Liebe Pflanzenfreunde,
der Stechende Hohlzahn ist aus zwei Hohlzahnarten durch Bastardierung entstanden, wobei die Chromosomenzahl verdoppelt wurde. Das konnte von dem schwedischen Botaniker Arne Müntzing (1903 – 1984) experimentell nachgewiesen werden, der durch entsprechende Kreuzungen ,,synthetische" Individuen erhielt.
Beim Stechenden Hohlzahn handelt es sich um einen Therophyten (eine krautige Pflanzenart von kurzer Lebensdauer, die eine ungünstige Jahreszeit (Winter oder Trockenzeit) als Samen im Boden überdauern). Der Begriff wurde 1905 von dem dänischen Botaniker Christen Raunkiær geprägt.
Bild 01 Galeopsis tetrahit
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/220911_65370760.jpg)
Dieses Foto habe ich mit einem Handy aufgenommen. Der Stechende Hohlzahn wächst am Ufersaum eines kleinen Baches an meinem Wohnort.
Der Gemeine - oder Stechender Hohlzahn gehört zu den Gewächsen, die irgendwo auftauchen, ohne wirklich wahrgenommen zu werden. Nesselartige Blätter erscheinen irgendwann im Frühjahr, zunächst noch klein und unauffällig. Die Pflanze bildet keine Rosette, wächst nach der kurzen Jugendphase gleich in die Höhe. In den Blattachseln erscheinen die in Scheinquirlen angeordneten Blüten, die sich aus den verwachsenen Kelchblättern hervorschieben. Die Kelchblätter sind am Rand mit spitzen Zähnen versehen.
Während der Blüte (Juni – Oktober) sind sie noch weich, aber wenn die Samen reifen werden sie trocken und hart, was sich beim Anfassen unangenehm bemerkbar macht. Die Samen sitzen jeweils zu viert in den offenen Klausen (einsamiges Teilfrüchtchen der Lippenblütler).
Die Tiere bleiben an den Borsten und dem stacheligen Kelch hängen, die elastischen Stängel biegen sich, schnellen dann zurück und schleudern die Früchtchen aus den Kelchen.
Bild 02 Galeopsis tetrahit
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/220911_62955487.jpg)
Foto: H.-J_Koch
Der Hohlzahn braucht offenen Boden für seine Entwicklung, er ist ein Kulturfolger, der sich den Ackerbau des Menschen zu Nutze gemacht hat.
Systematik:
Ordnung: Lippenblütlerartige (Lamiales)
Familie: Lippenblütler (Lamiaceae)
Unterfamilie: Lamioideae
Gattung: Hohlzahn (Galeopsis)
Art: Gemeiner Hohlzahn
Wissenschaftlicher Name: Galeopsis tetrahit
Volkstümliche Bezeichnung: Dorn-Hohlzahn, Gewöhnlicher Hohlzahn, Stechender Hohlzahn, Stacheliger Hohlzahn oder Hanfnessel
Englischer Name: Common Hempnettel
Bild 03 Illustration, Galeopsis tetrahit
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/220911_31038138.jpg)
Quelle: Figure from Deutschlands Flora in Abbildungen at http://www.biolib.de
Urheber: Johann Georg Sturm (Painter: Jacob Sturm)
Dieses Werk ist gemeinfrei, weil seine urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist.
Bild 04 Galeopsis tetrahit
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/220911_64604114.jpg)
Foto: H.-J_Koch
Typisches Merkmal: Der vierkantige, steifhaarige Stängel bildet unterhalb der Blattknoten deutliche Verdickungen.
Der Hohlzahn als Heilpflanze:
Für die Verwendung in der Medizin werden die oberirdischen Pflanzenteile während der Blütenzeit geerntet. Die enthaltenen Wirkstoffe sind Gerbstoffe und Saponine. Diese wirken blutreinigend, blutbildend und außerdem schleimlösend.
Saponine sind oberflächenaktive Substanzen (Tenside), die in wässriger Lösung Schaum bilden; sie dienen der Herabsetzung der Oberflächenspannung.
Spross, Querschnitte 25 Mikrometer
Die Bilder 05 und 06, zeigen ungefärbte Schnitte
Bild 05 Übersicht, Stechender Hohlzahn, Galeopsis tetrahit
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/220911_31523018.jpg)
Bild 06 Vergrößerung, Stechender Hohlzahn Galeopsis tetrahit
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/220911_17375337.jpg)
W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau) modifiziert
Arbeitsablauf :
1. Probe liegt in 30 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Acridinrotlösung 8 Min.
4. 1x auswaschen mit Aqua dest. .
