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Foren => Mikrofoto-Forum => Thema gestartet von: Fahrenheit in Oktober 29, 2012, 22:06:24 NACHMITTAGS

Titel: Botanik: Jetzt haben wir den Salat - Lactuca serriola *
Beitrag von: Fahrenheit in Oktober 29, 2012, 22:06:24 NACHMITTAGS
Liebe Pflanzenfreunde,

nach längerer Pause möchte ich Euch heute einige Schnitte vom Spross und Blatt des Stachel-Lattich zeigen. Die Pflanze habe ich auf einer Baubrache in Bad Orb gefunden, eines der wenigen krautigen Gewächse, an dem der Kälteeinbruch der letzten Tage einigermaßen spurlos vorbei gegangen ist. Leider kann ich wegen des schlechten Wetters und der fortgeschrittenen Jahreszeit keine eigenen Bilder vom Habitus und der Blüte der Pflanze zeigen und greife daher auf entsprechende Bilder aus der Wikipedia zurück.

Salat? Wieso Salat? Neuere Untersuchungen zeigen, dass der Stachel-Lattich die Ausgangsart für unseren Gartensalat (Lactuca sativa) ist. Die genetischen Unterschiede sind dabei so gering, dass man kaum von zwei getrennten Arten sprechen kann (W. J. M. Koopman, M. J. Zevenbergen, R. G. Van den Berg: Species relationships in Lactuca s.l. (Lactuceae, Asteraceae) inferred from AFLP fingerprints. Aus dem American Journal of Botany. Band 88, Nr. 10, 2001, S. 1881–1887).

Bild 1: Blütenstand und Blätter des Stachel-Lattich
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/107192_35196624.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Aufnahme von Jean Tosti, GDFL, Wikipedia

Der Stachel-Lattich (Lactuca serriola, auch Kompass-Lattich oder Zaun-Lattich) gehört zur Familie der Korbblütler (Asteraceae). Er kommt häufig in sonnigen, schütter bewachsenen Unkrautfluren, an Wegrändern, auf Schutt- und Trümmerplätzen aber auch an Mauern, Dämmen und in Hecken vor. Dabei bevorzugt die Pflanze trockene, nährstoffreiche Böden und liebt warme, sonnige Standorte.
Das Verbreitungsgebiet des Stachel-Lattichs reicht von Äthiopien und dem Mittelmeergebiet nach Norden bis in die Gemäßigte Zone, wo sich die Vorkommen auf Tieflagen und Wärmegebiete konzentrieren. In West-Ost-Richtung findet man ihn von den Atlantischen Inseln bis zur Mongolei, Xinjiang in West-China, Afghanistan und Nord-Indien. Als Neophyt tritt er aber auch im südlichen Afrika, in Ost-Asien, Australien, Neuseeland, Nordamerika und im Süden Südamerikas auf. Man darf also sagen: die Pflanze ist mittlerweile an geeigneten Standorten weltweit zu finden.

Bild 2: Eine der blass gelben Korbblüten
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/107192_33775443.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Aufnahme von Teun Spaana, 2004, gemeinfrei, Wikipedia

Lactuca serriola erreicht als ein- bis zweijährige krautige Pflanze Wuchshöhen von 30 bis 120 cm und kann dabei bis zu zwei Meter tief herab reichende Wurzeln entwickeln. Der Name Lactuca deutet es an: wie alle Mitglieder der Lattich-Familie führt er einen weißen Milchsaft.

Die am Stängel wechselständig verteilten Laubblätter stehen oft senkrecht und in Nord-Süd Richtung weisend (daher der Name Kompass-Lattich), und schützen sich so vor zu starkem Sonneneinfall. Sie sind tief buchtig gelappt (Typusform: forma serriola) oder lanzettlich und ungelappt (forma integrifolia), dabei ist der Blattrand immer mehr oder weniger grob gezähnt. Typisch ist eine Reihe Stacheln auf der Mittelrippe des Blattes, die jeweils länger als ihr gegenseitiger Abstand sind.
An einer Pflanze stehen zur Blütezeit von Juli bis September viele körbchenförmige Blütenstände, die 12 bis 20 Zungenblüten enthalten. Die verwachsenen Kronblätter sind blass gelb und ungleich violett überlaufen. Die hell graubraunen Achänen sind rau und etwa 2,5 bis 3,5 mm lang, mit einem weißen, bis 5 mm langen Pappus.

