Liebe Pflanzenfreunde,
so langsam kommt der Frühling, an vielen Pflanzen zeigt sich schon seit geraumer Zeit erstes Grün und es gilt, im Garten ein wenig aufzuräumen. Dabei hat es auch eine unserer Klematis erwischt, die ich komplett zurück geschnitten haben. Sie wird im Frühjahr wieder neu austreiben.
Dabei ist mir der sehr interessante Sprossquerschnitt aufgefallen - die Klematis oder Waldrebe gehört zu den Lianen und der Spross ist vom Aristolochia- oder Lianen-Typ. Auch wenn der Anschnitt noch recht trocken war: schnell ein Stück für den späteren Schnitt ins AFE und weiter mit der Gartenarbeit.
Nun ist der Garten geräumt und die Sprossschnitte sind präpariert - hier die Ergebnisse. :)
Zunächst einige Informationen zur Pflanze selbst:
Die Waldreben (Clematis), auch Klematis genannt, sind eine Pflanzengattung mit etwa 300 Arten aus der Familie der Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae). Die einzelnen Arten finden sich überwiegend in den gemäßigten Klimazonen Asiens, Amerikas und Europas und es gibt unzählige Züchtungen und Hybriden.
Der wissenschaftliche Gattungsname Clematis leitet sich aus dem griechischen Wort clema für Sprossachse und für den antiken Namen für Wein ab. In der Schweiz nennt man die Waldrebe auch Niele. Der volkstümliche Name ,,Judenstrick" stammt von ,,Jutenstrick" - eine Anspielung auf eine Eigenart des Sprosses, die wir uns gleich noch näher ansehen werden.
Die Clematis-Arten sind in vielen morphologischen Merkmalen sehr unterschiedlich. Durch Züchtung wurden besonders die Blüten stark verändert, dies betrifft nicht nur die Farbe und Größe, sondern auch die Anzahl der ursprünglich vier Blütenblätter.
Waldreben sind hauptsächlich verholzende, manchmal krautige Kletterpflanzen, selten auch nichtkletternde krautige Pflanzen oder selbständig aufrechtwachsende Halbsträucher bis Sträucher. Es ist also außer Bäumen fast alles drin, sogar einjährige Arten kommen vor. Als Kletterpflanze (Liane) können Wuchshöhen von 2 bis 6 Metern erreicht werden. neben immergrünen gibt es auch laubabwerfende Arten und manchmal werden lange Rhizome ausgebildet.
Die meist gegenständig, selten in Bündeln oder wechselständig (Clematis alternata) angeordneten Laubblätter sind klassisch in Blattstiel und Blattspreite gegliedert. Wir haben es geahnt: bei der Vielfalt in der Artengruppe sind sehr kurze, aber auch sehr lange Blattstiele möglich. Oft sind die Blattstiel ranken-ähnlich umgebildet. Die Blattspreite ist einfach wie bei Clematis integrifolia oder gefiedert. Dabei ist die Spreite der Blätter oder Blättchen fiedernervig und kann je nach Art sehr unterschiedlich geformt sein. Das gilt auch für den Blattrand, ihn gibt es glatt oder gesägt.
Bild 1: Illustration einer weißblütigen Clematis
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146215_16063160.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Zeichnung von Henri Bergé, 1988, CC BY 3.0. Schön sind hier die rankenden Blattstiele zu sehen, die sich in aller Regel mit einer Windung an der Unterlage fest halten.
Meist ist ein langer Blütenstandschaft vorhanden. Daran stehen die Blüten in end- oder achselständigen Blütenständen, bei machen Arten aber auch als Einzelblüten. Oft finden sich Hochblätter, die die Blüten jedoch nicht umhüllen.
Bild 2: Blüten der Klematis "Miss Bateman"
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146215_57466021.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Die radiärsymmetrischen Blüten sind zwittrig oder funktionell männlich. Kronblätter fehlen, dafür finden sich vier bis acht in Form und Färbung sehr variable Kelchblätter. Es folgt ein Ring von vielen freie Staubblätter. Darin finden sich viele (5 bis 150) freie oberständige Fruchtblätter, die in der Regel behaart sind und nur eine hängende Samenanlage enthalten. Die ebenfalls behaarten Griffel enden in einer erkennbaren Narbe. Die Früchte sind einsamigen Nussfrüchte (Achänen), deren Verbreitung durch den Wind erfolgt.
Bild 3: Unreifer Fruschtstand Klematis "Miss Bateman"
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146215_45868004.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Die Pflanze, von der mein Sprossstück stammt, ist eine Hybride mit dem hübschen Namen "Miss Bateman".
Bevor wir aber zu den Schnittbilder kommen, kurz zur Präparation:
Geschnitten habe ich den AFE-fixierten Spross freistehend auf dem Zylindermikrotom mit DurAedge Einmalklingen im SHK-Klingenhalter. Die Schnittdicke der Querschnitte beträgt ca. 50 µm.
Somit gibt es diesmal leider keine Aufnahmen vom Frischmaterial.
Gefärbt habe ich nach W3Asim II von Rolf-Dieter Müller. Entsprechende Arbeitsblätter können im Downloadbereich der MKB-Webseite (http://www.mikroskopie-bonn.de/downloads/index.html#a15) herunter geladen werden. Nach der Färbung habe ich die Schnitte vor dem Entwässern durch häufiges Spülen mit jeweils frischem Aqua dest. sanft differenziert. Eine ausführliche Beschreibung der Färbung findet sich hier (http://www.mikroskopie-bonn.de/bibliothek/botanische_mikrotechnik/index.html#a754).
