Hallo Forum,
Ich denke darueber nach, wie ich an meinem Mikroskop eine "saubere" schiefe Beleuchtung umsetzen kann. Improvisieren kann ich sie zwar, indem ich mit dem Revolver des Phasenkontrastkondensors die Ausleuchtung einschraenke, aber "sauber" ist das nicht; die Strukturen sind verzehrt und das Bildfeld ist nicht gleichmaessig ausgeleuchtet.
Beim Literaturstudium habe ich einige Beobachtungen gemacht und moechte sehen, ob Sie zu den Fragen weitere Gedanken haben.
1) Kann jemand zu dem Thema eine Abhandlung empfehlen? Je neuer die Literatur, desto spaerlicher ist die Information; bei Pluta (Adv. Light Microsc., 1988) ist es eine einzige Seite!
2) Fehlende theoretische Grundlage
Anscheinend fehlt der schiefen Beleuchtung eine quantitative Beschreibung in der Literatur. Infolge dessen werden immer und immer wieder Varianten der schiefen Beleuchtung als "neue" Kontrastmethoden beschrieben. Selten bauen die Veroeffentlichungen auf anderen auf; die meisten Varianten scheinen auf blossem (systematischem) Ausprobieren zu beruhen.
So faellt auf, dass eine Vielzahl von Blendenformen existiert. Die verbreitesten sind 2 verschiedene halbmondfoermige Blenden: entweder linsenformig () oder sichelfoermig )) ; beide Formen sollten voellig unterschiedliche Effekte haben?!
3) Mischung von Hellfeld und Dunkelfeld
Ueber zwei Varianten der schiefen Beleuchtung habe ich mich kuerzlich belesen: "VHDK" http://www.timm-piper.de/Prinzipien_des_VHDK/prinzipien_des_vhdk.html und den "3D-Superkondensor" (Ref. 1), http://www.freepatentsonline.com/3046837.pdf
Beide Varianten machen (nach den gezeigten Photos) hervorragenden Kontrast. Bei der Beschreibung der Verfahren wurde ich aber stutzig. In beiden Faellen vermutet man eine "Mischung von Hellfeld und Dunkelfeldbeleuchtung" als Grundlage fuer den Kontrast. Ein Gedankenexperiment dazu: eine stark lichtbrechende Struktur wie eine bakterielle Zellwand ist im Hellfeld dunkel, im Dunkelfeld leuchtet sie hell auf. In der Summe macht das grau. Ist es nicht so, dass diese Verfahren TROTZ der Mischung von Hell- und Dunkelfeld noch immer genug Kontrast geben, eben weil sie auf schiefer Beleuchtung beruhen?!
4) Apertur des Kondensors
Anschliessend an Punkt 3; andere Autoren warnen ausdruecklich vor der Mischung von Hell- und Dunkelfeld. Ernst Keller von Zeiss (Ref. 2; p52) warnt vor Kondensor-Aperturen groeser als die Apertur des Objektivs: "Das Problem ist, dass man unter solchen Bedingungen die Abbildungen von Hellfeld und Dunkelfeld mischt. Die Folge ist ein stark verschlechterter Kontrast."
Oettle (Ref. 3) identifiziert ebenfalls die ganz am Rand der Kondensorlinse ausgehenden Beleuchtungsstrahlen als Problem (als Quelle von Streulicht). Aus dem Artikel nehme ich auch mit, dass nur jene schief einfallenden Strahlen zu einer kontrastreichen Abbildung beitragen bei denen wenigstens ein Nebenmaximum rechts UND links vom Hauptmaximum vom Objektiv eingefangen werden. [Gibt es eigentlich eine Abbildung, wenn das Hauptmaximum bei extrem schiefem Einfall ganz verloren geht??]
Nach diesen Autoren sollte also die Apertur des Kondensors (Beleuchtungskegel) nie groesser sein als die Apertur des Objektivs (der Kondensor muss also immer entsprechend abgeblendet werden; selbst bei DIC, wo man ihn ganz offen laesst).
Dies sollte entsprechend auch fuer die schiefe Beleuchtung gelten. Die halbmondfoermige Blende sollte kein direktes Licht ausserhalb der Objektivapertur durchlassen. Bei anderen Verfahren, wie dem horizontalen Dezentrieren des Kondensors, gelangt zusaetzliches Licht durch den Kondensor, mit der Folge, dass sich der Kontrast wieder verschlechtert. Was denken Sie?
5) Ganz frueher gab es noch Kondensoren, die man frei abwinkeln konnte. Siehe Bild Nr. 5 hier: http://www.antique-microscopes.com/photos/B_L_Professional_binocular_microscope.htm . Kann man so eine "saubere" schiefe Beleuchtung erzeugen? Zumindest scheint es schwierig den Kondensor entsprechend nahe an das Objekt heranzufuehren.
Wie gesagt, ich wuerde mich ueber Korrekturen und weitere Anregungen freuen.
