Warnung vor älteren Immersionsölflaschen von Zeiss

Begonnen von Peter V., September 08, 2020, 23:06:12 NACHMITTAGS

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Stephan Hiller

#15
Hallo,

ich möchte Johann beipflichten und kommentiere das mit dem "Früher war alles besser" für das ich schon mehrfach als ewig Gestriger müde belächelt wurde.
Aber es stimmt. Auch ich habe solche original Zeiss Immersionsölfläschchen die mit Sicherheit mindestens 50 wenn nicht sogar 70 Jahre alt sind und da zerbröselt absolut nichts. Offensichtlich hat man vor Jahrzehnten besseres Plastik verwendet als heute. Zudem waren die Fläschchen nicht bedruckt sondern das Zeiss Logo und die Beschreibung des Inhalts war als Relief eingedrückt in das Plastik, konnte also nicht abgewaschen werden wie bei den modernen Fläschchen. Ich kenne das nachstehend links gezeigte Fläschchen auch noch von meinen Studienzeiten in den 70er und 80 er Jahren. Damals waren diese Fläschchen braun gefärbt, ich vermute aber dass die Durchsichtigen noch älter sind und das rechts in den nachstehenden Bildern gezeigte original Zeiss Fläschchen ist sicher noch älter. Der Verschlussdeckel ist aus Bakelit (!!).





Ich sehe absolut keine Notwendigkeit das Immersionsöl aus diesen Fläschchen in Glasflaschen umzufüllen.
Meinen LED Kunden habe ich des öfteren kleine Ölfläschchen mit Immerionsöl 518 N von Zeiss als kleines "give away" beigelegt. Diese Fläschchen sind aus PE und werden vom Lieferanten extra für Öle angeboten. Ich hoffe dass diese besser und länger halten als die Neuen von Zeiss die oben von Peter gezeigt wurden.



Und noch ein Beispiel warum "Früher alles besser war":



Im Merk Glasfläschchen (mindestens 50 Jahre alt) ist der Canada Balsam immer noch zäh honigflüssig während der neu gekaufte im PVC Fläschchen nach einem Jahr schon fast komplett steif und hart geworden ist. Zudem zeigt das Palstikfläschchen des neu gekauften Canada Balsams bereits nach einem Jahr schon ziemliche Verwerfungen. Ich deneke ich sollte den Inhalt möglichst bald in eine Glasflasche umfüllen.

Grüße

Stephan

Thomas_Huck

#16
Hallo Stephan.
Das mit dem besseren Plastik kann ich aus einem anderen Bereich bestätigen. Ich restaurieren hobbymäßig alte Nähmaschinen. Die meisten alten Maschinen sind innen vollständig aus Metall. Es wird dringend davor gewarnt solche mit Kunstoffzahnrädern mit mineralölhaltigen Ölen oder Fetten zu schmieren, da die Räder sonst brüchig werden. Um so ratlos war ich als ich eine Pfaff 362 instand gesetzt habe in der ein Kunststoffrad verbaut war. Das Gerät stammt aus der Mitte der 60er. Nach längeren ergebnislosen Nachforschungen habe ich einen älteren Nähmaschinenmechaniker in der Nähe aufgetan. Der gute Mann meinte, ich solle mir da keine Sorgen machen. Die wurden immer nur mit normalem mineralischem Öl behandelt. Die Kunststoffe seien deutlich höherwertigen gewesen und hätten da keine Probleme mit. Erst in den achtziger traten  vermehrt Zahnradbrüche auf.
LG Thomas

Peter V.

Hallo,

aufgrund seiner bedenklichen Gesinnung sollte man zwar eigentlich den Gründer von "Manufactum" nicht zitieren, aber kaum jemand hat es je treffender ausgedrückt als er; dieser Passus stand viele Jahre als Vorwort im entsprechenden Katalog:

"Es gibt nichts Gutes, das nicht irgend jemand ein bißchen schlechter und ein bißchen billiger machen könnte", seufzte schon im vergangenen Jahrhundert der englische Schriftsteller John Ruskin.