Und noch ein wenig zur Technik:
Alle Aufnahmen auf dem Leica DME mit den NPlanen 5x und 40x sowie den PlanApos 10x und 20x. Die Kamera ist eine Canon Powershot A520 mit Herrmannscher Okularadaption. Zur Zeit nutze ich ein Zeiss KPL 10x, das mit den Leica-Objektiven sehr gut harmoniert. Die Steuerung der Kamera erfolgt am PC mit PSRemote und der Vorschub manuell anhand der Skala am Feintrieb des DME.
Alle Mikroaufnahmen sind mit Zerene Stacker V1.04 (64bit) gestackt. Die anschließende Nachbereitung beschränkt sich auf die Normalisierung und ein leichtes Nachschärfen nach dem Verkleinern auf die 1024er Auflösung (alles mit XNView in der aktuellen Version). Bei stärker verrauschten Aufnahmen lasse ich aber auch mal Neat Image ran.
So, nun aber zu den Makros und den Schnitten!
Einer der Trivialnahmen der Klematis lautet Jutestrick. Der erschließt sich sofort, wenn man sich einen mehrjährigen Spross ansieht. Ähnlich wie beim Wein (Vitis vinefera) hängen die äußeren Rindenschichten in Fetzen vom Spross. Da sie sich dazu noch sehr leicht ablösen, ist das ganze nicht gerade angenehm zu schneiden.
Bild 4: Makroaufnahme vom Spross
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146215_19394569.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Quer geschnitten erkennt man auch in der Makroaufnahme viele breite Markparenchymstreifen, die die einzelnen Sektoren mit dem Xylem begrenzen. Auch zu sehen: der geschichtete Aufbau der nur lose anliegenden Rinde.
Bild 5: Makroaufnahme eines Querschnitts durch den Spross
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146215_46510428.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Wie sieht das nun unter dem Mikroskop aus? Zunächst eine Übersicht.
Bild 6a/b: Übersicht des in Gänze run 8 mm messenden Sprossquerschnitts, Bild 6b mit Beschriftung; Vergrößerung 50x, Stapel aus 22 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146215_43164237.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146215_53572924.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Wir sehen ein "Xylemfeld" zwischen zwei Markstrahlen. Schön zu erkennen: der Spross ist fünf Jahre alt (Xl 1 - 5). Die breiten Markstrahlen und das mehr oder weniger stufig aufgebaute Xylem sind die Kennzeichen des Aristolochia-Typs.
Wer die Beschriftung nachlesen möchte, findet auf der MKB Webseite eine Tabelle mit den Kürzeln und den zugehörigen allgemeinen Erläuterungen (http://www.mikroskopie-bonn.de/bibliothek/botanische_mikrotechnik/index.html#a2409) zum Herunterladen. Diese gilt natürlich auch für die noch folgenden Bilder.
Insgesamt wirkt der Querschnitt recht zerfleddert, was nicht nur für das hier mehrlagige Periderm gilt. Schnittartefakte, da ein noch in der Winterruhe befindlicher, trockener Spross geschnitten wurde? Zumindest nicht nur, wie das folgende Bild beweist.
Bild 7: Großlumige Kalluszellen in einem aufgerissenen Markstrahl, Vergrößerung 400x, Stapel aus 52 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146215_36041160.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Betrachten wir nun den Sprossquerschnitt von innen nach außen etwas genauer.
Bild 8: Das Markparenchym, Vergrößerung 200x, Stapel aus 10 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146215_58454516.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Auffällig hier die großen Interzellularen und die an den Kontaktstellen verdickten Zellwände.
Bild 9a/b: Das primäre Xylem, Bild 9b mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 20 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146215_15333471.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146215_30467521.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Schön zu sehen: die blau gefärbten Hoftüpfel (HTü) auf, die die Verbindung zwischen den Tracheen und dem umliegenden Gewebe bilden.
Bild 10a/b: Xylem, Cambium und Phloem, Bild 10b mit Beschriftung; Vergrößerung 100x, Stapel aus 33 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146215_53556488.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146215_35433010.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Hier zeigt sich, dass es auch neben den Xylem-Feldern Sklerenchymblöcke gibt und die Parenchymzellen der Markstrahlen diese zum "Jahresring" hin quasi einschnüren.
Jetzt wird es interessant. Schauen wir uns einmal das Periderm - die Periderme? :) - genauer an.
Bild 11a/b: Mehrlagiges Periderm, Bild 11b mit Beschriftung; Vergrößerung 100x, St4Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146215_35952969.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146215_55191460.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Hier sehen wir drei Schichten eines Periderms mit Phellem (Kork, Ph), Phellogen (Pg) und Phelloderm (Pd) und dazwischen abgestorbene Zelllagen und altes Sklerenchym. Die außen liegenden normalerweise lebenden Zelllagen des Periderms (Pg und Pd 2 und 3) sind auch abgestorben und komprimiert.
Die Klematis bildet also mit Beginn des sekundären Dickenwachstums regelmäßig ein neues Periderm aus und stößt die davor liegenden, abgestorbenen Zelllagen ab. Da regelmäßig auch Sklerenchym mit dabei ist, denke ich, dass das neue Periderm direkt außerhalb des Phloems gebildet wird. Somit haben wir die Erklärung für die fetzenartige, mehrlagige Rinde am Spross der Klematis.
Ein wenig lehne ich mich noch aus dem Fenster: es fällt auf, dass das Phellem 3 deutlich mehr Lagen aufweist, wie die darunter liegenden Korkschichten. Auch wissen wir, dass der Spross 5 Jahre alt ist. Wir würden also eigentlich 4 Schichten erwarten, wenn denn jährlich ein neues Periderm gebildet wird. Ich vermute also, dass das zweite Periderm erst im vierten Jahr gebildet wurde und daher die Korkschicht des ersten Periderms aus dem zweiten Jahr länger wachsen konnte und folgerichtig auch dicker ist.
