Mikro-Forum

Foren => Mikrofoto-Forum => Thema gestartet von: rekuwi in Oktober 14, 2009, 22:58:05 NACHMITTAGS

Titel: Botanik: Sumpfschachtelhalm ist ein Uferschachtelhalm E. x litorale *
Beitrag von: rekuwi in Oktober 14, 2009, 22:58:05 NACHMITTAGS
Liebe Mikroskopiker/innen,

bei meinen Spaziergängen fand ich im Wald an einigen Stellen kleine Wäldchen vom Sumpfschachtelhalm, Equisetum palustre. Ich erinnerte mich, daß früher der Schachtelhalm, auch Zinnkraut genannt, zum Putzen von Töpfen benutzt wurde. Der Ackerschachtelhalm ist auch eine Heilpflanze.
Bei Wikipedia las ich daß der Sumpfschachtelhalm giftig ist, er enthält Alkaloide. Außerdem 10 % Silizium und noch andere Mineralien. Diese Mineralien sind wohl für die Putzkraft verantwortlich. Das wollte ich herausfinden und habe den Sumpfschachtelhalm mikroskopiert.
Hier erstmal eine Bild vom Standort im Wald an einer nassen Stelle (dort fand ich auch das Spagnum palustre):

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures001/21153_45629785.jpg)

hier mein Schnitt durch den Stengel, dieser ist sechskantig (die Ästchen sind vierkantig), 6.3x Objektiv:

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures001/21153_40074428.jpg)

im polarisierten Licht mit Glimmerplättchen zeigen sich die Substanzen mit einer Doppelbrechung (Silizium hat nur eine ganz Schwache!):

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures001/21153_58518805.jpg)

10x Objektiv:
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures001/21153_16100567.jpg)

25x Objektiv:
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures001/21153_53436905.jpg)

Wie auf den Bilder zu erkennen ist befinden sich die Mineralien hauptsächlich am Rand und in den Spitzen der Stengelkanten. Außerdem fällt die rauhe Oberfläche auf. Das würde die Putzkraft erklären. Wo sich die Alkaloide befinden weiß ich nicht, wie lassen die sich darstellen/extrahieren?

Liebe Grüße
Regi
Titel: Re: Sumpfschachtelhalm
Beitrag von: reblaus in Oktober 15, 2009, 01:39:03 VORMITTAG
Hallo Regi,
Silikat in Pflanzen ist eine faszinierende Sache! Wenn man den Schachtelhalm oder auch andere Silikat einlagernde Pflanzen  in konzentrierter Schwefelsäure kocht (nicht im Hauslabor nachmachen!), dann bleiben die inkrustierten Zellwände als Skelette übrig. Interessant ist, dass dieses Silikat auch von Pflanzen, in denen man es normalerweise nicht findet, bei Abwehrreaktionen (z.B. als Antwort bei Mehltau-Attacken) in die Zellwände eingelagert wird, diese also härtet und gegen weitere Attacken resistenter macht. Gelegentlich will ich hierzu mal ein Bildchen nachreichen.
Hals- und Glasbruch für weitere schöne Bilder
Rolf
Titel: Re: Sumpfschachtelhalm
Beitrag von: Ernst Hippe in Oktober 15, 2009, 08:23:18 VORMITTAG
Liebe Regi,

das wollte ich ja immer schon mal ansehen. Deine interessanten Bilder reizen mich zur Nachahmung!
Titel: Re: Sumpfschachtelhalm
Beitrag von: Hugo Halfmann in Oktober 15, 2009, 10:05:43 VORMITTAG
Hallo Regi !

Schöne Aufnahmen sind das. Die ersten beiden Mikrofotos haben schon was weihnachtliches  ;D.
Solche kleinen Dokumentationen, bei denen auch die Pflanze in ihrem Lebensraum gezeigt wird, gefallen mir immer besonders gut.
Titel: Re: Sumpfschachtelhalm
Beitrag von: Fahrenheit in Oktober 15, 2009, 11:07:04 VORMITTAG
Liebe Regi,

vielen Dank für Deine schöne Dokumentation.

