Interessante Pilz- und Flechtenfunde 145 – Wertvolle Schuppenflechte

Begonnen von Bernd Miggel, April 30, 2024, 08:25:27 VORMITTAG

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Bernd Miggel

Wertvolle Schuppenflechte (Xylopsora caradocensis)

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Bild 1 - Fundort, 800x.jpg
Bild 1Xylopsora caradocensis , der Fundort (mittig unten, gelb eingekreist). Foto: Liss Hoffmann.


Einführung, Lebensweise und Verbreitung


Sucht man die Borken alter Kiefern nach Flechtern ab, kann man durchaus einmal auf die Wertvolle Schuppenflechte (Xylopsora caradocensis) (Syn: Hypocenomyce caradocensis) stoßen. Diese grünliche bis bräunliche, schuppenartige Krustenflechte ist wenig bekannt und wird nur in wenigen Fachbüchern gezeigt. Gemäß RL (2011) gilt sie jedoch als ungefährdet. Sie wächst vorwiegend auf der Rinde von Nadelbäumen, und zwar in montanen bis hochmontanen, niederschlagsreichen Lagen. Den hier dargestellte Fund machten wir in einem auf feuchtem, torfhaltigem Boden stockenden Kiefern-Schonwald im Nordschwarzwald. Dort, auf etwa 720 Meter NN, wächst Xylopsora caradocensis im unteren Stammbereich einer Waldkiefer mit einer Thallusgröße von ca. 20 x 5 cm (Bilder 1 und 2).

Bild 2 - Thallus, x800.JPG
Bild 2Xylopsora caradocensis auf Kiefernrinde. Foto: Bernd Miggel.


Morphologische Merkmale (in Anlehnung an SCHUMM 2010)

Der Thallus besteht aus grünlichen bis bräunlichen Schuppen. Diese sind ungleichmäßig kugelig bewölbt, liegen dem Substrat an und haben Durchmesser von bis zu 1 mm (Bild 3). Wichtig ist hierbei, dass die Schuppen keinesfalls dachziegelig angeordnet sind. Isidien und Soredien fehlen. Apothecien findet man selten. Sie haben einen Durchmesser von max. 0,5 mm, besitzen eine schwarze Scheibe und einen schwarzen Eigenrand.

Bild 3 - Schuppen, x800.jpg
Bild 3 – Detailaufnahme der Schuppen. Foto: Bernd Miggel.

Beobachtete Farbreaktionen
K+ schwach gelblich (mit Filterpapier hochgezogen), C-, P-, Mark UV- (365 nm).
(K: Kalilauge 10-20%, C: Natrium-Hypochlorit, KC: zuerst K, dann auf dieselbe Stelle C auftragen, P: para-Phenylendiamin).

Ähnliche Flechtenarten
• Die  Aufsteigende Schuppenflechte (Xylopsora scalaris, Syn: Hypocenomyce scalaris) kommt auf vergleichbaren Substraten vor, besteht jedoch aus dachiegelig übereinander angeordneten Schuppen. Die Oberseite der Schuppen ist ocker, grau, braun oder oliv, die Unterseite hell, sorediös und rhizinenfrei. Die aufgewölbten Schuppenränder besitzen Lippensorale. Die Farbreaktion ist C-, K+ rot, KC+ rot, P-.

Literatur
• FRAHM, J.-P., SCHUMM, F., STAPPER, N.J. (2010): Epiphytische Flechten als Umweltgütezeiger: 95.
• SCHUMM, F. (2010): Epiphytische Krustenflechten. Hilfsbuch zum Bestimmen der häufigsten Arten: 101.
• WIRTH, V. (1995): Die Flechten Baden-Württembergs, 2. Aufl., 1006 S.; Ulmer, Stuttgart: 424-425.
• Wirth, V. et al. (2011): Rote Liste der Flechten und flechtenbewohnende Pilze Deutschlands.
• WIRTH, V. et al. (2013): Die Flechten Deutschlands: 120, 529.
https://italic.units.it/index.php?procedure=taxonpage&num=2603
https://dalib.cz/en/taxon/info/Xylopsora%20friesii


Viel Freude beim Anschauen!
Bernd


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