Belegt wird dies m.E. dadurch, dass die zweijährigen Sprosse der Klematis zwar schon "verholzt" sind, aber noch keine Rindenfetzen tragen.
Vielen Dank fürs Lesen, Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.
Herzliche Grüße
Jörg
Guten Abend Jörg,
Ich staune immer wieder was hier im Forum für Pflanzenschnitte und deren Dokumentation dazu gezeigt werden,,, super. Ein wahrer "Augen und Hirnschmaus",,, vielen Dank fürs zeigen.
Herzliche Grüsse aus der Schweiz,,, Reto B.
Lieber Reto,
vielen Dank für Dein Lob und gerne geschehen!
Es freut mich, dass Dir die Artikel gefallen. Es ist gut, dass hier einige Schnippler posten, so gibt es immer wieder neue Anregungen.
Herzliche Grüße
Jörg
Lieber Jörg,
die Qualität Deiner Darstellung nimmt mir den Mut, eigene Ergebnisse zu präsentieren!
Deiner Interpretation bezüglich der Schichten außen stimme ich zu. Deine Zählweise ist etwas verwirrend, denn Du hast beim Xylem mit dem ätesten begonnen, beim Periderm ist es umgekehrt. Interessant ist das Verschwinden der alten Phloemteile. Denn was wir unter dem jüngsten Sklerenchym sehen, ist das Phloem des vergangenen Jahres. Demnach finden sich, bis zur Unkenntlichkeit zusammen gequetscht, Reste der älteren Phloemteile jeweils zwischen den alten Sklerenchym-Ringen und dem jeweiligen Periderm. Das wiederum bedeutet, dass das Periderm gegen Ende der Vegetatiionsperiode imPhloem und zwar über dem Cambium entsteht, während das Cambium wieder neues Phloem bildet das wieder von einem neu gebildeten Sklerenchym geschützt ist. Das erklärt zum anderen, warum die Sklerenchym-Ringe geschlossen sind und nicht durch die Dilatation zerrissen werden.
Man sollte das einmal im Verlauf der Vegetationsperiode verfolgen. Ich hoffe, ich habe mich verständlich ausgedrückt - ist nicht einfach.
Herzliche Grüße
Detlef
Lieber Jörg,
es freut mich immer wieder deine Beiträge zu lesen. Sie sind sehr lehrreich für mich.
Herzlichen Dank für deine Arbeiten. Du hast da mal wieder einen schönen Beitrag erstellt.
Liebe Grüße
Jochen
Lieber Detlef, lieber Jochen,
auch Euch vielen Dank für Euer Lob!
Detlef, Dir auch danke für Deine Erläuterungen! Dann wäre der bräunliche Streifen zwischen Cambium und Sklerenchym (Bild 10a/b) also schon "gequetschtes" Phloem aus der letzten Vegetationsperiode?
At all: Die Überlappung auf Höhe des Cambiums halte ich für Schnittartefakte.
Herzliche Grüße
Jörg
Lieber Joerg
Da hast du wieder eine sehr schoene Arbeit gemacht.
Wunderschoene Bilder und sehr gut dokumentiert, und lehrreich.
Ein Genuss zum anschauen
Gruss
Jan
Lieber Jörg,
das kann gut sein!
Am besten Du verfolgst die Sache, indem Du in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen neue Schnitte anfertigst. Mal sehen, vielleicht mache ich ja mit - es interessiert mich schon.
Herzliche Grüße
Detlef
Hallo Jörg
Das so Schnitte rauskommen hätte ich bei der Makroaufnahme (Bild 5) nicht erwartet, wieder ein gut gelungener Beitrag, danke. Bin gespannt ob Ihr den über die Jahreszeiten weiter vervollständigt, wenn ja, einen Leser hat Du da schon sicher .-)
Liebe Grüße
Gerhard
Lieber Jan, lieber Gerhard,
ich danke Euch für Euer Lob! Ein schneller Nachschlag ist aber ungewiss, siehe unten.
Lieber Detlef,
da muss ich drei Jahre warten - ich habe ja alles bis auf die Grundmauern zurück geschnitten.
Wenn Du noch eine Klematis in Reich- und Schnittweite hast, würde es wohl schneller gehen. Ein frisch entstehendes Periderm zu sehen, wäre toll.
Euch dreien herzliche Grüße
Jörg
Lieber Jörg,
super Beitrag.
Das Bild 10a zeigt schön die länglichen Zellen des Kambiums.
Gruß
Hans-Jürgen
Lieber Hans-Jürgen,
auch Dir herzlichen Dank!
Lieber Detlef,
mit Deinen Erläuterungen im Gepäck habe ich mir noch einmal die Gewebe zwischen dem Xylem und den Sklerenchymkappen angesehen:
Bild 12 a/b: Phloem und Cambium zwischen Xylem und Sklerenchym, Bild 12b mit Beschriftung. Vergrößerung 200x, Stapel aus 15 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146327_31103438.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146327_9976540.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Xylem und Sklerenchym sind klar. Besonders schön die "Wachstumsringe" in den Zellwänden der Sklerenchymzellen. Auch Siebröhren und Geleitzellen sind schön zu unterscheiden. In der Mitte findet sich eine Gruppe gequetschter Zellen mit etwas dunklerer Färbung (aPl), die ich als altes, nicht mehr funktionstüchtiges Phloem ansprechen würde.
Nun wird es spannend. Direkt unter der Sklerenchymkappe finden sich, inmitten von sklerenchymatischen Zellen, Zellen mit Siebplatten, die ich auch als Siebröhren ansprechen möchte, zumal daneben kleinere Zellen liegen, die dann die Geleitzellen wären.
