Unklare Objekte im Sputum, Urin und Stuhl

Begonnen von Piper, April 28, 2024, 18:48:56 NACHMITTAGS

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Piper



Hallo in die Runde,

ich wäre sehr dankbar, hinsichtlich Beurteilung und Einordnung einiger mikroskopischer ,,Merkwürdigkeiten" einen ,,Input" zu erhalten. Vielleicht könnten speziell parasitologisch bewanderte Mikroskopiker weiterführende Hinweise geben. Natürlich habe ich die Befunde schon mit einigen mir bekannten ärztlichen Kollegen diskutiert, auch universitären aus der infektiologischen ,,Ecke". Leider resultierte daraus keine finale ,,Conclusio". Daher poste ich die Beobachtungen nun weitergehend und hoffe auf sprichwörtliche ,,Schwarm-Intelligenz". Vielleicht hat ja jemand so etwas schon einmal in anderweitigem Kontext gesichtet und könnte daher weitergehende Hinweise geben. 

Es handelt sich durchweg um Mikrofotos untersuchter Frischpräparate. Daher stehen die zugehörigen Materialien/Substrate leider nicht mehr zur Verfügung.         

Der beigefügte Download-Link führt zu einem Dateiordner mit vier PDF und einem JPG:

https://magentacloud.de/s/wi4RdCTYY2RqoQ3

Drei der vier PDF dieses Dateiordners und das JPG konnte ich hier anhängen, das vierte PDF ist trotz Kompression zu groß.

Die beliegenden und zum Download hinterlegten Dateien zeigen Zusammenstellungen von verschiedenen Objekten und Strukturen, die ich in den Sekreten eines mehrjährig chronisch erkrankten Patienten mikroskopisch finden konnte. Klinisch besteht das Bild einer diffus streuenden, wahrscheinlich parasitären Infektion, die möglicherweise auf hierbei in Betracht kommende Wurmparasiten, z. B. Trematoden, zurückgeführt werden könnte. Zumindest ist das klinische Bild hiermit vereinbar. Der Patient hat auch auf ein gängiges Wurmmittel (Mebendazol), das ihm mit dem Rücken zur Wand auf ,,gut Glück" verabreicht wurde, temporär positiv angesprochen. Auch dies könnte für eine solche Erkrankung sprechen, wobei dann davon auszugehen wäre, dass es sich um einen oder mehrere verschiedene Parasiten handeln muss, die durch dieses vorgenannte Mittel für sich alleine nicht erfolgreich eliminiert werden konnten.

Laborchemisch bestehen eine anhaltende exzessive IgE-Erhöhung (bei fehlender Allergie), eine allgemeine Entzündungskonstellation wechselnder Ausprägung sowie mehrere positive Serologien, bei denen es sich auch um Kreuzreaktionen anderweitiger Erreger handeln könnte:
Strongyloides stercoralis, Paragoniasis und (überraschenderweise) Trypanosoma brucei rhodesiense (validiert durch das Bernhard-Nocht-Institut). 

Mikroskopisch untersucht wurden über mehrere Wochen diverse Proben von Urin, zusätzlich auch Auswurf aus der Tiefe des Bronchialsystems. Letzterer enthielt mehrere schmale, formal an Tentakel erinnernde zellreiche Schleimfäden von gallertiger Konsistenz; die dortigen Zellen sind ausgesprochen polymorph.

Mehrfache Stuhluntersuchungen waren mikroskopisch unergiebig, mit Ausnahme einer Probe, gewonnen im zeitlichen Zusammenhang mit der Wurmmittel-Verabreichung. Hier fand sich ein nicht mehr lebender Partikel, der möglicherweise einem Trematoden-Relikt entsprechen könnte. Eine abschließende Zuordnung gelang auch bezüglich dieses Gebildes indes nicht. Im beiliegenden Foto (,,stuhl.jpg") befindet sich dieser Stuhlpartikel auf der linken Seite, rechts ist zum Vergleich das Bild eines lebenden Trematoden. Ich bin ungewiss, ob es sich bei dem hier gefundenen Partikel womöglich um sterbliche Überreste eines solchen Trematoden handeln könnte, oder nicht eher um irgendein botanisches Nahrungsrelikt.

Eine ovale Formation von 25 µm Länge, die sich letztlich in übereinstimmender Morphologie in zwei unterschiedlichen Urinproben fand, wurde von einem beigezogenen Zoologen (aus dem Bekanntenkreis des Patienten) ,,auf dem kleinen Dienstweg" als mögliches Trematoden-Ei betrachtet. Bei weiteren Folgeuntersuchungen wurden allerdings deutlich größere, wiederum ovale Elemente entdeckt, deren Zuordnung ebenfalls schwerfällt.

Wenn man von den gallertigen Schleimfäden aus dem Auswurf des Patienten Quetschpräparate anfertigt, zeigt sich ein buntes Bild polymorpher Zellen, teils auch mit Kernatypien und Fortsätzen, die andeutungsweise durchaus an das Quetschpräparat eines kleinen Wurmes erinnern könnten. Zum Vergleich habe ich mit identischer Einstellung von dem fühlerartigen Fortsatz eines alten Borstenwurm-Präparates entsprechende Aufnahmen angefertigt. Zumindest ähnelt die optische Dichte dieses Fortsatzes durchaus den tentakelähnlichen, gallertig anmutenden Schleimfäden aus dem Bronchialsystem.

