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Foren => Mikroskopie-Forum => Thema gestartet von: Alfons Renz in März 18, 2017, 12:54:50 NACHMITTAGS

Titel: Borrelien und Parasiten im Blutausstrich
Beitrag von: Alfons Renz in März 18, 2017, 12:54:50 NACHMITTAGS
Liebe parasitologisch und mikrobiologisch Interessierte,

In einen anderen Beitrag war die Frage diskutiert worden, welche 'Parasiten' man denn in einem Blutaussstrich sehen könne. Und ich hatte daraufhin etwas keck behauptet, dass wahrscheinlich die Mehrzahl aller Wirbeltiere (einschließlich des Menschen) Parasiten im Blut habe. Jedenfalls im natürlichen, nicht durch intensive Medizin verfälschten Zustand.

Da hatte ich eigentlich mit Widerspruch gerechnet und mir selbst auch die Frage gestellt, ob diese Behauptung so allgemein geäussert überhaupt gültig sei. Deshalb möchte ich einschränkend zufügen: Nicht immer und nicht immer in nachweisbarer Menge. Aber dass "Parasiten" in natürlichen Biozönosen sehr häufg sind, ja vermutlich ursächlich zu ihrer Evolution, Vielfalt und Stabilität beitragen, ist - unter Parasitologen - unbestritten.

Unter "Parasiten" im weiteren Sinne versteht man in diesem Zusammenhang Viren, Bakterien und eben auch die 'echten Parasiten', also höhere Lebewesen mit kernhaltiger Zelle (Eukaryota). Sowohl Einzeller wie Malaria-Erreger (Plasmodien), Trypanosomen, Amöben und Ciliaten als auch Mehrzeller wie Filarien, Saugwürmer, Bandwürmer, Krebse und Insekten. Dass eine Riesenzahl von Bakterien in und auf unserem Körper lebt, ist eine Binsenwahrheit. Nur ganz wenige davon werden pathogen und alle sind mikroskopische für den Laien wenig interessant, weil viel zu klein.

Im Folgenden werde ich hier einige Parasiten vorstellen, deren Entdeckung und Erforschung ohne Mikroskop gar nicht möglich wesen wäre, und die auch für den Freizeit-Mikroskopiker durchaus interessante Objekte liefern können.

Anfangen möchte ich mit den Borrelien, die auch in dem oben zitierten Beitrag zur Sprache kamen. Sie zählen zu den Schraubenbakterien, Spirochaeten, und werden, wie man am Durchmessser der Erythrozyten (ca. 7,5 µm) leicht ablesen kann, ungefähr  3 bis 5 mal so lang wie diese, also circa 20 bis 40 µm. Das ist schon 'riesig' für Bakterien, die oft nur ca. 1 bis wenige µm groß sind.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures006/212526_46847177.jpg) (http://s442.photobucket.com/user/Alfor_Photo/media/Borrelia-recurrentis-komp_zpsxpxzpeyx.jpg.html)

Es handelt sich um einen Blutausstrich: Die Erythrozyten sind noch einigermaßen gut erhalten, man sieht Leucozyten und massenhaft Erreger des (Läuse-)Rückfall-Fiebers, Borrelia recurrentius. Es stammt allerdings nicht aus einem lebenden Wirt, sondern aus einer in-vitro-Kultur mit Zusatz von Blut. Ich habe die Flüssigkeit vor Jahren von einer Kollegin zugeschickt bekommen und den Ausstrich gemacht.

Das Läuserückfallfieber ist eine gefürchtete Folge von Not- und Kriegszeiten, in denen die Hygiene leidet und die Läuse zur Plage werden. Der Ausgang ist ohne Therapie oft tödlich. Dabei werden sicher auch ähnlich hohe Parasitämien auftreten.

Häufiger ist hierzulande der Erreger der Lyme-Disease, benannt nach einem Ort in den USA, wo Borrelia burgdorferi erstmalig Erreger für dort häufig beobachtete Gelenkentzündungen beschrieben wurde. Inzwischen kennt man mehrere Stämme (Unterarten) mit unterschiedlichem Krankheitsbild. Überträger sind Zecken der Gattung Ixodes, die im Adultstadium regional zu hohen Prozentzahlen befallen sind (lokal bis zu 40 %).

