Mikro-Forum

Foren => Mikroskopie-Forum => Thema gestartet von: Apochromat in August 13, 2009, 22:02:53 NACHMITTAGS

Titel: Aperturmessung bei Objektiven nach Köhler
Beitrag von: Apochromat in August 13, 2009, 22:02:53 NACHMITTAGS
Manchmal findet man eine schöne Methode, freut sich, dass diese keiner mehr kennt und benutzt sie seit Jahren. So ist es auch bei diesem Apertur-Messverfahren, welches sehr genau ist und fast ohne Hilfsmittel auskommt. Ich habe auch ein echtes Apertometer nach Abbe von CARL ZEISS, Jena. Es ist sehr einfach zu benutzen, funktioniert mit allen Mikroskopen und liefert die gleichen Messwerte.

Die Methode stammt von August Köhler und wurde 1928 bei Julius Springer in Berlin veröffentlicht (wer findet heraus, um welche Quelle es sich handelt?). Ich habe diese jedoch ausgebaut und so abgewandelt, das man die Messung und Rechnung einfacher durchführen kann. Für die Originalmethode wird ein Tubus mit verstellbarem Auszug benötigt, sowie eine Mattscheibe identisch in optischer Dicke zum verwendeten Objektträger des selbsthergestellten Hilfspräparates (siehe unten).

Die Idee ist einfach: Der Durchmesser der scharfgestellten Austrittspupille des zu vermessenden Objektives wird in Beziehung gesetzt zum Durchmesser der Austrittspupille eines Objektives bekannter Apertur. Apertur und Durchmesser der Austrittspupille stehen in einer geometrischen/ mathematischen Beziehung zueinander. Die Berechnung vereinfacht sich stark, wenn man ein Objektiv der Apertur von genau 1.0 als Referenzobjektiv verwenden kann. Man benötigt ausserdem ein Fokussierpräparat, ein Hilfsmikroskop, eine Projektionsfläche und einen Messtab. Die Lichtquelle muss sehr hell sein. Wer ein Mikroskop, z.B. von ZEISS mit OPTOVAR/ Betrandlinsenoptik zur Abbildung der hinteren Brennebene (z.B. ein UNIVERSAL, PHOTOMIKROSKOP oder ULTRAPHOT) besitzt, kann die Austrittpupillendurchmesser dokumentieren und sehr genau im Bild ausmessen. Man kann, wie oben kurz angerissen, aber auch ein Bild an die Decke projizieren und es dort mit einem Lineal/ Zollstock o.ä. messen.

Das Verfahren eignet sich aus praktischen Gründen vor allem für Öl- Immersionen oder mit Öl verwendbare Multimmersionen (diese müssen mit ihrem Korr-Ring exakt eingestellt sein). Man könnte auch ein anderes Referenzobjektiv wählen und Trockenobjektive vermessen, was aber den Gebrauch der Formel erschwert. Bei Ausmessung von Ölimmersionen benötigt man einen Kondensor, welcher die Apertur voll ausleuchtet, idealerweise also einen achr. apl. Immersionskondensor n.A. 1.4 Oil.

Methode: Man stellt sich zunächst ein Präparat her, welches es gestattet, eindeutig scharf zu stellen. Dies ist wichtig, da beide Objektive (Referenz und Vermessung) in der gleichen Fokuslage sein müssen. Ich habe herausgefunden, das man ein Decklas mit einem schwarzen feinen Filzstift (z.B. wie er zum Beschriften von CDs/DVDs empfohlen wird) versehen kann. Das so mit einem kleinen Strich markierte Deckglas wird mit der Markierung nach unten mittels Knetgummi- oder Wachsfüsschen auf einen Objektträger aufgepresst (nein, man braucht keine Schliffpresse). Dieses Luftpräparat sollte nur eine verschwindend dünne Luftschicht (Luftspalt) besitzen. Der Luftspalt verhindert, das die Apertur über 1.0 hinaus ausgeleuchtet wird. Zunächst wird das Referenzobjektiv mittels Immersionsöl mit der Deckglasoberseite verbunden, ebenso der Kondensor mit der Objektträgerunterseite. Dann wird die Beleuchtung nach Köhler eingestellt, jedoch hernach die Aperturblende wieder vollständig geöffnet, da ja die volle Apertur bestimmt werden soll. Jetzt geht man zur Pupillenbeobachtung mit Hilfsmikroskop, OPTOVAR oder Betrandlinse über und stellt auf den Rand des hellen Kreises den man genau in der Austrittspupille des Mikroskopobjektives findet, exakt scharf. Dieser Durchmesser wird ausgemessen (Projektion oder Aufnahme; bei einer alten Spiegelreflexkamera kann mann auch die Rückwand öffnen und in die Filmebene ein Mattglas/ Linsenpapier (glatt) legen und hier den Durchmesser abnehmen). Nennen wird diesen Durchmesser beim Referenzobjektiv der Apertur 1.0 "D1". Zur Messung der unbekannten Apertur muss das nun verwendete Objektiv auf das gleiche Präparat fokussiert werden. Es wird jetzt jedoch zuvor der Luftspalt mit Öl gefüllt, um die Apertur voll auszuleuchten und sehr genau aber schnell fokussiert (die Markierung verschwindet rasch). Diesen Durchmesser nennen wir D2.
Die Formel ist einfach: n.A.= n x sin alpha (wird hier nicht direkt gemessen)= D2/ D1. Später hat Köhler noch andere Gedanken zu dieser Methode geäußert und weitere Berechnungen dazu angestellt.