Bild 3: Knospender Blütenstand in einer Blattachsel
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/107192_42615891.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Auch so spät im Jahr bilden sich noch neue Blüten. Ob die ungewöhnliche Wärme vor dem Kälteeinbruch die Pflanze dazu animiert hat?

Lactuca serriola wurde 1756 durch Carl von Linné in Centuria II. Plantarum erstmals beschrieben. Häufig ist auch das 1763 veröffentlichte  Synonym Lactuca scariola L..

Bild 4: Auch hier wieder eine schöne, alte Illustration
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/107192_2421107.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Aus Deutschlands Flora in Abbildungen, 1796, von Jacob Sturm, Gemeinfrei, www.biolib.de

Wie immer zunächst zur Präparation und kurz zu den unten folgenden Bildern

Spross und Blatt wurden frisch auf dem Handzylindermikrotom mit Leica Einmalklingen im SHK-Klingenhalter geschnitten. Die Schnittdicke beträgt in beiden Fällen ca. 50 µm. Anschließend wurden die Schnitte für etwa 20 Minuten in AFE fixiert.

Gefärbt habe ich wieder in Anlehnung an Robin Wackers W3A Färbung - also ohne die Beimischung von Acriflavin in den letzten Färbegang mit Astrablau. Entsprechende Arbeitsblätter können im Downloadbereich der MKB-Webseite herunter geladen werden (http://www.mikroskopie-bonn.de/downloads/index.html#a15).

Da ich mich zurzeit in Bad Orb aufhalte, musste ich mich mit der Technik ein wenig einschränken. Alle Aufnahmen sind mit meinem Exkursionsmikroskop, dem kleinen Leitz HM, entstanden. Es handelt sich um Einzelaufnahmen mit einfachen achromatischen Objektiven, so dass sich Randunschärfen und unscharfe Stellen aufgrund nicht ganz plan liegender Schnitte nicht vermeiden lassen, die beim Stacken und mit höherwertiger Optik so nicht zu finden sind. Leider gibt es diesmal auch keine Maßstabsbalken.

Beleuchtet habe ich mit einer Jansjö, ein Streufilter im Filterhalter sorgte dabei für passendes Licht. Die Kamera ist meine alt gediente Canon PS 520A mit Okularadaption.

Bild 5: Vom Schnitt zum Bild
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/107192_32156538.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Nun zu den Präparaten

Zunächst der Spross in der Übersicht:

Bild 6: Sprossquerschnitt vom Stachel-Lattich, Vergrößerung 35x, Einzelaufnahme
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/107192_43349658.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Das Mark nimmt hier vergleichsweise viel Raum ein, die Leitbündel und die "tragenden" Gewebe des Sprosses finden sich nur ganz am Außenrand.

Bild 7a/b, Etwas näher heran, Bild 7b mit Beschriftung. Vergrößerung 100x, Einzelaufnahme
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/107192_32505515.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/107192_57657711.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Die Beschriftung von links nach rechts (innen nach außen):
MP: Markparenchym
iPl: Inneres Phloem
Skl: Sklerenchym
PlN: Phloemnester
pXl: primäres Xylem
T:   Trachee
Xl:  Xylem
Ca:  Cambium
Pl:  Phloem
MK:  Milchsaftkanäle
RP:  Rindenparenchym
Kol: Kollenchym
Ep:  Epidermis
Cu:  Cuticula

Auf den Bildern erkennt man sofort zwei Besonderheiten: zum Einen das ausgeprägte innen liegende Phloem (iPl) hinter dem offen kollateralen Leitbündel und zum Anderen die um das Leitbündel liegenden Phloemnester (PlN).
Die Milchkanäle liegen außen vor dem Phloem des Leitbündels im Rindenparenchym.

Bild 8: primäres und Meta-Xylem, Vergrößerung 450x, Einzelaufnahme
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/107192_15155918.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Bild 9a/b: Das innere Phloem, Bild 9b mit Kennzeichnung der Siebplatten und Geleitzellen. Vergrößerung 450x, Einzelaufnahme
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/107192_17412890.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/107192_42839884.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Siebzellen (Siebröhren): SZ, Geleitzellen: GZ.

Bild 10: Zwei Phloemnester, Vergrößerung 450x, Einzelaufnahme
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/107192_11604805.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Nun aber zum Blatt.

