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Foren => Mikrofoto-Forum => Thema gestartet von: Reinhard in Februar 28, 2018, 19:47:15 NACHMITTAGS

Titel: kleine abendliche Geometriestunde
Beitrag von: Reinhard in Februar 28, 2018, 19:47:15 NACHMITTAGS
Hallo Freunde,

anbei einige Bilder eines meines Erachtens nicht ganz unansehnlichen Minerals, das ich vor kurzem bekommen habe.
Es handelt sich um das Mineral "Metatorbernit", hier aus einer nicht weiter bekannten spanischen Mine.
Es kommt als Verwitterungsprodukt von Torbernit vor und ist im Gegensatz zu diesem meist undurchsichtig trübe.
Meist findet man es als tafelige Kristalle; mein Exemplar besteht fast vollständig aus bipyramidalen Kristallen in Größen von bis zu 2mm.
Zusammensetzung: Cu[UO2](PO4)2 .8H2O

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/229658_45523402.jpg) (http://www.directupload.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/229658_35287174.jpg) (http://www.directupload.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/229658_44419000.jpg) (http://www.directupload.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/229658_52697953.jpg) (http://www.directupload.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/229658_22597652.jpg) (http://www.directupload.net)

viel Freude beim Betrachten
Reinhard
Titel: Re: kleine abendliche Geometriestunde
Beitrag von: A. Büschlen in Februar 28, 2018, 20:15:04 NACHMITTAGS
Hallo Reinhard,

wunderschöne Kristalle gekonnt abgelichtet.
Wie hast du beleuchtet und fotografiert?

Gruss Arnold
Titel: Re: kleine abendliche Geometriestunde
Beitrag von: Heiko in Februar 28, 2018, 21:48:23 NACHMITTAGS
Hut ab, Reinhard.

Mich interessiert besonders Deine Prophylaxe in Umgang und Lagerung.

Viele Grüße,
Heiko
Titel: Re: kleine abendliche Geometriestunde
Beitrag von: Klaus Herrmann in Februar 28, 2018, 22:04:22 NACHMITTAGS
ZitatMich interessiert besonders Deine Prophylaxe in Umgang und Lagerung.
So wie ich Reinhard einschätze: schwerer Atemschutz Nitrilhandschuhe, UV-Schutzbrille und Bleibunker mit 1cm Wänden.

Reinhard, nachdem der Fundort nicht genau bekannt ist ist die Stufe ja völlig wertlos; ich könnte sie für dich ohne weitere Kosten entsorgen. Porto müsstest du allerdings übernehmen! 8)
Titel: Re: kleine abendliche Geometriestunde
Beitrag von: Reinhard in Februar 28, 2018, 22:31:19 NACHMITTAGS
Hallo Arnold,

das Ganze wurde mithilfe eines Zeiss Tessovars und aufgesetzter EOS 5D2 abgebildet.
Adapter: Rolf (reblaus);  Halterung Probe: Klaus;  Stacking: Helicon Focus; NB: Photoshop

Hallo Heiko, hallo Klaus,

die Prophylaxe ist denkbar einfach, wie von Klaus angedeutet.
Auf dem Bild siehst Du mich bei der Arbeit mit dem Torbernit. ;D ;D ;D
(Vorläufer der Manipulatorenkammern, hier: MetLab-Project Universität Chikago 1944)
aus: Plutonium Laboratory; LIFE Magazin, July 8, 1946
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/229671_10261382.jpg) (http://www.directupload.net)

Im Ernst: Die Aktivität, die von solchen Mineralen ausgeht, ist gering! U selbst ist ein alpha-Strahler,
dessen Reichweite im mm-Bereich liegt. Das was man misst, ist die gamma-Aktivität der Zerfallsprodukte und deren Anteil liegt
in einem winzigen Promillebereich. Es muss eben insbesondere darauf geachtet werden, Inkorporationen zu vermeiden und das
sollte aber auch bei anderen Schwermetallen der Fall sein.
Beruflich war ich mit weitaus höheren Strahlenbelastungen konfrontiert und habe trotzdem immer gut geschlafen.  ;)

viele Grüße
Reinhard




Titel: Re: kleine abendliche Geometriestunde
Beitrag von: Heiko in Februar 28, 2018, 23:43:18 NACHMITTAGS
Hallo Reinhard & Klaus,

meine wohlmeinende, aber mangels Erfahrung natürlich unbedarfte Frage, bezog sich tatsächlich auf die Gefahr der Inkorporationen sprich den Partikelabrieb. Diesbezüglich gab es ja auch schon einmal eine ausführliche Diskussion, die diesen Aspekt exponierte.
Um durch eine Reduktion konkret und anschaulich zu werden: Was passiert mit dem Handschuh der linken Hand nach Abschluss der Manipulation?