Ich finde dieses Verfahren sehr brauchbar. Es ist ohne weiteres möglich, die Apertur bis auf die zweite und sogar die dritte Dezimale genau zu bestimmen, wenn man sehr sorgfältig arbeitet.




Gruss

MZ
Titel: Re: Aperturmessung bei Objektiven nach Köhler
Beitrag von: hinrich husemann in August 14, 2009, 00:20:23 VORMITTAG
Hallo Herr Zölffel,
sehr interessantes Thema; vor ein paar Jahren (MK 2005) habe ich mich auch mal mit verschiedenen Methoden zur Messung Numerischer Aperturen - meist mehr mit "Bordmitteln" - beschäftigt. Ihr hier beschriebenes  - an sich sehr elegantes - Verfahren ist aber eben "nur" eine Relativmethode, d.h. man muss der NA des Referenzobjektives vertrauen können (schon wegen der dritten Dezimalen). Aber sehr schön, dass jemand auch mal solche etwas "fundamentaleren" Themen anschneidet.
Freundliche Mikrogrüsse
H. Husemann
Titel: Re: Aperturmessung bei Objektiven nach Köhler
Beitrag von: Apochromat in August 14, 2009, 07:20:57 VORMITTAG
Ich bestimme die Apertur "nur" bis auf die 2. Dezimale, was praktisch völlig reicht. Um auf die Dritte Dezimale zu gelangen, muss man die Apertur des Referenzobjektives mit anderen Mitteln bestimmen (lassen).

Die von Köhler angegebene Messmethode ist gerade für den Planapo 63 und 100 wertvoll, da es hier interessant ist, den genauen Wert zu kennen. Bei ZEISS sind bei diesen beiden Objektivtypen die Aperturen stets etwas höher als aufgraviert.
Die Apertur des Planapo 63/1.4 ist meist 1.41, die des Planapo 100/1.3 liegt so um 1,35 und besser.
Ein NEOFLUAR 100/1.30 hat aber stets die Apertur von 1.30, der APO 100/1.32 immer 1,32 und der Planapo 40/1.0 Oil bei allen, die ich messen konnte, genau 1.00.

Gruss

MZ
Titel: Re: Aperturmessung bei Objektiven nach Köhler
Beitrag von: peter-h in August 14, 2009, 10:16:10 VORMITTAG
Ein sehr interessantes Thema !

Und nun habe ich eine Frage zur Apertur von einem Kondensor. Bei meinem alten Dunkelfeldkondensor von CZJ steht nur Kardioid-Kond. drauf.  Keine weitere Angabe. Als Kond. für Ölimmersionen hat er sicher 1,2 - ?  Aber wie messen.

Ein weiterer sehr alter Quarzkondensor CZJ (abgebildet im Michel 1962 2.Aufl. Seite 360) hat austauschbare Frontlinsen, aber leider ohne jede weitere Angabe. Vermutlich kann ein Frontelement immergiert werden.

Gibt es mit "Bordmittel" oder einfach zu realisierenden Methoden eine verläßliche Meßmethode?