Bild 11: Querschnitt von der nahezu dreieckigen Mittelrippe, Vergrößerung 35x, Einzelaufnahme
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/107192_6034957.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Bild 12: Am unteren Ende (hier rechts) ein angeschnittener Stachel, Vergrößerung 450x, Einzelaufnahme
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/107192_46106645.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Bild 13: eines der Leitbündel der Mittelrippe, Vergrößerung 100x, Einzelaufnahme
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/107192_11324279.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Bild 14: die äquifaziale (?) Blattspreite, Vergrößerung 100x, Einzelaufnahme
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/107192_61642292.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Die Chloroplasten sind hier leider nicht mehr zu erkennen.

Bild 15: Wie es der Zufall will: ein Blick auf den Zellverbund auf der Blattunterseite mit Stomata, Vergrößerung 450x, Einzelaufnahme
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/107192_44306037.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Vielen Dank fürs Lesen, Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Botanik: Jetzt haben wir den Salat - Lactuca serriola
Beitrag von: rekuwi in Oktober 29, 2012, 22:22:50 NACHMITTAGS
Lieber Jörg,

wie immer eine beeindruckende Präsentation! Ich bewundere die Geduld für die vielen Arbeitsschritte von Euch Pflanzenschnipplern. Und freue mich daß die für mich unter dem Namen Kompaßlattich geläufige Pflanze von dir gewürdigt wird.

Ich kenne diese Pflanze schon seit vielen Jahren als Bereicherung des Wildsalates im Frühjahr! Die zarten Triebspitzen schmecken lecker - eben wie ein knackiger Salat mit der typischen leichten Bitternote!

Liebe Grüße
Regi
Titel: Re: Botanik: Jetzt haben wir den Salat - Lactuca serriola
Beitrag von: Eckhard in Oktober 29, 2012, 22:26:46 NACHMITTAGS
Lieber Jörg,

Mir gefallen die normalen Aufnahmen besser als die Stacks. Bild 7 zeigt W3A von ihrer schönsten Seite. Grossartig!

Herzliche Grüsse
Eckhard
Titel: Re: Botanik: Jetzt haben wir den Salat - Lactuca serriola
Beitrag von: Rolf-Dieter Müller in Oktober 30, 2012, 07:46:33 VORMITTAG
Zitat von: Fahrenheit in Oktober 29, 2012, 22:06:24 NACHMITTAGS
...
Salat? Wieso Salat? Neuere Untersuchungen zeigen, dass der Stachel-Lattich die Ausgangsart für unseren Gartensalat (Lactuca sativa) ist.
...

Lieber Jörg,

so etwas ähnliches hatten wir doch schon einmal bei der Wegwarte.

Ansonsten darf ich mich Eckhard anschließen, diese Aufnahmen gefallen mir auch besser als gestackte Bilder.

Und richtig gut ist, das Du zeigst was mit einem einfachen aber qualitativen Stativ und Achromaten möglich ist. Dafür ist Dein Beitrag eine schöne Referenz.

Viele Mikrogrüße
Rolf-Dieter
Titel: Re: Botanik: Jetzt haben wir den Salat - Lactuca serriola
Beitrag von: Fahrenheit in Oktober 30, 2012, 09:05:55 VORMITTAG
Liebe Freunde,

vielen Dank für Euer Lob, es freut mich sehr, dass Euch meine kleine Geschichte zum Stachel-Lattich gefällt.

Liebe Regi,

ja, nach dem was man über den Stachel- oder Kompass-Lattich und den Blattsalat herausgefunden hat, sollten zumindest die Blätter der Grundrosette einen ähnlichen Geschmack haben. Danke für den Tipp mit den frischen Sprossspitzen, auch bei uns ist Lactuca serriola stellenweise recht häufig und wir werden im kommenden Frühjahr einmal davon probieren.