Viele Grüße,
Heiko

Und natürlich ja, Radionuklide sind nicht die natürlichen Feinde der Chemiker.  ;)
Titel: Re: kleine abendliche Geometriestunde
Beitrag von: reblaus in Februar 28, 2018, 23:53:48 NACHMITTAGS
Lieber Reinhard -

ein Glück, dass das Tessovar heutzutage mit einer Digitalkamera funktioniert - sonst wären ja, wie seinerzeit bei W. C. RÖNTGEN,  alle Filme verdorben worden! Aber ist doch nett, was die olle Optik immer noch leistet ...

Viele Grüße

Rolf

Titel: Re: kleine abendliche Geometriestunde
Beitrag von: Florian D. in März 01, 2018, 08:40:26 VORMITTAG
Zitat von: Heiko in Februar 28, 2018, 23:43:18 NACHMITTAGS
Hallo Reinhard & Klaus,

meine wohlmeinende, aber mangels Erfahrung natürlich unbedarfte Frage, bezog sich tatsächlich auf die Gefahr der Inkorporationen sprich den Partikelabrieb. Diesbezüglich gab es ja auch schon einmal eine ausführliche Diskussion, die diesen Aspekt exponierte.
Um durch eine Reduktion konkret und anschaulich zu werden: Was passiert mit dem Handschuh der linken Hand nach Abschluss der Manipulation?

Viele Grüße,
Heiko

Und natürlich ja, Radionuklide sind nicht die natürlichen Feinde der Chemiker.  ;)


Ich habe mal 5 Jahre lang epidemiologische Daten der Wismut Uranbergarbeiter ausgewertet. Da gab es auch Daten zur Exposition durch Uranerzstaub. Dies ist allerdings gegenüber der Radonexposition überhaupt nicht ins Gewicht gefallen.
Dabei haben die Bergleute sicher wesentlich mehr Uranerzstaub geschluckt, als ein Mineraloge in 100 Leben akkumulieren kann.
Bei halbwegs sauberen Umgang mit diesen Mineralien ist das Risiko aufgrund der Exposition sicher zu vernachlässigen. Ich würde allerdings wegen der Radonemissionen die Proben vorsichtshalber nicht in der Wohnung lagern, oder zumindest dafür sorgen, dass sie halbwegs gasdicht abgeschlossen sind.

Gruss,
Florian

PS: Ich sehe leider keine Bilder!
Titel: Re: kleine abendliche Geometriestunde
Beitrag von: Reinhard in März 01, 2018, 11:22:32 VORMITTAG
Hallo Freunde,

Es sollte sich von selbst verstehen, daß solche Minerale in geeigneter Weise gehandhabt werden.
Dazu gehört die Aufbewahrung außerhalb von Wohnräumen, das sichere Wegschliessen und eine speziell
geeignete Arbeitsumgebung mit abwaschbaren Oberflächen. Eine Inhalation oder orale Aufnahme solcher Kristalle
bleibt den ganz Wilden vorbehalten und erfordert eine gewisse Übung  ;) ;D
Wenn man nicht gerade kleine Skulpturen aus den Kristallen schleifen will, ist eine Staubbildung wohl ziemlich unwahrscheinlich.
Das Radon des Minerals dürfte wohl im "natürlichen" Radon von Kellerräumen untergehen.

Auf der Seite der Mineralfreunde ist eine gute Abhandlung über die juristischen Aspekte des Besitzes solcher Mineralien zu lesen:

https://www.mineralienatlas.de/lexikon/index.php/Rechtliche%20Grundlage%20zum%20Sammeln%20von%20radioaktiven%20Mineralien

Fazit: Das Sammeln und Handhaben von radioaktiven Mineralstufen ist Amateuren erlaubt.

viele Grüße
Reinhard


Titel: Re: kleine abendliche Geometriestunde
Beitrag von: Gerald in März 01, 2018, 11:50:25 VORMITTAG
Hallo Reinhard,

ich bin begeistert von Deinen Bildern (https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/229702_42815147.jpg).

