Problem mit Leitz Ortholux I Grobtrieb

Begonnen von roscho, Mai 13, 2018, 18:25:42 NACHMITTAGS

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roscho

Liebe Mikroskopikergemeinde,

gerne möchte ich mich zunächst mal vorstellen, da ich bislang hier nur passiv mitgelesen habe.
Ich muss sagen, ein tolles Forum und eine super Community!

Ich selbst heisse Robert, lebe mit Familie in der Nähe von Konstanz und bin Neurologe.

Während des Studiums sowie der späteren Tätigkeit an einer Uniklinik habe ich häufig mikroskopiert
Klinisch war das vorwiegend die Befundung von cytologischen Präaparaten (Liquor, idR. May-Grünwald-Giemsa) - erst an einem alten Leitz Standard, dann an einem Olympus BX40.

Im Forschungslabor dann in der Zellkultur zunächst Phasenkontrast am invertierten Zeiss Mikroskop,
später dann auch Immunfluoreszenz an einem Nikon Eclipse 4000
und als persönliche Highlights konfokale Mikroskopie an einem Eigenbau-Mikroskop des anatomischen Instituts.
Für TEM habe ich auch mal Proben vorbereitet (Amyloid-Fibrillen) und durfte bei den Untersuchungen dabei sein.

Jetzt bin ich ein paar Jahre aus der Forschung raus und in der Grund- und Regelversorgung tätig, aber die Naturwissenschaft hat mir irgendwie gefehlt.

Bis ich vor ca 1 Jahr bei ebay-Kleinanzeigen ein gebrauchtes Leitz Laborlux III günstig erworben habe, eigentlich primär um die Nadel meines Plattenspielers zu inspizieren
Naja, so bin ich wieder  auf den Geschmack gekommen und als Bastler hat es mir keine Ruhe gelassen.

Da (zum Glück meiner Frau) zuhause noch kein komplettes Labor steht, habe ich mich zunächst auf Auflicht Mikroskopie konzentriert.
Allerdings ist bei Standard-Objektiven für Durchlicht der freie Arbeitsabstand recht klein und ich hatte ein gewisses "Lichtproblem"was auch durch hinzugekaufte LED-Beleuchtung nur wenig besser wurde.
Die LED - Beleuchtung hat sich dann aber doch noch als segensreich in Zusammenspiel mit einem bei ebay  erstandenen Heine-Set im Phasenkontrast erwiesen.

Das Laborlux ist an Sich schon ein tolles und intuitiv zu bedienendes Mikroskop, aber leider nicht ganz so gut ausbaufähig.
Und irgendwie habe ich doch immer noch mit Fluoreszenz und POL-Mikroskopie geliebäugelt.

Durch Glück bin ich dann an ein Ortholux I aus dem Jahre 1962 gekommen, bei dem viel Zubehör, inklusive Ultropak mit Objektiven, Reliefkondensor, Drehtisch etc dabei waren.

Leider war dieses jedoch ziemlich verharzt und auch der Trino-Tubus dejustiert so dass ich (mittlerweile im Jagdfieber) weiter Ausschau gehalten habe.
Vor kurzem habe ich dann via ebay in den Vereinigten Arabischen Emiraten (!) ein recht frisch aussehendes Ortholux von ca 1967 gefunden, inklusive FSA-Tubus, Leuchtfeldblende im Stativ und 600er Systemkondensor.

Jetzt der Haken:

Der Grobtrieb hat ein Problem, der Tisch schnellt immer in die obere Anschlagsposition.
Bei dem Mikroskop fehlte der Klemmhebel für den Grobtrieb (67er Anleutung fürs Ortholux: Seite 2 Nr 15), aber auch. nachdem ich diesen von meinem anderen Stativ eingesetzt hatte, war das Problem nicht gelöst.

Also habe ich den Triebkasten geöffnet, aber irgendwie werde ich nicht so richtig schlau.

Auf dem Bild unten sieht man mittig die beiden langen Federn, die die Tischführung (korrekter Name?) immer wieder nach oben drücken.



