Botanik: Chinesischer Blauglockenbaum (Paulownia tomentosa), Klapperbaum *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, Juli 26, 2015, 09:55:03 VORMITTAG

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Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,
   
ursprünglich stammt der Blauglockenbaum aus Japan und Mittelchina, wird aber mittlerweile auch in Europa als Zierbaum kultiviert.
Vor allem in den chinesischen Provinzen Gansu, Henan, Hubei, Jiangxi, Liaoning und Sichuan  ist der Blauglockenbaum beheimatet.
Mitte des 19. Jahrhunderts wurde er vom bayerischen Botaniker, Natur- und Japan-Forscher Philipp Franz von Siebold (1796 - 1866) nach Europa eingeführt.
Den Namen "Kaiserbaum" verdankt der Blauglockenbaum dem wissenschaftlichen Namens "Paulownia", der auf die russische Prinzessin und Grossfürstin Anna Paulowna (auch Pavlovna, Pawlowna) von Holstein-Gottorp-Romanow (1795 - 1865) zurückgeht, die von 1840 bis 1849 Königin der Niederlande war.

Bild 01


Zu Ehren von Anna Paulowna benannte der bayerische Botaniker Philipp Franz von Siebold, der in den Diensten ihres Vaters, dem russischen Zar Paul I. (1754 - 1801) stand, den Blaublütenbaum (Kiribaum) 1835 mit dem Namen "Kaiserliche Paulownie".

Nicht von ungefähr werden deshalb im Englischen auch die Begriffe "Empress Tree" (Kaiserbaum) oder "Princess Tree" (Prinzessinenbaum) verwendet.
Außerdem war der Blauglockenbaum auch der Lieblingsbaum des österreichisch-ungarischen Kaisers Franz Joseph I. (1830 - 1916).
Aus diesem Grund findet man auch heute noch viele Blauglockenbäume in Wien und der Umgebung von Wien (z.B. Baden, Schönbrunn), dem Zentrum des ehemaligen österreichischen Kaiserreiches.
Viele der Bäume, die heute in den Ländern des ehemaligen Österreichischen Kaiserreiches stehen, sollen aufgrund seiner Anordnung dort gepflanzt worden sein oder sind deren Nachfahren. Der Baum kann sich fast ,,unkrautmäßig" vermehren, weil seine Samen überall auskeimen können, sogar in Mauerritzen und an Uferböschungen.
Seinen Namen verdankt der Chinesischer Blauglockenbaum seinen glöckenförmigen, blauen Blüten.

Bild 02


Im Frühling wird die blaue Blütenpracht des Blauglockenbaumes viel bewundert, auffallend sind seine großen, filzigen Blätter und die noch am Baum hängenden Samenkapseln des Vorjahres.

Bild 03

Foto: H.-J_Koch

Systematik:

Ordnung: Lippenblütlerartige (Lamiales)
Familie: Blauglockenbaumgewächse (Paulowniaceae)
Gattung: Paulownien (Paulownia)
Art: Blauglockenbaum
Wissenschaftlicher Name: Paulownia tomentosa
Volkstümliche Bezeichnung: Kaiserbaum oder Kaiser-Paulownie, Klapperbaum
Englischer Name: Empress Tree, Princess Tree, Karritree

Die Familie enthält nur die Gattung Paulownia. Diese besteht aus 6 Arten in Ostasien.
Fossil ist die Gattung seit dem Teriär nachgewiesen.

Tertiär ist ein geologischer Zeitabschnitt der Erdneuzeit vor Beginn des Quartärs. Das Tertiär begann vor 65 Millionen Jahren (Ende der Kreidezeit) und dauerte bis zum Beginn der Klimaveränderung vor rund 2,6 Millionen Jahren, in deren Folge das Eiszeitalter im Quartär einen Wechsel von Kalt- und Warmzeiten brachte. Das Klima auf der Erde war im Tertiär wesentlich wärmer als heute. Nach dem Massenaussterben der großen Saurier und vieler anderer Tierarten am Ende der Kreidezeit entwickelte sich hauptsächlich im Tertiär die Tier- und Pflanzenwelt, wie wir sie heute kennen.

