Verehrtes Forum,
nach langer Pause melde ich mich wieder zurück.
Ich habe mir ein kleines (älteres) Jung Schlittenmikrotom zugelegt (ist in dieser Woche geliefert worden).
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures006/211664_50055298.jpg)
Jung Schlittenmikrotom; Foto mit freundlicher Genehmigung von Peter Müller, Göttingen.
Das Mikrotom hat eine Gesamtlänge von ca. 29cm und eine manuelle Betätigung für den Höhenvorschub. Die Lackierung ist noch sehr gut und zeigt wenige Abnutzungsstellen. Das Mikrotom muss gereinigt und neu gefettet werden, also eine vollständige Wartung.
Welches Fett verwendet man für die Führungsbahnen und welches für den ,,Hub-Zylinder" des Probenhalters? , etc.
Für Tipps wäre ich sehr Dankbar.
Herzliche Grüße
Winfried Todt
Hallo Winfried,
ich kenne mich mit Mikrotomen konkret nicht aus, aber dafür mit Werkzeugmaschinen. Da würde man solche Führungsbahnen mit Gleitbahnöl GLP 68 schmieren. Gibts bei Ebay für 10€ pro Liter. Für den Hubzylinder geht das auch, alternativ gewöhnliches Wälzlagerfett oder GLP 220. Passen tut es, wenn der Schlitten geschmeidig läuft, aber die Führungsflächen in Kontakt bleiben.
Ich denke, dass Du so gut zurechtkommen würdest.
Viele Grüße,
Bob
Hallo Bob,
worin besteht der Unterschied zwischen GPL 68 und GPL 220?
Herzliche Grüße
Winfried
Hallo Winfried,
GLP ist die Bezeichnung für Gleitbahnöle, also Öle mit Haftzusatz, die nicht so schnell abtropfen. 68 und 220 sind die Viskositäten. Für Viskositäten gibt es aber Angaben nach unterschiedlichen Standards, also aufpassen, wenn Du vergleiche ziehst. Ein GLP 68 passt für eher waagerecht verlaufende Führungsbahnen, ein GLP 220 ist schon eher Honig-artig, zieht Fäden und passt für senkrecht verlaufende Führungsbahnen. Ein 68er Öl entspricht von der Viskosität her etwa einem SAE 30 Rasenmäheröl.
Führungen, die richtig zu arbeiten haben, schmiert man mit Öl, weil frisches Öl alten Dreck, Staub und Abrieb wegspült, während Fett eine abrasive Pampe bilden würde. So kommt eine Maschine, die für Ölschmierung ausgelegt ist, aber mit Fett geschmiert wurde, zu dem Namen "Fettopfer".
Viele Grüße,
Bob
Hallo Bob,
danke für die Aufklärung, dann kann ich ja wohl auch Nähmaschinenöl nehmen?
Herzliche Grüße
Winfried
Zitat von: Winfried Todt in März 05, 2017, 00:06:38 VORMITTAG
dann kann ich ja wohl auch Nähmaschinenöl nehmen?
Guten Morgen Winfried,
schließt Du das aus meinen Ausführungen? Dann habe ich das nicht gut dargestellt.
Öle gibt es in einem relativ breiten Viskositätsbereich. Nähmaschinenöl ist recht weit am dünnflüssigen Ende angesiedelt. Von Deiner Führungsbahn würde es schneller weglaufen, als Du schneiden kannst. Außerdem wäre es zu dünnflüssig, um ein geschmeidiges Gleiten zu erlauben. Andererseits: Kaputt machen tust Du damit so schnell nichts, ich würde mir aber wirklich mal so ein Gleitbahnöl bestellen. Was über ist, kannst Du für die Fahrradkette nehmen.
Viele Grüße,
Bob
Guten Morgen Bob,
ich habe die Führungsbahnen mit Nähmaschinenöl gereinigt; auch für den Rest habe ich zum Reinigen Nähmaschinenöl genommen.
Die Führungsbahnen habe ich mit Nähmaschinenöl eingerieben und siehe da der Messerschlitten "flutscht" nur so über die Bahn. Nach ca. zwei Stunden war es aber mit dieser Herrlichkeit vorbei, der Messerschlitten hatte sich gesetzt (quasi festgesaugt) und es bedurfte eines kräftigen Ruckes und dann lief alles wieder sehr leicht.
Aus dem Grund habe ich mit dem Ölen der Bahn so meine Zweifel.