Ich habe den Eindruck es bräuchte irgend eine Gegenkraft oder Arretierung...
Die Schraube des TRiebknopfes sieht auch so aus, als ob sich schon einmal jemand daran versucht hat (falscher Schraubenzieherkopf), vielleicht hat derjenige einen Fehler beim ZUsammenbau gemacht.

Hat jemand von Euch vielleicht eine gute Idee, warum der Tisch immer nach oben schnellt und wie man das unterbinden kann?
Ich habe. leider hier im Forum keinen Beitrag zum Ortholux Grobtrieb gefunden, nur zum Feintrieb und zum Trieb des Orthoplan...

Herzlichen Dank im Voraus für Eure Anregungen

Robert

Hugo Halfmann

#1
Hallo Robert,

eine Anleitung zur Wartung des Grobtriebes des Ortholux I existiert noch nicht, aber du hast Glück, denn ich habe heute Nachmittag selbigen Trieb zerlegt.

Ich vermute, daß bei deinem Ortholux evtl. die Reibscheiben fehlen. Um das herauszufinden, müssen erst die Großbtriebknöpfe runter, was ohne Spezialwerkzeug nicht machbar ist, du brauchst einen Abzieher und ggfls. noch ein Hilfswerkzeug.
Wenn da vorher schon jemand rumgemurkst hat, kann es eh kompliziert werden.

Daher: Geduld, denn, was in 56 Jahren versaut und festgegammelt ist, bekommst Du nicht in 2 Stunden wieder flott! Wenn die Reibscheiben weg sind, brauchst du neue, ohne geht´s nicht.



Viele Grüße aus dem Bergischen Land

Hugo Halfmann

Frank D.

Hallo Hugo,

wenn die Grobtriebknöpfe sich beim selbstständigen Hochfahren mitdrehen, sollte doch an diesem Trieb die Gängigkeit bzw. der Anpressdruck der Reibscheiben einstellbar sein. Gibt es diese Möglichkeit?

Viele Grüße
Frank

Hugo Halfmann

#3
Hallo Frank,

nach meinem jetzigen Kenntnisstand : ja. Die Grobtriebknöpfe sind aufgepresst, ich habe heute nachmittag angesichts des Regenwetters den Abzieher rausgekramt, einen Hilfsbolzen gefertigt und mit viel Jeföhl die Knöpfe abgezogen. Es kamen insgesamt 4 Scheiben zum Vorschein. Die genaue Funktion ist mir noch nicht klar, um die Grobtriebwelle herauszubekommen, habe ich die Seitenwand des Triebblocks abgebaut. Dabei purzelten mir die bekannten 16 Lagerkugeln z.T. entgegen. So hab ich dann erstmal die Teile in die Benzinbadewanne gelegt.
Meiner Meinung nach wird die Gängigkeit der Grobtriebwelle über diese Scheiben und die Knöpfe eingestellt, da bei meinem Ortholux aber auch alles total verharzt ist, muss ich erstmal putzen, um überhaupt was zu sehen. Das weitere Zerlegen ist ebenfalls nicht trivila; zumindest bei meinem muss die Welle raus, weil festgegammelt. 
Heute wird das aber nichts mehr, denn ich muss kochen , meine Gattin hat Spätschicht und danach Hunger.
Ich werde berichten.

@roscho / Robert

Ich sehe gerade, daß bei Dir eine Schraube fehlt! Wo ist die? Damit lässt sich nämlich auch noch die Gängigkeit einstellen!
Viele Grüße aus dem Bergischen Land

Hugo Halfmann

Frank D.

Hallo Hugo,

sind diese vier Scheiben evtl. Tellerfedern? Also so etwas wie "konvex/konkave Unterlegscheiben"? Das wäre gut!
Die fehlende Schraube die Du vermisst, ist wohl der von Robert nachträglich angebaute Klemmhebel für den Grobtrieb.

Noche eine Frage: Links neben der Schnecke sind einige "dunkle senkrechte Elemente" zu erkennen. Sind das die Scheiben oder ist das evtl. eine Druckfeder?

Gruß
Frank

roscho

#5
Hallo Hugo,

erstmal Danke für Deine Antwort,

es stimmt, wie ich oben schon schrieb fehlt bei dem Mikroskop der sogenannte "Klemmhebel für den Grobtrieb", der sich normalerweise da befindet, wo Dein roter Pfeil ist.

