Re! Schiefe Beleuchtung als "DIY-DIK" ?!

Begonnen von purkinje, Mai 02, 2024, 12:21:27 NACHMITTAGS

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purkinje

Ich beginne hier mal diesen Faden, da anscheinend Bedarf besteht, lenke ihn aber in die Richtung von Selbstbau-lösungen und Modifikationen, fühlt Euch frei ähnliches hier zu zeigen, zu diskutieren etc
(Re! steht hier für übrigens für "revisited", zu deutsch Wiedervorlage)

Die modifizierte schiefe Beleuchtung als "DIY-DIK" ?!

Etwa hundert Jahre verwendeten Mikroskopierende die schiefe Beleuchtung, bis nach der Erfindung und Einführung des Differentiellen Interferenzkontrastes einige Ähnlichkeiten zwischen diesen Methoden auffielen. Dies motivierte einige immer wieder die schiefe Beleuchtung dem "DIK-look" weiter anzugleichen um einen ereichbaren und bezahlbaren DIK-Ersatz zu ermöglichen.

Auswahl des Kondensors und der Blendenlage:
Meines Erachtens nach sollte ein Kondensor verwendet werden, der seine Brennebene am Unterrand hat, wo sich unter seiner Aperturblende idealerweise ein Filterhalter in geringem Abstand befindet oder sich Selbstbau- Schiebehalter gut realisieren lassen. Dies sind in der Regel Kondensoren der historischen bzw älteren Bauformen. Idealerweise sollte der Kondensor aplanatisch sein.

Die bekannteste dieser Blenden dürfte die von Wim van Egmont gezeigte sein:
D.I.Y. D.I.C How to create Nomarski-like effects with simple filter techniques

Die Effekte die hiermit unter Umständen erzeugt werden können sind sehr ansehnlich.
Bei der Konstruktion ist jedoch einiges zu beachten:

diy-dic rund schema.jpg

Unschwer zu erkennen gibt es zwei entscheidende Variablen:
der Radius der inneren Kreiszone (blau) und der Radius und Lage des lichtdurchlässigen Halbmondes. Soll eine Art "schiefer Rheinberg" erzeugt werden, also das weiße Licht wie beim Dunkelfeld stark gebeugt einfallen, muss die blaue Kreiszone die Objektivapertur (roter Kreis abdecken). Befindet sich der Filterhalter (annähernd) in der Brennebene, kann der Radius wie bei Dunkelfeldscheiben, näherungsweise mit 2,2 x fKond x NAobj berechnet werden (fKond : Brennweite des Kondensors, NAobj: Objektiv-Apertur). Theoretisch, denn der Filterhalter liegt oft tiefer und auch nicht immer ist die Brennweite des Kondensors bekannt.

Zur Erzeugung von zusätzlichen "DIK-Effekten" wird manchmal geraten die zentrale blaue Zone deutlich kleiner auszuführen. Hiermit würde erst ein echter Interferenzeffekt wie bei der klassischen schiefen Beleuchtung mit Halbblende hinzugefügt.
Ein Ausprobieren gerät hier in Abhängigkeit vom Kondensortyp und den verschiedenen Objektivaperturen und -arten zu einer gedulds-und recht zeitintensiven Pröbelei!

Alternativ hat Herr Plewka vor etlichen Jahren basierend auf einem ähnlichen Grundprinzip eine Lösung mit Schiebern gezeigt:
Closterium ehrenbergii im DIY-DIK
Leider ist das Bild vom Schieber in den digitale Untiefen entschwunden, weshalb ich ihn hier kurz zeige:
DIY-DIK Schieber Schema.jpg

Auf der Unterseite des Kondensors (4) wird ein Schiebehalter (nicht gezeigt) angebracht, ich bevorzuge diesen mit 3 getrennten Fächern. In diesem befindet sich eine lichtundurchlässige Sektorenblende mit 90° Winkel (1), die ich noch als sog. "Gerlachsche Gabel" aus den 70ern kenne, sowie ein kräftiges Blaufilter (2) und ein Mattfilter (3). Alle 3 Elemente sind gleichgerichtet verschiebbar. Dies ist der Grund für die 3 abgegrenzten Fächer, da es sonst zu "Mitnahmeeffekten" kommen kann. Blau und Mattfilter bezieht man am besten aus dem Foto- oder Beleuchterbedarfshandel.
Im Endeffekt wird ja an den Kanten des rechtwinkligen Sektors, welche sich idealerweise im inneren Bereich der Apertur befinden soll, das Licht gebeugt und durch die hier blaue Farb- und Mattfilter moduliert bzw. gestreut.
Einem ähnlichen Prinzip folgte auch der im US-Forum beschriebene Gradient Universal Filter - 'DIC', DF, OL effects. Hier werden gedruckte Grauverlaufsfilter in der "Gabel" verschoben und angepasst.
Bei all diesen Varianten des "DIY-DIK"-Schieflichts kommt es durch die zentrale Dämpfung durch z.B. den Farbfilter, und nicht die totale Abschattung wie bei ringförmigen Sektorenblenden, zu einem gemäßigteren Kantenkontrast. 