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) ca. 12 Sekunden !!!.
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest..
7. Nachfärbung Astrablaulösung 1 Minute.
Bei der Nachfärbung mit Astrablau eine Mischung aus Astrablau und Acriflavin im Verhältnis 4 : 1 verwendet (blau + gelb = grün).
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste auf dem Objektträger verbleiben.
9. Entwässern mit 2x gewechseltem Isopropylalkohol ( 99,9 % )
10. Einschluss in Euparal.
Ergebnis :
Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot, Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb, Zellwände der innenliegenden Hypodermis tiefrot.
Bild 07 Übersicht, Spross mit vier primären Leitbündeln, Stechender Hohlzahn Galeopsis tetrahit
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/220911_41300193.jpg)
Familienmerkmal der Lippenblütler ist der vierkantige Stängel. Die Kanten sind versteift. Oft sind die Stängelglieder hohl.
Ungewöhnlich ist das fast völlige Fehlen von Drüsengängen und Ätherischen Ölen, die bei fast allen Lippenblütengewächsen vorkommen.
Bild 08 Übersicht, Negativ-Aufnahme, Lentizelle, Stechender Hohlzahn Galeopsis tetrahit
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/220911_15586314.jpg)
Bild 09 Vergrößerung aus der Übersicht mit Beschriftung, Stechender Hohlzahn Galeopsis tetrahit
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/220911_11404313.jpg)
MP = Markparenchym, T = Trachee, PXY = Protoxylem, XY = Xylem, PH = Phloem, CU = Cuticula, EP = Epidermis, KLO = Kollenchym, RP = Rindenparenchym
Das luftfreie Xylem dient der Wasserleitung und den Transport Von Mikro – und Makronährstoffen. Es ist auch recht dickwandig, da der Transport fast ausschließlich durch ,,Sog" in Gang gehalten wird. So können die Pflanzen auch bei sehr angespannten Wasserverhältnissen nicht Kollabieren und der Wasserfaden reißt nicht ab.
Bild 10 Vergrößerung, Stechender Hohlzahn Galeopsis tetrahit
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/220911_28137373.jpg)
Bild 11 Vergrößerung zentraler Hohlraum, Stechender Hohlzahn Galeopsis tetrahit
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/220911_12781633.jpg)
Die Bilder 12 bis 15 zeigen angeschnittene und abgebrochene Trichome.
Bild 12 Trichom, Stechender Hohlzahn Galeopsis tetrahit
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/220911_54284939.jpg)
Bild 13 Trichome, Stechender Hohlzahn Galeopsis tetrahit
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/220911_11090012.jpg)
Bild 14 Trichome, Stechender Hohlzahn Galeopsis tetrahit
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/220911_52037308.jpg)
Bild 15 Trichom, Stechender Hohlzahn Galeopsis tetrahit
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/220911_53154844.jpg)
Als Haare oder Trichome bezeichnet man Anhangsgebilde der Epidermis, die durch Auswachsen einzelner Epidermiszellen entstanden sind, Die Haare sind mit dem unteren Teil, dem Fuß, in der Epidermis verankert. Den über die Epidermis hinausragenden Teil bezeichnet man das Schaft.
Bild 16 Trichom, Stechender Hohlzahn Galeopsis tetrahit
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/220911_31864982.jpg)
Bild 17 Trichom, Stechender Hohlzahn Galeopsis tetrahit
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/220911_31395883.jpg)
Spitze eines mehrzelligen Haares.
Dieses Haar erinnert mich an ein Brennhaar mit Köpfchen einer Brennessel (Urtica) es besteht aber kein Zusammenhang dieser beiden Pflanzen.
Bild 18 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Xylem, Stechender Hohlzahn Galeopsis tetrahit
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/220911_12162820.jpg)
Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 520, Erregerfilter BP 436/10
Bild 19 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Stechender Hohlzahn Galeopsis tetrahit
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/220911_28913585.jpg)
Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 520, Erregerfilter BP 436/10
Quellen und weiterführende Informationen:
Wikipedia; Freie Enzyklopädie
,,Was blüht denn da ?", ISBN: 978-3-440-11379-0, Buch – Nr.: 03553-5
Conert, Hans-Joachim ,,Flora in Farben", 1962
Aichele, Dietmar ,,Was blüht denn da ?"
Nultsch, Wilhelm ,,Mikroskopisch – Botanisches Praktikum", ISBN: 3-13-440310-2
Für konstruktive Kritik bin ich ebenso offen wie für lobende Worte.
Doch zunächst einmal wünsche ich viel Freude beim Lesen.
Hans-Jürgen