Interessante Pilz- und Flechtenfunde 146 – Verzierte Hundsflechte

Begonnen von Bernd Miggel, Mai 03, 2024, 17:08:27 NACHMITTAGS

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Bernd Miggel

Verzierte Hundsflechte (Peltigera praetextata)

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Bild 1 - Fundort = Sandsteinmauer, 800x.JPG
Bild 1 – Feuchter, dunkelgrauer Thallus am Fundort, die hochstehenden hellen "Zungen" sind Apothecien (ap). Foto: Bernd Miggel.


Einführung, Lebensweise und Verbreitung
Bei der Verzierten Hundsflechte (Peltigera praetextata) handelt es sich um eine große, graue bis braune, mitunter grünbraune, großlappige Blattflechte mit aufrecht stehenden Apothecien, bereiften Lobenenden und Isidiengruppen. Eine häufige, weit verbreitete Art, die man an feuchten Kalk- und Silikanfelsen, aber auch auf feuchter Erde, Moos oder bemoosten Stämmen findet. Den hier vorgestellten Fund (Bilder 1, 3, 4, 5) machten wir an einer feuchten, stundenweise besonnten Buntsandsteinmauer inmitten von Gemeinem Schlafmoos (Hypnum cupressiforme).

Hier ein eindrucksvolles Foto, das Norbert Kühnberger freundlicherweise zur Verfügung stellte:

Bild 2 - peltigera_praetextata_1a, Norbert Kühnberger, 800x.jpg
Bild 2 – Feuchter, grünlicher, dunkelbrauner Thallus ohne Apothecien. Foto: Norbert Kühnberger.

Bild 3 - peltigera_praetextata, Bernd Miggel, 800x.JPG
Bild 3 – Feuchter, warmbrauner Thallus, 1 Apothecium (ap). Foto: Bernd Miggel.


Morphologische Merkmale (in Anlehnung an WIRTH & DÜLL 2000)

Eine sehr groß werdende, großlappige Blattflechte mit Thallus-Durchmessern bis 25 cm und Farben in grau, grüngrau, warm mittelbraun bis dunkelbraun. Die Loben sehen im trockenen Zustand an den Enden heller, wie bereift, aus, was auf die feinfilzige Oberfläche dort zurückzuführen ist (Bild 4). Dort, wo Lobenenden aufwärts steigen, bilden sie aufrecht stehende, sattelförmige Apothecien mit brauner Scheibe. Da die Apothecien dabei ganz leicht schräg schräg geneigt sind, sieht man von oben aus meist nur ihre helle Rückseite (Bild 1).

Bild 4 - Oberseite, 600x.jpg
Bild 4 – Feinfilziger, äußerer Thallusbereich. Foto: Bernd Miggel.

Die Unterseite der Loben ist weiß, zum Lagermitte hin dunkel, und mit erhabenen, verzweigten Adern versehen, auf denen einfache oder verzweigte Rhizinen vorhanden sind. Adern und Rhizinen sind ebenfalls außen weiß und zur Lagermitte hin dunkel.

Bild 5 - Unterseite, 600x.jpg
Bild 5 – Unterseite einer Lobe mit Rippen und Rhizinen. Foto: Bernd Miggel.

An den Rändern und Rissen alter Loben bilden sich Reihen und Gruppen flacher, spatelförmige Isidien (Bilder 6 und 7).

Bild 6 - Isidien, 800x.JPG
Bild 6 – Isidien an Lobenrändern und -rissen. Foto: Bernd Miggel.

Bild 7 - Isidien (2), 600x.jpg
Bild 7 – Isidien im Detail. Foto: Bernd Miggel.

Farbreaktionen
alle negativ.

Notizen

• Während die meisten Flechtengattungen als Fotobiont (Algenpartner) Grünalgen beinhalten, ist das bei Peltigera-Arten anders: Hier sind es sowohl Grün- als auch Blaualgen (Cyanobakterien).
• Bei einzelnen Thalli von Peltigera praetextata können Isidien und/oder Apothecien mitunter fehlen.

Unterschiede zu den häufigeren Peltigera-Arten (in Anlehnung an WIRTH & DÜLL 2000 sowie WIRTH & KIRSCHBAUM 2024)
• Die Vielfingerige Schildflechte (Peltigera polydactylon) und die Flachfrüchtige Schildflechte (Peltigera horizontalis) haben eine völlig filzlose, glänzende Oberfläche und unterseits, breite, braune Adern. Zudem sind die Apothecien bei P. horizontalis nicht aufgerichtet, sondern stehen horizontal.
• Die Bereifte Schildflechte (Peltigera rufescens) hat schmalere, weiß bereifte, am Rand oft wellig-krause Loben und kommt bevorzugt an trockenen Standorten vor.
• Die Echte Hundsflechte (Peltigera canina) besitzt keine Isidien sowie eine weißliche Unterseite. Die Rhizinen sind weißlich, buschig verzweigt bis zottig und wachsen an ihrer Basis zusammen.

Literatur
• DÜRHAMMER, O. (2003): Die Flechtenflora von Regensburg. – Sonderdruck aus: HOPPEA, Denkschriften der Regensburgischen Bot. Ges. Bd. 6: 258.
• WIRTH, V. (1995): Die Flechten Baden-Württembergs, 2. Aufl., 1006 S.; Ulmer, Stuttgart: 688-689.
• WIRTH, V. & DÜLL, R. (2000): Farbatlas Flechten und Moose: 111.
• Wirth, V. et al. (2011): Rote Liste der Flechten und flechtenbewohnende Pilze Deutschlands.
• WIRTH, V. et al. (2013): Die Flechten Deutschlands: 826-828, 833.
• WIRTH, V. & KIRSCHBAUM, U. (2024): Die Flechten Mitteleuropas.
Bestimmung und Beschreibung der wichtigsten Arten: 366-367.
http://www.norbert-kuehnberger.de/pilzbildergalerie/D_Flechten-Lichenes_-_226_Arten/index.htm
https://de.wikipedia.org/wiki/Peltigera_praetextata
https://www.thm.de/lse/ulrich-kirschbaum/flechtenbilder-p


Viel Freude beim Anschauen!
Bernd


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