So viel Arbeit ist das Präparieren von Pflanzenschnitten nicht - besonders wenn man sie, wie in diesem Fall, frei stehend schneiden kann. Was auch beim Blatt, wohl dank der dreieckigen und stabilen Mittelrippe, gut geklappt hat. Aber vor allem ist es ein guter Ausgleich, wenn man den ganzen Tag am Rechner gesessen hat.  ;D

Lieber Eckhard, lieber Rolf-Dieter,

es ist wirklich erstaunlich, was aus dem alten HM (immerhin bin ich ein Jahr jünger ...  ;) ) mit seinen Original-Objektiven alles raus zu holen ist. Mit dem neuen Kondensor von Wolfgang und dem Streublättchen ist es wirklich universell einsetzbar - auch wenn ich das 20x PlanApo an meinem DME nicht missen möchte.
Das Mikroskop hat ja lange in einem Kurssaal der Uni Bonn Dienst getan und würde seinen Zweck auch heute noch problemlos erfüllen. Der Gedanke, dass einige dieser schönen Geräte wohl samt Koffer im Gitterkorb entsorgt wurden, schmerzt doch sehr. Ich bin auf alle Fälle sehr dankbar, das eines davon seinen Weg zu mir gefunden hat.
Die Tage gab es bei einem der großen Discounter übrigens eine LED-Taschenlampe mit 1 Watt LED für unter 3€ - auch mit dieser lässt sich das Gesichtsfeld gut ausleuchten, auch wenn es bei einer Vergrößerung von 450x etwas dunkel wird. Gucken geht dann noch, aber zum Fotografieren reicht es nicht mehr.

Ich bin ein wenig überrascht, dass Euch die Einzelbilder hier mehr zusagen, als meine üblicherweise gestackten Aufnahmen auf dem DME. Die haben sicher ihre Stacking-Artefakte, aber ich war bisher immer der Meinung, das diese beim Herunterrechnen auf die 1024er Auflösung mit anschließendem Nachschärfen keine so große Rolle mehr spielen (mehr habe ich auch an den Bildern hier nicht gemacht).
Ich denke, dass die "mitgelieferten" Unschärfen unserem normalen Seheindruck entsprechen und die Bilder dadurch vermutlich etwas Tiefe bekommen und natürlicher erscheinen.

Ich werde es zu hause noch mal mit dem 20er versuchen und dann Einzelaufnahme und gestacktes Bild gegenüber stellen.

Kurz zur Wegwarte: Rolf-Dieter hat recht, die Gemeine Wegwarte (Cichorium intybus, auch Zichorie) (http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=6433.0) ist eine enge Verwandte von Chicorée und Radicchio.

Allen herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Botanik: Jetzt haben wir den Salat - Lactuca serriola
Beitrag von: Bernd Kaufmann in Oktober 30, 2012, 09:34:38 VORMITTAG
Zitat
Ich bin ein wenig überrascht, dass Euch die Einzelbilder hier mehr zusagen, als meine üblicherweise gestackten Aufnahmen auf dem DME. Die haben sicher ihre Stacking-Artefakte, aber ich war bisher immer der Meinung, das diese beim Herunterrechnen auf die 1024er Auflösung mit anschließendem Nachschärfen keine so große Rolle mehr spielen (mehr habe ich auch an den Bildern hier nicht gemacht).
Ich denke, dass die "mitgelieferten" Unschärfen unserem normalen Seeeindruck entsprechen und die Bilder dadurch vermutlich etwas Tiefe bekommen und natürlicher erscheinen.

Lieber Jörg,

genau das ist wohl der Punkt. Mir ging es spontan so wie Rolf-Dieter und Eckhard, noch bevor ich ihre Beiträge gelesen hatte. Dem Zauber gut gestackter Aufnahmen kann sich sicher kaum jemand entziehen. Aber es bleibt ein Gefühl der "Unnatürlichkeit" und die Sehnsucht nach dem ursprünglichen, selbst erfahrenen Bildeindruck wächst, wenn man fast nur noch gestackte Bilder sieht.

Eine wunderschöne, aufschlussreiche Arbeit, die man nur bewundern kann. Vielen Dank!
Titel: Re: Botanik: Jetzt haben wir den Salat - Lactuca serriola
Beitrag von: Jan Kros in Oktober 30, 2012, 10:40:10 VORMITTAG
Lieber Jörg
Ich schliesse mich andere Schreibern an
Schöne Arbeit und gut dokumentiert.
Danke fürs zeigen
Herzlichen Gruss
Jan
Titel: Re: Botanik: Jetzt haben wir den Salat - Lactuca serriola
Beitrag von: Frank Fox in Oktober 30, 2012, 13:42:02 NACHMITTAGS
Lieber Jörg,

wie immer eine tolle Doku!!!

