Achsenbild-Objektive – Exoten der Polarisationsoptik

Begonnen von olaf.med, Januar 01, 2020, 17:45:53 NACHMITTAGS

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olaf.med

Achsenbild-Objektive – Exoten der Polarisationsoptik

(mit Bemerkungen zur Messung der Apertur)


Kürzlich erhielt ich von einem guten Freund ein sehr seltenes Leitz-Objektiv für die Darstellung von Achsenbildern, was mich anregte, mich einmal intensiver mit diesen außergewöhnlichen Optiken zu beschäftigen.

Ich habe hier ja schon mehrfach darauf hingewiesen, dass die Ziele der wissenschaftlichen Polarisationsmikroskopie sich von denen der medizinisch-biologischen Mikroskopie deutlich unterscheiden. Bei letzterer steht die maximal erreichbare Vergrößerung und die Bildqualität im Vordergrund, während man am Polarisationsmikroskop spannungsfreie Optiken für besondere physikalische Messungen benötigt und die Vergrößerung und Auflösung meist eine ganz untergeordnete Rolle spielen. In deutlich mehr als 40 ,,Mikroskopikerjahren" habe ich lediglich ein einziges Mal ein höher vergrößerndes Öl-Immersionssystem benutzt – in der Regel endet die gebräuchliche Abstufung auch bei Forschungsmikroskopen bei 40-fachen (maximal 63-fachen) Objektiven und einer maximalen numerischen Apertur von 0,7. Diese ,,stark vergrößernden" Objektive benötigt man auch in über 99% der Fälle nur zur konoskopischen Untersuchung, also wegen ihrer hohen Aperturen.

Die Prinzipien und die Bedeutung der konoskopischen Untersuchung an Kristallen habe ich  hier schon einmal erläutert.

Für petrographische Anwendungen, z.B. die Abschätzung des Achsenwinkels zur Mineraldiagnose, reichen Aperturen von 0,7 völlig aus. Da das Polarisationsmikroskop ab ca. 1890 zunehmend auch für kristalloptische Untersuchungen eingesetzt wurde, und mehr und mehr die Aufgabe der klassischen Polariskope übernahm, entstand der Wunsch nach höheraperturigen Optiken. Diese sind erforderlich, damit man auch bei Kristallen mit größeren Achsenwinkeln beide Achsenausstichpunkte gleichzeitig sieht, um Dispersionseffekte diagnostizieren zu können. Zu dieser Zeit gab es bereits hochaperturige    Objektive, z.B. 1/12 homogene Immersion mit einer numerischen Apertur von ca. 1,3. Die Konstruktion spezieller Achsenbild-Objektive rechtfertigt Wülfing in einem umfassenden Werk ,,Ein neues Polarisationsmikroskop und kritische Betrachtungen über bisherige Konstruktionen", Abh. Heidelberger Akad. d. Wiss., 1918 folgendermaßen: ...Diese Objektive (gemeint sind z.B. 1/12 hom. Imm.) sind vielfach sehr kostbar und alle sehr zart gebaut, wobei ihre spezifischen Qualitäten, nämlich die exakte Bilderzeugung, hier gar nicht besonders zur Verwendung kommen. Aus diesem Grund sind einfachere und derbere zum Teil nur aus 3 Linsen bestehende Systeme konstruiert worden, wie z.B. das in mineralogischen Kreisen etwas verbreitetere von R. FUESS schon 1885 zur Beobachtung von Achsenbildern eingeführte Objektiv von hoher Apertur.

Die Objektive

Insgesamt gesehen sind diese Spezialobjektive sehr selten und wurden von nur wenigen Firmen gefertigt. Mir sind sie von R. Fuess/Berlin, E. Leitz/Wetzlar und R. Winkel/Göttingen bekannt, in der Literatur wird noch eines von C. Zeiss/Jena erwähnt, aber dazu habe ich keine weiteren Informationen.