Und dann ist da dieses Band nicht ausdifferenzierter Zellen (? ? ?), das - wenn meine Deutung stimmt - mitten durch das Phloem verläuft und an den Rändern aus dem Cambium bzw. den von diesem gebildeten, ebenfalls noch nicht ausdifferenzierten Zellen, hervor zu gehen scheint.
Ich finde die Lage mitten im Phloem ungewöhnlich. Haben wir hier vielleicht schon das gesuchte Meristem vor uns?
Herzliche Grüße
Jörg
Sorry, musste die drei ? gesperrt schreiben, da sonst das hier passiert: ???
Lieber Jörg,
absolut plausibel!
Herzliche Grüße
Detlef
Lieber Detlef,
vielen Dank, da mussten wir ja doch keine drei Jahre warten. :)
Es wäre natürlich toll, wenn Du oder einer der hier Mitlesenden Zugriff auf einen mindestens dreijährigen Spross hätte, um mit der beginnenden Wachstumsperiode die Ausbildung des neuen Periderms "live" beobachten zu können.
Herzliche Grüße
Jörg
Lieber Jörg,
ich werde mich an einer wild wachsenden Clematis versuchen. Da gibt es jedes gewünschte Alter. Ich hoffe, dass die Peridermbildung dort genau so verläuft, wie an Deiner Hybride.
Herzliche Grüße
Detlef
Lieber Detlef,
die gewöhnliche Waldrebe (Clematis vitalba) hatte ich auch schon mal unter dem Messer (http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=9121.0), allerdings einen einjährigen Spross.
Bei uns am Bahnhof werden die nie alt, ein wenig Pflege betreibt die Bahn ja denn doch. ;D
Aber ich werde auch mal die Augen auf halten, in den Weinbergen etwas südlich am Rhein findet man die Pflanze oft an Weinbergsmauern. Ich denke, in 3 bis 4 Wochen dürfte es interessant werden?
Wenn jemand aber schon Bilder von entsprechenden Präparaten haben sollte: bitte gerne hier einstellen.
Herzliche Grüße
Jörg
Liebe Pflanzenfreunde,
hier nun der zweite Teil zur Klematis. Diesmal geht es um die Klematiswelke - eine Pilzerkrankung, die besonders die großblütigen Hybriden wie z.B. die Mrs. Batman befällt.
Wie am Anfang des Fadens schon beschrieben, waren mir beim Rückschnitt der Klematis dunkle Flecken im Spross aufgefallen, wie sie auch in Bild 5 schon zu erkennen sind. Im ersten Moment dachte ich an Fraßgänge irgendwelcher Insektenlarven, dann an eine Pflanzenkrankheit, da keine Hyphen zu erkennen waren. Die Suche im Netz hat aber sehr schnell zur Klematiswelke (Clematis Wilt) geführt, zu der es ein recht breites Informationsangebot gibt. Hier zwei Beispiele:
http://www.mein-schoener-garten.de/de/gartenpraxis/pflanzenschutz/clematiswelke-vorbeugen-und-heilen-81728
http://apps.rhs.org.uk/advicesearch/profile.aspx?PID=125
Ausgelöst wird die Welke durch den Pilz Phoma clematidina (Gerhard Boerema, 1978 - früher Ascochyta clematidina, Felix von Thümen 1880). Dieser setzt sich, begünstigt durch warm-feuchtes Wetter - zunächst auf den Blättern fest, dringt in diese ein und breitet sich in der Pflanze aus. Einfallspforten sind Verletzungen und Blatthaare, nicht aber die Stoma.
Bild 13: Von der Klematiswelke befallene Blätter
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_53747642.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Aufnahme von der Seite zur Klematiswelke von der Royal Horticultural Society
Blätter standen mir keine zur Verfügung, daher das Bild oben von der Royal Horticultural Society, aber der Spross. Den muss man bei befallenen Pflanzen übrigens komplett zurück schneiden (alle oberirdischen Pflanzenteile!) und den Schnitt über den Hausmüll entsorgen. Das Material darf keinesfalls in den Kompost oder einfach liegen bleiben, da die Pilzsporen beim erneuten Ausbringen oder bei günstiger Witterung gleich wieder "zuschlagen" würden.
Hier nun einige Makroaufnahmen von befallenen Sprossstücken:
Bild 14a-e: Spuren der Verwüstung: Makroaufnahmen von vom Pilz Phoma clematidina befallenen Sprossstücken der Clematis-Hybriden Mrs. Bateman
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_42505711.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_29207467.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_6934490.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_55249569.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_30968163.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Man ahnt es: hat der Pilz einmal den Spross befallen, hat die Pflanze kaum noch eine Chance. Es hilft nur noch der Rückschnitt. Der Pilz breitet sich in der Regel im Mark- und Markstrahlparenchym aus, befällt aber auch die Leitbündel. Ist zu viel vom Sprossquerschnitt betroffen, können die dahinter liegenden Pflanzenteile nicht mehr ausreichend versorgt werden und sterben ab.
Wie sieht das ganze nun mikroskopisch aus? Dazu nun einige Bilder von Querschnitten des fixierten aber ungefärbten Materials sowie von nach W3Asim II gefärbten Schnitten. Zur Präparation und Technik verweise ich auf die entsprechenden Abschnitte im Eingangsposting des Threads.
Nähere Informationen zu den bei der Beschriftung verwendeten Kürzel finden sich auf der MKB Webseite (http://www.mikroskopie-onn.de/bibliothek/botanische_mikrotechnik/index.html#a2409) zum Herunterladen.