Danke.
  :)
Herzliche Grüße
Frank
Titel: Re: Botanik: Jetzt haben wir den Salat - Lactuca serriola
Beitrag von: Hans-Jürgen Koch in Oktober 30, 2012, 14:31:23 NACHMITTAGS
Lieber Jörg,

Mikroskopie aus Ausgleich zum Arbeitsstress ist eine feine Sache. Wenn Dir trotz eingeschränkter Technik diese Schnitte und die Färbungen so toll  gelingen, kann ich nur sagen: Respekt  für Deine Arbeit.
Das Bild 7a ist spitze (auch ohne die Stacks).

Herzliche Grüße

Hans-Jürgen
Titel: Re: Botanik: Jetzt haben wir den Salat - Lactuca serriola
Beitrag von: Fahrenheit in Oktober 30, 2012, 17:12:37 NACHMITTAGS
Liebe Freunde,

abermals vielen Dank für Euer Lob!

Lieber Bernd,

ich bin gespannt, wie der Vergleich auf gleicher technischer Grundlage ausfällt, die Bilder werde ich hier zeigen.

Lieber Hans-Jürgen,

eingeschränkt war ich nur durch das Mikroskop und die fehlende Rechnersteuerung der Kamera. Sonst habe ich all das benutzt, was ich sonst auch zur Hand habe. Zum Erstellen von Pflanzlichen Präparaten braucht es ja glücklicherweise nicht so viel Material.

Ihr habt Euch alle auf Bild 7 eingeschossen - das sicher wegen des größeren Überblicks auch informativer ist und mehr von der Färbung und der Anatomie des Stachel-Lattichs erkennen lässt. Mir persönlich gefällt jedoch Bild 8 am besten, wohl auch wegen der dezenteren Farben. Das 45er Objektiv könnte wohl doch etwas mehr Licht vertragen, als die kleine Jansjö liefert.

Allen herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Botanik: Jetzt haben wir den Salat - Lactuca serriola
Beitrag von: Eckhard in Oktober 30, 2012, 17:32:05 NACHMITTAGS
Lieber Jörg,

passt denn Dein 20x Planapo an dies Mikroskop?

Herzliche Grüsse
Eckhard
Titel: Re: Botanik: Jetzt haben wir den Salat - Lactuca serriola
Beitrag von: HDD in Oktober 30, 2012, 17:45:25 NACHMITTAGS
Lieber Jörg

Danke für den interessanten Beitrag.

Herzliche Grüße

Horst-Dieter
Titel: Re: Botanik: Jetzt haben wir den Salat - Lactuca serriola
Beitrag von: Fahrenheit in Oktober 30, 2012, 19:26:35 NACHMITTAGS
Lieber Eckhard,

nein, das DME hat ja ein Unendlich-System und eine andere Abgleichlänge. Den Test würde ich am DME machen: der Stapel gegen das beste Einzelbild der Serie.

Lieber Horst-Dieter,

auch dir vielen Dank!

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Botanik: Jetzt haben wir den Salat - Lactuca serriola - nachgelegt
Beitrag von: Fahrenheit in November 01, 2012, 20:17:52 NACHMITTAGS
Lieber Pflanzenfreunde,

heute war ich bei besserem Wetter noch einmal an der Fundstelle und habe ein paar Bilder gemacht und einige Achänen mit genommen.
Hier die neuen Bilder zur Ergänzung (Makroaufnahmen mit der Canon S3is).

Bild 16: Die namensgebenden Stacheln an der Unterseite der Blattmittelrippe
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/107586_44217366.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Bild 17: Ein alter Blütenstand mit reifen Früchten (Achänen)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/107586_972703.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Die Achäne ist eine Sonderform der Nuss und enthält einen Samen. Mit dem anhängenden Schirmchen (Pappus) wird sie vom Wind verbreitet.
Achänen findet man zum Beispiel in der Familie der Korbblüter, zu der ja auch der Stachel-Lattich gehört.

Bild 18: Achänen mit Pappus
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/107586_39880823.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Die rechte Achäne ist ein Blindgänger ...  :D

Bild 19: Etwas näher heran ...
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/107586_24501007.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Den Blütenstand und die Blattrippe habe ich draußen am "lebenden Objekt" aufgenommen, die Aufnahmen 17 bis 19 sind am Tisch mit der schon beim HM als Lichtquelle genutzten Jansjö entstanden. Dabei war eine Pinzette mit Spalt im Griff extrem nützlich:

Bild 20: Die Korbblüte in Szene gesetzt
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/107586_65017217.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Bild 21: Achäne im Scheinwerferlicht ...  ;)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/107586_48460238.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Eine frage an unsere Mediziner: ist es Zufall, oder wird der Spalt im Pinzettengriff üblicherweise genau so genutzt, wie ich es hier in Ermangelung anderer Möglichkeiten getan habe?