Nicht verschwiegen werden soll, dass auch, die auf den ersten Blick einfachere Halbmondblende mit Mattfilter nach Martin Kreutz, Schiefe Beleuchtung und Vergleich mit DIK in der Hand des erprobten Anwenders den Vergleich mit dem DIK nicht zu scheuen braucht.

Natürlich habe ich über die Jahre auch einige Male schiefe Beleuchtung über der Leuchtfeldblende bzw dem Lichtaustritt durchgeführt. Wie hier schon einige es beschrieben haben, kann auch dies zu guten Erfolgen führen, hängt jedoch vom Mikroskop-/Beleuchtungstyp ab. Wiederholbarer in einer erneuten Sitzung, vor allem wenn es um feinste Nuancen ging, erschien mir jedoch so gut wie immer die Variante mit Blenden in der unteren Kondensorbrennebene.
Welche Blendenlage auch immer gewählt wird, sollte stets zu Beginn der Versuche geprüft werden, ob der Kondensor (in der richtigen Höhe) eine einfache gerade Halbblende oder einen Halbmond nicht als völliges Kunstobjekt abbildet, ansonsten ist der Frust vorprogrammiert.
Und wenn mich die Fein-Fummelei mit den verstellbaren Filtern ärgert, tröste ich mich damit, dass sich jemand, nachdem eine schiefe Kontrastart mittlerweile benannt ist, das ganze motorisiert hat patentieren lassen: Pat DE: 10 2016 013 556.5 , der gute Ulli wollte halt auch nicht mehr fummeln ;)


Ich wünsche viel Spass beim Basteln und ausprobieren
Beste Grüße Stefan




M59

Hallo  Stefan,

In Bezug auf die von Dir erwähnte einfache Variante der schiefen Beleuchtung wissen die Besitzer eines Zeiss Jena Mikroskops,  eines  '....vals' mit Grossfeldlinse, dass man durch leichtes Verdrehen derselben 3D Effekte erzielen kann.
Beim Peraval passt zwischen Filterhalter (unter der Grossfeldlinse) und dem achr. apl. Kondensor  N.A: 0.8 ein 40 mm hoher LED Würfel. Wenn man den etwas verschiebt, so dass das Licht schräg von unten in den Kondensor fällt, lassen sich ebenfalls 3D Effekte erzielen. Wer ein passende LED 'Lampe' für sein Mikroskop hat kann das ja mal ausprobieren, ob das den eigenen Ansprüchen genügt.



Grüße,

Michael K.

Aljoscha

Hallo,

Ich habe heute mal einen Test mit dem Hund Medicus Pro durchgeführt. Das hat einen einfachen Abbe-Kondensor bei dem der Schieberschlitz direkt über der Aperturblende sitzt.

Ja, wenn man den Dunkelfeldschieber aus der Position schiebt, erhält man einen deutlichen Reliefkontrast.

Begeistert hat mich das trotzdem nicht. Die Auflösung war eher mäßig, kein Vergleich mit Phasenkontrast am gleichen Mikroskop und die Ästhetik von Dunkelfeld oder DIK gab es auch nicht.

Viele Grüße

Alexander


Jakob_Wittmann

#3
Hallo zusammen!

Ich besitze auch ein Hund Medicus, die ältere Variante (Hund VR 300). Wie mir nicht nur von Euch, sondern auch von Jörg Haus von der Firma Hund erklärt wurde, war und ist der Hersteller bestrebt, seine Instrumente weitgehend vorjustiert und abseits allfälliger  Möglichkeiten der kundenseitigen Manipulation zu halten.

Meiner Meinung macht das bei soliden ,,Arbeitspferden" für ärztlich und einschlägig im Labor genutzte Mikroskope durchaus Sinn. Vielmehr noch: Es könnte in solchen Bereichen auch viel an Zeit ersparen, die durch (pardon! ;)) mehr oder minder unnötige Hampeleien an Mikroskopen vertan wird.

Eben solches (kommt mir vor) ist auch bei Hund-Kondensoren so gehalten. Bei meinem Medicus ist beispielsweise die Phasenkontrast Ringblende werksseitig justiert. Kein Teil für Experimente.

Langer Rede kurzer Sinn: Es mag Mikroskope geben, bei denen es sinnvoller ist, Versuche anzustellen. Inklusive der Eigenschaften der Kondensoren und der Implementierung der Beleuchtungseinrichtung.