Der sommergrüne Baum mit Wuchshöhen bis zu 25 Meter ist jung raschwüchsig, hat einen kräftigen Stamm (Stammdurchmesser bis zu 7,5 Meter), dicke Äste und eine verzweigte, lichte Krone. Die Rinde ist glatt und graubraun. Die auffallend großen, bis über 30 cm breiten, herzförmigen Blätter ähneln denen des Trompetenbaumes). Sie sind lang gestielt, gegenständig, oberseits hellgrün und samtig, unterseits mit einem graufilzigen Flaum bedeckt (tomentosus (lat.) = filzig behaart). Die braun behaarten Blütenknospen entwickeln sich schon im Herbst endständig an etwa 25 cm langen, aufrechten Rispen. Die 4-5 cm langen, eng glockenförmigen und fast zweilippigen, blauvioletten und innen gelb gestreiften, duftenden Blüten erscheinen im April-Mai unmittelbar vor der Laubentfaltung. Im Herbst reifen die Früchte zu aufgeblasenen, holzigen, braunen Samenkapseln aus, die bis zur nächsten Blüte am Baum bleiben. Beim Schütteln verursachen die eingeschlossenen trockenen Samen ein raschelndes Geräusch; daher stammt wahrscheinlich auch der volkstümliche Name ,,Klapperbaum".

Bereits nach 6 – 10 Jahren die Paulowie blühfähig. Sie erreicht oft ein alter von 60 Jahren.

Speziell in Japan liefert der Blauglockenbaum ein gefragtes Nutzholz. Besonders geeignet ist das sehr leichte Holz für den Instrumentenbau (z.B. Gitarren); auch die traditionellen japanischen Holzsandalen werden aus diesem Holz gefertigt. Fast alle Teile des Baumes werden auch pharmazeutisch genutzt. Es gibt sogar Versuche zur Biomasse-Nutzung dieses schnell wachsenden Gehölzes.

Teil 1 Zweijähriger  Spross, Querschnitt, 25 µm


Bild 04 Übersicht, Chinesischer Blauglockenbaum (Paulownia tomentosa)


Bild 05 Vergrößerung, mit Beschriftung, Chinesischer Blauglockenbaum (Paulownia tomentosa)

H = Markhöhle, MP = Markparenchym, SK = Sklerenchym- Inseln, RP = Rindenparenchym, PH = Phloem, XY = Xylem, T = Trachee, P = Phellem, PHE = Phelloderm
Die Zellen des Phellems (= eigentliches Korkgewebe, Korkzellen) ausgekleidet von Suberinlamelle; zunächst mit lebendem Protoplasten, der relativ schnell abstirbt (Phellemzellen = abgestorbene Zellen, gefüllt mit Luft).

Bild 06 Vergrößerung, mit Beschriftung, Chinesischer Blauglockenbaum (Paulownia tomentosa)

J = Jahresringgrenze

Bild 07 Vergrößerung, Chinesischer Blauglockenbaum (Paulownia tomentosa)


Bild 08 Vergrößerung, Chinesischer Blauglockenbaum (Paulownia tomentosa)



Bild 09 Steinzellen, Chinesischer Blauglockenbaum (Paulownia tomentosa)


Bild 10 Tracheen, Chinesischer Blauglockenbaum (Paulownia tomentosa)


Bild 11 Abschlussgewebe, Chinesischer Blauglockenbaum (Paulownia tomentosa)


Bild 12 Gegenüberstellung, Chinesischer Blauglockenbaum (Paulownia tomentosa)


Bild 13  Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Chinesischer Blauglockenbaum (Paulownia tomentosa)

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 520, Erregerfilter BP 436/10

Bild 14  Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Chinesischer Blauglockenbaum (Paulownia tomentosa)

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 520, Erregerfilter BP 436/10

Bild 15  Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Chinesischer Blauglockenbaum (Paulownia tomentosa)

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 520, Erregerfilter BP 436/10

Bild 16  Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Chinesischer Blauglockenbaum (Paulownia tomentosa)

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 520, Erregerfilter BP 436/10

Bild 17  Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Chinesischer Blauglockenbaum (Paulownia tomentosa)

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 520, Erregerfilter BP 436/10


Teil 2 Junger Spross, Querschnitt, 35 µm

Das Gewebe des jungen Sprosses war schwammig, deshalb habe ich hier eine Schnittdicke von 35 µm gewählt.