Beste Gruesse,
Jon
(1) Zselionka et al. (1958) A plastic supercondenser (3D). Bulletin of Experimental Biology and Medicine. 46:1147-1152 http://link.springer.com/article/10.1007%2FBF00787954
(2) Keller (2007) Proper Alignment of the Microscope. in Sulder & Wolf (eds.) Digital Microscopy, 3rd ed., Methods of Cell Biology, Vol. 81, Academic Press, San Diego
(3) Oettle (1950) On the Use of Wide Illuminating Cones in the Microscope. Quarterly Journal of Microscopical Science 91: 348-352 http://jcs.biologists.org/content/s3-91/15/348.full.pdf
Als Nachschlag noch folgendes:
Ich sehe gerade, Zeiss verkauft tatsaechlich auch wieder Systeme fuer die schiefe Beleuchtung fuer das Axio Examiner Mikroskop:
- eine drehbare Sektorenblende fuer schiefe Beleuchtung und
- eine Segmentblende mit Diffusor fuer den Beleuchtungsstrahlengang im sog. Dodt-Kontrast (zumindest letztere ist auf die Kondensor-Apertur abgestimmt)
https://www.micro-shop.zeiss.com/index.php?s=11807604410f3f&l=en&p=se&f=s&i=dodt&o=&h=25&n=0&sd=427300-9030-000#427300-9030-000
Hallo,
diese Teile gibt´s scheint´s nur in Schweden !
Wenn ich mich im Zeiss-Shop einlogge, findet die Suchmaschine weder die Bezeichnung noch nach Teile-Nummer ???!!!
Beste Grüße !
JB
Hallo Jon,
ich verstehe die Dunkelfeld- und die (saubere, einseitige) schiefe Beleuchtung als zwei komplett verschiedene Verfahren, was die Bildentstehung angeht.
Bitte berichtige mich, wenn ich falsch liege.
Die Kontrastverstärkung der schiefen Beleuchtung hat ihre Ursache in den unterschiedlichen Wegstrecken des Lichts und in der Verzögerung durch Dichteunterschiede benachbarter Präparatezonen. Beide Eigenschaften haben Auswirkungen auf das Interferenzbild mit seinen Hell-/Dunkelzonen, die fälschlicherweise als Schlagschatten interpretiert werden.
Bei diesem Verfahren ist es natürlich wichtig, dass alle beteiligten Strahlen, im Gegensatz zur Dunkelfeldbeleuchtung, in das Objektiv gelangen.
Aus diesem Grund kann ich den Hinweis gut nachvollziehen, dass eine Kombination aus Hell- und Dunkelfeld einen geringeren Kontrast erzeugt als die schiefe Beleuchtung, und das folglich die Kondensorapertur gleich, oder kleiner der Objektivapertur sein muss.
(Es ist hier natürlich nicht der Kontrast zum Bildhintergrund gemeint)
Herzliche Grüße
Frank
Hallo,
bei der oben genannten Blende von Zeiss geht es um den Kontrast nach Prof. Uli Dodt für die Infrarot-Mikroskopie zur mikroskopischen Bildgebung von elektrischen Vorgängen in (noch lebenden) Hirngewebs- Scheibchen (slices) welche z.B. Ratten oder Mäusen kurz zuvor entnommen wurde (http://www.biocenter.helsinki.fi/bi/lmu/images/Optik_Dodt.pdf). Ein sicherlich sehr faszinierendes aber sehr spezielles Gebiet. Ich kannte sein Labor vor ca 20 Jahren: neben schönen Zeiss Mikroskopen mit Wasser-Immersionsobjektiven und riesigen Lasern, gab es dort noch alles was das ambitionierte Neurophysiologen-Herz höher schlagen ließ....
Heute arbeitet und forscht er in Wien: http://www.tuwien.ac.at/aktuelles/news_detail/article/3872/
Hallo Stefan,
ich bin froh dass mir das Licht auf seinem Weg zum Präparat nicht wieder in die Wendel zurückfällt, und Du kommst mit so einem Hammer!
Ich ziehe mich jetzt gebeugten Hauptes zurück und schmuse weiter mit meinem Appelt.
Herzliche Grüße
Frank
Hallo Frank,
für gebeugtes Haupt ist gar kein Grund- ich wollte nur kurz darauf hinweisen wofür der Dodt'sche Kontrast dient und fürchte, dass selbst wenn es diese Blende ohne Schwedische Sozialversicherungsnummer (braucht man eigentlich immer wenn man in Schweden was bestellen will >:( ) irgendwoher bekommen könnte, etwas teurer sein könnte...(also nicht für einen Appelt und ein EI ;))- ist ja ein überschaubarer Käuferkreis ...
Und ganz persönlich fand ich es amusant, über den link zu einer Sektorenblende auf einen Mann zu stossen mit dem man früher Tür an Tür gewurstelt hat ;D