Das reicht von der Lage des Brennpunkts von Kondensoren bis zur Anlage von Kollektoren der Beleuchtungsoptik.

Mein ich nur so, und ich kann dabei selbstverständlich  daneben liegen! ;)


Liebe Grüße


Jakob
,,Ein Leben mit nur einem schwarzen Mikroskop ist möglich aber sinnlos."


Bernhard-Viktor ,,Vicco" Christoph-Carl von Bülow

Michael K.

Hallo Stefan,

Vielen Dank für deinen Beitrag. Wer ein 3D Drucker besitzt kann sich die Kasette für die Schieber auch drucken. Ich werde es auf jeden Fall mal testen.

Gruss
Michael K.   (Mich gibts anscheinend 2x ;-)  )

purkinje

Hallo Michael,
gedruckt, das ist dann schon die Edelversion  :) Benutze seit über 2 Jahrzehnten einen Pappschieber. Zu beachten ist beim Schieber, dass der Farbfilter (oben blau/cyan) kräftig und nicht zu lichtdurchlässig sein muss; entweder Farbfolien doppelt nehmen oder auch mit Polfiltern drunter (diese variable Konstruktionsart ist Dir ja bekannt  ;) ). Die Art und Lage des Mattfilters (drunter oder drüber, dann auch Abstand wichtig) bestimmt den Gradienten des an der Kante gestreuten Lichts. Also alles in allem keine Sache für mal eben schnell.
Mattfolien gibt es übrigens bei den diversen Fensterfolienvertrieben auch ungemustern mit verschiedensten Körnungen auch als Pröbchen manchmal sogar umsonst. Farbfolien im Fotohandel für Blitz und Beleuchtung in großer Auswahl. Sehr gut sind auch graue teilverspiegelte Folien aus anti-Statiktütchen für Elektronik.
Beste Grüße Stefan

3nzo

Hallo Jacob,
Hund erfordert keine Anpassungen durch den Benutzer, aber meiner Meinung nach ist dies keine Garantie für eine perfekte Ausrichtung im Laufe der Zeit. Ich habe bei Wilovert überprüft, ob die Verträglichkeit gut ist, aber gelegentliches Zentrieren würde das Ergebnis verbessern. Nach einer gewissen Zeit muss ich eingreifen, um den Phasenkontrast zu verbessern, und der Aufbau an diesem Mikroskop ist wirklich umständlich. Ich muss mich anpassen  :)
Beste grüße.

Enzo

Jakob_Wittmann

#7
Hallo Enzo!

Danke für das interessante Feedback von Dir!

Ja, auch diese Art/Konzeption von Hund kann Probleme erzeugen, obwohl die zugrunde liegende Idee gar nicht schlecht ist.

Wenn die Justierung nicht beständig ist, muss der Nutzer eingreifen. Das ist bei den Hund-Kondensoren dann doch umständlich, denn das Justieren mit den zwei sehr kleinen Schrauben ist mühsam.

Obwohl die Kondensorhülse den gängigen Durchmesser 39,5 mm aufweist, ist auch ein ,,schnell-schnell" Wechsel des Kondensors (er ist mit einer auch sehr dünnen, versenkten Schraube fixiert) zum Experimentieren etwas komplizierter.

Ich finde dennoch, dass die Hund Geräte ausgesprochen gut sind, aber man könnte vielleicht sagen: Sie verfolgen ein eigenes Konzept für den Umgang ihrer Nutzer mit ihnen.

Danke Dir, Enzo, schönes Wochenende, liebe Grüße


Jakob

,,Ein Leben mit nur einem schwarzen Mikroskop ist möglich aber sinnlos."


Bernhard-Viktor ,,Vicco" Christoph-Carl von Bülow

3nzo

Danke Jakob,
Hab ein schönes Wochenende und liebe Grüße auch an Dich.

Enzo

M59

O.T: Nur für Michaels!

[Gruss
Michael K.  (Mich gibts anscheinend 2x ;-)  )
[/quote]

...Bei den Eltern der Babyboomer war unser Vorname mal sehr populär. Als ich irgendwann im letzten Jahrtausend in der 9.Klasse war,  hießen von 35 Schülern 5 Michael mit Vornamen. Also 5 von etwa 18 männlichen Schülern. Die  Hälfte der Schüler waren ...innen und hießen häufig Sabine.

Bei den Nachnamen in D entfallen etwa 10% auf den Buchstaben K.
Im Marketingsprech ist die Signatur 'Michael K.' (derzeit noch) nicht unbedingt ein 'unique selling point'.

Wenn mans halt so gewöhnt ist.....

sagt Michael (K.) /M59