Heute, spätestens, ist der Feind des Guten endgültig nicht mehr das Bessere, sondern das Schlechtere, Billigere, Banale. Zumindest für den Bereich der Haushaltswaren gilt: Es gibt kaum ein Qualitätsprodukt, das nicht durch jämmerlich schlechte, aber viel billigere Konkurrenten und Nachahmungen gefährdet wäre.

Die kurze Lebenszeit, das beschleunigte Kommen und Gehen der Gegenstände, mit denen wir täglich umgehen, ihre Verwandlung von Gebrauchs- in Verbrauchsgüter kann man ja unter verschiedenen Gesichtspunkten schlimm finden. Zum einen trägt diese Entwicklung nicht unwesentlich zur Mehrung unserer Umweltprobleme bei. Zum anderen verhindert sie aber auch, daß wir zu den uns alltäglich umgebenden Dingen noch eine freundschaftliche Beziehung entwickeln, ihnen einen gewissen Respekt zollen können, den sie als gelungene Ergebnisse gut getaner Arbeit ja durchaus verdienten. Aber wie viele der heute käuflichen Dinge vermöchten überhaupt noch irgendwann einmal zu einem liebevoll betrachteten, guten, alten Stück zu werden?


"Chemische Versager" gab es allerdings auch schon vor der Ära der mehr oder weniger geplanten oder einfach nur hingenommenen frühzeitigen Obsoleszenz. Hier noch ein schlimmes Beispiel, das jeder Leitz-Sammler kennt: Der Schaumstoff des Grauens! Streng genommen könnte man aber auch das schon als fatale Folge von Spaßmaßnamen geißeln, denn zuvor wurden solche Kästen mit Samt ausgechlagen, der heute noch in tadellosem Zustand ist und den Inhalt schützt. Der Schaumstoff hingegen verwandelte sich (oft schon nach wenigen Jahren) in eine klebrige (und leider auch extrem aggressive) Masse, der nicht nur Glas (wie in diesem Beispiel) massiv korrodiert, sondern auch Metalle. Ich habe einen wertvolen 5-achsigen U-Tisch, unbenutzt, dessen Oberfläche deutlich durch solche Schaumstoff-Abbauprodukte korrodiert wurde. Ein Jammer!

Beosdners ärgerlich ist aber, wenn Hersteller heute noch - mit Wissen um diese Eigenschaft von offenbar vielen geschäumten Kunststoffen - dieser auch aktuell produzieren und vertreiben wie diese Antirutschmatten (Markenprodukt!) aus dem Baumarkt.

Herzliche Grüße
Peter


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Bob

Hallo zusammen,
mir ist auch eine Zeiss Immersionsölflasche ausgelaufen, sie sah von der Form aus wie die oben links von Stephan gezeigte, trug aber die Beschriftung PCB-frei und ich meine zu erinnern, dass sie braun war. Horst hat mir so ein klassisches Immersionsöl-Doppelfläschchen verkauft, damit bin ich jetzt glücklich.
Materialarten haben sich über die Jahre sicherlich etwas verändert und es sind viele dazu gekommen. Aber auch heute gibt es Kunststoffe, die langfristig Öl vertragen, und solche die innerhalb kurzer Zeit zerstört werden.
Ein Schwachpunkt mancher Kunststoffe, z.B. ABS, PC und Blends daraus, ist die Anfälligkeit für Spannungsrisskorrosion. Unter anliegender mechanischer Spannung führt Kontakt zu einem spannungsrissauslösenden Medium zu gründlicher Zerlegung des Materials, ein physikalischer Angriff. Ein schönes Beispiel, Augen vor Splitterflug schützen: CD durchbiegen, mit dem Saft einer Orangenschale bespritzen.
Diese Kunststoffe werden viel im Spritzguss verarbeitet, und da hat man gerne ein gutes Formfüllungsvermögen, damit man mit wenig Temperatur und Druck und kurzen Taktzeiten arbeiten kann. Neuere Versionen dieser Kunststoffe wurden hinsichtlich des Formfüllungsvermögens optimiert, womit leider auch die Spannungsrissempfindlichkeit zunahm. Also hier war früher wirklich besser und teurer.
Wo ich auch eine Verschlechterung zu erkennen glaube sind Lithium-Batterien. Vor 30 Jahren war das noch mehr oder weniger Raumfahrttechnik, aber es gab nur selten Ausfälle. Mein Eindruck ist, dass die heute billigeren Batterien öfter Schwierigkeiten machen, so im Maßstab von hunderttausenden Batterien betrachtet.