Jedesmal, wenn ich an Schachtelhalm vorbei komme, geht es mir wie Herrn Hippe: ich denke mir "Den müsstest du eigentlich auch mal ...".
Bisher habe ich es wegen der Silikateinlage und deren Auswirkung auf die Klingen immer sein gelassen. Das muss ich doch wohl noch mal überdenken ...  ;D

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Sumpfschachtelhalm
Beitrag von: rekuwi in Oktober 15, 2009, 12:17:17 NACHMITTAGS
Lieber Rolf,
auf so ein Silikatgerüst bin ich gespannt. Da ich die Chemikaliendämpfe meide werde ich das bestimmt nicht selbst ausprobieren.

Lieber Hugo, Ernst, Jörg,
danke für Euer Lob, und viel Spaß beim Schneiden des Schachtelhalms! Ich habe mindestens vier Anläufe gebraucht um einigermaßen akzeptable Schnitte hinzubekommen. Die Pflanzen trocknen sehr schnell aus, also sammeln und direkt nach dem Heimkommen die Versuche starten. Da ich aber außer Alkohol und FCA keine anderen Mittel beim Präparieren einsetze sind mit den klassischen Methoden sicherlich weitaus bessere Ergebnisse zu erwarten.
Wo stecken die Alkaloide?

Liebe Grüße
Regi
Titel: Re: Sumpfschachtelhalm
Beitrag von: Druse in Oktober 15, 2009, 12:25:42 NACHMITTAGS
Liebe Regi,

auch ich bin sehr angetan von den schönen Fotos, wirklich klasse!  :)

Die Alkaloide sind laut meiner Unterlagen in allen Pflanzenteilen anzutreffen (in den Vakuolen). Unter anderem ist Nicotin (1-2 ppm) enthalten, eine neue Art "Glimmstängel"?
Titel: Re: Sumpfschachtelhalm
Beitrag von: Detlef Kramer in Oktober 15, 2009, 17:08:33 NACHMITTAGS
Liebe Regi,

ohne Frage eine schöne und interessante Dokumentation. Meiner Meinung nach stimmt aber die Artbestimmung nicht. Der Sumpfschachtelhalm (Equisetum palustre) sieht eigentlich völlig anders aus. Nun ist der Stengelquerschnitt, den Du ja wunderbar hin bekommen hast, ein wichtiges Bestimmungsmerkmal. Vom Habitusbild und dem Querschnitt komme ich auf den Uferschachtelhalm (E. x litorale). Das "x" bedeutet, dass es sich um eine Kreuzung handelt, das ist offensichtlich ein Problem bei den Schachtelhalmen: sie neigen zur Bastardierung.

Ich hoffe, ich liege richtig!

Bei dem Silizium handelt es sich übrigens um Siliziumdioxid, also Quarz - deshalb die schleifende Wirkung des "Zinnkrauts"

Herzliche Grüße

Detlef
Titel: Re: Sumpfschachtelhalm
Beitrag von: rekuwi in Oktober 15, 2009, 20:55:50 NACHMITTAGS
Liebe Mila,

daß sogar Nikotin darin ist finde ich interessant. Da können Raucher ja mal Versuche starten wie sowas schmeckt! ;D

Lieber Detlef,

habe gleich mal im Internet über den (mir völlig unbekannten) Uferschachtelhalm nachgeguckt.
Nun, da habe ich so meine Zweifel ob die Schnitte von diesem stammen. Das Übersichtsbild habe ich tatsächlich an einer sehr nassen Stelle am Rande eines Rinnsales im Wald aufgenommen. Die Pflanze die ich als Letzte geschnitten habe wuchs allerdings auf einem Blumenbeet hier in der Siedlung, weit und breit kein Bach, dort ist es eigentlich recht trocken. Mir schienen alle Pflanzen gleich. Ich habe nur einmal einen Schachtelhalm gefunden den ich für einen Ackerschachtelhalm hielt, er war deutlich kompakter und gelbgrüner. Die Sumpfschachtelhalme fielen mir durch ihre sehr dünnen langen Zweiglein und ihren höheren Wuchs auf. (So hatte ich es vor vielen Jahren von einer "Kräuterhexe" gelernt).
Was sind denn die eindeutigen Erkennungsmerkmale?