Eigentlich müssten sich diese riesigen Schraubenbakterien relativ leicht in der Haemolymphe von Zecken mittels der Dunkelfeld-Mikroskopie nachweisen lassen. Aber tatsächlich findet sich bei einer schnellen Google-Recherche kein einziges solches Bild. Das ist erstaunlich!

Weiteres folgt,

Alfons

p.s. Hier können gerne 'eigene Bilder' von Parasiten im Blut etc. eingefügt werden. Nur bitte keine von 'eigenen Parasiten': Diagnostische Hilfeleistung kann hier nicht geboten werden!
Titel: Re: Borrelien und Parasiten im Blutausstrich
Beitrag von: Dünnschliffbohrer in März 18, 2017, 18:45:43 NACHMITTAGS
Hallo Alfons,

da schneidest du ein sehr interessantes Thema an, und ich bin auf deine weiteren Beiträge sehr gespannt. Der Erreger des Läuserückfallfiebers war der erste, wo ein Bakterium als Verusacher einer Infektionskrankheit erkannt wurde (durch Otto Obermaier (https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Obermeier_(Arzt))).
Und sind die Borrelien nicht sehr schwer anfärbbar? Ich glaube, deshalb wird auch heute noch Treptonema in Dunkelfeld nachgewiesen, die sind wohl noch schwerer anfärbbar?

Viele Grüße
Titel: Re: Borrelien und Parasiten im Blutausstrich
Beitrag von: CMB in März 18, 2017, 19:08:27 NACHMITTAGS
Moin,
das mit Obermaier ist nicht so ganz korrekt...der war wissenschaftlich sehr akkurat und genau.

Die Theorie legte Henle um 1840 .... und verlor seinen Lehrstuhl für die Vermutung, sowas wie vermehrungsfähige "Bakterien " könnten Krankheiten verursachen

Obermaier war da sehr vorsichtig um 1873 mit der Erregervermutung: Herrschende Meinung waren da noch immer Miasmen als Krankheitsverursacher.
Er beobachtete aber als erster etwa im Zeitraum  von 1866-1873 ein Zusammentreffen von Fieberschüben mit Borrelien im Blut der Erkrankten. Er berichtete darüber Anfang 1873.  Seine Untersuchungen konnte er nicht  fortsetzen, weil er sich -vermutlich im Labor- an Cholera infizierte und verstarb.

Robert Koch hat viele Jahre vor allem von 1877 -1881  und auch darüber hinaus immer wieder sein bakteriologisches Werkzeug an diesem Erreger entwickelt, ohne den Beweis für die Erregervermutung zu schaffen..... was er auch noch in hohem Alter bedauerte.

Der Russische Arzt Münch  hat kurz nach dem Bericht Obermaiers  sich 1874 in einem Selbstversuch erfolgreich mit dem Läuserückfallfieber infiziert, die Erkrankung überlebt und den Infektionsverlauf  dokumentiert, was aber von der Wissenschaft nicht  zur Kenntnis genommen wurde.

Der Nachweis gelang erst Mackie 1907.

Steht alles in einem Artikel, den ich 2011 geschrieben habe, unter Verwendung von Mikrofotografien von Präparaten Robert Kochs als auch von ihm selbst angefertigten Mikroaufnahmen.

Grüsse in die Runde
CMB
( 2 Jahreszahlen korrigiert)
Titel: Re: Borrelien und Parasiten im Blutausstrich
Beitrag von: Dünnschliffbohrer in März 18, 2017, 19:29:24 NACHMITTAGS
Hallo CMB,

vielen Dank für die Ergänzungen und Berichtigungen. Ich hatte meine Information nur aus einem Kurzlehrbuch für Medizingeschichte und dem Wikipedia-Artikel. Aber es zeigt sich wieder einmal mehr, dass vieles was man so liest, dann doch ungenau und verkürzt dargestellt wurde (ich hatte gerade vorher einen völlig verunglückten Wikipedia-Artikel zu einem anderen Thema grundlegend überarbeitet). Könntest du bitte noch einen Verweis auf deinen Artikel von 2011 einfügen?