Mit freundlichen Grüßen
Peter Höbel
Titel: Re: Aperturmessung bei Objektiven nach Köhler
Beitrag von: hinrich husemann in August 14, 2009, 11:55:18 VORMITTAG
Vielleicht noch eine "unabhängige" Methode zur Bestimmung der NA von Objektiven, überwiegend mit "Bordmitteln" und auch wohl mehr von "didaktischem" Wert: Eine direkte Anwendung der Abbe´schen Theorie, quasi in ihrer "Urform". Als Objekt ein Gitter in Form eines Objektmikrometers (mit möglichst langen Teilstrichen), Gitterkonstante g = 10,0 µm. Gerade Beleuchtung (am einfachsten ohne Kondensor, mit eng zugezogener Leuchtfeldblende) durch ein möglichst engbandiges Filter mit bekanntem Wellenlängenschwerpunkt; ich habe dazu ein "testiertes" Interferezfilter mit Vakuum-Wellenlänge lambda(v) = 546 nm grün von ZEISS. Nach dem Fokussieren betrachtet man durchs Hilfsmikroskop die Aperturblende des Objektivs. Infolge der Beugung am Objektgitter zeigen sich innerhalb dieser, aufgereiht auf einer Linie in jeweils gleichen ! Abständen (Sinusbedingung!) für jede Beugungsordnung die Bilder der Lichtquelle als kleine runde leuchtende Flecke. Sie stellen quasi die Skala einer "Meßlatte" zur Messung des Radius R der (scharf sichtbaren) Aperturblende - und damit ein Apertometer - dar. Die "Einheit" dieser Skala (zu messen von Mittelpunkt zu Mittelpunkt benachbarter Beugungsflecke) entspricht dem Quotienten  lambda(v)/g (Die Ableitung spare ich mir hier). Die Numerische Apertur des Objektivs ergibt sich zu NA = k x lambda(v)/g , wenn k der mit dieser Skala gemessene Aperturblenden-Radius R ist. (Den "groben" Wert von k erhält man einfach durch Abzählen der auf dem Radius liegenden Lichtquellenbilder. Deren Helligkeit variiert periodisch, was vom Verhältnis von Steg-zu Spaltbreite des Objektgitters abhängt.) Beispiele: Für ein Objektiv 40/0,95 sollte man unter den hier gegebenen Bedingungen k = 17,4 (also 17 volle Beugungsordnungen!) finden, für ein 10/0,22 k = 4,0. Ich habe es ausprobiert; es funktioniert erstaunlich gut. Genauere Werte bekommt man z.B. beim  Fotografieren mit der "Digi-Knipse" durchs Hilfsmikroskop und Vermessen am Bildschirm des Rechners.
Also alles "ABBE pur".  
Freundliche Mikrogrüsse
H. Husemann


Nachträgliche Ergänzung: Wenn man Gitter mit wesentlich kleinerer Gitterkonstante als Objekt nimmt, bekommt man u.U. bei der Bestimmung der NA schwächerer Objektive Schwierigkeiten. Es geht gar nicht mehr, wenn das Gitter nicht mehr aufgelöst werden kann, was bei der hier benutzten geraden Beleuchtung bedeutet, daß die Gitterkonstante größer sein muss als g(grenz) = lambda(v)/NA(Objektiv). Sonst werden nicht mal mehr die +/- 1. Beugungs-Ordnungen vom Objektiv eingefangen.
Titel: Re: Aperturmessung bei Objektiven nach Köhler
Beitrag von: peter-h in August 14, 2009, 14:48:51 NACHMITTAGS
Hallo Herr Husemann,

eine tolle Anleitung, aber ich stehe irgendwie auf dem Schlauch  ???

Meine Bildchen:
mit Zeiss Interferenzfilter 546nm (Hg) , ohne Kondensor, Leuchtfeldblende soweit wie möglich zugezogen, Objektmikrometer mit 10µm Teilstrichen, Hilfsmikroskop, Aufnahme mit CCD-Kamera mit Objektiv 22mm.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures001/16834_30581329.jpg)
Zeiss PlanApo 10/0,32

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures001/16834_45874976.jpg)
CZJ Apo 40/0,95

Einige Reflexe kommen durch das spiegelnde IF Filter.

Was mache ich nur falsch?

Viele Grüße
Peter Höbel
Titel: Re: Aperturmessung bei Objektiven nach Köhler
Beitrag von: hinrich husemann in August 14, 2009, 15:10:44 NACHMITTAGS
Hallo Herr Höbel,
haben Sie wirklich die ganze Aperturblende des Objektivs im Bild? Sieht man ihren Rand? Ich verstehe Ihre Bilder nicht ganz; wie ist ihre Anordnung?  Haben Sie das Okular gegen ein Hilfsmikroskop getauscht? Mir scheint es nicht so! Schauen Sie, falls Ihnen zugänglich, mal in den MK 2005 Seite 343 (Heft 6), dort sind die vollständigen Bilder zu sehen!
Bis auf Weiteres, ich bin gespannt, freundliche Mikrogrüsse
H. Husemann
Titel: Re: Aperturmessung bei Objektiven nach Köhler
Beitrag von: peter-h in August 14, 2009, 15:37:57 NACHMITTAGS
Hallo Herr Husemann,
ich hoffe die kleine Zeichnung bringt Licht ins Dunkel und deckt meinen Fehler auf.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures001/16839_1825827.jpg)