Zunächst einmal ein Überblick über einige Stadien des Befalls: die folgenden Bilder zeigen jeweils das Markparenchym eines anscheinend gesunden Sprosses, eines Sprosses mit mäßigem Befall und einem Spross, dessen Markparenchym bereits völlig zerstört ist.
Bild 15a-c: Fortschreitender Befall mit dem Pilz Phoma clematidina im Markparenchym eines Clematis-Sprosses, Vergrößerung 100x bzw. 50x im letzten Bild.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_4971345.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_49722070.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_27777282.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Während in der ersten Aufnahme 15a noch kein Anzeichen eines Befalls zu erkennen ist, zeigt das Mark im Bild 15b die typischen Abwehrmaßnahmen der Pflanze gegen das Einwachsen von Pilzhyphen: die Zellen lagern Lignin in die Zellwände ein, um dem Pilz den Angriff zu erschweren, die Zellenwände werden also rot angefärbt. Die Deformation vieler betroffenen Zellen zeigt aber schon den Ausgang des Abwehrkampfes an. Im letzten Bild 15c hat der Pilz das Mark bereits komplett zerstört, die Zellen sind abgestorben und was im ungefärbten Schnitt schwarz-braun erscheint, ist hier dunkelrot-braun angefärbt. Zellstrukturen sind kaum noch aus zu machen.
Schauen wir nun etwas genauer hin und vergleichen ungefärbte und gefärbte Schnitte. Den Anfang macht ganz plakativ das völlig verwüstete Mark.
Bild 16a-c: Markparenchym und angrenzendes Xylem, umgeben von Markstrahlen. Bild 16 a und b ungefärbt, 16b mit Beschriftung. Vergrößerung 100x, Stapel aus 22 bzw. 25 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_21126483.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_43482376.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_65344071.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
bMP steht hier für befallenes Markparenchym. Auffällig ist, dass - zumindest für mein ungeschultes Auge - keinerlei Hyphen zu erkennen sind.
Im gefärbten Bild 16c ist wieder gut die "Abwehrlignifizierung" der Pflanze in den Markstrahlzellen zu erkennen. Diese sind zum Teil auch vergrößert und wirken wie Steinzellen-Idioblasten.
Dies ist auch schön in den Markstrahlen zu erkennen, wie die nächste Bildfolge zeigt. Hier ist das Mark von zwei Banden Gewebe unterbrochen, das zumindest starke Abwehrmaßnahmen zeigt und eventuell sogar schon befallen ist.
Bild 17a-c: Markstrahl mit vergrößerten Zellen und Zellen mit lignifizierten Zellwänden, Bild 17a und b ungefärbt, 17b mit Beschriftung. Vergrößerung 100x, Stapel aus je 15 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_1811531.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_67026672.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_64067776.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Für mich überraschend, wie groß die Zellen im Markstrahl werden können. Es stellt sich die Frage, ob sie aus den normalen Parenchymzellen hervor gehen, oder eventuell aus den bereits vergrößerten Zellen, die die vorhandenen Lumina auch im gesunden Spross füllen (vergleiche Bild 7).
Da primär das innere Parenchym befallen wird, gehe ich davon aus, dass sich der Pilz die großen Zellzwischenräume im Mark und den Markstrahlen zu Nutze macht und an ihnen entlang wandert.
Ganz links im Bild übrigens das jüngste Periderm.
Nun geht es etwas subtiler weiter: die nächste Reihe zeigt - wieder in einem Markstrahl - den beginnenden Befall.
Bild 18a-c: erste Abwehrmaßnahmen im Markstrahl, Bild 18 a und b ungefärbt, Bild 18b mit Beschriftung. Vergrößerung 200x, Stapel aus 25 bzw. 20 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_21697500.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_64610030.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_41760874.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Hier hat die Verstärkung der Zellwände durch Lignineinlagerung gerade erst begonnen. Beachtenswert die rot eingefärbten Zellzwischenräume oberhalb der vergrößerten Zellgruppe in Bild 18c. Liegen da die Pilzhyphen? Ich kann sie unter dem Mikroskop allerdings nicht entdecken.
Schauen wir nun noch einmal auf das Xylem, dem die folgenden zwei Bilderserien gewidmet sind.
Bild 19a-c: Erstes, marknahes Xylem-Paket und Markparenchym in der Übersicht, Bilder 19a und b ungefärbt, Bild 19b mit Beschriftung. Vergrößerung 100x, Stapel aus 23 bzw. 26 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_1648489.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_60994119.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_42189913.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Hier wird deutlich, dass auch das Xylemparenchym und einige kleinere Tracheen betroffen sind. Einige sind durch Thyllen verschlossen.
Bild 20a,b: Das Xylem aus Bild 19, Bild 20a, Vergrößerung 200x, Stapel aus 16 bzw. 8 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_17522929.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_44368627.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Aber wo sind die Hyphen? Kann man den Pilz in den Schnitten finden?
Bild 21: Runde Strukturen im Markparenchym, Vergrößerung 400x, Stapel aus 12 Bilern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_31026487.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Konidien oder nicht doch eher Präparationsartefakte? Ich gestehe, ich habe in meinen Schnittpräparaten nichts gefunden, was ich eindeutig Phoma clematidina oder einem anderen Pilz hätte zuordnen können.
Aber da sind ja noch die Stücke von der großen Sprossachse der Klematis! Es währe doch gelacht, wenn sich in der dunkelbraunen Masse, die einmal Parenchym oder Xylem gewesen war, nicht Spuren des Pilzes finden ließen! Also frisch ans Werk!