Vielen Dank,
DSB
Titel: Re: Borrelien und Parasiten im Blutausstrich
Beitrag von: CMB in März 18, 2017, 19:46:32 NACHMITTAGS
Moin in die Runde,

der Artikel wurde veröffentlicht im Sammelband: Bildwelten des Wissens, Band 9.1, Präparate.

Robert Koch's mikroskopische Präparate, unscheinbare Belege sytematischer Forschung,  Seiten 60-65

Einen Überblick über den Inhalt des Bandes gibt dieser link.

http://www.kunstgeschichte.hu-berlin.de/2012/08/praeparate-bdw-band-9-1/

Grüsse in die Runde
CMB
Titel: Re: Borrelien und Parasiten im Blutausstrich
Beitrag von: Alfons Renz in März 19, 2017, 09:51:02 VORMITTAG
Einen schönen Sonntag allerseits!

Weiter geht's mit den Larven von Fadenwürmern ('Mikrofilarien') im Blut:

Nematoden zählen bekanntlich zu den erfolgreichsten Lebensformen. Sie haben alle Biotope erobert - nur fliegen können sie nicht! Dafür nehmen sie vornehm ein Taxi. Freilebende Arten lassen sich phoretisch von Käfern und Fliegen von einem schnell vergänglichen  'Biochorion' (Misthaufen oder Kuhfladen mit) zum nächsten transportieren oder durch blutsaugende Arthropoden von einem Wirt zum anderen. Die Bedingungen für das erfolgreiche Leben als Parasit innerer Organe sind schnell definiert: Zur Übertragung muss man wieder ins Freie und entweder passiv ('kontaminativ') über oral aufgenommene Eier (=> Spulwurm, Ascaris), aktiv ('invasiv') über frei bewegliche Larven durch die Haut (=> Hakenwürmer, Ancylostoma) oder über blutsaugende Arthropoden ('zyklische Übertragung') in einen neuen Wirt gelangen, um die Entwicklung zum adulten, geschlechtsreifen Wurm abzuschließen.

Die zyklische Übetragung durch Blutsauger bildet sozusagen die Königsklasse, da sie die 'Intelligenz' der Blutsauger (=> Wirtsspezifität und aktives Wirtssuche eines zumeist häufig vorkommenden r-Strategen) mit der Überlebenskunst eines langlebigen Wirbeltiers (=> k-Stratege) verbindet.

Wichtige Bedingung der Vektor-Übertragung ist: Die Larven müsen so klein sein, dass sie 'unbemerkt' beim Blutsaugen aufgenommen werden. Sie müssen also klein, möglichst nicht größer als einen 1/3 Millimeter lang, sehr schlank sein und sehr zahlreich im Blut vorhanden sein.

Dieses erste Larvenstadium wird als Mikrofilarie bezeichnet und kann mikroskopisch sehr leicht nachgewiesen werden:

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures006/212586_65337010.jpg) (http://s442.photobucket.com/user/Alfor_Photo/media/Mf-Streptopelia-komp-A-Renz_zpshqatbvcc.jpg.html)

Hier handelt es sich um eine Mikrofilarie im Blut einer Taube aus Kamerun. Man erkennt die Larve, umgeben von den zellhaltigen Erythrzyten des Taubenbluts. Oft finden sich mehrere Arten im selben Wirt. Der genaue Übertragungszyklus dieser Filarie ist - ebenso wie eine Vielzahl anderer Filarien - noch unbekannt. Ein weites Feld der Forschung!

Aufgrund ihrer Größe lassen sich solche Mikrofilarien recht leicht nachweisen: Man untersucht den frischen Tropfen Blut (=> Lungenblut ist besonders stark befallen!) ohne Deckglas bei schwacher Vergrößerung: Die schnell schlängelnden Würmer verraten sich schnell durch ihre Bewegung! Am besten gelingt die Färbung, wenn man einzelne Larven mit der Spitze der Präpariernadel herausfischt, in einen winzigen Tropfen Aqua dest auf einen frischen Ojektträger überträgt, eintrockenen lässt und dann mit Giemsa oder Haealaun (nach Mayer) färbt. Dass treten die Kerne der Larve deutlich hervor.