Da es hier im Forum einige gibt, die ein Schlittenmikrotom besitzen, hoffe ich dass sich ein Anwender auf meine Anfrage hin meldet.
Herzliche Grüße
Winfried
hallo, Ihr Schnibbler
wenn ein altes Schlittenmikrotom neu ins Haus kommt, dann sind öfters die Gleitbahnen nicht so wie sie es sein sollten.
Was man nicht tun soll :
mit feiner Stahlwolle oder sogar Schleifpapier versuchen, kleine Rostnärbchen, uä., zu beseitigen
Was man darf:
Die Bahnen und das Gegenstück im Schlitten entfetten - manchmal sitzt der "Knuster" der Jahrzehnte an
Falls Rostnarben vorliegen, mit Diamantschleifpaste die Bahn ganz dünn bestreichen und - ganz wichtig - mit dem Schlitten gegeneinander neu einschleifen
Wenn die Bahnen sauber sind mit einem geeigneten Öl einsprühen. Nähmaschinenöl oder ähnliche dünnflüssigen Öle sind nicht geeignet, da sie zu schnell von der Oberfläche der Gleitbahn ablaufen. Ein Haftöl kann uU zu stark in seiner Haftwirkung für ein Mikrotom sein. Das Öl ist das richtige, wenn nach Auftrag auch noch nach Stunden bei waagrecht liegendem Mikrotom ein leichtes anstoßen des Schlittens ausreicht, um den Schlitten über die ganze Bahn rutschen zu lassen.
Ich benutze Fin Super + Teflon der Fa. Interflon. Auch nach wochenlangem Nichtgebrauch des Mikrotoms gleitet der Schlitten problemlos. Ich nehme allerdings den Schlitten immer ab, da ich beim Einpacken des Mikrotoms bemerkt habe, dass wegen der guten Gleitwirkung des Sprays der Schlitten beim Transport unkontroliert herumpoltert. Bei Wiederbrauch des Mikrotoms die Gleitbahn kurz abwischen - alte Baumwollunterhemden sind super ;D ;D - neu einsprühen, fertig.
Die Hebemechanik wurde erst 3-4x mit dem Spray eingesprüht.
Eine 100ml Sprühdose habe ich schon 3-4 Jahre in Gebrauch .
Lieber Winfried,
das, was Bob geschrieben hat ist doch eigentlich ziemlich eindeutig. Nähmaschinenöl ist zu dünnflüssig aber Öl ist richtig. Du kannst Dir ja, wenn Du misstraisch bist, mal eine Probe des Leitz oder Jung Gleitbahnenöls besorgen, vielleicht hat jemand einen kleinen Rest dieser Preziose. Es ist in jedem Fall ein Öl, deutlich dickflüssiger als Haushaltsöl aber eben kein Fett. Der Altmeister der Mikrotomie, Robinson in Würzburg empfiehlt synthetisches Motorenöl und Haushaltsöl 1 : 1 zu mischen. Das Festsaugen nach längerem Stillstand ist übrigens normal. Allerdings wurde kürzlich hier ein alternatives Schmiermittel beschrieben, das diesen Effekt nicht aufweist. Ich habe leider vergessen wo und was. Noch ein Tipp, nicht von mir, aber er funktioniert: Schneidöl aus der mechanischen Werkstatt.
Herzliche Grüße
Detlef
Sorry, Wolfgang war schneller und das ist auch das alternative Mittel
Hallo Detlef,
da habe ich INTERFLON Fin Super Teflon empfohlen.
Herzliche Grüße
Herbert
Hallo zusammen,
mit dem Schneidöl (das zum Gewindeschneiden, tiefziehen etc.) wäre ich etwas vorsichtig: Es agiert chemisch mit den Oberflächen, um bei höchsten Belastungen durchzuhalten. Ich kann mir vorstellen, dass es je nach Materialien und Materialkombinationen zu einer Schädigung der Oberflächen kommen kann. Davon abgesehen riecht es nach Katzenpipi.
Grundsätzlich wird es auch so sein, dass nicht jedes Mikrotom mit dem selben Schmierstoff optimal bedient ist. Allein der Reinigungsaufwand wird sich von Modell zu Modell unterscheiden.
Die Teflon-Komponente ist bestimmt gut bei dieser Anwendung.
Viele Grüße,
Bob
Hallo Ihr Lieben,
danke für Eure guten Hinweise und Ratschläge.