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Botanik: Jetzt haben wir den Salat - Lactuca serriola
Beitrag von: frfmfrfm in November 01, 2012, 20:28:15 NACHMITTAGS
Joerg, solo puedo decir gracias , impresionante¡¡
Un saludo.
Titel: Re: Botanik: Jetzt haben wir den Salat - Lactuca serriola
Beitrag von: Fahrenheit in November 02, 2012, 06:50:52 VORMITTAG
Querido Francisco,

thank You very much for the nice comment, I'm glad that You like my little article of the Prickly Lettuce.

Saludos cordiales
Jörg
Titel: Re: Botanik: Jetzt haben wir den Salat - Lactuca serriola
Beitrag von: Mila in November 04, 2012, 09:48:12 VORMITTAG
Lieber Jörg,

wie schön, dass Du auch in Bad Orb Zeit zum Schneiden, Färben, Legen hast und uns wieder so eine gelungene Dokumentation präsentierst :)
Das kleine Leitz gibt wirklich ein feines Reisemikroskop ab, ich freue mich, dass es so zu Ehren kommt!

Die Bilder des Stachels und der Stomata gefallen mir (aus pädagogischen Gründen) sehr gut, die in Szene gesetzten Achänen samt Pappus sind eine schöne Ergänzung.

Eine Frage habe ich noch zum Blattquerschnitt: Handelt es sich um ein uni- oder äquifaziales Blatt? Unifazial bedeutet ja eine invers bifaziale Gewebeanordnung - bezogen auf das Leitgewebe - mit reduzierter Blattoberseite.

Herzliche Grüße
Mila
Titel: Re: Botanik: Jetzt haben wir den Salat - Lactuca serriola
Beitrag von: Fahrenheit in November 04, 2012, 10:03:36 VORMITTAG
Liebe Mila,

auch Dir ganz herzlichen Dank - wie Du weißt: nicht nur für das Lob sondern auch für das HM.  :D

Mit der Bezeichnung der Blattanatomie machst Du mich nun unsicher. Leider habe ich in den mitgeschnittenen Stücken keine Stoma entdeckt und die Präparation zerstört natürlich die Chloroplasten. Ich glaube aber sagen zu können, dass Blattober- und Unterseite gleich gebaut sind. Zumindest ist für mich z.B. kein Palisadenparenchym aus zu machen, dass sich nur an der Oberseite befindet. Von daher habe ich das Blatt als unifacial beschrieben. Wenn das nicht korrekt ist, korrigier' mich bitte. Ich werde zischenzeitlich auch noch mal nach lesen.

Wenn Du die Bilder in Deinem Unterricht benutzen möchtest, kannst du das natürlich wie immer gerne tun.

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Botanik: Jetzt haben wir den Salat - Lactuca serriola
Beitrag von: Mila in November 04, 2012, 10:11:40 VORMITTAG
Lieber Jörg,

vielleicht kann Detlef weiterhelfen, denn ich bin wirklich unsicher, was die richtige Blatt-Bezeichnung angeht. In der Fachliteratur findet man immer die "Soll"-Abbildungen mit Palisadenparenchym und eindeutiger Xylem-Phloem-Anordnung.
Ich muss ein wenig schmunzeln, denn irgendetwas Besonderes zeigen Deine Präparationen immer ;D
Botanik ist eben einfach spannend! (https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/107907_44887174.jpg) (http://www.smileygarden.de)

Herzliche Grüße
Mila
Titel: Re: Botanik: Jetzt haben wir den Salat - Lactuca serriola
Beitrag von: Fahrenheit in November 04, 2012, 10:25:10 VORMITTAG
Liebe Mila,

ich habe gerade noch mal im Braune nach gesehen (9. Auflage, Seite 174 ff). Du hast Recht, es muss dann äquifazial heißen, da beim Stachel-Lattich vom allgemeinen Blattaufbau ein "aufgerolltes" Blatt mit quasi nach innen gekehrter Unterseite (unifazial ...) sicher ausgeschlossen ist.