Bei der Diagnostik von Filarienbefall beim Menschen wendet man Konzentrationstechniken an: Filtration oder Zentrifugation bei Blut-Mikrofilarien oder sog. Hauptbiopsien ("Skni-snips") bei solchen Mikrofilarien, die in der Lymphe der Haut auf ihre Überträger warten (=> Onchocerca Arten).

Wer Zugang zu Wildtieren (Rehen, Hirschen, Vögeln oder freilebenden Rindern) hat, kann auch hierzulande diese Mikrofilarien leicht finden.

Viel Erfolg!

Alfons
Titel: Re: Borrelien und Parasiten im Blutausstrich
Beitrag von: h_frank in März 30, 2017, 08:36:07 VORMITTAG
Hallo Alfons,
vielleicht kannst Du mir als Sachverständiger mal weiterhelfen? Ich habe in meinem Thread ein paar Links zu eigenen "Borreliose Videos" veröffentlicht. Was meinst Du, sind das wirklich Borrelien, was ich da im lebenden Blut sehe?
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=28523.msg213259#msg213259

Gruß,
Frank
Titel: Re: Borrelien und Parasiten im Blutausstrich
Beitrag von: Alfons Renz in April 10, 2017, 18:54:26 NACHMITTAGS
Hallo Frank,

Mit Interesse verfolge ich - gerade zurück von einer längeren Reise, deshalb die späte Antwort - die Diskussion zum Thema Borrelien. Aufgrund ihrer Größe und Bewegung sollten diese Bakterien ohne Schwierigkeit im Dunkelfeld zu beobachten sein. Im Hellfeld allerdings nur nach Färbung (Gram oder Giemsa).

Selbst kann ich dazu nur eher anekdotische Beobachtungen anmerken: In den Parasitologie-Kursen zeigen wir seit Jahrzehnten immer dieselben Ausstrichpräparate von Zeckenhaemolymphe mit Kineten von Babesien (Sporozoen). Diese findet man mit etwas Übung ohne Problem. Umso größer war daher meine Überraschung, als ich in einem Präparat plötzlich auch eindeutige 'Schraubenbakterien' gesehen habe. Die vorher von mir (und vielen anderen Beobachtern!) schlicht übersehen worden waren. Man sieht eben nur das, was man erwartet...

Dennoch gilt, was von den Haemotologen auch hier im Forum bestätigt wird: Beim Auszählen von Blutausstrichen vom Menschen sieht man Borrelien, Treponemen oder Leptospiren wohl nur äusserst selten, eher nie.

Zu dem im anderen Beitrag verlinkten Video möchte ich kein Urteil fällen: Wie dort schon gesagt, könnte ein gefärbter Ausstrich sehr schnell Klarheit verschaffen. Interessante Bewegungen gibt es im zerfallenden Nativblut viele, vom amöboiden Granulozyten bis zur Brownschen 'Molekular'-Bewegung. Das zeigen viele Videos, auch bei YouTube.

Mit herzlichen Mikro-Grüßen,

Alfons
Titel: Re: Borrelien und Parasiten im Blutausstrich
Beitrag von: h_frank in April 11, 2017, 14:51:49 NACHMITTAGS
Hallo Alfons,

erst mal vielen Dank für Deine Einschätzung! Ich werde in Kürze versuchen, meine Beobachtungen im Dunkelfeld zu reproduzieren und vielleicht auch einen Blutausstrich machen. Wenn etwas interessantes dabei zu sehen ist, werde ich es in meinem Thread ( http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=28523.0;topicseen ) veröffentlichen.

Gruß,
Frank
Titel: Re: Borrelien und Parasiten im Blutausstrich
Beitrag von: JanC in April 12, 2017, 11:54:31 VORMITTAG
Lugitz - ein aktueller Fallbericht im Swiss Medical Forum, mit Foto:

http://medicalforum.ch/aktuelle-ausgabe/artikel/asylsuchender-mit-fieber-1.html

Danke, Alfons fuer den interessanten Beitrag.

