettbraun (10E6-7), braunviolett (11D8) und rubin (12D-E8) oder auch die Randzone graumagenta (13C3-4), sonst graurot (7B5) bis braunorange (7C6), oder braunrot (9D-E8), zur Mitte übergehend bzw. ausgeblaßt nach ocker (5C7). Die Hutoberfläche ist glatt, matt, feucht glänzend, der Rand ungerieft oder im äußersten Randbereich kurz gerieft. Die Huthaut ist bis zu einem Drittel des Radius abziehbar. Die Lamellen sind dick, oft weit entfernt und stets durchlaufend, d.h. es existieren weder Lamelletten noch Gabelungen. Im reifen Zustand sind sie gelb. Der Stiel ist stabil, fest, komplett weiß oder rosa überhaucht, zylindrisch mit manchmal verjüngter Basis. Das Fleisch in Hut und Stiel ist anfangs sehr fest und weiß, schmeckt angenehm mild und ist geruchlos.

Bild 2 (linkes Bild)Russula vinosobrunnea aus wikipedia.org.
Lizenzhinweis:
2012-09-05_Russula_vinosobrunnea_(Bres.)_Romagn_259389.jpg: This image was created by user Gerhard Koller (Gerhard) at Mushroom Observer, a source for mycological images. You can contact this user here.
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Bild 3 (rechtes Bild)Russula vinosobrunnea aus wikipedia.org.
Lizenzhinweis: Giocomo Bresadola, Russula alutacea f. vinosobrunnea Bres, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons


Bernd Miggel

#2
Sporenstaubfarbe
Das frisch ausgefallene Sporenpulver ist gelb, etwa IVb nach der Farbtafel in MARXMÜLLER, H. (2014).

Makrochemische Farbreaktionen

FeSO4 ergibt eine rosa Reaktion.
Phenol ergibt eine typische, stark rotviolette Reaktion, ähnlich der Farbe von Brombeer- oder Heidelbeerflecken.


Mikroskopische Merkmale
(weitgehend nach PIDLICH-AIGNER, H. (2006))

Sporen: 7,3-10,8 x 6,8-8,8 um, im Mittel 9 x 7,8 um, Schlankheitsgrad im Mittel Qav = 1,15, Volumen im Mittel 286 µm3, ovoid, Ornamente bis 1,2 um hoch, mit isolierten Abschnitten, aber auch immer mit Graten, feinen Linien und Ausläufern (aber niemals netzig); Hilarfleck gut sichtbar, d.h. deutlich amyloid. Die Epikutis besteht aus Epikutishaaren und ,,Primordialhyphen". Epikutishaare (,,eh" in Bild 4) 2-8 µm breit, Glieder kurz bis mittellang, verzweigt, verschieden geformt, meist aber stark deformiert, mit Auswüchsen, wellig, bauchig, auch zylindrisch. ,,Primordialhyphen" (,,ph" in Bild 4) gleichmäßig geformt, Glieder mittellang bis lang, zylindrisch, relativ dickwandig und in der Form Primordialhyphen ähnelnd, allerdings ohne nach Behandlung mit Karbolfuchsin und Salzsäure sichtbare Inkrustationen.


Bild 4 – Mikromerkmale aus MARXMÜLLER, H. (2014)



Bernd Miggel

#3
Notizen
•    SARNARI, M. (2005) unterscheidet noch eine Russula vinosobrunnea var. perplexa mit größeren Sporen, deren Ornamentik mitunter kurze, kettenartige Strukturen zeigt.


Eng verwandte Täublinge mit ebenfalls heidelbeer- oder brombeerfarbener Phenol-Reaktion
•    Der Rotstielige Ledertäubling (Russula olivacea) ist wesentlich häufiger, wird meist größer, seine Hutfarben können auch grüne Pigmente enthalten. Die Hutoberfläche ist oft typisch radialrunzelig, und der Stiel weist oft oben einen rötlichen, ringförmigen Bereich auf.
•    Der Glänzende Ledertäubling (Russula alutacea) ist unserer Art sehr ähnlich. Allerdings besitzen die Sporen eine teilnetzig bis netzige Ornamentik.

Literatur
•    EINHELLINGER, A. (1985): Die Gattung Russula in Bayern. Hoppea, Denkschr. Regensb. Bot. Ges. 43: Nr. 147.
•    GALLI, R. (1996): Le Russule: 384-385.
•    KIBBY, G. (2014): The genus Russula in Britain: 66.
•    KRÄNZLIN, F. (2005): Pilze der Schweiz Bd. 6, Russulaceae: Nr. 213.
•    KRIEGLSTEINER, G.J. (2000): Die Großpilze Baden-Württembergs, Bd. 2: 510-511.
•    MARXMÜLLER, H. (2014) - Russularum Icones: 534-537.
•    MONEDERO, C. (2012): El Género Russula en la Península Ibérica: 394-395.
•    PIDLICH-AIGNER, H. (2006): Bemerkenswerte Russula-Funde aus Ostösterreich 3. – Österr. Z. Pilzk.: 98-103.
•    ROMAGNESI, H. (1985): Les Russules d ́Europe et d ́Afrique du Nord: 732-734.
•    SARNARI, M. (2005): Monographia illustrata del genere Russula in Europa 2: 1473-1480.
•    https://de.wikipedia.org/wiki/Purpurbrauner_Leder-T%C3%A4ubling
(abgerufen am 10.9.2023).
•    https://fundkorb.de/pilze/russula-vinosobrunnea-purpurbrauner-ledert%C3%A4ubling

Farbangaben
•    KORNERUP A. & WANSCHER J.H. (1981): Taschenlexikon der Farben.


Viel Freude beim Anschauen!
Bernd



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