Mir selbst stehen 3 Achsenbilder-Objektive zur Verfügung:

  • R. Fuess, Ölimmersion, n.A.  1,47 (ohne Gravur)
  • E. Leitz, Luft, n.A. = 1,0 (Gravur: Achsenbild Apert. 1,0)
  • E. Leitz, Ölimmersion, n.A. = 1,45 (Gravur: Ölimmersion für Achsenbilder / Apert. 1,45 E. Leitz Wetzlar)
Alle drei Objektive sind in keinem guten Zustand mit Spuren und Defekten, die von regem Gebrauch herrühren. Die Frontlinsen der Ölobjektive haben Ausbrüche und Kratzer, die auf Untersuchungen von Streupräparaten ohne Deckglas zur vollen Ausnutzung der Apertur schließen lassen; die Frontlinse des Fuess Objektivs hat sogar einen Sprung. All diese Effekte sind in den Achsenbildern zu bemerken, schränken aber die generelle Brauchbarkeit nicht ein.

Weiterhin sind mir nur noch zwei Objektive von R. Winkel bekannt (Sammlung von Timo Mappes, hier und hier). Sie gehören zu vollausgestatteten großen Forschungsmikroskopen nach Wülfing und haben eine Apertur von n.A. = 1,52.

Ein weiteres Leitz-Objektiv mit der Apertur 1,45 besitzt Dan Kile in Colorado/USA.

Zweifellos gibt/gab es mehr solcher seltenen Objektive, aber es ist zu vermuten, dass sie oft nicht als solche erkannt und wegen ihrer Unbrauchbarkeit für normales mikroskopisches Arbeiten als ,,schlecht" oder ,,fehlerhaft" ignoriert oder, schlimmer noch, entsorgt wurden.

Das Objektiv von Fuess


Das ,,Linsensystem zur Beobachtung weitachsiger Mineralien" von R. Fuess, ca. 1890

Das bereits ab 1885 gefertigte Fuesssche ,,Linsensystem zur Beobachtung weitaxiger Mineralien" besteht aus dem hochaperturigen Objektiv und dem passenden Kondensor, die beide in einem lederbezogenen Kästchen aufbewahrt werden. Eine Signatur fehlt, sodass das Erkennen dieses Sonderobjektiv ohne besondere Expertise kaum möglich ist. In Leiss (1899): Die optischen Instrumente der Fa. Fuess etc. findet man folgende Beschreibung:



Die Objektive von Leitz



Die Achsenbilder-Objektive von Leitz, ca. 1910

Die beiden Leitz-Objektive für Achsenbilder sind in den mir zur Verfügung stehenden Katalogen lediglich in dem von 1912 aufgeführt. In der Gesamtauflistung findet man sie folgendermaßen beschrieben:


Bei den vorgeschlagenen großen Ausstattungen der Forschungsgeräte wird auch dasjenige mit der Apertur 1,45 mit aufgeführt, wobei explizit auf die Einschränkung für normale Beobachtungen hingewiesen wird:


Die Angabe der numerischen Apertur von 1,0 für das Trockensystem kann man natürlich nur als aufgerundete Zahl verstehen. Dieser Wert ist ja der theoretische Grenzwert und kann nur bei unendlich großer Frontlinse und einem Objektabstand von 0 erreicht werden. Tatsächlich ist die halbkugelige Frontlinse dieses Objektivs sehr groß dimensioniert, sodass man bei geringstmöglichem Arbeitsabstand dem Wert 1,0 wohl sehr nahe kommt.

Experimentelles

Nachdem ich nun im Besitz dieser Objektive war und zudem über ausgezeichnete orientierte Kristallschliffe aus dem Archiv der Fa. Dr. Steeg & Reuter verfüge, wollte ich ,,mal eben" Achsenbilder ansehen. Wie das so oft bei ,,mal eben" ist, entwickelte sich daraus ein durchaus aufwendiges Projekt.

Als Polarisationsoptiker verfügte ich über keinen hochaperturigen Öl-Immersions-Kondensor zu meinem Orthoplan, sehr wohl aber über den Kondensor-Aufsatz AWI (AchsenWInkel) von der Fa. Winkel mit einer numerischen Apertur von 1,53 für deren Achsenwinkelobjektiv. Aus diesem und Resten eines Leitz Kondensors 600/700 baute ich mir einen zentrierbaren Einsatz. Bei der Inbetriebnahme stelle es sich aber heraus, dass durch das Fehlen der unteren Kondensorlinsen nur ein kleiner Teil in der Mitte des Feldes ausgeleuchtet wurde. Abhilfe schuf hier ein weißer Karton statt der eingebauten Mikroskop-Beleuchtung, der unter 45° direkt unterhalb des Kondensors angebracht und von der Seite homogen mit einer Lampe ausgeleuchtet wurde.