Viele Gruesse,

Jan
Titel: Re: Borrelien und Parasiten im Blutausstrich
Beitrag von: Alfons Renz in April 12, 2017, 17:43:12 NACHMITTAGS
Vielen Dank, lieber Jan, für den interessanten Artikel!

.... Aber: Au weia, unsere Schweizer Kollegen:

Malaria und Rückfallfieber hatte der Patient. So weit so gut. Dann aber stellen die die Autorin und ihre zwei Kollegen die Frage: Waren in unserem Fall Läuse oder Flöhe schuldig? und beantworten diese auch sogleich: Beide!

Wie wohl Jeder weiß, wird Malaria durch blutsaugende Stechmücken der Gattung Anopheles übertragen und nicht durch Läuse oder Flöhe.

Etwas schwieriger ist es bei den Borrelien: B. recurrentis, Erreger des (Läuserückfallfieber) wird, wie der Name andeutet, durch Läuse übertragen (nicht durch Flöhe, wie in dieser Mitteilung behauptet) und kommt (kam) weltweit vor.

In Zentral- und Ost-Afrika ist zudem mit Borrelia duttoni zu rechnen, dem Erreger des Zeckenrückfallfiebers, das durch Lederzecken (Ornithodorus moubata u.a. Argasiden) übertragen wird.

Die Artbestimmung der Borrelien erfolgte über eine PCR - aber ohne Angabe der Primer oder anschließende Sequenzierung des Amplifikationsprodukts würde ich auch hier nichts unbesehen glauben...

An Leptospiren (Weilsche Krankheit) wäre ev. zu denken, oder Treponemen (Sypillis). Jedoch zeigen Erstere symmetrischere Windungen, Letztere gekrümmte Enden und ähneln deshalb nicht den im Blutausstrich gezeigten Bakterien (Borrelien). Übertragung erfolgt bei Beiden durch direkten Kontakt über die Schleimhaut oder Wunden.

Herzliche Grüße,

Alfons
Titel: Re: Borrelien und Parasiten im Blutausstrich
Beitrag von: JanC in April 12, 2017, 18:55:42 NACHMITTAGS
Hallo Alfons,

Oft sieht man im Swiss Medical Forum Leserbriefe zu erschienenen Arbeiten und Repliquen der Autoren.
Das SMF ist unter den Schweizer Aerzten sehr bekannt, und ein Kommentar von Dir wuerde der Sichtbarkeit des Mikroforums dienen 8).

Viele Gruesse,
Jan
Titel: Re: Borrelien und Parasiten im Blutausstrich
Beitrag von: rhamvossen in April 12, 2017, 20:01:59 NACHMITTAGS
Hallo Alfons,

ZitatDie Artbestimmung der Borrelien erfolgte über eine PCR - aber ohne Angabe der Primer oder anschließende Sequenzierung des Amplifikationsprodukts würde ich auch hier nichts unbesehen glauben...

Natürlich, du hast Recht. Aber das gezeigte Dokument ist auch gar kein Wissenchaftliches Artikel. Und drei Autoren für so etwas................... Beste Grüsse,

Rolf
Titel: Re: Borrelien und Parasiten im Blutausstrich
Beitrag von: Alfons Renz in April 12, 2017, 21:20:36 NACHMITTAGS
Hallo Jan,

In der Medizin gilt: Wer heilt, hat Recht! Und die kombinierte Therapie mit einem Antibiotikum und einem gegen Plasmodien wirkenden Medikament war ebenso indiziert wie wirksam.

Angesichts der Tatsache, dass sie damit einem jungen Menschen möglicherweise das Leben gerettet zu haben und dann voller Freude, ein wirklich einmaliges Mikrofoto geschossen zu haben (Plasmodium UND Borrelia!), einen wissenschaftlich nicht ganz zutreffenden Artikel publiziert zu haben, möchte ich den - wahrscheinlich jungen und sympathischen - Ärzten nicht übel nehmen, auch wenn ihnen ein paar - aus biologisch-parasitologischer Sicht natürlich gravierende - Fehler unterlaufen sind!