Liebe Grüße
Regi
Titel: Re: Sumpfschachtelhalm
Beitrag von: Jürgen H. in Oktober 15, 2009, 22:58:34 NACHMITTAGS
Liebe Regi,


wunderschöne Bilder... Und ein schönes Untersuchungsobjekt. Ich habe es vor einigen Jahren unterm Messer gehabt, mich reizte die Gefäßverteilung an den Nodi, den Verzweigungen, und ich probierte das erste Mal Safraninfärbungen aus. Damals waren erst einige Schachtelhalme bei mir im Vorgarten. Seitdem hat er sich leider doch etwas vermehrt und zeigt mir verdichteten Boden und Staunässe an: An beidem krankt unser Garten.

Interessant ist aber neben den Nodi auch die Epidermis und wenn man sie sich betrachtet, ist unmittelbar einleuchtend, wieso man mit Schachtelhalm das Zinngeschirr scheuerte: Das reinste Schmirgelpapier. Ein Schnittchen von damals finde ich noch in meiner Sammlung. Mit einem Stackprogramm käme es besser, der Schnitt ist hierfür dick genug :-) Ein solches Programm besitze ich aber leider nicht und will auch nur zeigen, dass es sich lohnen würde, die Epidermis des Krautes näher zu betrachten:

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures006/21194_17561922.jpg)

40er Objektiv, Längsschnitt durch den Stengel, Aufnahme nur des Randes.

Mikrogrüße

Jürgen Harst


Titel: Re: Sumpfschachtelhalm
Beitrag von: rekuwi in Oktober 15, 2009, 23:11:31 NACHMITTAGS
Lieber Jürgen,

danke für die schöne Ergänzung. Das kommt aber gut rüber - ich meine die Rauhheit der Epidermis. Im Schnitt ist das auch erkennbar, aber nicht so schön wie bei Deinem Bild mit dem 40x Objektiv.
Warum lädst Du Dir nicht picolay aus dem Internet runter. Damit ist Stapeln ganz einfach möglich. Oder CombineZM, gibts auch kostenlos im Internet.

Liebe Grüße
Regi
Titel: Re: Sumpfschachtelhalm
Beitrag von: Jürgen H. in Oktober 16, 2009, 08:38:32 VORMITTAG
Liebe Regi,

ZitatWarum lädst Du Dir nicht picolay aus dem Internet runter.

Recht hast Du. Bisher habe ich ein Stackprogramm nur nicht so sehr nötig gehabt. Meine Insektenschnitte bewegen sich zwischen 5 und 7,5 µ. Sie liegen auch meist recht plan auf, sonst würden sie ja vom Objektträger während der Behandlung abschwimmen. Da macht ein Stacken nicht so recht Sinn, denke ich. Das Equisetumpräparat gestern war ein altes aus der Zeit, als ich mich recht intensiv mit  der Botanik beschäftigt habe.

Schöne Grüße

Jürgen
Titel: Re: Sumpfschachtelhalm ist ein Uferschachtelhalm E. x litorale
Beitrag von: rekuwi in Oktober 17, 2009, 22:32:23 NACHMITTAGS
Liebe Mikroskopiker/innen,

nun habe ich mich überzeugen lassen, der vermeintliche Sumpfschachtelhalm ist ein Uferschachtelhalm. Detlef hat mir noch mehrere Links zu Vergleich geschickt. Eine doch weitläufig verzweigte Sippe diese Schachtelhalme. Ich war in meiner Unwissenheit davon ausgegangen daß es nur zwei gibt, den Ackerschachtelhalm und den "Wasserschachtelhalm". Aber grau ist alle Theorie! Danke nochmals an Detlef.

Und Danke auch an Mila, hatte ganz vergessen (vor lauter Nikotin) mich über die nun gefundenen Alkaloide zu freuen. Die Tiere jedenfalls wissen es auch so, sie fressen diese Pflanzen nicht.

Liebe Grüße
Regi
Titel: Re: Sumpfschachtelhalm ist ein Uferschachtelhalm E. x litorale
Beitrag von: rekuwi in Oktober 22, 2009, 17:32:26 NACHMITTAGS
Liebe Mikroskopiker/innen,

es hat mich noch doch sehr interessiert warum dies ein Uferschachtelhalm ist. Habe mir nochmals eine Pflanze gepflückt und den Stengel im unteren Bereich geschnitten. An diesem (leider überfärbten) Schnitt ist dieser Schachtelhalm nun eindeutig zu erkennen:

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures001/21604_1853108.jpg)

hier nochmals etwas größer und im pol. Licht mit Glimmer:

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures001/21604_16281031.jpg)

Ein neu erstandenes Buch (Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands) zeigt mir die Unterschiede der Schachtelhalmsippe.

