Liebe Freunde der Mineralogie/Geologie,
wer selber Pyrit oder Markasit (beides FeS2)in seiner Sammlung hat, durfte vielleicht auch schon die Erfahrung machen, dass diese Minerale nicht ganz stabil sind und gelegentlich ausblühen. So auch der im folgenden gezeigte Markasit. Hier hatte sich ein weißlicher Belag gebildet, der sich unter dem Stereomikroskop als ein Wald von lockenförmigen Kristallen entpuppte. Das eindimensionale Foto lässt leider nur eine vage Ahnung von der wahren Pracht aufkommen. Ich habe zwar auch ein paar Bilderpaare durch die beiden Okulare gemacht, weiß aber nicht, wie ich die in D-3 Bilder für die Anaglyphenbrille machen kann. Aber hier das 2-D-Bild:
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/148959_20304402.jpg) (http://s1259.photobucket.com/user/plaenerdd/media/Gipskristalle/02Kristallwald.jpg.html)
Wahrscheinlich handelt es sich bei den neu entstandenen Kristallen um Eisensilikate oder um Gips. Die Markasitknolle stammt aus der Rügener Kreide, so dass durchaus auch Ca im Spiel sein könnte.
Beste Grüße
Gerd
Hallo Gerd,
ein schönes Bild! Das ist Gips. Und der ist sowas von typisch für die Umwandlung von sedimentären Eisensufiden!
Das Traurige daran ist, dass Gipsbildung inerhalb von Monaten oder wenigen Jahren schöne Fundstücke (oder wichtige Prüfkörper) in einen unansehnlichen Haufen Dreck verwandelt, der sich gerade noch zum Wegkehren eignet. So geschehen mit einem einen Meter langen, spannungsfrei aus einem Schweizer Autobahntunnel entnommenen Bohrkern des jurassischen Opalinuston: Eingespannt unter realen Feuchte- und Temperaturbedingungen entstand nicht nur Gips, sodern auch schweflige Säure, welche innerhalb weniger Tage die maßangefertigte Prüfeinrichtung in einen unbrauchbaren Schrott-Zustand korrodiert hat. Das sind die Momente, in denen Ingenieure und Techniker völlig unerwartet bittere Tränen weinen.
Auch in Deiner Probe wird dieser Prozess abgelaufen sein. Prüf mal den pH und halte die Probe schön weit weg vom Mikroskop...
Glückauf!
Thomas
Hallo Gerd,
das erinnert mich an eine Anekdote: als ich noch am Museum war, kam eines nachmittags ein Besucher, mit einem "Stein" und meinte, der wäre "lebendig" geworden. Auf meine Frage, was er damit meinen würde, sagte er, er hätte angefangen zu "wachsen". Als ich mir das gute Stück besah (ein Strandgeröll von der Ostsee mit Kalk und wohl auch Markasit) standen von der Oberfläche weiße Büschel von ca. 2-3 cm Länge ab, die in der Vitrine, also bei normal-trockener Zimmeratmosphäre im Verlauf von einigen Wochen neu gewachsen wären. Ich hatte mir damals mein erstes Polmi gekauft und ein paar von diesen "http://de.wikipedia.org/wiki/Whisker_%28Kristallographie%" (echte Whisker sind es wohl nicht?) unter das Mikroskop gelegt: sie waren wie Kristalle doppelbrechend, und nicht wie Pilzhyphen verzweigt oder septiert, und auch viel zu dick für letztere. Ähnlich wie Fasergips, nur nicht so dicht an dicht, sondern frei in den Raum gewachsen. Ich hatte dem guten Mann das dann auch so erklärt, das da der Markasit rosten würde, und die frei werdende Schwefelsäure mit dem Kalk(stein) Gips bilden würde, der faserförmig auskristallisieren würde.
Bleibt nur die Frage an unsere Chemiker: wie kommen die Ca-Kationen und die Sulfat-Anionen unten von dem Stein, wo der Kristall aufgewachsen ist, an die Spitze, um ihn dort weiter wachsen zu lassen? "Kriechen" die auf der Oberfläche entlang, bis sie an ihrem Logenplätzchen mit freier Aussicht angelangt sind, um dort ihren energetisch günstigsten Gitterplatz zu besetzen? Durch die Luft werden sie wohl eher nicht fliegen? Was ist die Antriebskraft, die sie den weiten Weg entlang antreibt (2-3 cm sind für ein Atom doch etwas viel)?
Vile Grüße vom Dünnschliffbohrer
P.S.: noch viel besser als Markasit rosten die amorphen Eisen-Mono-Sulfide (~ FeS), wie sie hier auf Muschelschalen oder dergleichen durch sulfatreduzierende Bakterien abgeschieden werden. Die zunächst tief-schwarzen Überzüge sind schon nach drei Tagen an der Luft erdfarben-braun. Die Disulfide Pyrit - und selbst der Markasit - sind da noch wesentlich stabiler (vieleicht weil sie dicht gepackte Kristallstrukturen bilden, im Gegensatz zu dem locker-amorphen FeS mit der riesigen Oberfläche.