Jedenfalls würde ich in einem normalen Schleimauswurf solche polymorphen Zellen üblicherweise nicht erwarten. Vorsorglicher Hinweis: Ein Bronchialkarzinom besteht nicht (neg. Bronchoskopie, neg. Thorax-CT).

Zudem findet sich in einer Urinprobe auch ein ovales Element mit einem geißelartigen Fortsatz und zwei an Zellkerne erinnernden ovalen Binnenstrukturen. In einer anderen Urinprobe fand sich ein deutlich kleinerer, offenbar schon im Zerfallsprozess befindlicher ovaler Körper, wiederum mit einem kurzen schwanzförmigen Fortsatz.

Ich kann diese Auffälligkeiten insgesamt ebenso wenig zuordnen wie die meinerseits schon beigezogenen ärztlichen Kollegen. Über jegliche weiterführenden Ideen und Hinweise würde ich mich daher sehr freuen.

Das ärztliche Dilemma besteht darin, dass eine zielgerichtete Behandlung erst möglich wäre, wenn der oder die maßgeblichen Erreger eingekreist wären. Eine Chance dazu sehe ich diesbezüglich nur dann, wenn zufällig jemand sagen könnte, dass er so etwas schon einmal gesehen hat, und zwar im Kontext mit diesem oder jenem Organismus.

Viele Grüße und einen schönen ,,Restsonntag"
Jörg Piper


Alfons Renz

Lieber Herr Jörg Piper,

Bei aller Vorsicht, die einer Beurteilung mikroskopischer Aufnahmen gemacht werden muss, möchte ich anmerken:

Bei dem vermuteten 'Trematoden' handelt sich um ein nicht identifizierbares, möglicherweise botanisches Objekt, aber ziemlich sicher um keinen 'Wurm'.

'Borstenwürmer' mit 'Tentakeln' - die nur bei freilebenden Organismen Sinn machen - würde ich kaum in der Lunge vermuten. Oder schnupft der Patient irgendwelches Zeug?

Im Urin sind allenfalls Eier von Schistosomen oder Einzeller (Trichomonas vaginalis, Giardia lamblia) zu erwarten. Schistosomen-Eier kann ich nicht erkennen und die Protozoen müssten im Nativ-Präparat durch ihre Bewegung auffallen, Flagellen aufweisen, deutliche Kerne haben etc.. Trypanosomen würde man eher im Blut - nach entsprechender Anreicherung - nachweisen können.

Die runden Kugeln im Sputum sehen verdächtig nach chitinösen Kapseln von 'Wurmeiern' aus - sind jedoch alle nicht vital, was allenfalls auf eine Zoonose schließen liesse. Infrage kommen Zungenwürmer (Pentastomida, Linguatulida: Crustaceen!), in deren embryonierten Eiern jedoch schon die Krallen der Larven zu erkennen sein müssten: Hat der Patient mit Schlangen oder anderen Reptilien zu tun gehabt?

Eier des Lungenegels (Paragonimus) sehen deutlich anders aus (kräftige Wand, ovale Form, Operculum) und würden voraussetzen dass der Patient im Regenwald Westafrikas ungekochtes Fleisch von Süßwasserkrebsen verzehrt hat.

Es wäre deshalb auch wichtig zu erfahren, ob der Patient im tropischen Ausland war und ob das Auftreten von Symptomen zeitlich mit einer solchen Reise in Verbindung steht?

Besteht eine erhöhte Eosinophilie im Blutbild? Eine Solche deutet häufig auf eine Infestation mit Würmern hin. Bei der 'tropischen pulmonalen Eosiophilie' kommen (zoonotische) Filarien infrage. Falls der Patient in den Tropen war.

Freundliche Grüße und in der Hoffnung, dass dem Patienten geholfen werden kann,

Alfons

Alfons Renz

Anbei das Ei eines Pentastomiden (Armillifer armillifer aus einem afrikanischen Python): Die Krallen der vierbeinigen Larven sind deutlich zu erkennen.

Die fingerlangen Adultwürmer (siehe Bild) sitzen in den Nasenhöhlen der Schlange. Nimmt der Mensch die Eier oral auf, wird er zum Zwischenwirt: Die Larven entwickeln sich zu erbsengroßen enzystierten Stadien, die mit der Zeit verkalken, wenn sie nicht von einem carnivoren Wirt (Schlange) aufgenommen werden.

Auch im Rinderfleisch habe ich schon Pentastomiden-Larven gesehen (in Kamerun). Deshalb immer gut braten/kochen. Die Würmer können sich auch im Menschen entwickeln, sitzen in der Nasen- oder Rachenhöhle und üben einen starken Reiz aus.

Entdeckt und beschrieben (1789) wurden die Zungenwürmer (Pentastomiden) von Ellwanger Apotheker und Kreismedizinialrat Alois Fröhlich.