Bild 22: Der Klematis ans Mark gegangen: Quetschpräparate von den Resten der befallenen Gewebe
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_7129342.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Ein wenig des bröckeligen, dunkelbraunen Materials wurde mit der Präpariernadel auf einen Objektträger gekratzt und dann mit einem zweiten Objektträger bedeckt und zerrieben. Ein Deckglas drauf, Ethanol unter ziehen lassen und ab ans Mikroskop ... erwischt!
Bild 23a-g: Was es in dem Quetschpräparat zu sehen gab ...
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_62459062.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Ein Gewebestückchen mit Hyphengeflecht, Vergrößerung 200x, Stapel aus 39 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_29283918.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Noch mehr Hyphen ..., Vergrößerung 200x, Stapel aus 6 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_9763163.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Noch mehr Hyphen ..., Vergrößerung 200x, Stapel aus 28 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_25692747.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Hyphen und verschiedene Konidien, Vergrößerung 200x, Stapel aus 25 Bidlern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_11107559.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Kleine, zweikammerige Konidien, Vergrößerung 400x, Einzelaufnahme
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_8326506.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Ein Konidium, Vergrößerung 400x, Stapel aus 8 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/146919_39645285.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Und noch mal ein Konidium, Vergrößerung 400x, Stapel aus 9 Bildern
Ich gestehe, ich habe keine Ahnung von Pilzen. Aber ich denke, dass es sich bei den Funden um "Sekundärinfektionen" handelt, vielleicht von verschiedenen Schimmelpilz-Arten.
Phoma clematidina hat nämlich recht charakteristische, zweikammerige Konidien, die ich eben nicht gefunden habe, sicher auch, weil der Pilz seine Fruchtkörper in der Regel auf den befallenen Blättern ausbildet.
Bild 24: Konidien von Phoma clematidina
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/146919_45557620.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Aufnahme aus der Datenbank von www.Q-Bank.eu.
So bleibt die Frage nach dem Aussehen des Verursachers der Klematiswelke leider offen: ich konnte ihn nirgends entdecken.
Spannend ist jedoch, dass in allen Artikeln, die ich zur Klematiswelke gefunden habe, darauf hingewiesen wird, dass vor allem die großblütigen Hybriden durch den Pilzbefall so massiv geschädigt werden, dass sie absterben. Bei den kleinblütigen Arten und auch der Gewöhnliche Waldrebe (Clematis vitalba) bleibt die Infektion in der Regel lokal und es gelingt den Pflanzen oft, den Pilz aus dem Spross heraus zu halten.
Ich würde vermuten, dass diese Pflanzen kleinere Zellzwischenräume aufweisen, und dem Pilz so die Ausbreitung nicht so leicht machen. Untermauert wird diese Vermutung zunächst von den Schnitten vom jungen Spross der C. vitalba, von daher bin ich sehr auf die Querschnitte vom älteren Spross dieser Pflanze gespannt.
Ich hoffe, die Schnitzeljagd hat trotzdem gefallen und auch hier gilt: Anregung und Kritik sind wie immer erwünscht. Diesmal ganz besonders, wenn sie zum Auffinden des heimlichen Attentäters beitragen. ;)
Herzliche Grüße
Jörg
Lieber Jörg,
wieder einer deiner unglaublich detailreichen Beiträge.
Mit den Konidien hast du wohl allerhand "Beifang" gehabt. Wen wunderts auf geschädigtem, toten Gewebe...
Für deine Präparate kann es vielleicht der falsche Zeitpunkt gewesen sein, während dem Phoma clematidinis gerade nicht fruktifiziert bzw. Konidien bildet.
Die anamorphen Pilze sind ohnehin eine schwierige Abteilung, die man deshalb gerne in Reinkultur untersucht.
Herzlich
Martin
Lieber Jörg,
spannende Dokumentation Deines detektivischen Tuns.
Ich halte es nicht für sicher, dass Blattfleckung und Sprossnekrosen in direktem Zusammenhang stehen. Und falls doch, sind natürlich auch ,,Sekundärinfektionen" möglich. Liegt der Befall länger zurück, sind die Hyphen schon vergangen.
Das ist leider wenig sachdienlich – hoffentlich meldet sich noch ein kompetenter ,,Zeuge" und bringt Deine ,,Ermittlungen" voran.
Viele Grüße,
Heiko
Lieber Martin, lieber Heiko,
danke für Eure Hinweise und Euer Lob!
Ich habe zwischenzeitlich versucht, mir noch ein wenig mehr zum Phoma clematidina anzulesen, aber leider habe ich keine Beschreibung zum Aussehen der Hyphen gefunden. Die Lebensweise finde ich jedoch sehr interessant. Es kann wohl was dauern, bis sich da ein Pärchen zusammen findet und eine sexuelle Vermehrung zu Stande kommt. Die vegetative Vermehrung über Konidien ist wohl die Regel und die entsprechenden Fruchtkörper können entgegen meiner ersten Aussage an allen befallenen Pflanzenteilen gebildet werden.
@Heiko: soweit ich gelesen habe, beginnt die Infektion in der Regel an den Blättern, auf die die Sporen mit zurückspritzendem Regenwasser gelangen. Dem Gärtner wird dann auch empfohlen, auf verfärbte Blätter im unteren Drittel der Pflanze zu achten und befallenes Material auch vom Boden penibel zu entfernen.
OK, Ende Februar ist vielleicht nicht die beste Erntezeit, habe ich meine verstanden zu haben, dass der Pilz im Wirt überdauert, solange dieser nicht vollständig abgestorben ist. Das völlig zerfallene schwarze Gewebe ist sicher auch nicht der beste Ort, aber sollten nicht zwischen den lignifizierten Zellen in den Markstrahlen Hyphen zu finden sein? Womit könnte man die am besten anfärben, um sie sichtbar zu machen? Das hat ja mit W3Asim II nicht funktioniert.
