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Foren => Mikroskopie-Forum => Thema gestartet von: Carlos in August 29, 2019, 18:03:57 NACHMITTAGS

Titel: Probenahme von Watt-Schlick-Diatomeen
Beitrag von: Carlos in August 29, 2019, 18:03:57 NACHMITTAGS
Hallo Diatomeen-Experten,
Ich bin für einige Tage an der Nordseeküste (Hooksiel). Eine gute Gelegenheit, Wattschlick-Proben zu ziehen. Deshalb meine Fragen:
Wann ist die beste Zeit, Proben von (Nordsee-)Watt-Schlick-Diatomeen zu ziehen?
Bei ablaufendem Wasser, wenn  Watt-Schlick gerade freigelegt wird?
Bei Niedrigwasser, wenn der Schlick schon längere Zeit freiliegt?
Bei  vollem Tageslicht oder ...?
Wäre schön, wenn jemand bald antworten würde.
Gruß Carlos
Titel: Re: Probenahme von Watt-Schlick-Diatomeen
Beitrag von: Bob in August 29, 2019, 19:26:13 NACHMITTAGS
Hallo Carlos,
Deine Fragen kann ich nicht beantworten, aber einen Tipp weitergeben: Diatomeen-reiche Flächen sollen duch ein ganz leichtes farbiges Schillern zu erkennen sein. Ausprobieren konnte ich das selbst noch nicht.

Viele Grüße,

Bob
Titel: Re: Probenahme von Watt-Schlick-Diatomeen
Beitrag von: Carlos in August 29, 2019, 19:57:55 NACHMITTAGS
Hallo Bob,
Danke für Deine schnelle Antwort. Selbst hatte ich bisher noch keine Proben gezogen. Eine von mir jetzt gezogene und ,,auf die Schnelle" untersuchte Probe, habe ich bei Ebbe genau dort gezogen, bei dem der Schlick, wie Du beschrieben, ,,bräunlich schimmerte". Was ich (nach Konzentrierung) gefunden habe, waren  sehr viele, lebende  Gyrosigma baltikum –Diatomeen aller Größen neben wenig anderen Typen.
Mein Problem bei der Probenahme war, dass ich auch sehr viel ,,Schwarzen Schlick (Eisensulfid mit Sand?) erwischt hatte. Deshalb meine Frage. Ich werde jetzt versuchen, die braune ,,Schlabberschicht" mit einem Esslöffel besser zu erfassen.
Gruß  Carlos
Titel: Re: Probenahme von Watt-Schlick-Diatomeen
Beitrag von: Bob in August 29, 2019, 21:17:46 NACHMITTAGS
Hallo Carlos,
die Schlick-Partikel sind doch viel feiner als die Diatomeen, die groß genug sind, um unter dem Lichtmikroskop etwas herzumachen. Wenn Du die Probe mit einem 25µ Edelstahlgitter filterst, wirst Du einfach und ohne Chemie den Schlick los.
Ich habe zum Thema Diatomeen-reinigen mal anlässlich eines Gruppentreffens was geschrieben: http://www.mikrohamburg.de/Programm/Protokoll_20170917.pdf (http://www.mikrohamburg.de/Programm/Protokoll_20170917.pdf). Da gehe ich auch auf Schlick und Sand ein.

