Hallo :),
hier im Forum wird ja öfter über diese geradezu gewaltigen Abbildungsunterschiede zwischen Markenmikroskopen (hier mit normalen Achromaten und Standard num. Aperturen) und billigeren Mikroskopen. Hier möchte ich allerdings diese Billigen Mikroskope mit einer tatsächlich schlechteren Apertur ausschließen. Denn meine Frage lautet: Was macht den qualitativen Unterschied zwischen einem zB Zeiss Mikroskop mit sauberer Optik und normalen Achromaten mit standardmäßiger Apertur (für die dies genau haben wollen ein Beispiel: zB 4/0.10, 10/0,25, 40/0,65, 100/1,25) und einem billigereren Mikroskop keiner Markenhersteller mit denselben Aperturen und ebenfalls sauberer Optik? Ich nehme mal an, dass es Unterschiede gibt, sonst gäbe es dieses Phänomen mit diesen unglaublichen Preisunterschieden nicht. Ich gebe hier mal einen Link für ein Beispiel an. Ein Mikroskop von Swift Optical auf Amazon:
https://www.amazon.de/SWIFT-40X-2500X-Vergr%C3%B6%C3%9Ferung-Siedentopfkopf-Forschungszwecke-Abbe-Kondensator/dp/B07M8Z6327/ref=sr_1_10?__mk_de_DE=%C3%85M%C3%85%C5%BD%C3%95%C3%91&dchild=1&keywords=Swift+Mikroskop&qid=1588440308&sr=8-10
Gut, die Nummer mit dem Abbeschen Gesetz und den 2500x ist klar, aber das sollte, wenn man mit dem 10x Okular hantiert, ja kein Problem sein.
Gibt es noch andere Faktoren? Übersehe ich etwas? Oder sind die alten bewährten Markenhersteller einfach genau deswegen einfach total überteuert?
LG Christoph
Lieber Christoph,
bei den Optiken ist es die Serienqualität: wenn Du Glück hast, bekommst Du Objektive, die denen der Markenhersteller kaum nach stehen. Aber Du kannst halt auch Pech haben ...
Ausserdem kann man davon aus gehen, dass die Erfahrung in Objektivbau bei den "Großen" auch im Bereich der normalen Achromate zu besseren Ergebnissen führt.
Aber Du zeigst uns ein Swift - also ein komplettes Mikroskop. Ganz wesentlich ist die mechanische Qualität des Stativs und der Triebe rund um die Optik. Das Swift kenne ich nicht, aber vor ein paar Jahren gab es Müller Mikroskope preislich auch etwa in der Größenordnung. Der Feintrieb bei einem Exemplar, das ich in der Hand hatte, war der Graus und der Kondensortrieb - ist fast auseinander gefallen. Sicherlich ein Montagsgerät. Serienstreuung - siehe oben.
Wenn Du nun auf ein Neugerät der großen Vier schaust, dann bist Du mindestens um einen Faktor 5 bis 6 teurer. Aber warum braucht ein Hobby-Mikroskopiker ein Neugerät? Die Diskussion hatten wir schon oft, aber für etwas mehr Geld bekommst Du ein gebrauchtes Zeiss Standard 14 mit nominell gleicher Ausstattung, aber quasi unkaputtbar und fast beliebig ausbaubar (was bei den günstigen Geräten in der Regel nicht der Fall ist).
Wenn Du entscheiden möchtest, was für Dich passt, musst Du m.E. drei Klassen von Geräten betrachten: günstige "NoName" Mikroskope, Neugeräte der Markenhersteller und gebrauchte Mikroskope der Markenhersteller. Um sauber entscheiden zu können, solltest Du Dir auch bewust sein, was denn hauptsächlich unter die Linse soll, da davon die grundlegend benötigte Ausstattung abhängt.
Herzliche Grüße
Jörg
p.s.
Dem von Dir gezeigten Swift würde ich jederzeit ein gebrauchtes Leitz SM vorziehen. Für rund 300 Euro bekommst Du das mit NPL oder PL Achromaten und Großfeld-Okulare (Sehfeld 22 gegenüber 18mm), die mechanische Qualität ist über jeden Zweifel erhaben und ein Adapter fürs Mobiltelefon ist auch noch drin - mindestens.
Ein Leitz SM nutze ich selbst als Reisemikroskop für Mikroskopiker-Treffen, ein wirklich schönes Gerät. Die Ausbaubarkeit ist allerdings auch beschränkt.
Hallo Christoph,
die numerische Apertur ist eine rein geometrische Angabe, die den Öffnungswinkel des Objektivs beschreibt, etwa wie der Hubraum eines Autos.