Herzliche Grüße
Jörg
Lieber Jörg -
das Konidium(?) auf deinem vorletzten Foto sieht eigentlich eher aus wie ein Ascus mit acht Ascosporen. Wenn ich die Literatur recht verstanden habe, bildet P. clematidina in Europa aber keine sexuellen Fruchtkörper (?) - du hättest dann eine Entdeckung gemacht.
Interessant: Der Pilz soll lt. Literatur in Neuseeland zur Bekämpfung der Waldrebe benutzt werden - man lernt wohl nie aus Fehlern der Vergangenheit.
Viele Grüße
Rolf
Lieber Rolf,
danke für Deinen Hinweis! Leider kenne ich mich, wie oben schon erwähnt, so garnicht mit Pilzen aus - sofern es sich nicht um deren essbare Fruchtkörper handelt. :)
Ich denke also, dass du mit Deiner Ansprache zu Bild 23g Recht hast, glaube aber nicht, dass der Ascus zu P. clematidina gehört. Ich hatte ihn in mehreren Proben nur zwei Mal, während die Funde in 23e und f deutlich häufiger waren, was aus meiner Sicht klar gegen eine erfolgreiche sexuelle Vermehrung spricht (dann sollten doch viele dieser Asci vorhanden sein?).
In der englischen Wikipedia habe ich gelesen, dass es wohl "passende" Pilzstämme in Europa gibt, aber bisher noch keine "Paarung" beobachtet wurde.
ZitatArtikel (http://en.wikipedia.org/wiki/Phoma_clematidina), "Genetic sequencing has suggested that Phoma clematidina is heterothallic which means that two compatible strains (mating types) of the fungus would need to come together under the right environmental conditions to produce a sexual stage (teleomorph).[7] Both mating types of Phoma clematidina are known to occur in Europe, and yet no sexual stage (which is most likely to be a Didymella species) has ever been described."
Mit der Waldrebe ist doch dann sicher Clematis vitalba gemeint? Die Art, die eigentlich als recht widerstandsfähig gegenüber P. clematidina beschrieben wird ...
Du hast wohl recht, die Lernkurve bezüglich der "Schädlingsbekämpfung" mit anderen Arten, die dann später wieder als "Schädlinge" bekämpft werden müssen, ist extrem flach.
Herzliche Grüße
Jörg
Hallo Rolf und Jörg,
nein, das ist kein Ascus. Das ist eine Konidie wie diese z.B.: http://www.naro.affrc.go.jp/org/nilgs/diseases/contents/IMG/img0609.jpg
Grüße
Martin
Lieber Martin,
vielen Dank für Deine Korrektur!
Da ich noch genügend befallene Sprossstücke im AFE habe: gibt es eine empfehlenswerte Färbung, um eventuell im Gewebe befindliche Hyphen sichtbar zu machen?
herzliche Grüße
Jörg
Lieber Jörg,
ja, die ,,Schnitzeljagt" (der zweite Teil zur Klematis) hat mir gut gefallen. Interessante Bilder, ich hoffe Du kannst die Pflanze noch retten.
Gruß
Hans-Jürgen
Hallo Jörg,
"gibt es eine empfehlenswerte Färbung, um eventuell im Gewebe befindliche Hyphen sichtbar zu machen?"
Ja, Uvitex 2B und dergleichen Stilbenderivate, einigermaßen selektiv für Pilzhyphen. Siehe meine Untersuchungen zur Galle.
Kannst Du am Donnerstag zur MKB-Sitzung ein paar Schnitte mitbringen? Ich versuche es mal.
WGA-Alexafluor 488 ginge auch, sogar wesentlich selektiver, aber mein Vorrat ist vergammelt und neu ist es mir zu teuer (5 mg 379 EUR).
Viele Grüße
Horst
Lieber Hans-Jürgen,
ich danke Dir! Die Klematis habe ich bis auf die Grundmauern zurückgeschnitten, aber der Haupttrieb ist auch auf Bodenlevel noch befallen. Ich weiß nicht, wie das aus gehen wird.
Lieber Horst,
danke für Dein Angebot! Ich hoffe, ich komme bis Donnerstag dazu, die Schnitte zu machen, die ich dann natürlich gerne mit bringe.
Euch beiden herzliche Grüße
Jörg
Nachtrag:
Lieber Horst, die Schnitte sind erstellt, Du kannst die Färbung vorbereiten. :)
Lieber Jörg,
Dazu gibt es die sogenannte Pianese Färbung. Die differenziert Pflanzengewebe (grün) und Pilz (rosa). Wenn Du willst, fülle ich Dir ein paar Tröpfchen ab.
Herzliche Grüße
Eckhard
Lieber Eckhard,
sehr gerne, Danke für Dein Angebot! :D
meine Adresse hast Du noch?
Jetzt können wir die Jagt mit verschiedenen Methoden fortsetzen.
Herzliche Grüße
Jörg
Liebe Pilzsucher,
hier ein erstes Ergebnis der Jagd.
Wie angekündigt, habe ich ein paar Versuche zur Anfärbung der Pilzhyphen gemacht. Die Handschnitte hat Jörg zur Verfügung gestellt, zu Methodik und Farbstoff kommt ein gesonderter Beitrag.
Die WGA-Versuche sind fehlgeschlagen; mit Uvitex konnte ich wenigstens die Sekundärinfektion gut sichtbar machen, die Jörg im Quetschpräparat gezeigt hat (Bild 23 a-g in seinem Beitrag).
Hier eine Übersicht, Handschnitt in Wasser, Hellfeld:
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/148132_38038287.jpg) (http://s767.photobucket.com/user/vonGneisenau/media/D1_BV-18_zps22501362.jpg.html)
Bild 1 (Plan-Neofluar 5x/0,15).