Viele Grüße,

Bob
Titel: Re: Probenahme von Watt-Schlick-Diatomeen
Beitrag von: Carlos in August 29, 2019, 22:06:28 NACHMITTAGS
Hallo Bob,
Danke für den Link (den ich natürlich kannte). Die lebenden Diatomeen im Watt-Schlick sind m.W. ausschließlich in der  ,,braunen Schwabbelschicht" oberhalb der schwarzen Unterschicht des Schlicks enthalten. Bei Flut dürfte der Schlick durch die Wasserbewegung sicher keine scharfe Trennung von brauner  ,,Schwabbelschicht" und schwarzer Unterschicht vorhanden sein.
Diese Trennung erfolgt m.E. erst nach Ablaufen des Wassers. Lebende Diatomeen scheinen sich dann zur Oberfläche (Licht + aerobes Milieu) zu bewegen und die ,,braun-schillernde Schwabbelschicht" zu bilden. Aber wie lange dauert das? Sind einige schneller als Andere? Immerhin sind zwischen zwei Hochwasserständen ca.  12 Stunden Watt-Zustand in Küstennähe, wo ich die Proben nehme!
Gruß Carlos
Übrigens: Ich habe von der gleichen Probenahme Stelle zur selben Zeit auch Proben von trocken gefallenen Wasserpflanzen genommen (Moos, Seetang), die nicht von schwarzen Watt-Schlick überdeckt waren. Die darauf haftenden Diatomeen  kann ich erst später (zuhause) untersuchen.
Titel: Re: Probenahme von Watt-Schlick-Diatomeen
Beitrag von: anne in August 30, 2019, 08:07:10 VORMITTAG
Hallo Carlos,
Du kannst die Probe in einen flachen Teller geben, mit etwas Fundortwasser.
Darüber legst Du ein Zewa oder ähnliches und stellst den Teller in die Sonne.
Im Normalfall müssten die Diatomeen nach oben wandern zum Licht auf das Zewa.
So erreichst Du eine saubere Trennung vom Schlick.
lg
anne
Titel: Re: Probenahme von Watt-Schlick-Diatomeen
Beitrag von: Carlos in August 30, 2019, 08:38:00 VORMITTAG
Hallo Anne,
Danke für den Tipp! Ich wusste doch, dass es da noch einen Trick gibt, wie man die lebenden Diatomeen an die Oberfläche locken kann. Ich werde es heute mal probieren. Passen denn auch Diatomeen von 150µm durch das Gewebe?  (Wird sich zeigen.)
Gruß Carlos
Titel: Re: Probenahme von Watt-Schlick-Diatomeen
Beitrag von: Carlos in August 30, 2019, 15:54:56 NACHMITTAGS
Hallo Anne,
Hurra!!! Dein Tipp mit dem ,,Dick&Durstig" hat wunderbar funktioniert! Die Oberseite des jetzt noch feuchten Saugpapiers (nach 5h Tageslicht) auf einem Objektträger abgetupft, Deckglas drauf und:   super saubere, lebende Diatomeen (nur neben Bakterien, die nicht stören)!
Allerdings jetzt kommt der ,,Hammer": Die Unterseite des Saugpapiers auf gleiche Weise auf einem Objektträger abgetupft, Deckglas drauf:  jede Menge saubere, lebende Diatomeen, darunter auch die in der Probe seltener vorkommenden.
Einfach toll! Leider kann ich hier kein vorzeige fähiges Bild aufnehmen. Ich hoffe, die Diatomeen im Seewasser feuchtem Wattschlick überleben noch einige Tage.
Gruß Carlos
Titel: Re: Probenahme von Watt-Schlick-Diatomeen
Beitrag von: Fraenzel in August 30, 2019, 16:18:28 NACHMITTAGS
Hallo Anne und Carlos,
das ist der Tipp der Woche. Das werde ich garantiert nachmachen!
Mikrogrüße
Peter
Titel: Re: Probenahme von Watt-Schlick-Diatomeen
Beitrag von: Carlos in August 30, 2019, 16:54:37 NACHMITTAGS
Hallo zusammen,
Ich kann`s nicht lassen. Hier ein Bild von Watt-Schlick-Diatomeen nach der Methode ,,Dick&Durstig – Saugpapier Unterseite".
Frei Hand aufgenommen mit einer ,,Lumix-Digi-Knipse" durchs Okular eines ,,Olympus Tokyo Mic 265507" , Vergrößerung 150-fach.
Vermutlich ,,Gyrosigma baltikum"
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/255319_56200037.jpg)
Gruß Carlos
Titel: Re: Probenahme von Watt-Schlick-Diatomeen
Beitrag von: Bob in August 30, 2019, 19:20:41 NACHMITTAGS
Hallo Carlos,
das Anreichern hat doch prima geklappt. Sind diese größeren Diatomeen durch das Küchenpapier durch gekommen, oder hingen sie an der Unterseite?