Schöne Grüße
Peter Höbel
Titel: Re: Aperturmessung bei Objektiven nach Köhler
Beitrag von: hinrich husemann in August 14, 2009, 15:47:44 NACHMITTAGS
Wo wir aber schon mal dabei sind: Das einfachste Verfahren wäre - zumindest im Prinzip - die schlichte Benutzung der Kondensorblende. Der Kondensor sei konstruktionsgemäß eingerichtet (also gegebenenfalls auch immergiert), die Leuchtfeldblende genügend geöffnet. Das Mikroskop mit dem zu messenden Objektiv wird "ordnungsgemäß" auf ein kleines Objekt fokussiert. Die Kondensorblende (bzw. ihr "leuchtendes Loch") wird dann durch Kondensor und Objektiv in die hintere Brennebene des Letzteren, wo sich auch dessen Aperturblende befindet, abgebildet. Man betrachtet die Aperturblende zweckmäßig durch ein Hilfsmikroskop und verstellt die Kondensorblende so, dass ihr Rand (bzw. dessen Bild) gerade eben hinter dem Rand der Aperturblende des Objektivs verschwindet. Dann sind die wirksame Apertur des Kondensors und die des Ojektivs genau gleich. Wäre die Kondensorblende präzise bezüglich ihrer wirksamen NA z.B. durch eine Skala kalibriert, könnte man direkt ablesen und das Problem wäre "gegessen".

Dem ist aber i.A. nicht so. Man benötigt ein zweites Objektiv bekannter NA als Referenz. Prozedere: Man bringt zunächst das schwächere Objektiv (NA(1) kleiner) "ordnungsgemäß in Stellung" und stellt die Kondensorblende wie beschrieben auf eben Verschwinden ein. Dann wechselt man das stärkere Objektiv (NA(2) größer) ein. Das Bild der Kondensorblende erscheint wieder innerhalb der Aperturblende des Letzteren. Man mißt seinen Radius r(1) auf geeignete Weise (s.u.) aus und öffnet die Kondensorblende voll. Dann bestimmt man analog den Radius r(2) der Aperturblende des stärkeren Objektivs. Ihre beiden Numerischen Aperturen verhalten sich dann : NA(2) : NA(1) =  r(2) : (r(1) . Das Messen von r(1) und r(2) kann wieder, wie schon oben beschrieben, z.B. durch Projektion o.Ä. erfolgen.
Meiner Meinung nach hat das Verfahren den Vorteil, dass man in der Aperturebene nur eines Objektivs misst.
Aperturselige, freundliche Mikrogrüsse
H. Husemann
Titel: Re: Aperturmessung bei Objektiven nach Köhler
Beitrag von: Nomarski in August 14, 2009, 15:51:34 NACHMITTAGS
Guten Tag, die Herren!

Ich verfolge interessiert mit:
Also doch mit Kondensor!
Der letzte Beitrag von Herrn Husemann deckt sich ja wieder mit der Anleitung nach Herrn Zölffel!
An Herrn Höbels Stelle hätte ich den Versuch auch ohne Kondensor gemacht.

VG
B.W.
Titel: Re: Aperturmessung bei Objektiven nach Köhler
Beitrag von: hinrich husemann in August 14, 2009, 15:57:43 NACHMITTAGS
Hallo Herr Höbel,
mich wundert, dass man soviel "rundherum" sieht! Steckt ihr Hilfsmik. nicht "ordnungsgemäß" anstelle des Okulars oben im Tubus? Wenn Sie die Sache aus zu großer Entfernung betrachten, fangen Sie wegen ihrer Divergenz nicht mehr alle Maxima (Lichtquellenbilder) ein, d.h. Sie erfassen nicht mehr voll die Aperturblende! So jedenfalls mein Eindruck!
Leicht verwirrte,dennoch freundliche Mikrogrüsse
H. Husemann
Titel: Re: Aperturmessung bei Objektiven nach Köhler
Beitrag von: Nomarski in August 14, 2009, 16:04:21 NACHMITTAGS
Hallo Herr Husemann,

muß man denn nach Ihrer Methode mit oder ohne Kondensor arbeiten?
Sie haben geschrieben "(am einfachsten ohne Kondensor...)"
So hat es der Herr Höbel ja auch ausgeführt.

