Wie macht man eine Mattscheibe matt?

Begonnen von Kay Hoerster, Januar 26, 2012, 21:52:45 NACHMITTAGS

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Lothar Gutjahr

Guten Abend Kay,

danke für die schöne Dokumentation. Im Punkt 1 finde ich links oben das Interferrogramm ( nennt man das so?) recht interessant.
Ich habe ja in meinem Zubehörschränkchen so einen Interferrometeransatz für das Leitz Orthplan liegen und da bekommt man ja in etwa eine Vorstellung davon, wie das aussehen würde, wenn man damit auch mal arbeiten würde. Normalerweise sagt man dann : das mache ich mal an einem langen Winterabend. Das gilt aber nicht bei voll ausgelasteten Rentnern. ;D

Was mir dann noch als offene Frage ansteht, ist die Frage, in wie weit hat diese Art Mattscheibe noch in Kameras Fuß gefasst ? Macht es Sinn eine von den späten Dopelmikroprozessorkameras wie die Minolta AF 7000 zu schlachten um an so eine Scheibe zu kommen ?

Zu Punkt zwei sagst du die Bilder sind mit einem konfokalen Mikroskop entstanden. Das war aber sicher so ein laserfokusiertes Gerät mit Scanner ? Da habe ich einfach nur die Verständnisfrage im Kopf, wie so etwas gemacht wird.

Falls du noch eine Tüte voll solcher Plättchen hast, höre ich mich nicht nein sagen, ein paar Euro für eines als Testobjekt zu berappen.

Lieben Gruß

Lothar


Kay Hoerster

Zitat von: Lothar Gutjahr in Januar 30, 2012, 21:58:25 NACHMITTAGS
Guten Abend Kay,

...

Was mir dann noch als offene Frage ansteht, ist die Frage, in wie weit hat diese Art Mattscheibe noch in Kameras Fuß gefasst ? Macht es Sinn eine von den späten Dopelmikroprozessorkameras wie die Minolta AF 7000 zu schlachten um an so eine Scheibe zu kommen ?

...

Lieben Gruß

Lothar

Hallo Lothar,

danke für Deine Anmerkungen. Die Einstellscheibe ist in der oben gezeigten Form (durchdringende Mikrolinsen-Kalotten, rückseitige Fresnel-Struktur und zentraler Schnittbildindikator) bei der Firma Rollei seit Mitte der 90er Jahre bis ca. 2006 in den Mittelformatkameras der Linie 6008 verwendet worden, sie nannte sich HD-Screen. Wie eingangs dargestellt, hat die Firma Rollei in Japan bei Minolta die Werkzeuge in Auftrag gegeben und die Scheiben von dort liefern lassen. Leider ist zum Zeitpunkt der 'Last Order' versäumt worden, die Werkzeuge ins Werk zurück zu ziehen. So entstand eine Versorgungslücke und das Projekt 'Re-Engineering' wurde geboren, nachdem keine vergleichbare Einstellscheibe in diesem Format aufzutreiben war.
Zwischenzeitlich wurde eine Ersatzscheibe eines amerikanischen Herstellers eingesetzt (die es so vom Lager zu kaufen gab/gibt), Kunden haben jedoch berichtet, dass die Original-Scheibe doch besser war. Anscheinend haben die Mikrolinsen einen ganz speziellen Effekt, Kundenzitate gingen in die Richtung 'Hier springt die Schärfe plötzlich ins Auge' (Anm.: Beim Erreichen der optimalen Scharfeinstellung).
Ich kann mir gut vorstellen, weiss es aber nicht mit Bestimmtheit, dass diese Art der Scheiben auch in Minolta Kameras verwendet wurden. Bei Hasselblad (6x6) gab/gibt es eine ähnlich helle Einstellscheibe, Accumate nennt sich diese.

Gruß Kay
Mit freundlichen Grüßen
Kay

Lothar Gutjahr

Guten Abend Kay,

danke für die Infos. Dann werde ich mal schauen, wie weit ich das ohne Zerstörung feststellen kann, ob so etwas verbaut wurde. Von Minolta habe ich mehrere Generationen liegen.

Lieben Gruß

Lothar

Kay Hoerster

Guten Abend,

einen habe ich noch:


Hierbei handelt es sich um eine klassische Mattscheibe einer Rollei SL3003 mit Mattstruktur, Schnittbildindikator und Mikroprismenring. Die Kantenlänge der quadratischen Pyramidengrundfläche beträgt ca. 100µm, auffällig die im Vergleich zu den eingangs gezeigten Strukturen sehr feine und scharfe Körnung der Mattstruktur von ~ 5µm. Ich vermute, dass die Mattstruktur durch ähnliche Verfahren hergestellt wurde, wie sie für die Strukturierung einer Kunststoff-Spritzgussoberfläche verwendet werden (Erodierstruktur nach VDI 3400). Zur Funktion eines Mikro-Prismenrings siehe z.B. http://foto-net.de/net/kameras/slr.html
Eine Anmerkung zur Mikrolinsen-Mattscheibe: Ich habe bei meinen Recherchen festgestellt, dass die Mikrolinsen-Mattscheibe auch unter dem Namen 'Acute-Matte Focusing Screen' bekannt ist (siehe http://www.sds.com/mug/x-570.html), ob es sich bei meinem weiter oben genannten Namen 'Accumate screen' um eine Namensverschleppung handelt, ist mir nicht bekannt, Informationen findet man im WWW zu beiden Begriffen.

Einen schönen Abend wünsche ich allerseits.

Gruß Kay
Mit freundlichen Grüßen
Kay

Lothar Gutjahr

Guten Abend Kay,

das sieht ja gut aus. Im ersten Moment kommt einem das als Erodierstruktur recht grob vor. Aber man darf dabei die Vergrößerung nicht außer Acht lassen. Ich habe mal gegoogelt und eine pdf von Bayer gefunden, die auch die Abhängigkeit der Abbildungsqualität von den Werkstoff-und Formparametern aufzeigt.:

http://plastics.bayer.com/plastics/emea/de/literature/pdf/1365.pdf?docId=1365

Von der Formtemperaturabhängigkeit her, wäre es sinnvoll, so ein Werkzeug für solche Platten vor dem Einspritzen aufzuheizen und während dem Einspritzprozess oder etwas früher auf Kühlen umzuschalten. Nur so eine Konstruktion, wie ich sie mal angedacht hatte, braucht ein Netzwerk von nahe am Formnest laufenden Kühlkanälen. Das hatte ich mir so vorgestellt, daß man die Formnestplatten eines Werkzeuges als sintergelötete Sandwichstruktur aus mindestens zwei PLatten herstellt. Aber mit solchen Dingen kann man niemand begeistern, wenn es mit leichten Abstrichen deutlich preiswerter geht.
Etwas konkreter war da mein innenbeheizter Spritzzylinder der war immerhin patentiert. Gebaut wurde er aber auch nie. Weh tut´s dann schon richtig, wenn ein Verfahren wie mein G-T-S ( Gegentaktspritzgießen) daran scheitert, weil man mit einem Großkunden auf das falsche Pferd gesetzt hat. Die Werkzeugidee für sperrholzähnliche Strukturen konnte von daher in der Folge  auch nie realisiert werden.

Da will ich aber jetzt aufhören "herumzuheulen" und sage einfach mal, hauptberufliche Ideenmacher gehören halt auf die Anstiegsflanke eines Wirtschaftswunders und sollten erkennen lernen wann so etwas endet. ;D

Nochmals danke für deinen Beitrag und einen schönen Abend

Lothar