Ich selber bin im fossilen Bereich unterweges, habe wenig Interesse an Mineralien, treffe aber immer wieder mit Freunden und Bekannten zusammen, welche auch Mineralien sammeln. Und fotografieren. Und deren Bilder sind vom Stacken meist platt - ohne dritte Dimension. Ich finde Deine Bilder scharf und dimensional.

Danke für´s Zeigen - ich habe Freude gehabt beim Betrachten.

Viele Grüße

Gerald
Titel: Re: kleine abendliche Geometriestunde
Beitrag von: Thomas M in März 01, 2018, 12:51:12 NACHMITTAGS
Hallo Reinhard,

ZitatAuf dem Bild siehst Du mich bei der Arbeit mit dem Torbernit. ;D ;D ;D
(Vorläufer der Manipulatorenkammern, ...

... und was Du da in der Hand hältst ist dann sicher der Vorläufer der Mikromanipulatoren gewesen.  ;D

Mir gefallen Deine Bilder auch sehr gut (die mit den Kristallen ;))!

Als Nichtmineraloge habe ich auch sofort eine Frage: Weiß jemand, wie die "Rillen" entstehen, die man auf den Kristallflächen sieht (besonders deutlich auf dem letzten Bild)? Oder handelt es sich um ein schichtenartiges Kristallgitter?

Herzliche Grüße
Thomas
Titel: Re: kleine abendliche Geometriestunde
Beitrag von: peter-h in März 01, 2018, 13:39:29 NACHMITTAGS
Hallo Heiko,

es stimmt schon, dass man mit radioaktiven Stoffen nicht spielen soll. Aber .... es gibt Menschen die essen sogar solche belastete Stoffe. Vor 3 Wochen habe ich mir in einem Supermarkt 200 Gramm Paranüsse aus Bolivien gekauft. Jedoch nicht für den Verzehr, sondern nur um einmal die Aktivität zu messen ! Es gab ein wunderschönes Gammaspektrum mit Linien welche auf Uran 235 , Blei 214 und weitere Isotope zeigte. Nach meiner Messung und Rechnung hatten diese Nüsse eine Aktivität von 60 - 100 Becquerel. Und nun muß jeder für sich grübeln wie gefährlich das ist. :-\ :-\ :-\  Die Nüsse hatten keinen Warnhinweis.

Strahlende Grüße
Peter
Titel: Re: kleine abendliche Geometriestunde
Beitrag von: olaf.med in März 01, 2018, 14:48:18 NACHMITTAGS
... nun ja, es gibt ja sogar "Radonstollen", in die man sich zur Genesung von verschiedensten Erkrankungen begibt.

Wie man mit solchen diffusen und damit angsteinflößenden Themen umgeht, zeigt ja die augenblickliche "Diesel-Affaire". Man kann lesen, dass bis zu 6.000 Menschen in dieser, unserer Republik jährlich möglicherweise an Atemwegserkrankungen, die z.T. durch Diesel-Abgase hervorgerufen werden, sterben und stellt damit fast die Hälfte der Autonutzer an den Pranger. Dass am Nikotin und Teer mindestens 100.000 im gleichen Zeitraum verrecken, und weitere mindestens 5.000 "Passiv-Raucher" dazu, ist erst einmal vom Tisch und die Preiserhöhungen in diesem Suchtsektor werden bedacht so moderat durchgeführt, dass ja keiner damit aufhört...  Nein, im Gegenteil - in jeder deutschen Filmproduktion sieht man die Guten und die Bösen, die diesem Laster fröhnen - dann kann's doch nicht so schlimm sein!

Ähnlich ist es mit dem Asbest-Hype. Noch vor 2 Jahrzehnten in aller Munde, redet heute kaum noch jemand davon.

So brauchen wir halt immer Reizthemen...

????, Olaf
Titel: Re: kleine abendliche Geometriestunde
Beitrag von: olaf.med in März 01, 2018, 14:52:39 NACHMITTAGS
und nun zum Sachlichen:

Lieber Thomas, die "Rillen" sind die sog. Flächenstreifung. Die Uranglímmer, in diese Gruppe der Metatorbernit gehört, haben tatsächlich eine Schichtgitter. Die Streifung entsteht beim Wachstum durch alternierende Bildung verschiedener Kristallflächen. Sie wird auch als Vizinalstreifung bezeichnet.