Viele Grüße
B.W.
Titel: Re: Aperturmessung bei Objektiven nach Köhler
Beitrag von: hinrich husemann in August 14, 2009, 16:10:52 NACHMITTAGS
Hallo Herr Wainzyk,
so wie ich es verstanden habe, benutzt das Verfahren von Herrn Zölffel nicht die Kondensorblende als Vergleichsobjekt, sondern misst die Radien der Aperturblenden an jedem Objektiv gesondert. Bei dem von mir beschriebenen Verfahren wird nur beim gleichen (dem stärkeren) gemessen.
Rein intuitiv - ich habe noch keine längeren Überlegungen gemacht - erscheint mir das als "sicherer".

Wenn man mit Kondensor arbeitet, müsste man dessen Blende möglichst eng zuziehen. Meist bleibt das "Loch" aber zu groß, und seine Bilder in der Aperturblende überschneiden sich.

Auch für andere Mitleser: Um eventuellen Mißverständnissen vorzubeugen: Der erste Teil ("Wo wir aber schon mal..") ist selbständig und bezog sich nicht auf das vorangehende Posting von Herrn Höbel; das hat sich einfach während des Schreibens überkreuzt.

Freundliche Mikrogrüsse
H. Husemann
Titel: Re: Aperturmessung bei Objektiven nach Köhler
Beitrag von: Nomarski in August 14, 2009, 16:20:10 NACHMITTAGS
Hallo Herr Husemann,

zum einen muß man nun aufpassen, daß man die verschiedenen Blenden nicht durcheinanderwürfelt, das passiert ganz schnell. Zum anderen denke ich auch, daß es nicht sinnvoll ist, den mechanischen Blendendurchmesser zu bestimmen bzw. miteinander zu vergleichen. Dieser ist ja zumindest im Kondensor veränderlich und im Objektiv fest, sofern es sich nicht um ein Objektiv mit Iris handelt.

Herr Zölffel schreibt ja schonmal, daß man einen Kondensor der höchsten Apertur benutzen soll, also mit 1,4.
Das leuchtet auch ein, damit nämlich alles an Lichtstrahlen der Beleuchtung in das Obkektiv gelangen kann, denn mit einem niederaperturigen Kondensor ließe sich die hohe Apertur des Objektives auch nicht ausnutzen bzw. ausleuchten.

Gruß
B.W.
Titel: Re: Aperturmessung bei Objektiven nach Köhler
Beitrag von: hinrich husemann in August 14, 2009, 16:29:14 NACHMITTAGS
Nur kurz: Es werden keine mechanischen Blenden gemessen, sondern ihre Bilder in der hinteren Brennebene des Objektivs verglichen. Dort aber stellen ihre die jeweilige Apertur dar.
M.F.G.
H. Husemann
Titel: Re: Aperturmessung bei Objektiven nach Köhler
Beitrag von: Nomarski in August 14, 2009, 16:38:26 NACHMITTAGS
So habe ich das auch verstanden, aus den Bilddurchmessern kann man die Aperturen der Objektive zumindest miteinander vergleichen.
Wenn man den Kondensor also dann noch abblendet, wird auch das Bild im Durchmesser kleiner.

So kann der Herr Höbel mit seinen Kondensoren unbekannter Apertur nun in umgekehrter Weise verfahren.

VG
B.W.
Titel: Re: Aperturmessung bei Objektiven nach Köhler
Beitrag von: peter-h in August 14, 2009, 17:33:09 NACHMITTAGS
Hallo Herr Husemann,
es ist richtig, dass ich nicht die ges. Aperturblende abbilde. Kamera Adaption! Wäre aber jetzt etwas aufwändig.
Damit sind die Klarheiten beseitigt  :)

MfG
Peter Höbel
Titel: Re: Aperturmessung bei Objektiven nach Köhler
Beitrag von: hinrich husemann in August 14, 2009, 18:22:09 NACHMITTAGS
Hallo Herr Höbel,
nur noch einmal zur "Ermunterung" : Ich habe es gerade noch mal ausprobiert: Beim alten ("matt-silbernen") Achromaten 10/0,22 finde ich (rein visuell abgeschätzt, nicht aufwendig gemessen) ziemlich genau 4,0 Einheiten (die jeweils 4. Maxima einigermassen korrekt mittig abgeschnitten) auf den Radius der Aperturblende. Das bedeutet NA = 4,0 x (0,546/10,0) = 0,218 , d.h. im Rahmen der Meßgenauigkeit übereinstimmend mit der Angabe auf dem Objektiv. Beim Apo 10/0,32 finde ich analog relativ genau 6,0 Einheiten , was dann einer NA = 0,327 entspricht, wieder in vernünftiger Übereinstimmung bei so freihändiger Messung. Bei einem 4/0,10 geschätzt 1,8 Einheiten und damit auch wieder vernünfttig NA = 0,098. Also es muß gehen! Ich erwarte gespannt Ihre Bilder! (die 17 Einheiten beim 40/095 kann ich "freiäugig" nicht abzählen; "Augenpulver"!)
Aperturfreudige Mikrogrüsse
H. Husemann
Titel: Re: Aperturmessung bei Objektiven nach Köhler
Beitrag von: Nomarski in August 14, 2009, 18:54:44 NACHMITTAGS
Hallo Herr Husemann,

