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Foren => Mikroskopie-Forum => Thema gestartet von: Eckhard F. H. in September 04, 2012, 14:38:35 NACHMITTAGS

Titel: Linsenanordnung
Beitrag von: Eckhard F. H. in September 04, 2012, 14:38:35 NACHMITTAGS
Hallo Optikkenner,
ist es bezüglich Korrektion (Linsenfehler) egal, wierum Linsen in einem System angeordnet werden? Ich meine, führt es zu optischen Dissonanzen, wenn konkave, plane bzw. konvexe Flächen in die falsche Richtung zeigen, z.B. beim Achromaten, der seitenverkehrt angeordnet wird?
Gruß  - EFH
Titel: Re: Linsenanordnung
Beitrag von: peter-h in September 04, 2012, 15:00:10 NACHMITTAGS
Ist nicht egal !!!
Titel: Re: Linsenanordnung
Beitrag von: Werner in September 04, 2012, 16:20:33 NACHMITTAGS
Beispiel Plankonvexe Linse im Fernrohr: Ist die Planfläche außen, lenkt nur die konvexe Fläche ab - große Bildfehler.
Ist die konvexe Fläche außen, verteilt sich die Ablenkung auf zwei Flächen und die Fehler sind kleiner (gilt auch für Achromaten).

Generell gilt bei mehrlinsigen Systemen: je gleichmäßiger die Einzelbrechungen auf das Gesamtsystem verteilt sind, bzw. je kleiner die Ablenkung an einer einzelnen Glas-Luft-Fläche ist, umso kleiner sind die Bildfehler. Deshalb müssen z.B. Mikroskop-Planapochromate oder die Präzisonsoptiken für die Ätzmaskenherstellung aus 10 - 20 Linsen bestehen, anders geht das nicht.

Genaueres in einem Physik- oder Optikbuch oder evtl. in Wikipedia.

Gruß   -   Werner
Titel: Re: Linsenanordnung
Beitrag von: Eckhard F. H. in September 04, 2012, 17:28:38 NACHMITTAGS
@Werner:
ZitatIst die Planfläche außen, lenkt nur die konvexe Fläche ab
Aber das gilt nur für Strahlen, die rechtwinklig auf die Planfläche treffen, oder?
Zitat...je kleiner die Ablenkung an einer einzelnen Glas-Luft-Fläche ist, umso kleiner sind die Bildfehler.
Logo, eine beidseitig ebene und parallele Glasfläche bewirkt zwar eine Lichtbrechung, aber nach dem Passieren ist keine -aufspaltung in Spektralfarben erfolgt. Wenn Licht auf seinem Rückweg in derselben Achse einen anderen Weg nähme, wäre ein Lichtfalle denkbar und die gibt es meines Wissens nicht.
Gruß - EFH
Titel: Re: Linsenanordnung
Beitrag von: JB in September 04, 2012, 18:28:28 NACHMITTAGS
Hallo EFH,

Ich habe selbst mal nach einer Antwort auf diese Frage gesucht (ich war nicht so mutig, das im Forum zu tun) und die einzige Quelle dazu habe ich hier gefunden:

"Vernachlässigt man Reflexionen, gilt die Umkehrbarkeit der Lichtwege. Reflexionen treten jedoch immer an beiden Grenzflächen auf. Mehrfach reflektierte Strahlen können auch von der Einfallsseite zur Transmissionsseite gelangen und `verwaschen' das Bild etwas. Die zum Gegenstand zurückreflektierten Lichtstrahlen sind i.a. nicht gleich für beide Linsenseiten!"
http://web.physik.rwth-aachen.de/~hebbeker/web-hu-lectures/hu-lectures/www-eep.physik.hu-berlin.de/_hebbeker/lectures/i390_l04.html

Allerdings handelt der Text bis dahin nur von Einzellinsen. Dazu, dass man zB einen Achromaten nicht umdrehen kann/darf habe ich noch keine Quelle gefunden, waere aber daran auch interessiert.
"Entscheidend ist, was hinten rauskommt." ? Nur als Diskussionsanregung.

Beste Gruesse,

Jon
Titel: Re: Linsenanordnung
Beitrag von: Werner in September 04, 2012, 19:34:06 NACHMITTAGS
Die "Feinheiten" der Optikbehandlung sind zu komplex, um sie hier im Forum zu erläutern.

Ich kann nur wieder auf die Literatur hinweisen. Im Physikbuch stehen die Grundlagen, in Optik-Büchern dann die Feinheiten.
Billig ist das nicht, Fachbücher haben geringe Auflagen und sind oft vergriffen. Wohl dem, der eine Unibibliothek in der Nähe hat.
Optikberechnungen mit Erläuterungen erschienen sporadisch in älteren Fachzeitschriften, die aber sehr schwierig zu finden sind.

Hilfreich kann auch sein, nach optischen Fachbegriffen, die man in der Literatur gefunden hat, zu googeln.
Manchmal ist da ein Vorlesungsskript verlinkt, das weitere Hinweise gibt.

In jedem Fall muß man sich zeitaufwändig einarbeiten   -   nur Mut!   -   Werner
Titel: Re: Linsenanordnung
Beitrag von: peter-h in September 04, 2012, 23:12:40 NACHMITTAGS
Liebe Optiker,

wer ernsthaft in diese Materie einsteigen und selbst rechnen möchte, dem empfehle ich das Buch von H. Rutten "Telescope Optics: Eval + design". Es ist in erster Linie für die Astronomie, aber es bringt alle Voraussetzungen für das Studium der Optik mit.

