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Foren => Mikrofoto-Forum => Thema gestartet von: Klaus Herrmann in November 11, 2013, 13:03:52 NACHMITTAGS

Titel: Parietin Schmelzpunktbestimmung
Beitrag von: Klaus Herrmann in November 11, 2013, 13:03:52 NACHMITTAGS
Hallo Sublimatoren,

es stand ja noch die Schmelzpunktbestimmung aus; zusätzlich zu dem Nachweis mit der KOH-Probe (Parietin gibt wie viele Anthachinone spontan rote Kristalle, wenn man ca 10%ige Kalilauge (KOH) hinzufügt. Das Bild dazu hatte ich gezeigt.
Edit: ich habe mich geirrt, das Bild habe ich im Östereichischen Forum gezeigt. Was ich meinte, war der Beitrag  mit der Norsticinsäure,

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=17114.0

die obwohl ein Depsidon und kein Anthrachinon auch so rote Kristalle mit KOH bildet. Dieser "Nachweis" ist also nicht eindeutig! Deshalb ist die Absicherung über eine Schmelzpunktbestimmung schon wichtig.

Die Objektträger des Schmelzpunktmikroskops haben eine Spezialgröße, die leider nur fast dem Gießener Format für Gesteinsdünnschliffe entspricht. Es lebe die Norm! >:( Ich habe also Parietin auf einen solchen OT sublimiert und den ins Schmelzpunktmikroskop eingelegt. Ab ca 180° verschwinden die Kristalle sichtbar und wenn man schnell genug hochheizt, dann schmelzen sie bei ca 203°.  Für Parietin wird 207° angegeben.
Beim Abkühlen rekristallisieren die Reste dann ab ca 190° zu z. T. filigranen Kristallen aber auch die Rautenform taucht auf.

Erst noch das Sublimat, das ich für die Schmelzpunktbestimmung "geopfert" habe und dann 2 Bilder der Rekristallisation.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/137957_31569142.jpg) (http://s106.photobucket.com/user/microklaus/media/Mikropraeparate%202012/Micropaeparate_2013/IMG_0440_zps2a29ba49.jpg.html)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/137957_27207571.jpg) (http://s106.photobucket.com/user/microklaus/media/Mikropraeparate%202012/Micropaeparate_2013/IMG_0456_zps6ceb5211.jpg.html)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/137957_47196.jpg) (http://s106.photobucket.com/user/microklaus/media/Mikropraeparate%202012/Micropaeparate_2013/IMG_0447_1_zps9f3abbc9.jpg.html)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/137957_1746270.jpg) (http://s106.photobucket.com/user/microklaus/media/Mikropraeparate%202012/Micropaeparate_2013/IMG_0429_zps0c3f7348.jpg.html)
Titel: Re: Parietin Schmelzpunktbestimmung
Beitrag von: Rolf-Dieter Müller in November 11, 2013, 20:28:41 NACHMITTAGS
Lieber Klaus,

vielen Dank für Deine ausführliche Beschreibung zur Schmelzpunktbestimmung. Gerade im Zusammenhang mit Deinem verlinkten Beitrag scheint dieses doch ein (immer noch) sehr wichtiges Verfahren zu sein.

Eine Anmerkung noch zur KOH-Probe über die Zopf in seinem Werk ,,Die Flechtenstoffe in chemischer, botanischer, pharmakologischer und technischer Beziehung" sehr interessant diskutiert. Aber das lassen wir jetzt einmal außen vor, denn er sieht es mehr aus Sicht eines Naturwissenschaftlers und weniger eines Lichenologen.

Jedenfalls beschreibt Zopf die Anwendung von Barytwasser (hilfsweise auch Kalkwasser) zum Nachweis von Flechteninhaltsstoffen. Mit den meisten Flechtensäuren soll Barytwasser intensiv gelbe, rote, violette, blaugrüne, blaue Verbindungen liefern, welche in Wasser sehr schwer oder völlig unlöslich sind.

Die entstehenden Verbindungen mit Barytwasser (Ba(OH) 2) sind entweder Salze der Flechtensäure selbst, oder Salze ihrer Spaltungsprodukte.

Diese Anmerkungen habe ich Seite 344/345 des o.g. Werkes von Zopf entnommen.

Ich selbst habe es einmal am Sublimat der Forumsflechte Xanthoria parietina probiert. Das ergibt mit Barytwasser rotviolette Verbindungen. Störend hierbei ist der sich sofort bildende Niederschlag, sobald Barytwasser nur mit einer Spur von Atemluft in Kontakt kommt. Im Präparat sieht das nicht gut aus.

Viele Grüße
Rolf-Dieter
Titel: Re: Parietin Schmelzpunktbestimmung
Beitrag von: Heiko in November 11, 2013, 22:36:48 NACHMITTAGS
Wunderbar, lieber Klaus, und eine Lebensaufgabe, wenn Du jetzt dahingehend die europäischen Flechten analysierst ...  :D

Aber im Ernst: kannst Du noch weitere Flechtensubstanzen benennen, die das Verfahren überstehen bzw. Resublimate, die nicht unverändert geblieben sind?

Und noch eine Frage, bitte. Im Zusammenhang mit X. p. wird auch Parietinsäure genannt, laut WIRTH ,,Anthrachinone, hauptsächlich Physcion". Ist Dir etwas über deren Verbleib bzw. Sublimationsverhalten bekannt?