Liebe Grüße
Regi

Titel: Re: Sumpfschachtelhalm ist ein Uferschachtelhalm E. x litorale
Beitrag von: Klaus Herrmann in November 11, 2009, 16:18:25 NACHMITTAGS
Hallo Regi,

gerade habe ich die Einladung zum Mikroskopieabend in Stuttgart am Freitag erhalten. Thema: Schachtelhalm mit Heinz Streble. Da ist wie immer bei ihm Praxis und Theorie gut gemixt. Zur Vorbereitung gabs einen schönen Link:

http://www.blumeninschwaben.de/Sporenpflanzen/schachtelhalme.htm

Sehr gut aufgemacht als Bestimmungsschlüssel mit guten Bildern. Einzig die mikroskopishen Bilder könntest Du deutlich verbessern mit Deinen!
Titel: Re: Sumpfschachtelhalm ist ein Uferschachtelhalm E. x litorale
Beitrag von: Detlef Kramer in November 11, 2009, 17:02:15 NACHMITTAGS
Lieber Klaus,

vielen Dank für den tollen link. Werde ich mir gleich abspeichern.

Grüße Heinz herzlichst!

Dir ebenfalls herzliche Grüße

Detlef
Titel: Re: Sumpfschachtelhalm
Beitrag von: TPL in November 11, 2009, 17:33:55 NACHMITTAGS
Zitat von: reblaus in Oktober 15, 2009, 01:39:03 VORMITTAGSilikat in Pflanzen ist eine faszinierende Sache!

Hallo Rolf und andere Kieselgel-Freunde,
nicht böse sein, wenn ich mich als Botanik-Laie hier einmische, aber meines Wissens bauen die Pflanzen weder Silikate ein noch Quarz (welcher zumindest in Deutschland, zu den Oxiden gehört). Es ist vielmehr - ähnlich wie bei kieselschaligen Organismen - das Anhydrid der Kieselsäure.

gerade lese ich in der Wikipedia "Eine Eigenart der Schachtelhalme ist die Einlagerung von Silikat (als Ligninersatz) in die Zellwand. Die Pflanze enthält bis zu 7 % Kieselsäure." Das passt jedoch schon deshalb nicht recht, weil Silikat nun einmal nicht das Gleiche ist wie Kieselsäure. Vielleicht ist das aber auch nur meine Wissenslücke, die ich gerne schließen möchte...

In fossilen Pflanzen (Schachtelhalm gibt es ja auch schon ein paar 100 Millionen Jahre ;)) findet man zwar Silikate und Quarz, aber die (recht gut belegte) Annahme ist, das sich diese relativ stabilen Minerale aus der weniger stabilen Kieselsäure im Zuge der Gesteins-Diagenese gebildet haben. Sollte es da noch einen zweiten Weg geben?
Titel: Re: Sumpfschachtelhalm ist ein Uferschachtelhalm E. x litorale
Beitrag von: rekuwi in November 11, 2009, 17:50:03 NACHMITTAGS
Lieber Klaus,

wirklich, ein gut passender Link der viele Lücken in punkto Schachtelhalm schließt. Danke.

Lieber Thomas,

Aber zu der enthaltenen Kieselsäure gibt es leider keine Aussage. Hoffentlich weiß jemand darüber Genaueres.

Liebe Grüße
Regi
Titel: Re: Sumpfschachtelhalm ist ein Uferschachtelhalm E. x litorale
Beitrag von: Detlef Kramer in November 11, 2009, 18:50:34 NACHMITTAGS
Lieber Thomas,

dann gib uns doch einmal eine Nachhilfestunde in Silizium-Chemie. Ich bin jetzt auch verunsichert. Man hat, als Botanuker halt im Kopf, dass in vielen Zellwänden Siliziumdioxid, aber auch Calcium-Silikat enthalten ist. Mit den Begriffen wird bestimmt oft schlampig umgegangen. Aber, wenn ich an den Verschleiß meiner Diamantmesser denke, denke ich, dass da doch was dran ist an dem SiO2 in den Zellwänden. Und dann gibt es da noch die Kieselalgen. Ich meine, da wäre es klar, dass es sich um amorphen Quarz handelt. Mit anderen worten, der pflanzliche Stoffwechsel kann wohl SiO2 erzeugen.