Viele Grüße,

Bob
Titel: Re: Probenahme von Watt-Schlick-Diatomeen
Beitrag von: Carlos in August 30, 2019, 20:02:32 NACHMITTAGS
Hallo Bob,
An der Unterseite!
Gruß Carlos
Titel: Re: Probenahme von Watt-Schlick-Diatomeen
Beitrag von: Gerd Schmahl in August 31, 2019, 21:07:46 NACHMITTAGS
Hallo,
ich kannte den Trick bisher nur mit einem "normalen" Stofftaschentuch (ich weiß: Sowas hat nicht mehr jeder). Das ist deutlich grober als die Küchenrolle. Da sollten sich auch die etwas größeren Diatoms durchquetschen hin zum Licht. Man drückt eine leicht Delle in das Tuch, in dem sich dann Wasser und Diatomen sammeln. Da kann man sie dann abpipetieren.
LG Gerd
Titel: Re: Probenahme von Watt-Schlick-Diatomeen
Beitrag von: Carlos in August 31, 2019, 21:49:25 NACHMITTAGS
Hallo Gerd,
Dein Vorschlag, ein (Leinen-) Stofftaschentuch zu verwende und eine Delle hineinzudrücken, dass sich darin die lebenden Diatomeen sammeln können, ist angesichts meiner jetzt gemachten Erfahrungen sehr einleuchtend.
Mich wundert allerdings, dass das nicht öfter erwähnt wurde. (Ich kannte den von Anne erwähnten, explizit beschriebenen Trick, wie auch Deine Verbesserung nicht. )
Eine (für mich) auch interessante Fragestellung ist, wie sich die Diatomeen-Arten im Laufe der Jahreszeiten und/oder der Klimabedingungen ändern. Das kann man doch z.B. durch Trennung von  lebenden Diatomeen im Vergleich zu den im Schlick enthaltenen ,,Diatomeen-Skeletten" erkennen!
Für mich sind die Methoden zur Anreicherung nur der lebenden Diatomeen (ohne nennenswerte Verunreinigungen) aus einer Watt-Schlick-Proben so oder so ein echter Fortschritt.
Gruß Carlos
Titel: Re: Probenahme von Watt-Schlick-Diatomeen
Beitrag von: Gerd Schmahl in August 31, 2019, 22:05:41 NACHMITTAGS
Hallo Carlos,
Zitat von: CarlosMich wundert allerdings, dass das nicht öfter erwähnt wurde. (Ich kannte den von Anne erwähnten, explizit beschriebenen Trick, wie auch Deine Verbesserung nicht. )
Ich habe den Tip aus dem Forum und Du solltest ihn seit Dez. 2018 auch kennen:
Wattprobe? (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=6367.msg242812#msg242812)
Erinnernde Grüße
Gerd
Titel: Re: Probenahme von Watt-Schlick-Diatomeen
Beitrag von: Carlos in September 02, 2019, 10:50:32 VORMITTAG
Hallo Gerd,
ZitatIch habe den Tip aus dem Forum und Du solltest ihn seit Dez. 2018 auch kennen:
Wattprobe?
Stimmt. Das stand in dem, 2018 wieder aufgenommenen Thema von 2010.  Die Leistungsfähigkeit der Methode habe ich 2018 nicht erkannt, zumal das Thema ,,Diatomeen reinigen" schon vorher
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=3562.msg21875#msg21875
und immer wieder einmal aufgekommen ist.
Jetzt ahne ich, welches Potential in dieser Methode steckt.
Einen eigenen ,,faden" hierzu (mit Bildern) habe ich bisher nicht gefunden. Hierauf bezog sich:
,,Mich wundert allerdings, dass das nicht öfter erwähnt wurde."
(Deshalb habe ich die ,,vor Ort improvisierten Bilder" hier eingestellt.)
Gruß Carlos
Titel: Re: Probenahme von Watt-Schlick-Diatomeen
Beitrag von: Carlos in September 06, 2019, 19:24:45 NACHMITTAGS
Hallo zusammen,
Zwischenzeitlich bin ich wieder zuhause mit ausreichenden Proben von Seewasser feuchten Watt-Schlick-Proben aus Hooksiel.
Erste Versuche:
1.   Die ,,Dick & Durstig"-Anreicherungsmethode, angewendet auf  von vor ca. einer Woche gezogenen Proben funktioniert immer noch. Auf der Oberseite des ,,Saugpapiers" sammeln sich nach einigen Stunden in der Sonne sehr sauber viele, kleine, lebende Diatomeen (10 bis 25µm Länge). Auf der Unterseite sind zusätzlich sehr viele, größere Diatomeen. (Die meisten noch mit ,,Innerreien", vermutlich noch lebend, darunter große ,,Pleurosigma angulatum").
2.   Da das Saugpapier mehrlagig ist, habe ich auch die Methode mit nur einer abgetrennten Einzellage versucht. Jetzt sind kleine und große Diatomeen sauber auf der Oberseite (auch ,,Pleurosigma angulatum").
So sauber habe ich bisher keine Diatomeen isolieren können!  Als Nächstes werde ich werde ich die gewonnenen Diatomeen ,,chemisch reinigen".
Gruß Carlos
Titel: Re: Probenahme von Watt-Schlick-Diatomeen
Beitrag von: Bob in September 06, 2019, 20:21:39 NACHMITTAGS
Hallo Carlos,
danke für den interessanten Versuchsbericht!
Bezüglich des Filtermaterial könnte man ja noch weitere Versuche anstellen. Ich habe z.B. ganz günstig Filtergewebe ca. 35x65µ Maschenweite bei Aliexpress gekauft, das hätte ein prima Maschenweite für Diatomeen, die in einer Richtung nicht mehr als 50µ haben. Mit einem Gewebe mit 150-200µ Maschenweite würde man auch eher sperrige Centrales zu fassen bekommen.