Das war auch das erste, was mir auffiel, daher habe ich den Klemmhebel von meinem anderen Stativ "ausgeliehen".
Jetzt ist es aber so, dass dieser Hebel den Trieb entweder arretiert (so wie von Leitz laut Manual vorgesehen bei schweren z.b: petrographischen Proben im Auflicht),
oder aber  der  Tisch unbeeindruckt nach oben "schnurrt".

EDIT: Frank war schneller als ich und hat wie ich sehe die selben Gedanken zur Lage der ominösen Druckfedern ;-)

Danke auch an Frank, das mit den Reibscheiben ist ein interessanter Hinweis.

Hugo, wie sieht denn ein solches Spezialwerkzeug / "Abzieher"  eigentlich aus bzw wo bekommt man den?

Gruss

Robert

Hugo Halfmann

Hallo Robert,

ich verwende diesen Abzieher:

https://www.amazon.de/45-1-Abzieher-dreiarmig-Spannungstiefe-Spannungsweite/dp/B0009QX2F0

deutsches Qualitätswerkzeug, kein Vergleich mit dem Billigkram.
Viele Grüße aus dem Bergischen Land

Hugo Halfmann

mikromeister

Zitat von: roscho in Mai 13, 2018, 18:25:42 NACHMITTAGSDer Grobtrieb hat ein Problem, der Tisch schnellt immer in die obere Anschlagsposition
Nach meinem Verständnis wirken hier 3 Elemente.
Die Gewichtskraft des Tisches, die gegengerichtete Federkraft und die Reibkraft der Reibscheiben an der Triebwelle des Grobtriebes.
Die ersten 2 sollten sich im Wesentlichen die Waage halten und die Reibscheiben übernehmen mit der Zahnradübersetzung den Rest.

1. War das Problem von Anfang an?
2. Heisst "schnellen" wirklich schnellen oder wandern?

Lösungsansätze aus meiner Sicht:
-Triebe reinigen damit die Reibscheiben geschmeidig aufeinander reiben können. Sonst gibt das nie eine seidenweiche Fokussierung.
-Verstellung der Anpresskraft der Reibscheiben prüfen. Die müssen sich von nahezu Nullreibung bis Blockade verstellen lassen. Wie? Bei vielen Mikroskopen über gegensinniges Verdrehen beider Grobtriebknöpfe. Hier vielleicht aber auch anders.
- Sind die Rückholfedern vielleicht auf einen annderen Tisch mit schwerem Aufbau optimiert? Evtl. gehört der Tisch nicht an dieses Mikroskop.
Die Federn sollen das Tischgewicht nicht überkompensieren.
Vielen Dank und freundliche Grüße

Markus


.

Hugo Halfmann

Hallo Frank und Robert,

hier ein Foto der Reibscheiben, so wie ich sie auf der Achse vorgefunden habe. Es handelt sich bei den hellen Scheiben um einen weichen silikonartigen Kunststoff. Die schwarzen sind aus Blech.
Viele Grüße aus dem Bergischen Land

Hugo Halfmann

Hugo Halfmann

Hallo Robert,

kannst Du mal nachschauen, wie lang bzw. wie viele Windungen die untere Feder bei dir hat?

Ist nur eine spontane Idee von mir, daß dies auch eine Fehlerquelle sein könnte.
Viele Grüße aus dem Bergischen Land

Hugo Halfmann

Frank D.

Zitat von: Hugo Halfmann in Mai 15, 2018, 10:08:00 VORMITTAG
... Es handelt sich bei den hellen Scheiben um einen weichen silikonartigen Kunststoff. ...

Das wäre eine mir unbekannte Druckverstellung.
Es sind, so wie ich es erkennen kann, keine Tellerfedern sondern Metallscheiben, die mit ihrem "Silikonpartner" über die ausgeprägten Nuten verbunden sind.