Genauer weiß ich es leider auch nicht. Aber Du könntest erklären, was die Stoffgruppen genau sind.

Herzliche Grüße

Detlef
Titel: Re: Sumpfschachtelhalm ist ein Uferschachtelhalm E. x litorale
Beitrag von: TPL in November 11, 2009, 19:23:54 NACHMITTAGS
Zitat von: Detlef Kramer in November 11, 2009, 18:50:34 NACHMITTAGSdann gib uns doch einmal eine Nachhilfestunde in Silizium-Chemie. Ich bin jetzt auch verunsichert. Man hat, als Botaniker halt im Kopf, dass in vielen Zellwänden Siliziumdioxid, aber auch Calcium-Silikat enthalten ist. Mit den Begriffen wird bestimmt oft schlampig umgegangen. Aber, wenn ich an den Verschleiß meiner Diamantmesser denke, denke ich, dass da doch was dran ist an dem SiO2 in den Zellwänden. Und dann gibt es da noch die Kieselalgen. Ich meine, da wäre es klar, dass es sich um amorphen Quarz handelt. Mit anderen Worten, der pflanzliche Stoffwechsel kann wohl SiO2 erzeugen.

Genauer weiß ich es leider auch nicht. Aber Du könntest erklären, was die Stoffgruppen genau sind.

Lieber Detlef,
ich wüsste es selbst gerne genauer, aber ein paar Sätze dazu zitiere ich gerne. Da hatten sich bereits Zwei Forumsteilnehmer vor einem anderen Hintergrund mit dem Thema auseinandergesetzt: http://www.mikroskopie.de/mikforum/read.php?1,47202,47716#msg-47716  ;).

Ich denke, Alles was Du geschrieben ist korrekt. Insbesondere auch, dass der pflanzliche Stoffwechsel SiO2 erzeugen kann (da gibt es ja auch noch die kieseligen Phytolithe in den Gräsern...). Nur stimmt eben die Gleichsetzung von Kieselsäure und Quarz nicht, da Quarz nur eine Varietät dieser anhydrierten Kieselsäure ist (und selbst vom Quarz gibt es noch ein paar Varietäten ::)). Beim amorphen Quarz muss ich zwar immer ein bisschen zucken (das ist ein bisschen wie "kristallene Luft"), aber dieser missverständliche Begriff ist ja Bestandteil der Standardsprache.

Warum ich auf dieser Sache herumreite: Wäre tatsächlich Quarz im Schachtelhalm, dann würde der als doppelbrechendes Mineral natürlich im Pol-Kontrast hell werden. Dagegen ist die Kieselsäure eben - wie Du schreibst - amorph und sollte deshalb auch keine Doppelbrechung zeigen. Sind also die leuchtenden Partien in Regis Schnitt tatsächlich die kieseligen Zellbestandteile oder sehen wir da andere Doppelbrechungsphänomene?
Titel: Re: Sumpfschachtelhalm ist ein Uferschachtelhalm E. x litorale
Beitrag von: reblaus in November 11, 2009, 22:05:19 NACHMITTAGS
Hallo -

an der Nomenklaturdiskussion möchte ich mich nicht beteiligen, aber einige Wochen weiter oben hatte ich mal ein paar Bildchen angekündigt.
Der Einfachheit halber betrachte ich hier Kieselsäure und deren Salze, die Silikate, zusammen und den Quarz als Anhydrit davon.
Tatsache ist, dass beide im Bodenwasser löslich sind (je nach Temperatur zwischen 30 und 120 mg/l) und so auch über den Transpirationsstrom von Pflanzen aufgenommen und als "Bio-Opal" eingelagert werden. Bei einigen Gruppen von "Silikatsammlern" war dies lange bekannt (Schachtelhalme, Gräser etc.). Bei anderen wurde es lange nicht beachtet, Silkat galt als überflüssig für die Ernährung.