Herzliche Grüße,

Olaf
Titel: Re: kleine abendliche Geometriestunde
Beitrag von: Reinhard in März 01, 2018, 15:13:01 NACHMITTAGS
Hallo Freunde,

Eine kleine Berechnung zur Strahlenbelastung meines Metatorbernit-Stüfchens:

Mein Geiger zeigt 5cm über dem offenen Mineral einen Dosisleistungswert von etwa 1 mRad/h (~ 10µSv/h)
Die maximal zulässige Dosis für z.B. eine Hand bei "Beruflich Strahlenexponierten" Personen wie z.B. mich
beträgt 500mSv/Jahr. (der Dosisgrenzwert für "Ganzkörperbelastung" für ebensolche Personen
beträgt 20 mSv/Jahr, also etwa das 10-fache der "natürlichen Strahlenbelastung" in Deutschland; ein amerikanischer
Radiologe "darf" sogar 50 mSv/Jahr abholen, das zeigt m.E. das Hysterieverhältnis)

Über das Jahr verteilt müßte ich also die Hand ununterbrochen in 5cm Abstand über das Mineral halten
und könnte dennoch den erlaubten Grenzwert für das (Teilkörper-)Dosismaximum der Hand nicht annähernd erreichen;
das wäre erst nach 5,7 Jahren der Fall!
Wenn ich das Mineral bis dahin in der Hand kuscheln würde, wäre der zulässige Grenzwert vielleicht im Herbst erreicht.

Eine gelegentliche "Inaugenscheinnahme" oder eine Fotoserie läßt eine Strahlenbelastung erwarten, die deutlich unter
der liegt, die z.B. ein Radiologe täglich (bei Angiographien oder nuklearmedizinischer Tätigkeit) zu sich nimmt.
Also: keine Angst beim Sammeln aktiver Minerale !


viele Grüße
Reinhard
(bekennender Actinophiler)  ;)
Titel: Re: kleine abendliche Geometriestunde
Beitrag von: Heiko in März 01, 2018, 17:53:37 NACHMITTAGS
Hallo und danke,

also sollte das ,,Umherschubsen" der Atome dieses Verbands mit der gebotenen Vorsicht möglich sein, wie in den Klassikern ja auch dokumentiert.
Ist vorgemerkt, wahrscheinlich aber erst in der Stressphase des Pensionistendaseins.

Viele Grüße,
Heiko
Titel: Re: kleine abendliche Geometriestunde
Beitrag von: Thomas M in März 01, 2018, 23:12:45 NACHMITTAGS
Lieber Olaf,

vielen Dank für die Erläuterung.

Zitatdie "Rillen" sind die sog. Flächenstreifung. Die Uranglímmer, in diese Gruppe der Metatorbernit gehört, haben tatsächlich eine Schichtgitter. Die Streifung entsteht beim Wachstum durch alternierende Bildung verschiedener Kristallflächen. Sie wird auch als Vizinalstreifung bezeichnet.

Als ich das las musste ich spontan an das aus der Chemie bekannte Phänomen  der "rhythmischen Kristallisation" denken, das manchmal ähnliche Strukturen ausbilden kann wie die Liesegang'schen Ringe.

Ist diese Streifenbildung bei den Mineralien durch äußere Faktoren bedingt oder sind es eher intrinsische Triebkräfte der jeweilige Mineraliensorte? Wie ich las sollen die Vizinalstreifen z.B. beim Turmalin geradezu charakteristisch sein, was dann ja eine "innere" Ursache nahelegen würde. Oder ist das eher Quatsch?

Herziche Grüße
Thomas
Titel: Re: kleine abendliche Geometriestunde
Beitrag von: olaf.med in März 02, 2018, 09:34:58 VORMITTAG
Lieber Thomas,

dass die Flächenstreifung für bestimmte Kristallarten typisch ist belegt eigentlich, dass der wesentliche Motor eine "innere" Ursache sein muss. Allerdings mögen auch äußere Bedingungen eine Rolle spielen, sonst müßten die Streifen ja bei diesen Kristallen immer auftreten, und das ist nicht der Fall.

Ich vermute, dass der Energiegewinn bei der Anlagerung der Teilchen auf zwei unterschiedlichen Flächen so ähnlich ist, dass es alternierend mal zum Wachstum der einen und dann der anderen kommt. Beim Pyrit ist das auch sehr schön zu sehen, da sind es die Würfelflächen und die Pentagondodekaederflächen, die sich abwechseln.

Herzliche Grüße,

Olaf