Viele Grüße,

Bob
Titel: Re: Probenahme von Watt-Schlick-Diatomeen
Beitrag von: Carlos in September 06, 2019, 21:56:58 NACHMITTAGS
Hallo Bob,
ZitatBezüglich des Filtermaterials könnte man ja noch weitere Versuche anstellen.
Völlig richtig. Allerdings finde ich es auch interessant, wenn alle lebenden Diatomeen aus eigener Kraft die ,,Barriere" Wattschlick/ Filtermaterial überwinden, ohne ,,Schmutz" mitzunehmen! (Mit Ausnahme von Bakterien, die ohnehin bei der ,,chemischen Reinigung" vollständig verschwinden!) So sieht es jedenfalls für mich bisher aus!
Ich finde die Methode genial, und es wundert mich, dass ich bisher dazu so wenig gefunden habe!
Gruß Carlos
Titel: Re: Probenahme von Watt-Schlick-Diatomeen
Beitrag von: Bob in September 06, 2019, 22:31:43 NACHMITTAGS
Hallo Carlos,
ich denke, dass man auf Diatomeen aus unterschiedlichen Richtungen herangehen kann, z.B.:
A) - Der "Wissenschaftler" möchte alle Arten aus der Probe haben, bestimmen und zählen, Dreck ist egal, solange er dem Ziel nicht im Weg steht
B)- Der "Künstler" möchte hübsche Arten mit seinen verfügbaren Mitteln zu optisch ansprechenden Präparaten verarbeiten

B) wäre es dabei egal, wenn einzelne Arten abgereichert werden, für A) wäre so eine Methode komplett undenkbar.
Das könnte erklären, warum das "Hindurchkriechen-lassen" als Reinigungsmethode nicht so oft erwähnt wird, wie es B) entsprechen würde.

Die Frage ist dabei aber, welche Art von Dreck so vermieden wird, und ob es sich dabei nicht um Dreck handelt, der auch anders einfach zu beseitigen wäre.
Geräde wenn mam zur Kategorie B) zählt, hat man ja einige Möglichkeiten bei der Reinigung mehr.

Viele Grüße,

Bob
Titel: Re: Probenahme von Watt-Schlick-Diatomeen
Beitrag von: Carlos in September 06, 2019, 22:51:04 NACHMITTAGS
Hallo Bob,
Aus meiner Sicht müsste es wissenschaftlich von entscheidender Bedeutung sein, welche Diatomeen zu welcher Jahreszeit/unter welchen Klimabedingungen/an welchem Ort jeweils leben/dominieren!
Auf nur 500 m Watt-Küstenlänge glaube ich, mit dieser Methode bereits jetzt  feststellen zu können, dass bei Hooksiel deutlich unterschiedliche Diatomeen-Spezies zur gleichen Zeit dominieren!
Gruß Carlos