Eines Tags kam ich auf die Idee, Mehltau befallene Rebenblätter in H2SO4 zu kochen. Wir erhielten - im Gegensatz zu gesunden Blättern - einen milchigen Rückstand, der sich als feines, weißes Pulver trocknen ließ, dessen Körner unter dem Rastermikroskop folgenden Anblick boten:

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures001/22988_41936053.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures001/22988_8074209.jpg)

Nach langen Untersuchungen zeigte sich, dass Zellen, die der Mehltau versucht zu penetrieren, als Abwehrreaktion Silikat in die Zellwände einlagern, desgleichen alle benachbarten Zellen.
Das obere Bild zeigt ein Korn von unten, Kappen von Palisadenparenchymzellen sind verkieselt), das zweite Bild eines von oben (hier nur die Umrisse der Epidermiszellen zu sehen, die Sicht auf die unteren Zellen ist verdeckt, man sieht aber das Loch, das die Bohrhyphe des Mehltaus zurückgelassen hat, unten herausvergrößert).
Danach kamen wir drauf, dass man nicht so brutal drangehen muss, sondern die Blätter auch normal mit Methanol entfärben und mit Methylenblau färben kann, dann sieht man die Kieselsäure(Silikat)nester ebenfalls ; die Hyphen des Mehltaus gehen bei dieser Prozedur natürlich ab, aber man sieht noch die "Spur", die sie zurückgelassen haben:

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures001/22988_27795125.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures001/22988_42821077.jpg)

Gruß
Rolf
Titel: Re: Sumpfschachtelhalm ist ein Uferschachtelhalm E. x litorale
Beitrag von: Druse in November 11, 2009, 22:32:35 NACHMITTAGS
Lieber Rolf,

mir fällt nix anderes spontan ein: superklassetoll!

vielen Dank für die Fotos und die Erklärung!

Viele Grüße
Mila
Titel: Re: Sumpfschachtelhalm ist ein Uferschachtelhalm E. x litorale
Beitrag von: Klaus Herrmann in November 11, 2009, 23:38:52 NACHMITTAGS
Hallo Rolf,

finde ich ebenfalls toll!

Ich habe aber noch eine Frage: die blauen Waben sind die Silikatsrukturen, die auch bei der H2SO4-Behandlung stehen blieben? Und die gibt es nur an den Stellen, wo auch Mehltaubefall war?

Dann lässt sich das Silikat mit Methylenblau anfärben und das sogar selektiv?

Dann müsste man doch beim Schachtelhalm - um wieder die Kurve zu Regis Beitrag zu kriegen - das Silikat oder was auch immer ebenfalls mit Methylenblau anfärben lassen? wäre doch einen Versuch wert. Werde ich gleich am Freitag bei Heinz Streble vorschlagen!

Noch was Schreibtechnisches: wie kriegst Du Deinen Rechner dazu richtige Formeln zu schreiben?
Titel: Kieselige Bestandteile in Pflanzen
Beitrag von: TPL in November 12, 2009, 00:08:38 VORMITTAG
Zitat von: reblaus in November 11, 2009, 22:05:19 NACHMITTAGSan der Nomenklaturdiskussion möchte ich mich nicht beteiligen, aber einige Wochen weiter oben hatte ich mal ein paar Bildchen angekündigt.
Der Einfachheit halber betrachte ich hier Kieselsäure und deren Salze, die Silikate, zusammen und den Quarz als Anhydrit davon.
Tatsache ist, dass beide im Bodenwasser löslich sind (je nach Temperatur zwischen 30 und 120 mg/l) und so auch über den Transpirationsstrom von Pflanzen aufgenommen und als "Bio-Opal" eingelagert werden. Bei einigen Gruppen von "Silikatsammlern" war dies lange bekannt (Schachtelhalme, Gräser etc.). Bei anderen wurde es lange nicht beachtet, Silkat galt als überflüssig für die Ernährung.

,,Wenn ich ein Wort verwende", erwiderte Humpty Dumpty (...), ,,dann bedeutet es genau, was ich es bedeuten lasse, und nichts anderes." (Lewis Carroll, Alice hinter den Spiegeln)

Hallo Rolf,
eine schöne und anregende Untersuchung! Ja: superklassetoll!

Allerdings wundert es mich nun kaum noch, dass es zwischen verschiedenen Fachbereichen zu massiven Verständigungsproblemen kommt. Mir ging es keineswegs um eine Nomenklaturdiskussion, sondern um eine alte Liebe aus meinem Studium, die Biomineralisation und ein aktuelles Arbeitsgebiet, die Zusammensetzung fossiler Pflanzenreste (Kohle und Schwarzschiefer). Die zitierten Böden bestehen aus einer ganzen Reihe höchst unterschiedlicher und verschieden stabiler/reaktiver Silikate und außerdem aus wechselnden Anteilen von gemeinhin als inert betrachtetem Quarz. Dessen "Löslichkeit" im Bodenwasser begreife ich überhaupt nicht und er ist auch kein Anhydrit (CaSO4), sondern ein Anhydrid.