dann müsste ein Öl-Objektiv mit Apertur von 1,3 bis 1,4 nach Ihrer Formel etwa 25 Einheiten anzeigen.
Ich werde es mal ausprobieren.
Es gab noch Unklarheiten wegen dem Faktor 10,0 ,aber dann habe ich doch noch rausgefunden, daß es die
Gitterkonstante ist, welche sich in der Formel nicht ändert.
Soweit erstmal vielen Dank!

B.W.
Titel: Re: Aperturmessung bei Objektiven nach Köhler
Beitrag von: peter-h in August 14, 2009, 19:55:22 NACHMITTAGS
Hallo Herr Husemann,

zuerst die Frage, wie schaffen Sie den großen Kontrastumfang, bzw, wie bekämpfen Sie den extremen Helligkeitsabfall?
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures001/16858_7750078.jpg)

Hier mit einem anderen Gitter, ebenfalls 10µm Teilstriche und extremer Bildnachverarbeitung kann man gerade noch die 4.Ordnung erkennen. Damit stimmen Ihre Rechnungen, die ich aber auch nie angezweifelt habe.
Sollte es eine Methode geben, wie die Helligkeitsbewältigung gelingen kann, so werde ich auch noch andere Objektive testen.

Einen schönen Abend und Grüße
Peter Höbel
Titel: Re: Aperturmessung bei Objektiven nach Köhler
Beitrag von: Nomarski in August 14, 2009, 20:27:55 NACHMITTAGS
Hallo Herr Höbel,

vielleicht muß doch noch ein Kondensor dazwischen, damit die Punke zum Rand hin heller werden.
Der ist ja schnell mal eingesetzt. ;)

Schönen Abend
B.W.
Titel: Re: Aperturmessung bei Objektiven nach Köhler
Beitrag von: hinrich husemann in August 15, 2009, 00:36:35 VORMITTAG
Hallo Herr Höbel,
meine Aufnahmen für den Artikel im MK in 2005 habe ich damals noch analog mit Dia-Film gemacht; der verkraftete die Helligkeitsunterschiede (zumindest damals) besser als die Digi-Knipse. Verursacht durch das Verhältnis von Spalt- zu Stegbreite des Gitters - hier des Objektmikrometers mit seinen relativ schmalen Stegen, ist a) die 0. Ordnung besonders intensiv, und b) nimmt die Intensität der aufsteigenden Beugungsordnungen bis zur 4. oder 5. Ordnung ab, um danach zunächst wieder anzusteigen und dann wieder abzufallen usw. (in meinem oben erwähnten MK-Artikel aus 2005 habe ich das auch wellenoptisch erläutert). Um auch die 5. und 6. Ordnungen "knipsen" zu können, müssten Sie vielleicht ergänzend in einer 2. Aufnahme länger belichten und dabei die Überstrahlung im Mittelbereich in Kauf nehmen. Ideal wäre theoretisch ein Gitter mit sehr engen Spalten (Breite sehr klein gegen Lambda und gegenüber den Stegen); dort wären die Maxima (Lichtquellenbilder) aller Ordnungen etwa gleich hell. das Auge ist in dieser Hinsicht eben nicht leicht zu übertreffen.
Der Abend ist schon wieder fast Morgen, deshalb
freundliche Mikrogrüsse
H. Husemann
Titel: Re: Aperturmessung bei Objektiven nach Köhler
Beitrag von: hinrich husemann in August 15, 2009, 10:56:24 VORMITTAG
Hallo Herr Höbel,
noch eine kleine Ergänzung: Bei Objektiven mit höheren Aperturen vemisst man die NA bequemer mit Hilfe von Gittern höherer, wohldefinierter Linienzahldichte bzw. entsprechend kleinerer Gitterkonstante g (natürlich so man hat). Man erfasst dann weniger Beugungsordnungen, das Ganze ist aber besser zu übersehen. Im Prinzip reicht es ja auch, wenn nur noch die +/- 1. Ordnungen in die Aperturblende fallen! Die "Maßeinheit"  lambda(v)/g  zur Messung vom Radius R des Bildes der Aperturblende man dann ja!
Beispiel: Ich habe ein altes Gitter mit 570 Lp/mm entsprechend g = 1,754 µm ; als "Maßeinheit" also 0,546/1,754 = 0,3113 . In die Apertur meines 40/0,95 sollte damit gerade noch gut das kleine runde Lichtquellenbild der 3. Ordnung ( rechnerisch 3,05) fallen. Und das sehe ich auch noch deutlich und ohne "Augenzwickeln" mittig korrekt durch die Aperturblende angeschnitten!  
Freundliche Mikrogrüsse
H. Husemann
Titel: Re: Aperturmessung bei Objektiven nach Köhler
Beitrag von: Nomarski in August 15, 2009, 11:28:18 VORMITTAG
Hallo,
ich habe bei den Versuchen auch schon gemerkt, daß ich mit einem Objektmikrometer mit 10µm-Teilung nicht sehr weit komme. So ein feines Gitter habe ich leider auch nicht, deswegen halte ich mich wieder an die alte bewährte Methode, die Diatomeen auf der Testplatte aufzulösen.
Der Vergleich ist dann zwar mehr qualitativ als quantitativ, aber wenn ein Objektiv schlecht ist, hat man sowieso nicht mehr Möglichkeiten als Front- und Hinterlinse zu säubern, falls es daran liegt.