Viele Grüße,

Bob

smashIt

Zitat von: Stephan Hiller in September 10, 2020, 02:38:58 VORMITTAG
Offensichtlich hat man vor Jahrzehnten besseres Plastik verwendet als heute

2 dinge fallen mir dau auf:
einerseits hat sich die zusammensetzung des öls geändert.
das kann alle möglichen folgen für die flasche haben.
andererseits sind deine nicht gefärbt.
weißes plastik macht man meist über die zugabe von pigmenten.
und die dinger können selber wieder probleme mit sich bringen.

gold-/messingfarbene kunststoffteile aus den 80ern und 90ern zerbröseln einem wegen der verwendeten prigmente heute regelrecht zwischen den fingern.
MfG,
Chris

Bildung ist das was uns vom Tier unterscheidet.

Funtech.org

Carsten Wieczorrek

Hallo,
ja, mit dem Kunststoff ist schon komisch: es gibt sogar heute noch ganz billige weiße Kunststoffe, da macht man ganz dünne Flaschen draus und füllt 96% Schwefelsäure rein. Hält. 5 Jahre könnte ich garantieren. Ok, da ist dann ja auch kein so aggressives Medium wie Öl oder gar Luft drin.
ratlose Grüße
Carsten
Für's grobe : GSZ 1
Zum Durchsehen : Amplival Hellfeld, Dunkelfeld, INKO, Phasenkontrast
Zum Draufsehen : Vertival Hellfeld, Dunkelfeld
Zum Polarisieren : Amplival Pol u Auf-/Durchlicht
Für psychedelische Farben : Fluoval 2 Auflichtfluoreszenz
Für farbige Streifen : Epival Interphako

Alfons Renz

Lieber Peter,

"ich habe hier mindestens 5 solcher Doppelflaschen aus divesern Konvoluten, die ich im Laufe der Jahre erstanden habe, herumliegen. Seltsamerweise fehlt bei allen das entscheidende Teil: Der Deckel mit Glasstäbchen oder Draht und Öse."


Die Reparatur ist garnicht schwierig: Im Baumarkt eine Kupfermuffe aus der Wasserrohr-Installationstechnik besorgen und einen Deckel aus Kupfer auflöten und zufeilen. In den Deckel einen Draht eingelötet (ich glaube, ich habe damals einen versilberten Kupferdraht verwendet), diesen etwas gebogen, so daß ein am Ende zugeschmolzenes und dann darüber gestüptes Haematokrit-Kapillarröhrchen fest sitzt. Im Falle eines Bruchs (ist mir noch nie passiert, da der Draht federt! - ist das Glasröhrchn leicht zu ersetzen.

=> Fertig, und sieht gar nicht schlecht aus (Bilder unten)

Und alle meine Fläschen MIR komplettem Deckel stehen wohlgescützt und unbenutzt in der Sammlung!

Herzliche Grüße,

Alfons

p.a. Alle anderen Möglichkeiten einer Konstruktion auf der Basis eines überstülpbaren Deckels sind natürlich ebenso tauglich. Entscheidend ist nur das zugeschmolzene Haematokrit-Kapillarröhrchen auf einem nicht-rostenden Draht.

Und wer möchte, kann sich aus solchen Röhrchen auch gleich eine Linse für ein A-v-L-Mikroskop schmelzen!

