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Foren => Mikrofoto-Forum => Thema gestartet von: EugenOnegin in August 18, 2015, 16:40:17 NACHMITTAGS

Titel: Blutaustrich im Rasterkraftmikroskop
Beitrag von: EugenOnegin in August 18, 2015, 16:40:17 NACHMITTAGS
Hallo liebes Forum,

heute möchte ich euch mal Bilder einer anderen mikroskopischen Methode zeigen. Sicherlich ist die Funktionsweise eines Rasterkraftmikroskops den meisten bekannt, daher gehe ich vorerst nicht näher darauf ein (wenn es gewollt ist, kann ich gerne etwas weiter ausholen...). Ich habe das Glück seit diesem Monat ein Rasterkraftmikroskop (auch als "Atomic force microscope" oder AFM bezeichnet) zu besitzen. Diese mikroskopische Technik ist noch nicht so alt und ermöglicht bei recht flachen Proben eine sensationelle Auflösung bis in den Angströmbereich. Mittlerweile ist es damit z.B gelungen Atombindungen darzustellen. Mit meinem Gerät (einem Veeco/Bruker Dimension 3100) lassen sich sehr große Proben in Luft wie auch in Flüssigkeit vermessen. Toll an dieser Technik ist, dass die Probenvorbereitung teilweise völlig entfallen kann und man lebendes biologisches Material messen kann. In diesem Fall handelt es sich um einen simplen Blutausstrich, der einfach auf einem Objektträger getrocknet wurde (der Klassiker). Anbei mal einige Bilder meines Blutes:

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/176551_27882849.jpg)

Ein Granulozyt mit umgebenden Erythrocyten

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/176551_2346136.jpg)

Das gleiche Bild nochmal in einer 3D-Darstellung

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/176551_29082728.jpg)

Erythrocyten

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/176551_51541161.jpg)

Erys 3D

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/176551_32812829.jpg)

Ein weiterer Granulozyt, etwas höher vergrößert

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/176551_3148716.jpg)

Und das Ganze nochmal in 3D

Diese Technologie ist wirklich der Hammer. Die Aufnahmen wurden alle mit einem recht günstigen Cantilever (Rastersonde) gemacht. Hoffentlich kann ich euch demnächst noch mit weiteren spannenden Details und Bildern versorgen.

Herzliche Grüße und viel Spaß beim Betrachten der Bilder

Fabian
Titel: Re: Blutaustrich im Rasterkraftmikroskop
Beitrag von: hajowemo in August 18, 2015, 17:16:47 NACHMITTAGS
Lieber Fabian,
solche Aufnahmen habe ich noch nie gesehen. Tolle Sache.
In welcher Preisklasse liegt denn so ein Mikroskop?
Kannst du etwas zu der Funktionsweise des Mikroskop sagen?
Liebe Grüße
Jochen
Titel: Re: Blutaustrich im Rasterkraftmikroskop
Beitrag von: Schrodt in August 18, 2015, 17:18:34 NACHMITTAGS
Tolle Bilder, vielen Dank für das Zeigen.

Mit freundlichen Mikrogrüßen
Jürgen aus Hemer
Titel: Re: Blutaustrich im Rasterkraftmikroskop
Beitrag von: EugenOnegin in August 18, 2015, 17:42:08 NACHMITTAGS
Lieber Jochen, lieber Jürgen,

vielen Dank für eurer Interesse. Gerne beschreibe ich die Funktionsweise etwas näher auch wenn das schnell den Rahmen sprengt. Ein AFM unterscheidet sich von klassischen mikroskopischen Methoden vor allem dadurch, dass keine elektromagnetische Strahlung verschiedener Wellenlänge verwendet wird, sondern die Probe mit einer extrem feinen Nadel (in meinem Fall mit einem Durchmesser von unter 10 nm) abgetastet wird. Man unterscheidet verschiedene Arten der Rasterung, einfach gesagt Kontaktmodus (die Nadel ist also in direktem Kontakt mit der Probe) bzw. Nicht-Kontakt-Modus (hier wird ein Bild ohne direkten Kontakt z.B. über van der Waals Wechselwirkungen erzeugt). Zum generellen Verständnis kann ich den Wikiartikel sehr empfehlen. Ich erkläre einfach mal grob den Kontaktmodus:

Die extrem feine Nadel sitzt an einem sogenannten Cantilever (sieht aus wie eine superkleine Plattennadel) und darauf wird ein Laserstrahl gerichtet (auf die Oberseite, die Nadel sitzt unten). Dieser wird auf eine Photodiode reflektiert. So lassen sich extrem feine Bewegungen des Cantilvers bestimmen, da eine Bewegung des Cantilevers zu einer Änderung des Laserwinkels führt und damit über die Photodiode registriert wird (Nachweisgrenze teilweise unter 1 Angström, das sind 0,1 nm!). So kann das Gerät also Höhenunterschiede sehr genau messen und bildlich darstellen. Technisch gesehen ist das größte Problem die sehr feine Bewegung der Nadel über die Probe, das Rastern. Das wird über drei Piezokristalle (X-, Y- und Z-Achse) ermöglicht, die über eine angelegte Spannung ( 0- 440Volt) äußerst genau bewegt werden können. Damit kann das Gerät also eine Probe Rastern und gleichzeitig die Ablenkung des Cantilevers bestimmen. So entsteht ein Bild aus Bildpunkten, die die Höhe der Probe repräsentieren.

Das ist natürlich nur eine grobe Beschreibung, die Technik ist schon etwas kompliziert :) Bei Youtube gibt es auch sehr schöne Videos die es viel besser zeigen, als ich das Ganze in Worte fassen kann...

Die gezeigten Bilder wurden alle im Kontaktmodus aufgenommen, das Gerät kann aber noch viele andere "Kontrastmethoden" und ist vor allem in der Lage auch Kräfte im pN-Bereich zu messen. Diese Geräte benötigen eine sehr massive Aufstellung (in einem Fall ein Lufttisch mit ca. 500 Kilo Gewicht), da jede Erschütterung die Messung beeinflusst.

Wenn Du Dich für einen konkreten Preis interessierst, schreibe mir bitte eine PN. Nur soviel: Neupreise sind sehr gut mit einem REM vergleichbar, dafür gibt's schon ein schönes Einfamilienhaus. Gebraucht hab ichs weeeeeit günstiger bekommen aber auch nur, weil ich "as is" also ohne jegliche Garantie kaufen konnte. Das sollte man sicherlich nur machen, wenn einem die Technik hinreichend bekannt ist und man das Gerät der Wahl ausführlich testen kann..

Herzliche Grüße

Fabian
Titel: Re: Blutaustrich im Rasterkraftmikroskop
Beitrag von: hajowemo in August 18, 2015, 17:47:46 NACHMITTAGS
Lieber Fabian,
herzlichen Dank für deine Erklärungen.
Liebe Grüße
Jochen
Titel: Re: Blutaustrich im Rasterkraftmikroskop
Beitrag von: knipser009 in August 18, 2015, 18:54:42 NACHMITTAGS
hallo Jochen

wenn Du bei Tanta Google  Rasterkraftmikroskop als Suchbegriff eingibst, dann findest Du rel schnell ein Verkaufsangebot eines deutschen Händlers für ein Rasterkraftmikroskop - so um die € 12 000.- musst Du da schon investieren.

Wolfgang
Titel: Re: Blutaustrich im Rasterkraftmikroskop
Beitrag von: Heribert Cypionka in August 18, 2015, 21:47:41 NACHMITTAGS
Hallo Fabian,

sehr interessant und beeindruckend! Wie erkennt das AFM denn die Farben?