VG
B.W.
Titel: Re: Aperturmessung bei Objektiven nach Köhler
Beitrag von: hinrich husemann in August 15, 2009, 12:21:23 NACHMITTAGS
Da ich gerade dabei bin, vielleicht noch einige grundsätzliche Überlegungen zu diesem Thema: Der Radius R des im Hilfsmik. sichtbaren Bildes der Aperturblende des Objektivs entspricht ja dessen Numerischer Apertur NA(Obj.) (hierzu noch eine Anmerkung unten). Ist diese bekannt, kann man jedem Punkt i innerhalb der Aperturblende eine Numerische Apertur NA(i) zuordnen, die einem Strahlwinkel a(i) gegenüber der optischen Achse - repräsentiert durch den Mittelpunkt der Aperturblende - entspricht: NA(i) = n * sin[a(i)]  (n = Brechungsindex des umgebenden Mediums). Sei x(i) der Abstand des Punktes i vom Mittelpunkt (opt. Achse), dann gilt   NA(i)  =  [ x(i) / R ] * NA(Obj.) . Soweit die Strahlenoptik.
Die Reihe der äquidistanten Lichtquellenbilder in der Ebene der Aperturblende stellt das Fraunhofersche Beugungsbild des Objektgitters dar. Aus ihrem Abstand untereinander, am einfachsten aus dem Abstand x(1) des Bildes 1. Ordnung zum Mittelpunkt (opt. Achse) läßt sich bei bekannter (Vakuum-)Wellenlänge lambda(v) (wir benutzen ja quasi monochromatisches Licht) z.B. auch die jeweilige Gitterkonstante g ermitteln : g = lambda(v)/NA(1) = {lambda(v)/[x(1)/R]}*NA(Obj.). (Die vielen Klammern sind natürlich etwas "fusselig", lassen sich aber bei der Zeilenschreibweise schwer umgehen. Hoffentlich habe ich mich selbst nicht vertan.)
So könnte man z.B. mit einem Objektiv bekannter NA auch Gitterkonstanten von Diatomeen aus ihrem Beugungsbild in der Aperturebene ermitteln (habe ich auch schon probiert; wen es interessiert: MK 2006, Heft 2, S.115 ff ).
Und wenn man ein unbekanntes Band-Filter hat, mit einer bekannten Kombination Objektgitter /Objektiv auch in etwa dessen Wellenlängen-Schwerpunkt.
Freundliche Mikrogrüsse
H. Husemann

Anmerkung: Die NA ist an sich zunächst kein Charakteristikum des Objektivs, sondern der von diesem "getätigten" Abbildung. Nur wenn das Objektiv "bestimmungsgemäß" (also mit der richtigen Bildweite und damit vorgesehener Tubuslänge) gebraucht wird, kann man die genaue Gültigkeit der aufgravierten NA erwarten.
Titel: Re: Aperturmessung bei Objektiven nach Köhler
Beitrag von: peter-h in August 15, 2009, 17:14:22 NACHMITTAGS
Zum Abschluss !