Eigenbau Hybrid-Kondensor aus AWI Kondensor-Oberteil von Winkel und Leitz 600/700 Kondensor

Die Anforderungen an das Probenmaterial sind auch ganz beträchtlich. Aus geometrischen Gründen darf das Präparat nicht allzu dick sein. Eine vollständige Ausleuchtung der Apertur erreichte ich gerade noch mit einer Präparatedicke von maximal 2 mm. Im weiter unten beschrieben Fall, bei dem die optimale Kristalldicke bereits in diesem Bereich liegt, benutzte ich statt eines Objektträgers ein Deckglas als Unterlage. Auch lateral muss der Kristall einen sauberen Bereich aufweisen, dessen Größe idealerweise mindestens derjenigen der Frontlinse entspricht, und das ist bei dem Leitz-Objektiv mit der Apertur 1,0 immerhin ein Durchmesser von 7 mm.

Untersuchungen an Disthen

Auf der Suche nach einem geeigneten Demonstrationsobjekt stieß ich auf das Mineral Disthen (Kyanit) mit einem Achsenwinkel von 2V = 82°10', dessen Achsenbild senkrecht zur spitzen Bisektrix (Winkelhalbierende des kleineren Achsenwinkels) ich zuvor als extrem unspektakulär erachtete. Aus physikalischen Gründen kann man in dieser Schnittlage bei Verwendung von Luft-Objektiven die beiden Achsenausstichpunkte nicht sehen, da sie im Bereich der Totalreflektion liegen. Dies folgt aus dem Snelliusschen Brechungsgesetz, aus dem sich die Beziehung zwischen dem reellen Achsenwinkel 2V (,,innerer Achsenwinkel") und dem scheinbaren Achsenwinkel 2E (,,äußerer Achsenwinkel") errechnen lässt (nY für Disthen = 1,72; V = 41°).



Die mathematische Beziehung zwischen dem wahren Achsenwinkel 2V und dem scheinbaren Achsenwinkel 2E in Luft; nY ist der Brechungsindex des Kristalls.

Die Betrachtung mit den Achsenbildobjektiven eröffnete tatsächlich ganz neue Einblicke. Hier sieht man die Interferenzfiguren mit einem Standardobjektiv NPL FLUOTAR 40/0,7; dem Achsenbilder-Objektiv n.A. = 1,0 und dem Immersions-Achsenbilder-Objektiv n.A. = 1,45 (von links). In das Bild mit der n.A. = 1,45 sind die Gesichtsfelder der beiden anderen Systeme als rote Kreise eingezeichnet. Man sieht hier unmittelbar, dass der Informationsgewinn ganz beträchtlich ist. Mit einer Apertur von 1,0 sieht man bereits deutlich mehr Isochromaten als mit dem Normalobjektiv und mit der Apertur von 1,45 überblickt man beide Achsenausstichpunkte und darüber hinaus weitere Isochromaten.


Achsenbild des Disthens bei verschiedenen Aperturen. Konoskopische Bilder zeigen immer sehr empfindlich Dreck und Defekte im Strahlengang. So sind hier die Fehler der alten Achsenbilder-Objektive deutlich zu sehen.

Glücklicherweise besitze ich auch ein modernes wohl vorher noch nie benutztes Leitz Pol-Objektiv NPL Fluotar 100/1,32 Öl P, das ich zum Vergleich mit den alten Achsenbild-Objektiven nutzen konnte. Das damit erzeugte Interferenzbild ist perfekt und sauber bei nur wenig geringerer Apertur und somit deutlich besser – vielleicht ein etwas unfairer Vergleich angesichts eines Entwicklungsvorsprungs von ca. 100 Jahren und sicher einem sehr viel höheren Preis.


Achsenbild des Disthens mit einem modernen Objektiv 100/1,32 Öl

Mit diesem schönen Objektiv entstand dann auch das Interferenzbild eines Disthen-Zwillings. Ich dachte ich hätte auf dem Gebiet der Achsenbilder eigentlich alles gesehen, aber dieses bemerkenswerte Objekt, das Jahrzehnte verschmäht in meiner Schublade lag, belehrte mich eines Besseren. Die "Unreinheiten" im Achsenbild sind auf Fehler im Kristall zurückzuführen.