Da Wolfgang schon eigene Erfahrungen mit dem "Fin Super + Teflon der Fa. Interflon" gemacht hat vertraue ich ihm und habe mir das Fin Super + Teflon der Fa. Interflon gerade bestellt.
Ich werde Euch berichten wie es wirkt.
Herzlichen Dank für Eure Mühe
Winfried
Hallo Winfried,
die Wartung habe ich hier beschrieben:
https://mikroskopie-forum.at/index.php/Thread/1838-Reparatur-Wartung-Das-Jung-HN40-Mikrotom/?postID=16266&highlight=mikrotom#post16266
Für Dein Modell ist Beitrag Nr. 15 wichtig, Du müsstest Linksgewinde haben!
Hallo Hugo,
danke für den interessanten Link. Da habe ich jetzt erst mal was zum Lesen.
Im Gegensatz zu deinem Restaurationsobjekt sieht mein Mikrotom noch tadellos aus.
Herzliche Grüße
Winfried
Auch das Innenleben Deines Mikrotoms wird grün sein.....wollen wir wetten ? :P ;D
Hallo Hugo,
ich werde das Mikrotom zerlegen und die Bilder hier veröffentlichen.
Herzliche Grüße
Winfried
Liebe Foristen,
nach dem Lesen dieses Threads habe ich ein gebrauchtes Jung HN-40 jetzt auch zerlegt (Danke nochmals Jörg für die Wartungsanleitung!).
Trotz Fin Super auf den Gleitbahnen war es eine Ruppelpiste, wenn der Schlitten bewegt wurde. Meine Frage: Gleitbahnen abziehen, warum soll das 1 Tag brauchen?
Im Handbuch wird das Abziehen mit Chrom-III-oxid auf Schmirgelpapier (280er, 400er, dann 1000er) empfohlen.
Was ich heute hinbekommen habe, ist mit Diamantpaste (erst 6 μm, dann 3 μm) die Bahnen dünn einzustreichen & nach jeweils 20-30 Zügen flutschte der Schlitten auf dem Gleitbahnöl. Allerdings ist nur der Auflagenbreich des Schlittens jetzt mattgrau geschliffen. So lassen oder doch die komplette Bahn abziehen?
Dank`Euch vorab & beste Grüße
Sven
Hallo Sven,
so ein Schmiermittel mit Feststoff-partikel wie Fin Super sollte auf nur normal verschlissenen Bahnen eigentlich ein akzeptables Gleiten zulassen. Spannend wäre es gewesen, herauszufinden, was da eigentlich noch unregelmäßig reibt. Das könnten z.B. Partikel gewesen sein, die in die Oberfläche gedrückt waren, oder Kontakt an Stellen, die sich eigentlich nicht berühren sollen.
Nach dem Schleifen mit Diamantpaste würde ich vor allem darauf achten, diese gründlichst zu entfernen. Wenn der Schltten dann gut läuft, schnell wie langsam, würde ich es dabei belassen.
Optimal gleitfreudige Führungen brauchen nicht spiegelblank sein, das ist eher hinderlich. Ideal ist eine auf viele kleine Tragpunkte fein geschabte Oberfläche, in deren Tälern sich das Öl gut hält. Es macht aber m.E. keinen Sinn, so eine Schabung an bereits gebrauchten Oberflächen anzubringen, dass passt dann eh nicht über die gesamte Länge.
Viele Grüße,
Bob
Hallo Bob,
Danke für die Antwort! Denke der Vorbesitzer hat wohl die Bahnen etwas unregelmäßig blankpoliert. Dann ist ihm das Teil auch noch heruntergefallen. Zuerst fürchtete ich, das Schienenteil wäre verbogen. Alles, was Gewindestange heißt, ist entweder verbogen oder abgebrochen. Selbst das Messinglager im Fuß, welches das Stellzahnrad-Krims-Krams trägt, war krumm. Beherzte Hammerschläge am Schraubstock und alles funktioniert wieder bestens. Selbst der automatische Vorschub arbeitet nun wieder exakt.
Wenn ich noch einmal die Wahl zwischen Schmodder- oder verbogen-Mikrotom hätte, ich würd`den Schmodder nehmen...
Dann lasse ich alles so wie es jetzt ist. Das Schnippelaufkommen hält sich ja (noch) in Grenzen.