Auf der -im Foto- linken Seite also:
die rechte Silikonscheibe mit ihrer Metallscheibe haben Kontakt mit dem Triebkasten und stehen still, die linke Silikonscheibe mit ihrer Metallscheibe haben Kontakt mit dem Verstellknopf/Welle und drehen sich mit. Die Reibefläche ist also zwangsweise der Verbindungspunkt der Metallscheiben und die Silikonscheiben erzeugen den Gegendruck.
Wenn diese Silikonscheiben abgenutzt/zerbröselt sind, wird kein Gegendruck mehr erzeugt und die Welle ist zu leichtgängig.

Falls die Silikonscheiben in Ordnung sind, hilft evtl. der von Markus bereits erwähnte Lösungsansatz:
-Verstellung der Anpresskraft der Reibscheiben prüfen. Die müssen sich von nahezu Nullreibung bis Blockade verstellen lassen. Wie? Bei vielen Mikroskopen über gegensinniges Verdrehen beider Grobtriebknöpfe.

Viele Grüße
Frank

Frank D.

Zitat von: Hugo Halfmann in Mai 15, 2018, 10:51:15 VORMITTAG
Hallo Robert,

kannst Du mal nachschauen, wie lang bzw. wie viele Windungen die untere Feder bei dir hat?

Ist nur eine spontane Idee von mir, daß dies auch eine Fehlerquelle sein könnte.

Hallo Hugo,

wo/wie wirkt die denn?

Gruß
Frank

Hugo Halfmann

#12
Die müsste von unten drücken, ist aber nur ne Idee (s. erstes Foto v. Robert) oder der Tischträger ist falsch eingebaut.

Bei meinem hab ich den Triebblock ausgebaut, anders geht´s nicht, wenn man die Welle ausbauen will, deswegen kann ich grad nicht mit Sicherheit sagen, wo ben und unten ist  ::)
Viele Grüße aus dem Bergischen Land

Hugo Halfmann

Hugo Halfmann

#13
Zitat von: Frank D. in Mai 15, 2018, 11:00:06 VORMITTAG
Zitat von: Hugo Halfmann in Mai 15, 2018, 10:08:00 VORMITTAG
... Es handelt sich bei den hellen Scheiben um einen weichen silikonartigen Kunststoff. ...

Das wäre eine mir unbekannte Druckverstellung.
Es sind, so wie ich es erkennen kann, keine Tellerfedern sondern Metallscheiben, die mit ihrem "Silikonpartner" über die ausgeprägten Nuten verbunden sind.

Auf der -im Foto- linken Seite also:
die rechte Silikonscheibe mit ihrer Metallscheibe haben Kontakt mit dem Triebkasten und stehen still, die linke Silikonscheibe mit ihrer Metallscheibe haben Kontakt mit dem Verstellknopf/Welle und drehen sich mit. Die Reibefläche ist also zwangsweise der Verbindungspunkt der Metallscheiben und die Silikonscheiben erzeugen den Gegendruck.
Wenn diese Silikonscheiben abgenutzt/zerbröselt sind, wird kein Gegendruck mehr erzeugt und die Welle ist zu leichtgängig.

Falls die Silikonscheiben in Ordnung sind, hilft evtl. der von Markus bereits erwähnte Lösungsansatz:
-Verstellung der Anpresskraft der Reibscheiben prüfen. Die müssen sich von nahezu Nullreibung bis Blockade verstellen lassen. Wie? Bei vielen Mikroskopen über gegensinniges Verdrehen beider Grobtriebknöpfe.

Hallo Frank,
die Grobtriebknöpfe lassen sich definitiv nicht verdrehen, der abgefräste Teil der Achse hat ein genau passendes Gegenstück im Knopf. Bei Roberts Ortholux stimmt irgendetwas anderes nicht. Solange wir hier aber keine weiteren Informationen von ihm bekommen, kann man nur spekulieren.
Viele Grüße aus dem Bergischen Land

Hugo Halfmann

roscho

Hallo zusammen und danke für Eure Antworten!

Ich komme beruflich leider erst am Wochenende dazu,
weiter zu forschen, zumal auch der Abzieher noch nicht da ist.,,

Die Triebknöpfe lassen sich jedoch wie Frank schon sagte nicht gegeneinander verdrehen, da sitzt alles bombenfest...

Ich melde mich nochmals mit Fotos von Reibscheibe und
Federn, sobald die Demontage fortgeschritten ist...

Viele Grüsse

Robert