Bild 18 Chinesischer Blauglockenbaum (Paulownia tomentosa)


Bild 19 Trichome, Chinesischer Blauglockenbaum (Paulownia tomentosa)

Geschlossener Sklerenchym –Ring, Chinesischer Blauglockenbaum (Paulownia tomentosa)

Bild 20 Vergrößerung mit Beschriftung, Chinesischer Blauglockenbaum (Paulownia tomentosa)

PH = Phloem, K = Kambium, XY = Xylem, T = Trachee

Bild 21 Dunkelfeld, Chinesischer Blauglockenbaum (Paulownia tomentosa)


Quellenangaben :

Wikipedia; Freie Enzyklopädie
Georg Aas ,,Bäume", ISBN 3-7742-4058-2
P.Schütt, H.J. Schuck, B. Stimm  ,,Lexikon der Baum- und Straucharten, ISBN: 978-3-86620-123-9
Peter A. Schmidt ,,Taschenlexikon der Gehölze", ISBN: 978-3-494-01448-7
,,The Woodbook", ISBN: 978-3-8365-5
Spohn ,,Kosmos- Baumführer Europa", ISBN: 978-3-440-11741-5


Mit freundlichem Gruß

Hans-Jürgen

Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Alfons Renz

Lieber Hans-Jürgen,

Wenn es gestattet ist, diesem ebenso interessanten wie schönem Beitrag noch etwas hinzu zu fügen:

Auch die Flugsamen des Blauglöckchenbaums sind interessante mikroskopische Objekte, hier leicht mit Fuchsin eingefärbt:



Mit herzlichen Grüßen,

Alfons


Detlef Kramer

Lieber Hans-Jürgen,

ist mir leider heute Vormittag nicht aufgefallen, aber jetzt an der Ausschnittvergrößerung:
.

Herzliche Grüße
Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

wieder eine sehr schöne Darstellung einer aussergewöhnlichen Pflanze! Spannend finde ich das viellagige Phelloderm, das Detlef noch mal schön von Phellogen und Phellem separiert hat.

Natürlich habe ich den Beitrag wieder gelistet.

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

Guten Morgen,

@ Alfons,
ein interessantes Bild vom Flugsamen, habe ich noch nie gesehen; danke.

@ Detlef,
danke für das Bild. In dieser Vergrößerung sieht man das ausdifferenzierte Periderm deutlich.

@ Jörg,
auch Dir danke für Dein Feedback.

Gruß

Hans-Jürgen
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Jan Kros

lieber Hans-Juergen
wieder ein Genuss zum lesen
ich habe alles gespeichert
herzlichen
Gruss
Jan

Hans-Jürgen Koch

Lieber Jan,

danke. Ich freue mich immer, wenn ich im Forum deinen Namen sehe.

Gruß in die Niederlande

Hans-Jürgen
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cle

Siebold war kein Bayer, sondern Franke ! Ebenso kein Biologe, sondern Arzt.

Claus

Hans-Jürgen Koch

Guten Morgen Claus,

ich werde mich am Wochenende mal mit dem Lebenslauf von dem Arzt und Naturforscher Philipp Franz von Siebold beschäftigen.
http://siebold-museum.byseum.de/de/geschichte/die-wuerzburger-siebold/philipp-franz-von-siebold

Gruß

Hans-Jürgen
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Klaus Herrmann

Philipp Franz Balthasar von Siebold war ein bayerischer Arzt, Japan- und Naturforscher, Ethnologe, Botaniker und Sammler. Er lebte von 1823 bis 1829 sowie von 1859 bis 1862 in Japan. Wikipedia
Geboren: 17. Februar 1796, Würzburg
Gestorben: 18. Oktober 1866, München
Ausbildung: Julius-Maximilians-Universität Würzburg

Wiki ist halt auch nicht immer durchgängig logisch! ;D
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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reblaus

Franken ist ähnlich wie Oberschwaben und Lindau bayerische Besatzungszone und als solches sind die Einwohner halt bayerische Staatsbürger.

cle

Also, ganz so einfach ist es nicht.
Rolf hat von der Gegenwart her recht, aber im 17. Jhd. war Würzburg zeitweise schwedisch, auch herrschte ein Fürstbischof.
1796 ,  dem Geburtsjahr von Siebold, war die linke Mainseite französisch.
Bayrisch war Würzburg frühestens 1802

Gruß Claus

Klaus Herrmann

Lieber Hans-Jürgen,

da du ja auch Fluoreszenz hast hier noch eine Anregung: der Flugsamen sieht in Fluoreszenz auch ganz schön aus:

Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Hans-Jürgen Koch

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