Heribert Cypionka
Titel: Re: Blutaustrich im Rasterkraftmikroskop
Beitrag von: Ronald Schulte in August 18, 2015, 21:50:18 NACHMITTAGS
Fabian,

Tolle aufnahmen, so sah ich Blutzellen noch nie.

Grüße Ronald
Titel: Re: Blutaustrich im Rasterkraftmikroskop
Beitrag von: EugenOnegin in August 19, 2015, 09:14:49 VORMITTAG
Lieber Heribert, lieber Ronald,

vielen Dank für eure Anmerkungen. Das AFM erkennt keine Farben, es handelt sich hierbei nur um eine Darstellungsweise der Auswertungssoftware.

Herzliche Grüße

Fabian
Titel: Re: Blutaustrich im Rasterkraftmikroskop
Beitrag von: wilfried48 in August 19, 2015, 11:32:50 VORMITTAG
Zitat von: EugenOnegin in August 19, 2015, 09:14:49 VORMITTAG
Lieber Heribert, lieber Ronald,

vielen Dank für eure Anmerkungen. Das AFM erkennt keine Farben, es handelt sich hierbei nur um eine Darstellungsweise der Auswertungssoftware.

Herzliche Grüße

Fabian

Hallo Fabian,

Glückwunsch zu deinem neuen Spielzeug und den eindrucksvollen Bildern !
In diesem Kontrastmode zeigt das AFM eine Höhenabtastung der Oberfläche und die Sofware setzt das ganze in ein farbiges Pseudorelief um. Das AFM kann somit natürlich nicht in die Objekte hineinschauen. Aber es gibt auch noch andere Kontrastmodi (z.B. Reibungskontrast, Elastizitätskontrast, Potentialkontrast etc. ) die das AFM zu einem interessanten Ergänzungsinstrument zur Lichtmikroskopie auch oberhalb atomarer Auflösung machen.
Bei Biologischen Objekten ist natürlich die Korrelation mit einem inversen Lichtmikroskop unabdingbar um in die Objekte hineinzuschauen und auch um Artefakte besser zu erkennen.

Könntest du dich mal an einem Diatomeenpräparat (natürlich ohne Einbettmittel) versuchen, das wäre ja eher was für hochauflösende 3D Oberflächenabbildungen ?

viele Grüsse
Wilfried
Titel: Re: Blutaustrich im Rasterkraftmikroskop
Beitrag von: EugenOnegin in August 19, 2015, 14:51:01 NACHMITTAGS
Hallo lieber Wilfried,

vielen Dank für die Idee mit den Diatomeen und Deine interessanten Anmerkungen. Ich werde mich demnächst mal an Diatomeen versuchen, hoffentlich reicht mein Z-Hub von 6 µm für eine vollständige Abbildung einer Alge.

Herzliche Grüße

Fabian
Titel: Re: Blutaustrich im Rasterkraftmikroskop
Beitrag von: Miner in August 19, 2015, 18:01:54 NACHMITTAGS
Hallo Fabian,
ist dein D3100 Privateigentum oder eine Dienstwaffe?
Viele Grüße
Ole
Titel: Re: Blutaustrich im Rasterkraftmikroskop
Beitrag von: EugenOnegin in August 20, 2015, 11:08:38 VORMITTAG
Lieber Ole,

hab mir das Ding tatsächlich privat gegönnt. Konnte aber bei dem Angebot auch nicht nein sagen :) Es steht allerdings momentan in der Uni und wird sehr wahrscheinlich auch demnächst für die Forschung eingesetzt.

Herzliche Grüße

Fabian
Titel: Re: Blutaustrich im Rasterkraftmikroskop
Beitrag von: Miner in August 20, 2015, 11:34:43 VORMITTAG
Lieber Fabian,
du förderst mit deinem Privateigentum die Forschung an der Uni? Das nenne ich Einsatz. Was soll denn damit erforscht werden, wenn ich fragen darf?
Viele Grüße
Ole