Viele Grüße
Sven
Hallo Sven,
ZitatTrotz Fin Super auf den Gleitbahnen war es eine Ruppelpiste, wenn der Schlitten bewegt wurde. Meine Frage: Gleitbahnen abziehen, warum soll das 1 Tag brauchen?
Im Handbuch wird das Abziehen mit Chrom-III-oxid auf Schmirgelpapier (280er, 400er, dann 1000er) empfohlen.
Das braucht so ewig, weil man die gründlich gereinigten und entfetteten Bahnen von Hand, mit einem ebenen Schleifklotz langsam und gerade
über die gesamte Länge komplett abzieht. Beim Wechsel zu feinerem Korn ist alles gründlichst zu säubern, damit keine gröberen Körner den feineren Schliff zunichte machen.
Je nach dem wie flach die Schlaglöcher sind, kann man auch gleich mit feinem Schleifpapier beginnen, das dauert dann zwar länger, weil der Abtrag geringer ist, aber die Gefahr, was zu ruinieren ist deutlich geringer.
Ist man mit den Bahnen fertig, schleift man den Schlitten wie folgt ein: Schleifpapier knicken und über die Gleitbahn legen und den Schlitten über das Schleifpapier hin- und herschieben.
Sinn und Zweck der ganzen Prozedur ist es, feinste, durchgehende Rillen zu erzeugen, in denen sich das Öl sammelt, so daß die Bildung eines Ölfilms, auf dem der Schlitten schön gleitet, recht einfach wird. Mit Polieren hat das nichts zu tun!
Sowas macht man mit Ruhe und Geduld, Hektik ist hier fehl am Platze.
Liebe Foristen,
auf Bitten von Holger stelle ich gerne einige Fotos vom Jung Mikrotom HN-40 rein. Die abgebrochenen Gewindestangen im 3. Bild sind aufgebohrt und mit einem M5-Gewindeschneider korrigiert. Aufgrund des restlichen guten Zustandes gehe ich nicht von einer allzu hohen Fallhöhe aus. Für die vakante Position am Stellzahnrad suche ich noch eine Rändelschrauben-Konstruktion. Ein Versuch den Hersteller zu kontaktieren war nicht erfolgreich.
Mit Schleifpapier ab 2000er Korn werde ich die Bahnen am Wochenende komplett abziehen, eventuell vielleicht mit Wasserschleifsteinen äquivalenter Korngröße?
Viele Grüße
Sven
Hallo Sven,
das Ding sieht doch sonst noch prima aus und wurde vermutlich wenig benutzt. Ich würde daher nicht unnötig viel daran herumschleifen. Ideal zum Gleiten ist ein Oberfläche mit vielen kleinen Vertiefungen, die sind jetzt nicht vorhanden, sind es aber auch nicht, wenn Du die Bahnen auf Spiegelglanz bringst.
Was Du noch machen könntest: Die Führungsflächen des Schlittens entfetten , dann dünn mit Edding bemalen, und über die entfettete Führungsbahn schieben. Evtl. zeigt Farbauftrag, dass doch noch vorstehende Stellen zu finden sind. Das ganze dann mal anders herum durchführen. Solche vorstehenden Stellen werden durch Abschleifen oft nicht gezielt genug getroffen.
Welche Sorte Gleitbahnöl verwendest Du?
Mein 1870er Schanze Mikrotom aus Messing hat sicherlich mehr erlebt, als Dein Mikrotom, aber 220er Gleitbahnöl hilft über allen Kummer hinweg. 8)
Ich meine, dass Jung in Leica aufgegangen wäre.
Viele Grüße,
Bob
Liebe Foristen,
gestern habe ich die Schlittenbahnen vom Jung HN-40 mit 320/400/800/1200 Schleifpapier jeweils im feuchten Zustand mit etwas Chrom-(III)-oxid abgezogen, wie in der Bedienungsanleitung beschrieben. Jetzt funktioniert alles perfekt. Mein Tipp: schnell arbeiten bzw. die Bahnen schnell abtrocknen, sonst rostet es etwas. Oder mit Öl schleifen.
Dank der Gleitbahnölspende von Bob ist mein Favorit das GLP68. In der Reihe mit ansteigender Viskosität wird der Schlitten langsamer: Fin Super (Schlitten zu schnell) < GLP68 (Schlitten gleitet perfekt)< GLP220 (Schlitten zu langsam).
Wer Chrom-(III)-oxid braucht, dem kann ich gerne eine kleine Dose kostenfrei zukommen lassen.
Viele Grüße
Sven