Achsenbild des Disthen-Zwillings mit einem modernen Objektiv 100/1,32 Öl

Fazit

Parallel zur Produktion normaler Mikroskop-Objektive entwickelte man zwischen 1885 und 1930 einige Spezialobjektive für die Darstellung von Achsenbildern. Ziel war die Schaffung unempfindlicher und preiswerter Optiken, die - dem olympischen Gedanken folgend - höchstmögliche Apertur für die Darstellung ,,weitachsiger" Interferenzbilder besitzen sollten. Bei der bestimmungsgemäßen Anwendung erhält man sehr informative Interferenzbilder, für den normalen Gebrauch waren diese jedoch nicht geeignet, da die Abbildungsqualität höchst mangelhaft war.

Appendix - Die Messung der numerischen Apertur

Die Messung der Apertur eines Objektivs folgt mit Apertometern nach eigentlich immer dem gleichen Prinzip: ein geeigneter Maßstab wird in die hintere Brennebene projiziert, wo ja bekanntlich jeder Bildpunkt einer Durchstrahlungsrichtung entspricht. Die äußersten Randstrahlen entsprechen dort der maximalen Apertur des Systems. In der Praxis nutzt man meist halbzylinderförmige Glaskörper, auf deren Halbierungsfläche man fokussiert und auf deren Zylindermantel eine Skala oder ein Signal angebracht ist. Beobachtet wird die hintere Brennebene mit der Bertrand-Linse, wenn vorhanden, oder durch ein Hilfsobjektiv, das an den Innentubus angeschraubt wird und das dann die gleiche Funktion wie eine Bertrand-Linse erfüllt. Am gebräuchlichsten sind Apertometer nach Metz von Leitz oder nach Abbe von Zeiss.

Beim Apertometer nach Metz ist der Halbzylinder mit seiner Achse parallel zum Mikroskoptisch orientiert. Auf der nach oben zeigenden Halbierungsfläche befindet sich ein verspiegeltes Einstellsignal, das mit dem zu messenden Objektiv fokussiert wird. Nach Einschwenken der Bertrand-Linse sieht man dann den Maßstab in der hinteren Brennebene und liest dort direkt die Apertur ab – in diesem Beispiel 0,55.


Das Apertometer nach Metz, Leitz, ca. 1930


Skala des Apertometers nach Metz in der hinteren Brennebene eines Objektivs mit der Apertur n. A. = 0,55

Beim Apertometer nach Abbe liegt der Halbzylinder um 90° gedreht auf der Tischfläche. Statt der Halbierungsfläche ist hier eine polierte Fläche unter 45° angebracht, an der der Lichtstrahl totalreflektiert wird. Auch hier wird wieder auf ein verspiegeltes Einstellsignal fokussiert und dann mit Bertrandlinse oder Hilfsobjektiv die hintere Brennebene angesehen. Hier sind allerdings die Zahlenwerte nicht direkt ablesbar, sondern es wird ein Schieber mit einem Fadenkreuz-Signal auf den Rand des Bilds der hinteren Brennebene eingestellt (rote Pfeile) und der Zahlenwert an der Fläche des Glaskörpers abgelesen.


Das Apertometer nach Abbe, Zeiss, ca. 1950


Signal des Apertometers nach Abbe


Das Wülfingsche Glimmer-Apertometer

Die Ablesegenauigkeit der kommerziellen Apertometer ist, besonders im hochaperturigen Bereich, nicht besonders gut, daher schlug E.A. Wülfing (über Wülfing siehe hier) eine andere Methode vor, die zu hervorragenden Ergebnissen führt. Er stellte homogene Glimmer-Spaltstücke verschiedener Dicke her, die im monochromatischen Licht ein solches Achsenbild zeigen:


Wülfingsches Glimmer-Apertometer im monochromatischen Licht

Zur Eichung vermaß er an einem Achsenwinkelapparat entlang der weiß eingezeichneten Linie die Winkelwerte zugehöriger Isochromaten (das sind die geschlossenen ellipsenartigen Kurvenzüge). Rot eingezeichnet ist die Drehachse des Achsenwinkelapparats, gelb das Fadenkreuz, auf dessen Schnittpunkt die Isochromaten eingestellt werden. Für verschiedene Messbereiche wählte er unterschiedlich dicke Spaltstücke und erhielt so sehr genaue und kostengünstige Apertometer.