Hier im Mikroforum ging nicht zuletzt um die Frage, ob man Borrelien überhaupt mikroskopisch nachweisen könne. Und da kann man den Autoren nur danken, dass sie ein so schönes und zum Thema passendes Bild publiziert haben.

Um so gespannter bin ich jetzt, ob Jemand im Forum noch weitere Fotos zum Thema: Parasiten im Blut beisteuern kann und möchte!

Herzliche Grüße,

Alfons
Titel: Re: Borrelien und Parasiten im Blutausstrich
Beitrag von: Peter V. in April 12, 2017, 22:09:55 NACHMITTAGS
Hallo,

ich glaube nicht, dass die Schweizer Kollegen ernsthaft gemeint haben, dass die Malaria von Läusen übrtragen worden sei. Ich denke, dass der letzte Satz eher im allgemeinsprachlichen Sinne dafür stehen soll, dass das Fieber zwei Ursachen hatte. Eben "Läuse und Flöhe", wie der Volksmund sagt. Hie rim Forum hätte man vermutlich einfachen einen augenzwinkernden Smiley dahintergsetzt, um kenntlich zu machen, dass es eben nicht wortwörtlich gemeint ist.
Es ist in diesem Zusammenhang allerdings mißverständlich, das gebe ich zu. Ich würde aber eher vermuten, dass es sich hier um eine unglückliche doppeldeutige Formulierung handelt.

Herzliche Grüße
Peter
Titel: Re: Borrelien und Parasiten im Blutausstrich
Beitrag von: Alfons Renz in April 13, 2017, 00:30:10 VORMITTAG
Lieber Peter,

Ich möchte Dir ja gerne glauben uind finde es auch löblich, wenn Du versuchst, die Schweizer Medizinerehre zu retten, aber in dieser Arbeit finden sich so viele sachliche Fehler, dass ich geneigt bin, das Schlimmste anzunehmen.

Herzliche und Borrelien-freie Grüße!

Alfons
Titel: Re: Borrelien und Parasiten im Blutausstrich
Beitrag von: JanC in Juli 04, 2018, 21:41:20 NACHMITTAGS
Lieber Alfons, liebe Kolleginnen und Kollegen,

hier ein verspaeteter Nachtrag: Ich hatte Herrn Dr. Balestra auf unsere Diskussion seines Artikels im SMF aufmerksam gemacht.
Hier nun seine Antwort, die er mich bat, Euch mitzuteilen. Seine erwaehnte Publikation im ´New England Journal´ zum Thema Plasmodium, in der Rubrik ´Images in clinical medicine´ ist hier verlinkt:
https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMicm1514662

Herzliche Gruesse,
Jan


Hier nun Dr. Balestras Stellungnahme:

Sehr geehrter Herr Kollege Schuller,

ich danke Ihnen für Ihre Meldung: konstruktive Kritiken sind immer erwünscht. Das ist hier  leider nicht der Fall (insbesondere die Aeusserungen von Dr. Renz).  "Waren  Läuse oder Flöhe schuldig?" war ja nicht ernsthaft gemeint! Das ist ein Volksspruch (übersetzt aus italienisch, meiner Muttersprache), um zu betonen, dass das Fieber 2 verschiedene Ursachen hatte. Genau wie Euer Global Moderator Herr Peter V. schreibt.
In unserem kleinen Spital sind wir sicher keine Experten, haben allerdings in den letzten Jahren eine gewisse klinische Erfahrung "an der Front" in Tropenmedizin entwickelt, da wir das Referenzspital im Kanton Tessin für die vielen Migranten, die aus Italien über die Grenze kommen. Die Bestätigung unserer Verdachtsdiagnose fand immerhin in einem Referenzzentrum (Tropeninstut Basel) statt.
Die Behauptung, dass Malaria nicht durch Läuse oder Flöhe übertragen wird, wissen auch Laien und soll uns Herr  Renz sparen. Wir haben immerhin auch im New England Journal of Medicine etwas über Malaria geschrieben (Artikel folgt per mail).
Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie meine Stellungsnahme Ihren Kollegen vom Mikroskopie-Forum mitteilen würden.

