Suche nach Empfehlungen für Stereomikroskop zur Ameisenbestimmung

Begonnen von Jorg, Mai 04, 2020, 15:58:59 NACHMITTAGS

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Jorg

Hallo liebe Forumsmitglieder,

ich suche Tipps für die Wahl des richtigen Stereomikroskops zur Ameisenbestimmung. Vielleicht kann mir jemand helfen. So weit ich herausgefunden habe, wäre eine 40x Vergrößerung gut, etwas mehr könnte für kleinere Arten nicht schaden. Ein Arbeitsabstand von 9 mm wurde mir empfohlen, eventuell könnte es aber auch etwas weniger sein. Ein Meß-Okular müßte für das Modell verfügbar sein. Ein weites und klares Sehfeld helfen natürlich. Details, wie kleine Härchen auf dem Panzer und die Zahl der Antennenglieder müssen klar erkennbar sein.

Ein Fachhändler für Biologiebedarf hat mir als Neugerät das Motic SMZ 171 empfohlen, das allerdings natürlich auch eine Stange Geld kostet.

Kann mir jemand ein gebrauchtes Alternativgerät empfehlen? Oder wäre es Eurer Erfahrung nach besser, mehr Geld in ein Neugerät zu investieren (etwa das Motic SMZ 171) - um möglichst wenig Scherereien mit dem Stereomikroskop zu haben?
Schließlich will ich mich am Ende mehr mit den Ameisen beschäftigen als mit dem Mikroskop (soll halt ein Arbeitsgerät sein).
Vielen Dank!

Herzliche Grüße,

Jörg


Jorg

Entschuldigung, es muss natürlich "Arbeitsabstand 9 cm oder 90 mm" heißen!

JB

Hallo Jorg,

Womit arbeiten Sie denn bisher? Ich habe mir bei Seifert https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=17218.msg255516#msg255516 die Empfehlungen fuer die optische Ausstattung durchgelesen. Die Anforderungen fuer die ganz kleine Arten sind sehr hoch. Mit welchem Stereomikroskop haben Sie schon Erfahrung bzw. wie weit wollen Sie die Bestimmung betreiben? Reden wir ueber die Haltung im Terrarium, um oekologische Studien oder um faunistische Forschung?

Beste Gruesse,

Jon

JB

Vorweg zunächst: Bevor Sie etwas kaufen testen Sie das Stereomikroskop unbedingt vor Ort mit einigen präparierten Ameisen aus und stellen Sie sicher, daß die erforderlichen Details auch sichtbar sind.

Leider ist es nicht so einfach etwas geeignetes zu finden. Hochwertige Stereomikroskope sind vergleichsweise teuer. Während man für unter 500 Euro schon ein sehr gut ausgestattetes, gebrauchtes Durchlichtmikroskop bekommt, geht es bei gebrauchten Stereomikroskopen der Mittelklasse da erst los. Die neuesten Modelle sind auch tatsächlich optisch besser als die gebrauchten von vor 50 Jahren, da ist nach meiner Erfahrung immer noch Luft nach oben.

Das Angebot an hochwertigen gebrauchten Stereomikroskopen ist leider nicht sehr groß und wenn sie erhältlich sind, sind sie recht teuer. Dazu kommt, das Stereomikroskope beim Transport besonders leicht beschädigt werden. Sie müssen entweder vorsichtig in die Komponenten zerlegt und gut verpackt verschickt, oder vor Ort abgeholt werden. Hinweise zum Transport gibt es im Forum.

Meine Erfahrung ist mit kleinen Käfern (1-2 mm), bei denen zur Bestimmung Tarsen und Antennenglieder ausgezählt werden müssen. Diese feinen Details waren für mich mit einer einfachen Stereolupe nicht erkennbar. Im erforderlichen Vergrößerungsbereich 40x+ bilden die meisten einfachen Geräte einfach nicht scharf ab. Als ich dann zwei Stereo-Qualitätsstufen höher gegangen bin, mit einem Olympus SZX9 mit 1x Planapo-Objektiv, waren diese Details erstmals klar und scharf sichtbar. Man konnte sie tatsächlich sehen und nicht nur erahnen. So ein Stereo kostet aber deulich mehr als Ihr Budget.

Seifert empfiehlt ein Stereo mit Objektiv mit einer numerischen Apertur (NA) von 0,15 um die erforderliche Auflösung zu erzielen. Das ist auch bei teuren Stereos (Olympus SZH/SZX Serie; Nikon SMZ Serie usw.) erst mit einem Objektiv 1,5x zu errreichen, der Arbeitsabstand ist dann 3-4 cm.

Meine Empfehlung ist deshalb erst einmal mit einem gebrauchten Mittelklasse-Stereo zu beginnen. Es sollte eine maximale Vergrößerung von etwa 50 bis 60x haben oder einen Zoombereich von etwa 1 - 5x bis 1 - 6x. Bei der maximalen Vergrößerung sollte es aber noch immer scharf abbilden. Das wäre mein Qualitätskriterium, deshalb sollten Sie vor dem Kauf unbedingt testen. Der freie Arbeitsabstand sollte mindestens 7 cm betragen und auch Präparationen auf dem Tisch darunter machen zu können.

Wenn dann zusätzliche Auflösung nötig ist, muß die Ameise unter einen normalen Mikroskop mit seitlichen Auflicht untersucht werden. Gute Objektive dafür sind problemlos und preiswert zu haben (z.B. 4/0.10, 6/0.16 oder 10/0.22).

Wenn Sie bei den Ameisen bleiben können Sie mit dem restlichen Geld beginnen auf eines der großen Stereos zu sparen. 1-2 Mal pro Jahr kommt da ein gutes Gebrauchtgerät auf den Markt – es ist viel Geduld nötig, aber mit der Kombination aus Mittelklasse-Stereo und Mikroskop können Sie erst einmal loslegen.

Der Kauf eines neuen Mittelklasse-Stereo lohnt sich meiner Ansicht nach nicht. Der Wertverlust eines neuen Gerätes ist hoch, das bekommen Sie nicht mal wieder für die Hälfte verkauft. Wenn Sie das Interesse zwischenzeitlich verlieren machen Sie 500 Euro Verlust. Wenn Sie aber dabei bleiben brauchen Sie mittelfristig doch ein großes Stereo und das Geld fehlt Ihnen zum upgrade.

Ein gebrauchtes Mittelklasse-Gerät das ich empfehlen kann ist das Wild M5a (und folglich sicher auch das M5) beziehungsweise seinen Nachbau von Motic, das K400. Das ist ein Stereo mit Objektivrevolver (kein Zoom) und die höchste Vergrößerungsstufe (50x) gibt auch tatsächlich ein scharfes Bild! Mehr Details zu den Stereos von Wild gibt es hier: http://www.microscopy-uk.org.uk/mag/artnov14/rjk-StereomicroscopeWildHeerbrugg.pdf