Der Achsenwinkelmessapparat nach Wülfing. Im Prinzip handelt es sich um ein waagrecht angeordnetes Polariskop, bei dem der zu vermessende Kristall an einem Teilkreis mit Goniometerkopf hängt. Auf den kleinen zentralen Tisch kann man auch eine Küvette platzieren und somit die Werte in Ölimmersion messen.
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Heiko

Lieber Olaf,

höre niemals auf, solche Beiträge zu verfassen!
Eine solche inhaltliche Dichte sucht ihresgleichen und Deine Präsentationen ist ein Traum, didaktisch und fotografisch.

Begeisterte Grüße,
Heiko

Carlos

 Hallo Olaf,
ZitatZitat Heiko: höre niemals auf, solche Beiträge zu verfassen!
Eine solche inhaltliche Dichte sucht Ihresgleichen und Deine Präsentationen sind ein Traum, didaktisch und fotografisch.

Begeisterte Grüße,
Heiko
ich habe meinen Kommentar zu Deinem Beitrag verworfen! Besser als Heiko kann ich meine Begeisterung nicht ausdrücken!
Gruß Carlos

Bob

Hallo Olaf,
danke für den spannenden Bericht über diese ungewöhnlichen Objektive und ihre Anwendung!
Ich habe mit Polariasationsmikroskopie eigentlich nichts am Hut, aber habe Deinen Bericht wieder einmal von vorne bis hinten gelesen - das sagt schon etwas über die Güte der Darstellung aus!
Die Geschichte hilft einem ja regelmäßig beim Umgang mit der Gegenwart und ich finde dass die Geschichte einer Wissenschaftsrichtung diese leichter zugänglich macht. Deine Bereitschaft, diese Objektive noch mal praktisch ins Rennen zu schicken, und die Liebe zur Materie, die zwischen den Zeilen heraustropft, machen den Bericht besonders lesenswert.

Viele Grüße,

Bob

Peter V.

Lieber Olaf,

ich habe ja noch die Anfänge deiner Versuche mit dem Objektiv und den Apertometern bei meinem letzten Besuch bei Dir mitverfolgen können - ich hätte nicht gedacht, dass daraus ein so interessanter Beitrag entsteht! Vielen Dank dafür, das ist wieder einmal eine echte Beitragsperle in diesem Forum.

Hezrliche Grüße
Peter
Dieses Posting ist frei von kultureller Aneigung, vegan und wurde CO2-frei erstellt. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Reinhard

Hallo Olaf,

das ist wieder ein konsistentes "Olaf-opus", das auch für den Nichtkundigen ein großes Vergnügen ist, zu lesen.
Und dazu die absolut professionellen Photos. Ein sehr guter Start ins Neue Jahr.

LG
Reinhard
seit wann ist Kunst ein Fehler ?



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www.mikrochemie.net

Florian D.

Hallo Olaf,

wie immer höchst interessante Einblicke in die Geschichte der Mikroskopie. Was die Apertometer anbetrifft, habe ich etwas Schwierigkeiten, mir vorzustellen, wie diese Skalen in die hintere Brennebene projiziert werden. Da würde vielleicht eine Skizze helfen?

Viele Grüsse
Florian

Lupus

Hallo Florian,

die Skala befindet sich auf dem Umfang des kreisförmigen Glaskörpers und ist daher bezogen auf die Objektivbrennweite relativ weit vom Objektiv entfernt. Daher liegt das vom ihm erzeugte Bild der Skala auch nahe an der hinteren Brennebene, für den Messzweck jedenfalls nahe genug.

Hubert

hugojun

Hallo Olaf,
danke für den schönen Beitrag.
Mir war die Existenz dieser Objektive natürlich auch nicht bekannt. Wie durch deinen Beitrag zu erahnen, sind sie ja auch in der Praxis der Gesteinsanalysen am normalen Dünnschliff weniger geeignet.
Deshalb vermute ich, derartige Objektive waren zur Kontrolle und Beurteilung von Materialien für optische Bauteile von Vorteil.