Mit freundlichen Grüssen

Dr med. Brenno Balestra
Primario di Medicina Interna
Direttore Sanitario
Prof. a contratto Università dell'Insubria
_____________________________

Ospedale Regionale Beata Vergine
Via Turconi 23
CH-6850 Mendrisio
brenno.balestra@eoc.ch
www.eoc.ch
Titel: Re: Borrelien und Parasiten im Blutausstrich
Beitrag von: Alfons Renz in Juli 05, 2018, 00:23:56 VORMITTAG
Lieber Jan,

Vielen Dank für die Weiterleitung des Kommentars des spürbar empörten Mediziners, der sich schützend vor seine junge Kollegin stellt: Chapeau!

Meine Kritik bezog sich speziell auf die meines Erachtens fragliche Diagnose von Borrelia recurrentis und die nach Lehrmeinung schlicht falschen Angaben zu deren Überträgern (s.o.). Hier sollte Herr Dr. Ballestra bei Gelegenheit die Lehrbücher der Tropenmedizin konsultieren. Und diese ggf. korrigieren, wenn er nachvollziehbare Gründe vorzulegen hätte. Es gibt zudem eine Vielzahl von Borrelien in allen möglichen Tieren. An Zoonosen wäre da auch zu denken!

Darüber könnte man gerne diskutieren. Aber bitte mit Fakten und Argumenten! Und nicht mit 'nicht ernst gemeinten' Sprichwörtern aus einer fremden Sprache, die ins Deutsche übersetzt, nur Unsinn bedeuten.

Dass die italienischen Kollegen schon wissen, dass die Malaria von Mücken übertragen wird, hatte ich auch nur sehr ironisch in Zweifel gestellt: Schwamm darüber!

Ganz unabhängig davon: Das Thema 'Borrelien in Tieren' interessiert mich zur Zeit besonders, da meine kameruner Doktorandin B. theileri häufig in dortigen Rindern nachgewiesen hat. Mit PCR und Sequenzierung. Diese Art scheint dort - ebenso wie in Schafen hierzulande - völlig apathogen zu ein. Ebenso wie B. burgdorferi etc. in ihren Reservoirwirten.

Die von Dr. Ballestra im NEJM publizierte Beobachtung einer Exflagellation von Plasmodium vivax bestätigt übrigens exakt, was schon Alphonse Laveran 1880 beschrieben hatte und weshalb er dem neuen Erreger den Beinamen vivax = lebhaft verliehen hatte: Wenn man einen Dicken Tropfen auf dem Objektträger einige Zeit stehen lässt, beginnt die Exflagellation der Mikrogamonten unter heftigen Bewegungen. Im frischen (!) Blutausstrich sollte dies nicht (!) der Fall sein! Ohne dass es in der Publikation erwähnt wird, ist somit anzunehmen, dass die Blutprobe schon einige Zeit offen stand, bevor der Ausstrich gemacht wurde.

Herzliche Grüße,

Alfons


Titel: Re: Borrelien und Parasiten im Blutausstrich
Beitrag von: Florian D. in Juli 05, 2018, 20:46:48 NACHMITTAGS
Ich hätte da auch was in der Sammlung meiner Präparate aus den 20ger Jahren vom Flohmarkt, wenngleich keine Borrelien, aber trotzdem Ringelschwänzchen:

Spirochäte pallida
Schaudinn
------------------------
Erreger der Syphilis
Schnitt durch die Leber eines totgeborenen luetischen Kindes
Versilbert nach Levaditi

von
Mikrokosmos Stuttgart
Präparat aus d. Laboratorium Prof. Dr. F. Sigmund

Gruss,
Florian
Titel: Re: Borrelien und Parasiten im Blutausstrich
Beitrag von: Alfons Renz in Juli 06, 2018, 00:04:42 VORMITTAG
Lieber Florian,

Ein beeindruckendes Präparat, das die immense Befallsdichte sehr schön zeigt. Auch den typischen 'Knick' in der Körpermitte der Treponemen!

Danke für's Zeigen.

Alfons