In dem in Bild 1 gelb umrandeten Bereich sind schon im Hellfeld Pilzhyphen zu sehen:
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/148132_65239354.jpg) (http://s767.photobucket.com/user/vonGneisenau/media/Clematis_Hellfeld_zpscf3d00fc.png.html)
Bild 2 (EC Plan-Neofluar 40x/0,75).
Nach Anfärbung mit Uvitex sind die Hyphen tiefblau gefärbt (Anregung 365 nm LED, Auflicht-Fluoreszenz mit Zeiss-Filtersatz 02, dieselbe Präparatstelle wie in Bild 2):
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/148132_65045859.jpg) (http://s767.photobucket.com/user/vonGneisenau/media/C2_BV-14_zpsd6b00759.jpg.html)
Bild 3 (EC Plan-Neofluar 40x/0,75).
Im zentralen Teil des Schnittes sollten eigentlich die Hyphen von Phoma auffindbar sein; es ist aber nichts zu erkennen. Die Eigenfluoreszenz ist zu intensiv, außerdem werden zellulosehaltige Teile mit Uvitex sehr stark angefärbt. Das nächste Bild zeigt die gleiche Präparatstelle wie Bild 1, jedoch angefärbt mit Uvitex und in Auflicht-Fluoreszenz bei 365 nm:
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/148132_57886570.jpg) (http://s767.photobucket.com/user/vonGneisenau/media/D2_BV-19_zps646b8afb.jpg.html)
Bild 4. Die dunkleren Bereiche in Bildmitte sind stärker lignifiziert, sie werden von Uvitex schwach oder gar nicht gefärbt (Plan-Neofluar 5x/0,15).
Um den Verlauf der Hyphen zu verfolgen, sind relativ dicke Schnitte nötig. Dann erhält man aber unscharfe und überstrahlte Fluoreszenzbilder, wegen der Anregung ober- und unterhalb der Schärfenebene liegenden Bestandteile. Bei dünnen Schnitten ist andererseits die Identifizierung der Hyphen schwierig, weil sie schräg angeschnitten sind und dann höchstens als schmaler, unspezifischer Ring erkennbar sind. Das folgende Beispiel mit einerm etwas dicker ausgefallenen und stärker gefärbten Handschnitt gehört noch zu den schöneren:
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/148132_61428334.jpg) (http://s767.photobucket.com/user/vonGneisenau/media/D6_BV-23_zps391c8ff9.jpg.html)
Bild 5 (EC Plan-Neofluar 40x/0,75, in Wasser).
Insgesamt ein unbefriedigendes Ergebnis, weil es nicht gelungen ist, den eigentlichen Auslöser der Krankheit -die Phoma-Hyphen - in den Schnitten darzustellen. Wir wollen das aber weiterverfolgen und andere Methoden versuchen. Über eine erfolgreichere Anwendung der Uvitex-Färbung wird demnächst berichtet.
Viele Grüße aus Bonn
Horst
Lieber Horst,
vielen Dank, dass Du mit auf die Jagt gegangen bist und Deine Ergebnisse mit uns teilst, auch wenn es noch nicht ganz geklappt hat.
Wobei ich sagen muss, dass die beiden Fluoreszenzbilder am Ende der Reihe auch rein von der Optik her ihren Reiz haben.
Auf Alle Fälle ich ich gespannt auf die weitere Jagt und Deinen Beitrag zu den Methoden.
Viel Erfolg und herzliche Grüße
Jörg
Hallo Jörg, Deine Ausführungen im ersten Teil sind sehr interessant. Wurde das schon in der wissenschaftlichen Literatur beschrieben?
Lieber Christian,
ja, das ist nichts Neues. Das Dickenwachstum des Sprosses oder hier spezifischer das sekundäre Dickenwachstum ist in den Lehrbüchern mehr oder weniger umfangreich beschrieben und auch Bestandteil der pflanzenanatomischen Praktika an den Universitäten. Ob die Clematis dabei schon als Beispiel herangezogen wurde, kann ich Dir nicht sagen - ich habe bei der Vorbereitung meines Beitrags mit einer groben Suche im Netz zumindest nichts gefunden.
Stichwörter sind Sekundäres Dickenwachstum und Aristolochia-Typ oder Lianen-Typ.
Hier wirst Du fündig (keine Rangfolge, wie aus dem Regal gegriffen ... :) ):
- Pflanzenanatomisches Praktikum 1
Braune/Leman/Taubert; Springer; 9. Auflage 2007
1.2 Das sekundäre Dickenwachstum und die Anatomie der sekundären Sprossachse S. 131 ff.
- Anatomy of Seed Plants
Esau; Wiley -India Edition; 2. Auflage Reprint 2011
17 The Stem: secondary growth and structural types S. 295 ff
Hier Dicotyledonous Vine S. 309 ff.
- Mikroskopisch-Botanisches Praktikum
Gerhard Wanner; Thieme, erste Auflage 2004
14 Dickenwachstum S. 184 ff.
Oder online:
- Sekundäres Dickenwachstum von Spross und Wurzel bei annuellen Dicotylen
Krumbiegel/Kästner; Akademie der Wissenschaften Wien, 1993
S. 12 ff und 23 ff.
Artikel als PDF (http://www.landesmuseum.at/pdf_frei_remote/BioEco_4_0001-0049.pdf)
Bei Eschrich (Funktionelle Pflanzenanatomie, Springer 1995) findet sich auf Seite 263 die Abbildung 9.3 zur vom Sprossaufbau ähnlichen Waldrebe (Clematis vitalba)
Herzliche Grüße
Jörg
Vielen Dank, Jörg.