Werner

Die Flaschen von Johann gab es auch ohne Zeisslogo mit Nähmaschinenöl (Spindelöl, Feinmechanikeröl) zu kaufen.
Das reine Polyäthylen ist wohl ölbeständig, auch nach 40 Jahren, jedenfalls ist meines noch gut handhabbar. Wegen der Kleinheit für feine Dosierungen ideal. Alle meine alten PE-Flaschen sind auch noch gut, manche leicht braun verfärbt, aber noch elastisch und dicht.

Gruß - Werner

Peter V.

Hallo Carsten,

Zitat von: Carsten Wieczorrek in September 11, 2020, 22:43:38 NACHMITTAGS
Hallo,
ja, mit dem Kunststoff ist schon komisch: es gibt sogar heute noch ganz billige weiße Kunststoffe, da macht man ganz dünne Flaschen draus und füllt 96% Schwefelsäure rein. Hält. 5 Jahre könnte ich garantieren. Ok, da ist dann ja auch kein so aggressives Medium wie Öl oder gar Luft drin.
ratlose Grüße
Carsten

Ich verstehe Deinen Kommentar nicht so ganz. Was willst Du damit sagen? In der Tat bin auch ich erstaunt, wenn ich sehe, in welchen Behältnissen oft "aggressive" Substanzen von irgendwelchen kleinen unbekannten Abfüllern auf Ebay etc. verkauft werden.
Tatsächlich ist das für meine Begriffe nach wie unübertroffene und alleinig sichere Material Glas (außer für Flußsäure) - solange man es nicht fallen lässt  ;)
Starke Basen greifen zwar auch Glas an, allerdings gehe ich davon aus, dass nur die Oberfläche matt wird, es aber auch konzentrierter Natronlauge nicht gelingt, ein Glasflasche zu zerstören.

Herzliche Grüße
Peter
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Klaus Schloter

Guten Morgen,
ich gehe davon aus dass die Vertreiber dieser Ölflaschen vom Polyäthylen abgekommen sind, weil sich auf PE Flaschen eine dauerhafte Etikettierung schlechter zum Halten zu bringen ist.
Das weiße Material war nur einfach bedruckt, während die alten Flaschen der Text im Relief aufwiesen,was sicherlich in der Hrestellung teurer war .
Klaus

Klaus Henkel

Zitat von: Peter V. in September 08, 2020, 23:06:12 NACHMITTAGS

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=37028.msg271923#msg271923

Herzliche Grüße
Peter

Angesichts dieser Plastikflasche erlaube ich mir die Frage, ob es sein kann, daß sie mindestens 40 bis 50 Jahre alt ist?
Gruß
KH

D.Mon

Zitat von: Ulf Titze in September 09, 2020, 20:49:24 NACHMITTAGS
Also ich liebe diese Doppelfläschchen! Man kriegt sie heute noch von der Firma Hecht/Assistent:
https://www.assistent.eu/produkt/zedernoelflaschen/
Wenn ich da mein mitgeliefertes 5 ml-Fläschen Öl umfülle, komme ich wahrscheinlich gar nicht mehr dran. Oder täuscht das Bild?

Gruß
D.Mon
Bitte per "Du" - Martin alias D.Mon
--
Glück kann man nicht kaufen.
Aber man kann ein Mikroskop kaufen und das ist eigentlich dasselbe!
--
Mikroskope: Motic Panthera U, Lomo MBS-10, Orthoplan mit DIC
Kamera: Sony ILCE-6400

Peter V.

#27
Hallo D.Mon (ich würde Dich eigentlich lieber ganz undämonisch mit Deinem Namen anreden  ;))

ZitatWenn ich da mein mitgeliefertes 5 ml-Fläschen Öl umfülle, komme ich wahrscheinlich gar nicht mehr dran. Oder täuscht das Bild?

;) Hier findest Du die Erklärung:

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=38456.msg282918#msg282918

(siehe dort angehängtes PDF)

Herzliche Grüße
Peter

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Peter V.

Hallo Chris,

stimmt! Schon geändert.

Herzliche Grüße
Peter
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