Nun ist es ja für jeden ersichtlich, dass ein Motor, der vor Jahrzehnten konstruiert wurde oder aus zweitklassiger Fertigung stammt, nicht die selben Fahrleistungen ermöglicht, wie ein modernerer und besserer Motor. Auch konstuktive Details wie die Anzahl der Ventile und Vorhandensen von einem Turbo würde man beim Motor berücksichtigen - warum nicht beim Mikroskopobjektiv?
Ist die Apertur gleich, werden trotzdem die Anzahl der Linsen, die Montage in der Fassung, die Verkittung, die Güte des Schliffs und des Glases, die Vergütungen, die Rechnung, die Reinigung vor Montage, die Schwärzung der Fassung.... unterschiedlich sein. Und da stellt sich die Frage, auf welches Pferd man setzen möchte...
Viele Grüße,
Bob
Die Chinesen schleifen inzwischen ordentliche Optiken. Blei gleichem Korrekturzustand (z.B. beides Achromate oder beides Planachromate) wird man wohl wenig Unterschied finden.
Moin,
ich habe auch mal ein "günstiges" Mikroskop aus Asien gekauft. Der Text in der Beschreibung erinnert an den von damals.
Was kam: Schrott! Ein total mit klebrigen Fett verschmiertes etwas, Objektive bestanden aus zwei Linsen, die locker verschraubt waren, Polfilter hatte einen Durchmesser von 0,5 cm und war vermutlich per Hand aus einer Platte geschnitten, auch total verklebt. Durchmesser für Okulare entsprachen nicht dem Standard, alles sehr wackelig und und und....
Leider habe ich erst danach dieses Forum entdeckt, sonst wäre mir das vermutlich nicht passiert, aber hinterher ist man klüger.
Ach so: natürlich mußte ich das Stück auf dem Zollamt abholen und entsprechend Einfuhrumsatzsteuer löhnen.
Ich habe das Stück noch hier stehen, als Mahnung gewisser Maßen!
Grüße
Ulrich
Hallo,
danke für die Antworten. Ich werde jetzt noch etwas nachhaken. Nun ist ja zum Beispiel laut meinen Recherchen die Firma Swift anscheinend gar nicht so eine "NoName" Firma. Zumindest wenn man das Angebot von Amazon nicht als einziges Indiz nimmt. Wenn man auf deren Website geht, sieht man, dass sie ein eigentlich sehr breites Spektrum an wesentlich teureren Mikroskopen haben. Die Angebote auf Amazon werden unter "SwiftBasics" geführt. Die Frage ist: Sollte man wirklich alle Mikroskope die nicht gleich von den "großen Vier" stammen gleich als schlecht betrachten? Ich bin mir sicher, dass man genug China-Schrott da draußen bekommt. Die Firma Swift hat ihren Sitz anscheinend in den USA und produziert aber auch in China (Was Zeiss übrigens teilweise auch macht). Hier ein Link zur Swift Website:
http://swiftoptical.com/products/
Was ich auch noch aufgreifen möchte ist die Ausbaufähigkeit. Hier nehme ich als Beispiel das Mikroskop Researcher von Bresser. Dieses ist laut dem Hersteller mit folgendem auch von Bresser angebotenen Zubehör kompatibel: Planachromaten welche man einzeln dazukaufen kann, einem Dunkelfeldkondensor (trocken und Immersion), einem Phasenkontrastset usw.
Ich finde das klingt sehr nach ausbaufähig, was sagt ihr dazu?
LG Christoph
Moin Chrisoph,
ich möchte es mal so sagen, die "alten Hasen" arbeiten nicht ohne Grund häufig mit älteren Modellen von Leitz, Zeiss oder Olympus.
Wer es sich leisten kann hat dann eben neuere Modelle. Auch wird nicht ohne Grund immer wieder das Zeiss Standard oder für ambitionierte das Leitz Orthoplan empfohlen.
Das Preis/Leistungs-Verhältnis ist bei gebrauchten Geräten eben sehr gut.
Die reine Apertur der Objektive sagt nicht viel über die Bildqualität aus. Es wurde ja schon erwähnt, dass da noch andere Dinge eine entscheidende Rolle spielen.
Man muss sich jedoch immer etwas auskennen um Fehlkäufe zu vermeiden, egal ob Neu- oder Gebraucht-Mikroskop. Besser noch ist, wenn man jemand an der Hand hat der sich auskennt.
Von Marken wie Bre... oder ähnlichem habe ich noch nichts gutes gehört.
Hallo Christoph,
Zitat von: Christoph F in Mai 03, 2020, 09:47:16 VORMITTAG:) Die Frage ist: Sollte man wirklich alle Mikroskope die nicht gleich von den "großen Vier" stammen gleich als schlecht betrachten?
Ich vermute nicht "wirklich alle", aber ein Neugerät um € 299,- wird mit einem gebrauchten Mikroskop eines der etablierten Hersteller welches du heute um's selbe Geld erwerben kannst nicht mithalten können.