Natürlich können sich Silikate im Bodenwasser auflösen, aber das heißt ja noch lange nicht, dass sie in einer Pflanze auch wieder zu diesen teilweise komplexen anorganischen Kristallen aufgebaut werden - oder doch??? Ich frage deshalb konkret: welche Silikate wurden bei den Untersuchungen des feinen weißen Pulvers detektiert und mit welchem Verfahren? Röntgen-Beugung wäre eine probate Methode - das REM ist es sicher nicht.

Es wäre hoch interessant zu wissen, ob in Pflanzen tatsächlich Silikate vorkommen oder sogar von den Pflanzen selbst aufgebaut werden, denn das würde ein ganz neues Licht auf die sogenannten "Ascheanteile" von Kohlen oder auf die einmal heftig diskutierte katalytische Wirkung der Schicht-Silikate bei der Erdöl-Bildung werfen.
Titel: Re: Sumpfschachtelhalm ist ein Uferschachtelhalm E. x litorale
Beitrag von: Fahrenheit in November 12, 2009, 09:12:20 VORMITTAG
Hallo Zusammen!

auch von meiner Seite vielen Dank für die aufschlussreiche Diskussion und die tollen Bilder!

Ob das 'Versteinern' der Zellwände zur Pilzabwehr erfolgreicher ist, als die übliche Sklerifizierung wie z.B. die Tage bei der Walnuss zu sehen?

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Sumpfschachtelhalm ist ein Uferschachtelhalm E. x litorale
Beitrag von: reblaus in November 12, 2009, 14:28:18 NACHMITTAGS
Hallo -
schade, dass ich vor 25 Jahren nicht ein so mächtiges Instrument wie dieses Forum zur Verfügung hatte!
Als Biologe mit u.a Nebenfach Chemie und Geographie (daher ist mir der Unterschied zwischen Anhydrid und Anhydrit eigentlich geläufig) habe ich leider nur Basiskenntnisse zu Silikatchemie und muss mich auf die teils widersprüchlichen und schwammigen Angaben in der Literatur verlassen. Ich nehme auch nicht an, dass wir hier irgendwo über pures SiO2 diskutieren. Was ich hier Silikat nenne sind sozuagen alle unbekannten Kompenten zwischen Orthokieselsäure und Quarz. Die Biologen flüchten sich da in den Ausdruck "Bioopal". In Bambushalmen kommt der ja kiloweise vor.

Wir haben damals auch versucht Reben silikatfrei zu kultivieren. Der niedrigste Gehalt der Kulturlösung, der mit finanziell vertretbaren Mitteln zu erreichen war, waren 5 mg/l (in SiO2-Äquivalenten). Jungpflanzen auf dieser Nährlösung zeigen eine erhöhte Mehltau-Anfälligkeit.
Wenn man die Nährlösung mit Kali-Wasserglas auf höhere Werte bringt als in der normalen Bodenlösung, kriegt man keinen Mehltauschutz, aber die "Waben" von befallenen Blättern nach H2SO4 - Verdau sind dann nicht mehr leer, sondern mit einer amorphen Masse gefüllt:
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures001/23027_18607377.jpg)
Dies und andere Analysen zeigen, dass das aufgenommene Silikat in der Pflanze in der Zellvakuole irgendwie in Lösung gehalten wird, bis Abwehr-Bedarf besteht und es kurzfristig (binnen etwa 12 Std) in die Zellwände transportiert wird. Tatsächlich dient es der Abwehr, dann man kann zeigen, dass neue Attacken bei Nachbarzellen oft erfolglos verlaufen. Hier ein Beispiel, an dem man sozusagen die plattgedrückte Bohrhyphe noch erahnen kann - man beachte das erfolgreiche Bohrloch in der Schließzelle und das erfolglose oben:
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures001/23027_32025604.jpg)
Meine Aussagen basieren natürlich nicht allein auf ein paar Bildern! Leider konnte ich damals an dieser Sache nicht weiterarbeiten, aber wenn Klaus z.B. hilfsweise Färbungen am Schachtelhalm macht bin ich sehr an den Ergebnissen interessiert!

Gruß
Rolf