Viele Grüße,
Heiko
Titel: Re: Parietin Schmelzpunktbestimmung
Beitrag von: Rolf-Dieter Müller in November 11, 2013, 23:03:59 NACHMITTAGS
Zitat von: Heiko in November 11, 2013, 22:36:48 NACHMITTAGS
...
Im Zusammenhang mit X. p. wird auch Parietinsäure genannt,
...

Hallo Heiko,

Parietinsäure soll orangefarbene Nadeln ergeben, Schmelzpunkt 304-305 °Celsius nach Huneck/Yoshimura "Identification of Lichen Substances".

Vermutlich solche Nadeln habe ich schon in meinen Sublimationen gesehen, jedenfalls war die Primärfluoreszenz mit Blauanregung deutlich verschieden Richtung hellgelb als bei Parietin, das mehr orange emittiert.

Es gibt eine (noch) unveröffentlichte methodische Untersuchung von Horst-Dieter (HDD), der Xanthoria parietina über verschiedene Temperaturen sublimiert hat. Da müsste Parietinsäure auch nachweisbar sein.

Viele Grüße
Rolf-Dieter
Titel: Re: Parietin Schmelzpunktbestimmung
Beitrag von: Heiko in November 12, 2013, 22:34:16 NACHMITTAGS
Hallo Rolf-Dieter,

danke für Deine Antwort. Dann bleibt nur zu hoffen, dass Horst-Dieter (HDD) seine Ergebnisse bald vorstellt – und hoffentlich auch hier.

Der höhere Schmelzpunkt bedingt wohl auch eine höhere Sublimationstemperatur. Aber dann stellt sich wieder die Frage, ob das Ringsystem dies verkraftet ...

Viele Grüße,
Heiko
Titel: Re: Parietin Schmelzpunktbestimmung
Beitrag von: HDD in November 13, 2013, 07:52:19 VORMITTAG
Liebe Sublimatoren und Parietin-Begeisterte

Meine Arbeit ist gerade im Stadium der Feinabstimmung. Es ist eine Orgie, die aus
17 Seiten mit Bildern im Word Format erstellt wurde.

Ich muss mich erst mal mit Eckhardt in Verbindung setzen, weil ich abklären muss
ob man das so überhaupt posten kann.

Bei dieser Arbeit geht es um eine Versuchsreihe von Sublimation und Bestimmung
- und warum das so schwierig ist - sowie um die Entstehung der Kristalle am Anbeginn
ihres Wachstums. Gespickt mit Bildern und Temperaturangaben.

Im Vorab-Modus zu sehen bei http://linsenbeute.de unter Polarisation / Sublimation

Also: Bitte noch ein wenig Geduld

Herzliche Grüße

Horst-Dieter
Titel: Re: Parietin Schmelzpunktbestimmung
Beitrag von: Heiko in November 13, 2013, 22:39:51 NACHMITTAGS
Hallo Horst-Dieter,

herzlichen Dank für den gewährten Einblick in diese ambitionierte Arbeit.

Zu den beschriebenen Variablen, die die Reproduzierbarkeit erschweren bzw. Einfluss auf die Kristall-Morphen haben, kommt vielleicht noch hinzu, dass die Flechte selbst unterschiedliche ,,Rassen" oder zumindest Ökotypen bildet/bilden kann.

Interessant ist natürlich auch die Frage nach der Realisierbarkeit der fraktionierten Sublimation aus dem Flechtenkörper selbst. Bei X. p. scheint mir das schwierig zu sein, wenn über die Konzentration der dem Parietin ,,beigemischen" Substanzen keine Aussage getroffen werden kann. Da die von Dir praktizierte Mikrosublimation mit geringen Substanzproben auskommt, ist eine vorherige Chromatographie und anschließende Sublimation der Substanzflecke vielleicht eine Option.

Viele Grüße,
Heiko
Titel: Re: Parietin Schmelzpunktbestimmung
Beitrag von: HDD in November 14, 2013, 07:09:03 VORMITTAG
Hallo Heiko

Du hast meinen Gedanken schon vorgegriffen. Es ist geplant solche Versuche
am Gaschromatographen der Uni zu machen.Leider ist es momentan sehr schwer
für das Gerät Versuchszeiten zu bekommn, da es von den Studenten ständig belegt
wird.
Deren Forschungsarbeiten haben natürlich Vorrang.

Viele Grüße

Horst-Dieter
Titel: Re: Parietin Schmelzpunktbestimmung
Beitrag von: Horst Wörmann in November 14, 2013, 10:32:13 VORMITTAG
Hallo Horst-Dieter,

mit der Gaschromatographie würde ich es nicht versuchen. Erstens erfaßt die nur unzersetzt verdampfbare Komponenten, zweitens hat man nur die Retentionszeit als Identifikationsmöglichkeit. Für korrekte Identifikation braucht man eigentlich
die Reinsubstanzen zum Vergleich - oder ein GC/MS. Am besten wäre HPLC/MS. Aber das ist auch hier bei uns immer belegt.
Die Dünnschicht-Chromatographie von Heiko ist eine gute Idee, weil einfach durchzuführen und kostengünstig. Auch dazu braucht man eigentlich Referenzsubstanzen. Kommt halt auf die Zielsetzung an: Identifizierung oder Reinigung.

Viele Grüße
Horst