Mea maxima culpa, man soll nicht mit Fachwörtern um sich schmeißen, bei denen man sich nicht wirklich sicher ist.  ;D ;D

Aber natürlich würde ich mich ebenfalls freuen, wenn Detlef mal einen Blick drauf wirft.  :)

Was die Besonderheiten angeht, fühle ich mich unschuldig. Ich versuche selbstverständlich, alles zu sehen und zu beschreiben, was es zu sehen gibt, aber wenn ich mir meine nächste Pflanze aussuche, weiß ich in der Regel nicht, was mich erwartet. Das macht es ja gerade so spannend.
Gerade habe ich den Spross der Kanadischen Goldrute (oder einer Hybriden) auf der Heizung. Auch da hab' ich was entdeckt, was ich als Laie so noch nicht gesehen habe. Ein bisschen Werbung in eigener Sache muss ja erlaubt sein ...  ;D

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Botanik: Jetzt haben wir den Salat - Lactuca serriola
Beitrag von: Detlef Kramer in November 04, 2012, 10:41:06 VORMITTAG
Lieber Jörg, liebe Mila,

ich habe mir den Blattquerschnitt noch einmal genauer angeschaut. Ich sehe auf der Unterseite mindestens eine Spaltöffnung, auf der Oberseite nicht genau. Aber das Parenchym oben sieht schon andeutungsweise palisadenartig aus, anders jedenfalls, als in der unteren Blatthälfte. Also, unifacial ist es sicher nicht, ob aber äquifacial oder bifacial muss ich offen lassen. Mal sehen, ob ich noch eine Pflanze finde um selbst zu schnippeln.

Herzliche Grüße
Detlef
Titel: Re: Botanik: Jetzt haben wir den Salat - Lactuca serriola
Beitrag von: Fahrenheit in November 04, 2012, 10:52:17 VORMITTAG
Lieber Detlef,

vielen Dank, dass Du auch noch mal drauf geschaut hast! Dass es Stomata gibt, zeigt ja Bild 15 und auf der Blattunterseite in Bild 14 meist Du sicher das kleine blaue Zellpaar etwa bei einem Viertel der Schnittlänge von Links betrachtet? Ich werde heute Abend noch mal schauen, mir wäre das Stoma dann vorher entgangen, der Schnitt ist nämlich wegen der Beweglichkeit des Blattes etwas dick geworden.
Bei einem wirklich äuqifazialen Blatt müssten dann doch auch auf der Oberseite Stoma zu finden sein?

Beim frischen Blatt wäre es vermutlich einfach, da man dort sehen kann, ob nur in den Zellen auf der Oberseite Chlorophyll eingelagert ist oder auch in denen auf der Unterseite.
Für mich eine spannende Frage, da der Stachel- oder Kompass-Lattich ja seine Blätter in N/S-Richtung aufstellt.

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Botanik: Jetzt haben wir den Salat - Lactuca serriola
Beitrag von: Mila in November 04, 2012, 10:58:40 VORMITTAG
Lieber Jörg, lieber Detlef,

na das bleibt ja weiterhin spannend!

So weit ich weiß, bedeutet 'äquifazial' nicht, dass das Blatt dann auch amphistomatisch ist. Das "Gleichgesichtige" bezieht sich eher auf die Palisaden- und Schwammparenchym-Anordnung.
Ich sollte auch mal etwas anderes mikroskopieren, als die üblichen Schuldrögelchen ;)

Herzliche Grüße
Mila
Titel: Re: Botanik: Jetzt haben wir den Salat - Lactuca serriola
Beitrag von: Detlef Kramer in November 04, 2012, 11:01:35 VORMITTAG
Liebe Mila,

Du hast recht - ich bin noch nicht ganz wach! Also bifacial und eventuell amphistomatisch.

Herzliche Grüße
Detlef
Titel: Re: Botanik: Jetzt haben wir den Salat - Lactuca serriola
Beitrag von: Fahrenheit in November 04, 2012, 20:40:37 NACHMITTAGS
Liebe Mila, lieber Detlef,

eigentlich hätte ich nun gerne frische, ungefärbte Querschnitte vom Blatt des Stachel-Lattichs gezeigt, aber leider ist hier bei mir in den kalten Nächten der letzten Woche alles erfroren. Die Blätter sind scharzgrün verfärbt und haben keinerlei Stabilität mehr.
Schade, an frischem Material wäre einwandfrei zu erkennen gewesen, ob es sich um ein äquifaziales oder bifaziales Blatt handelt.