Wenigstens wollte ich die von Herrn Husemann angestimmte Anregung zu Ende führen. Meine 2 Objektmikrometer haben vermutlich zu dünne Striche oder was auch immer. Nun gab es noch ein Diffraction Grating mit 13400 line/inch = 527,6 Linien/mm , somit ein Gitterabstand von 1,896 µm. Jetzt noch alle Register in der Kameratechnik gezogen und ...

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures001/16912_22859295.jpg)
PlanApo 10/0,32 gemessen bei 546nm nach Rechnung NA = 0,311

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures001/16912_64815892.jpg)
PlanApo 10/0,32 gemessen bei 600nm nach Rechnung NA = 0,316

Ein PlanApo25/0,65 bei 546nm gemessen ergab dann NA = 0,635

Nachtrag und Korrektur
Leider habe ich erst nachträglich meine älteren CZJ Interferenzfilter gemessen. Überraschung und ärgerlich  >:(
Wellenlängen haben sich verschoben und nun ist:
PlanApo 10/0,32 @ 556 nm , NA = 0,316
PlanApo 10/0,32 @ 605 nm , NA = 0,319
PlanApo 25/0,65 @ 556 nm , NA = 0,646
Besser geht es wohl kaum !

Diese Werte klingen plausibel. Allerdings sind die Intensitäten am Rand bei z.B. 40/0,95 so gering, dass dazu wohl ein richtiges Gitter mit 50/50 Teilung und gutem Kontrast erforderlich ist. Meine Hilfskrücke eines Diff.Gitters war zwar brauchbar, aber es ist nicht empfehlenswert.

Gibt es einen Lieferanten mit "vertretbaren" Preisen für div. Testgitter ? Die üblichen, bekannten Firmen übersteigen im Preisgefüge leider meine Schmerzschwelle.

Ein schönes Wochenende
Peter Höbel
Titel: Re: Aperturmessung bei Objektiven nach Köhler
Beitrag von: Nomarski in August 15, 2009, 18:53:11 NACHMITTAGS
Eine Abbe'sche Testplatte habe ich zum vertretbaren Preis leider noch nicht angeboten gesehen, wobei sich mal wieder diskutieren läßt, was man unter vertretbar zu verstehen hat.
Ein optisches Gitter zum Monochromatorenbau konnte ich bereits für 2 Euro/Stück erwerben. Für mich jedenfalls in jeder Hinsicht vertretbar. ;D
Titel: Re: Aperturmessung bei Objektiven nach Köhler
Beitrag von: hinrich husemann in August 15, 2009, 19:15:07 NACHMITTAGS
Hallo Herr Höbel,
Auch zum Abschluss: Prima, prima! Bei dem unteren Bild , gemessen bei 600 nm, hätte ich persönlich aber statt genau einer "Einheit" (1,00) nur 0,98 bis 0,99 gegeben. Die gelben 600nm-Scheibchen stehen meiner Einschätzung nach mit ihren Mitten schon außerhalb des Blendenrandes! Mit 0,99 würde man bei 0,313 - in guter Übereinstimmung mit dem 546nm-Bild - landen.
Frage ist natürlich auch: Wie genau ist die Angabe der Gitterteilung und auch der Wellenlängenangabe des Interferenzfilters? (Letzterer würde ich persönlich etwas mehr trauen.) Ich glaube, dass hier bezüglich der Meßgenauigkeit schon mit einem Gesamtfehler von +/- 1 - 2% (entspräche hier einer Delta NA von etwa  +/- 0,03 bis 0,06 ) gerechnet werden muß. Aber: auch die anderen Verfahren "kochen nur mit Wasser"!
Ob Gitter mit 50/50-Teilung generell immer so gut sind, ist die Frage. Wenn man mit der 1. Ordnung messen will, sicher, denn die ist dann besonders stark. Da man aber relativ dicht am Sinusgitter ist, sind die weiteren Ordnungen sehr schwach (beim Sinusgitter wären sie Null) und deshalb weniger gut nutzbar.
Insgesamt aber: In meinen Augen ein Erfolg. Auch ich würde mir gerne noch ein paar Testgitter zulegen, aber diese hauchdünnen, wie sie manchmal Büchern zugegeben sind, bringen nur sehr flaue Bilder. Wenn Sie aber in zu dicke Glasscheiben "eingepackt" sind, kann man Sie mit starken Objektiven oft nicht mehr gut abbilden. Wenn Sie eine gute Quelle finden, wäre ich für einen Hinweis dankbar.
Freundliche Mikrogrüsse
H. Husemann

PS: Gerade sehe ich nachträglich Ihre neuen Gitterwerte und die daraus folgenden Ergebnisse! Was will man eigentlich mehr?