Gruß
Jürgen

olaf.med

Ganz herzlichen Dank für eure netten Kommentare - zunächst war ich mir nicht sicher, ob ein solch spezielles Thema Interesse findet, aber nun bin ich doch ganz zufrieden, dass ich es gewagt habe.

Lieber Florian,

Du hast, wie immer, den Finger in die Wunde gelegt, aber Hubert hat ja schon die richtige Antwort auf Deine Frage gegeben. Von der geometrischen Optik her sollte sich die Skala im Unendlichen befinden, aber die 25 mm beim Metz-Apertometer bzw. 47 mm beim Abbe- Apertometer sind offensichtlich schon weit genug entfernt, um ein im Rahmen der Messgenauigkeit befriedigendes Ergebnis zu erhalten. Ein Beweis für die Richtigkeit von Huberts Erklärung ist auch die Tatsache, dass man geringfügig mit der Bertrand-Linse nachfokussieren  muss (bzw. die Tubuslänge beim Hilfsobjektiv verändern muss, wenn keine Bertrand-Linse zur Verfügfung steht), damit man die Skala scharf sieht.

Auch in dieser Hinsicht ist das geniale Wülfingsche Glimmer-Apertometer den kommerziellen überlegen, da sich das Interferenzbild streng am richtigen Ort befindet.

Lieber Jürgen,

diese Objektive sind tatsächlich nur für kristalloptische Anwendung konzipiert worden, nämlich zur Untersuchung von Kristallen mit sehr großen Achsenwinkeln.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Lupus

Hallo Olaf,

es wirkt auf den ersten Blick einigermaßen erstaunlich welcher optische Aufwand von Zeiss und Leitz für die Apertometer scheinbar betrieben wurde um dann anschließend doch keine Präzisionsergebnisse zu erzielen. Der Glaskörper war aber natürlich notwendig um Immersionsobjektive messen zu können. Bekanntlich kann man die NA bei Trockenobjektiven auch viel einfacher mittels "Papierskala" bestimmen.

Die Messungenauigkeit ist eigentlich nur zum Teil durch die in der Praxis nicht optimale Bildlage hinter der Objektivbrennebene bestimmt, sondern auch durch die notwendige Eingrenzung des Beleuchtungswinkels auf der Objektseite des Objektives. Und daher durch die Größe der zentralen Blende, die man nicht beliebig klein machen kann.

Hubert

olaf.med

Lieber Hubert,

Danke für die Ergänzungen. Übrigens kann man sich eine solche Papierskala für Trockensysteme sehr einfach selbst herstellen, hier die Daten dazu aus Rosenbusch-Wülfing, Mikroskopische Physiographie, 1924:





Man legt die Scheibe, die man sich aus der Vorlage durch vergrößerndes Kopieren leicht erstellen kann (Außenmaß 103,2 mm Durchmesser) auf den Objekttisch und stellt die Fokalebene des Objektivs auf 25 mm Abstand. Dazu ist ein Klötzchen von 25 mm Höhe hilfreich. Dann schaut man in die hintere Brennebene und kann die Apertur direkt ablesen. Die Kreise entsprechen den Aperturen 0, 1; 0,2; ... 0,9.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0


Lupus

Hallo,

ZitatWas die Apertometer anbetrifft, habe ich etwas Schwierigkeiten, mir vorzustellen, wie diese Skalen in die hintere Brennebene projiziert werden. Da würde vielleicht eine Skizze helfen?
hier noch eine Grafik dazu, schematisch aber maßstäblich (abgesehen vom Blendendurchmesser des Apertometers) für das Beispiel eines 40x/0.65 Objektives.
Die Messungenauigkeit entsteht u.a. durch die verschobene Lage des Skalenbildes hinter der Brennebene und der damit verbundenen Unschärfe des Blendenbildes.

Hubert

Florian D.

Danke, jetzt hab ich's auch verstanden! Ich hatte mir die Bilder nicht genau angesehen, so dass mir die Dimension der optischen Weglängen nicht gleich klar waren.

Viele Grüsse
Florian