Nun noch ein letztes Beispiel von mir, wie man einen einfachen Achromaten zu einer Glasscherbe entwerten kann. Zunächst die Schnittzeichnung und den richtigen Einsatz. Die Daten entstammen von LINOS , früher Spindler & Hoyer, Achromat mit f=160mm. Frühere Bezeichnung : SH322270
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/102662_44516220.jpg)

Nun die Berechnung an Hand der Linsenradien, Dicken und Glassorten.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/102662_13225725.jpg)

Für einen verkitteten Achromaten mit den Gläsern BK7 und F4 eine übliche Korrektur des Öffnungsfehlers und der Koma.
Die Diagramme:
oben links : sphärochromatische Darstellung
oben mittig : chromatische Korrektur
oben rechts : Linsendaten
unten links : Spotdiagramme für Bildmitte und axiale Ablage in 3 Farben
unten rechts : Bildfehler nach der Seidelschen Bildfehlertheorie 3. Ordnung

Achromat ungekehrt !
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/102662_5383852.jpg)

Der Öffnungsfehler und Koma steigen extrem an. Chromatische Korrektur bleibt nahezu erhalten. Nicht zu beeinflussen sind Astigmatismus und Bildwölbung. Beste Orientierung gibt das Spotdiagramm ! Keine scharfe Abbildung mit einem großen Lichthof.

Ich hoffe damit die Bilder sind überzeugend.
Gruß
Peter
Titel: Re: Linsenanordnung
Beitrag von: JB in September 05, 2012, 12:16:48 NACHMITTAGS
Hallo Peter,

Die Diagramme der Airy-Discs sind wirklich sehr anschaulich. Vielen Dank!

Jon
Titel: Re: Linsenanordnung
Beitrag von: ortholux in September 05, 2012, 18:26:51 NACHMITTAGS
Lieber Jon,

Zitat von: JB in September 04, 2012, 18:28:28 NACHMITTAGS
"Vernachlässigt man Reflexionen, gilt die Umkehrbarkeit der Lichtwege"

Das gilt grundsätzlich schon. Nur ist beim Thema Farbfehler ist der Lichtstrahl nicht mehr monochromatisch, und so hat man im Modell 3 Strahlen (r, g, b) in Wirklichkeit aber unendlich viele, deren Lichtwege jeder für sich umkehrbar ist.

Bei Wikipedia (Thema "Achromat", http://de.wikipedia.org/wiki/Achromat) findet sich diese Zeichnung:

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/102749_16209436.jpg)

Sie verdeutlicht nochmal das, was Werner am Beispiel Fernrohr beschrieben hat.
Stell Dir vor der Lichtstrahl würde von rechts kommend auf die plane Fläche treffen, danach würde er an der Konvexlinse 2-fach in seine Spektralfarfben zerlegt. Nix mehr mit Achromasie...

Viele Grüße
Wolfgang

Titel: Re: Linsenanordnung
Beitrag von: Eckhard F. H. in September 05, 2012, 20:00:36 NACHMITTAGS
ZitatStell Dir vor der Lichtstrahl würde von rechts kommend auf die plane Fläche treffen, danach würde er an der Konvexlinse 2-fach in seine Spektralfarfben zerlegt.

Hallo Wolfgang,
das gilt aber nur, wenn er rechtwinklig auf die Planfläche trifft. Gilt nicht selbiges für einen Lichtstrahl, der von links kommt und rechtwinklig auf die Sammellinse trifft? Ich zweifle Peter Höbels Darlegung (vielen Dank auch von mir) keinesfalls an, allerdings ergab mein heutiger Test mit umgedrehter Tubuslinse zwar eine deutliche Änderung der Bildweite (Maßstab) jedoch keinen augenscheinlichen Qualitätsunterschied. Der stellte sich erst durch Zuschaltung eines Schmalbandfilters ein.
(Höbelsche Testplatte), Maßstab 63:1, Planapo 100, TL 0,63 , Olympus E-30 ohne Objektiv, geblitzt;

Sammellinse Objektseite
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/102754_8194460.jpg)
Sammellinse Bildseite
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/102754_428550.jpg)
Sammellinse Objektseite, Schmalbandfilter
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/102754_17570587.jpg)
Titel: Re: Linsenanordnung
Beitrag von: peter-h in September 05, 2012, 23:01:29 NACHMITTAGS
Hallo Eckhard,

so einfach ist die Optik leider nicht. Es spielt bei der Adaption nicht nur die Linsenseite, sondern auch die Pupillenlage eine Rolle. Es würde ganz sicher das Forum sprengen, wenn ich nun mit zig Rechungen das belegen würde. Zudem die Frage ... wen interessiert es , 2 3 oder sogar 4 Mitglieder  ;)
Es gibt eine Reihe von guten Optikprogrammen mit denen man das alles schön berechnen kann, z.B. von LINOS , Winlens.

Bei sehr kleiner Austrittspupille kann man z.B. den Öffnungsfehler stark vernachlässigen und mehr Gewicht auf Wölbung und Astigmatismus legen. Aber jeder Fall liegt anders.

Gruß
Peter