Nun, es bleiben ja noch die Präparate. In den vier vorliegenden Schnitte bin ich an einigen Stellen fündig geworden. Allerdings liegen die interessanten Strukturen unterhalb der oberen Schnittebene, so dass die Bildqualität teils sehr zu wünschen übrig lässt. Beim ersten Durchgang habe ich diese Fokusebenen vermieden und dabei einiges übersehen.

Bild 22: Das Stoma, das Detlef in Bild 14 entdeckt hat. Vergrößerung 450x, Einzelaufnahme.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/108004_25309207.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Das Stoma liegt an der Blattunterseite.

Bild 23: Noch ein Stoma von der Blattunterseite aus einem anderen Schnitt. Vergrößerung 450x, Einzelaufnahme.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/108004_31044566.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Es liegt etwas günstiger und lässt sich daher besser in Szene setzen.

Bild 24: Hier nun ein Stoma von der Blattoberseite. Vergrößerung 450x, Einzelaufnahme.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/108004_64867657.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
OK, das müsst Ihr mir nun glauben.  ;D

Bild 25: Chloroplasten (?) in der Nähe einer Verletzung. Vergrößerung 450x, Einzelaufnahme.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures003/108004_42328276.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Die Aufnahme zeigt den Schnitt stehend, das heißt, die Blattunterseite liegt links und die Oberseite rechts.
In unmittelbarer Nähe der sich oben anschließenden Verletzung (eventuell mit Pilzbefall, auf jeden Fall mit abgestorbenen und verholzten Zellen) zeigen sich
oben und unten - mit nach innen hin abnehmender Dichte - rot angefärbte Zellorganellen in den Zellen.
Von der Lage her könnten es Chloroplasten sein, da stellt sich für mich aber die Frage, warum sie nur in der Nähe der Verletzung sichbar sind. Eventuell handelt es sich auch um farblose Zellorganellen, die hier sichbar werden, da sie Abwehrstoffe produzieren - vielleicht sogar Lignin für die Zellwände? Sicher bin ich mir nicht.
Aber auch wenn es sich bei den Organellen nicht um Chloroplasten handelt, zeigt die Aufnahme m.E. schön, dass es sowohl an der Blattoberseite als auch an der Blattunterseite vergrößerte und dichter stehende Zellen gibt, die der Photosynthese dienen könnten, während das innere Gewebe kleinzelliger und mit größeren Interzellularen versehen ist.

Wenn meine Interpretation richtig ist, würde es sich also um ein äquifaziales, amphistomatisches Blatt mit Stoma auf beiden Blattseiten handeln.

Dabei sind die Stoma aus meiner Sicht sicher belegt. Die genaue Lage und der Umfang der Assimilationsparenchyme lässt sich aber wohl nur am Frischmaterial mit dann deutlich zu erkennenden Chloroplasten klären.
Vielleicht findet ja jemand an einer geschützten Stelle noch eine Pflanze mit "gesunden" Blättern und ist bereit, hier ein paar Schnitte zu zeigen?

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Botanik: Jetzt haben wir den Salat - Lactuca serriola
Beitrag von: Mila in November 04, 2012, 21:45:37 NACHMITTAGS
Lieber Jörg,

vielen Dank für die schöne Ergänzung. Also handelt es sich um amphistomatische Blätter, das Parenchym sieht eher schwammig aus, mit ein paar ansatzweise "palisadischen" (prosenchymatischen) Zellen. Bei den "Punkten" handelt es sich meiner Meinung nach um Chloroplasten.

Herzliche Grüße
Mila
Titel: Re: Botanik: Jetzt haben wir den Salat - Lactuca serriola
Beitrag von: Fahrenheit in November 05, 2012, 06:43:56 VORMITTAG
Liebe Mila,

Punkte ist gut :D, die Aufnahme ist leider sehr unscharf und wird mit der hier verfügbaren Ausrüstung auch nicht besser. Bist Du Dir mit den Chloroplasten sicher? Ich frage mich, warum diese dann nur an dieser einen Stell in den vier Präparaten zu sehen sind.
von der Lage würde es natürlich passen.

Herzliche Grüße
Jörg