Grüße
Alex
Hallo Christoph,
ich würde Dir raten, kauf Dir das Swift für 299,99 € und arbeite damit. Sehr wahrscheinlich wirst Du eine ganze Zeit damit zufrieden sein. Und wenn nicht, war es eine Erfahrung. Ich hab hier einen Objektivsatz eines chinesischen Billigmikroskops (stammte wohl aus der Motic-Schmiede) aus einer Schule rumliegen (4x, 10x, 40x), die Mechanik des Mikroskops war komplett im Eimer, aber die Objektive sind nicht schlecht, dazu sind sie noch ordentlich verchromt und graviert, und nicht wie gewisse Machwerke, wo ein Traditionsname draufsteht, nur lackiert und bedruckt.
Es gibt Mercedesfahrer, die kaufen sich einen BMW nur um dann ständig zu erzählen, wie gut ihr alter Mercedes war. Und es gibt Daciafahrer, die mit ihrem Auto zufrieden sind, weil sie an ihr 6.000 € Auto gar nicht erst nicht die Ansprüche eines 60.000 € Autos stellen.
Viele Grüße, Jochen.
Hallo Christoph,
zur ursprünglichen Frage: Sehr sehr viele Objektive in Noname aber auch Markenmikroskopen kommen aus derselben Fabrik in China. Es ist die Firma Domilight, und man erkennt sehr schnell das z.B. eine Reihe silberner Achromate mit matten Hülsen an fast allen Noname Mikroskopen eingesetzt wird, auch an dem Swift, bei Amscope, bei Bresser, bei Optika, bei Euromex, sogar bei Motic. Es sind solide Achromate die man mit gebrauchten Achromaten von Leitz, Zeiss und Olympus der 70er Jahre gut vergleichen kann. Für den Preisbereich den Du nennst und bis Okular-Sehfeld 18 ist das eine gute Wahl. Domilight produziert auch für Nikon, Olympus und sogar für die deutschen Hersteller, meist aber nach deren Vorgaben und diese Objektive sind nicht im freien Handel zu bekommen. Ausnahme ist eine Serie von Nikon für unendlich Mikroskop CFI60, die gibt es auch bei Euromex.
Zu den Mikroskopen: Man bekommt eben, was man bezahlt. Auch bei Gebrauchtgeräten. Ich habe beides, und auf Dauer hat mich kaum ein Mikroskop unter 500,- Euro dauerhaft überzeugt, aber das heisst nicht, dass das Mikroskop nicht für einige Jahre sehr zufriedenstellend funktioniert und viel Spaß gemacht hat.
Ein Kompromiss könnte ein Mikroskop sein das von Hund als Med-Prax 3 verkauft wird, und das man auch als Noname für unter 500,- Euro bekommt, z.B. bei OSC.tec (MRP-3500T, trinokular ca. 440,-). Angeblich passt die volle Riege der 37mm Steckkondensoren anderer Hersteller, ich habe aber keine eigene Erfahrung diesbezüglich.
Grüsse,
Ralf
Hallo zusammen.
zu erwähnen wäre noch: Zu der Zeit, als die meisten Mikroskope gebaut wurden, die hier im Forum so verwendet wurden, handelte es sich keineswegs um nur 4 Hersteller. Zu dieser Konzentration kam es erst in den 80er Jahren. Davor gab es auch andere Hersteller guter Mikroskope, z.B. Wild, Reichert, Vickers, American Optical, Hertel&Reuss, Lomo, Zeiss Jena, PZO......
Da ist auf dem Gebrauchtmarkt so manches Angebto verfügbar, das ich attraktiver finde, als neue Chinaware.
Zur Ausbaubarkeit: Sicher bietet Bresser für sein 380€ Researcher-Mikroskop einen Dunkelfeldkondensor an - aber der kostet 280€, Gebraucht-Angebot ist Null! Für ein Markenmikroskop bezahlt man dafür gebraucht 50-100€ in unzweifelhafter Qualität. Die Ausbaubarkeit muss man eben auch immer vor dem Hintergrund der Bezahlbarkeit und Preiswürdigkeit des Zubehörs betrachten. Und für die gut ausgeabauten Systeme bekommt man eben noch viel mehr, z.b. schwächere Öl-Objektive, 100er mit Aperturblende, Kondensoren mit achromatisch-aplanatischer Korrektor, Zeichentuben, Vergrößerungswechsler, DIK....
Die Importmikroskop-Händler haben regelmäßig auch aufwändige Modelle im Programm, aber ich glaube nicht, dass die wirklich gekauft werden. Man müsste sie dann gelegentlich auf dem Gebrauchtmarkt sehen, was nicht der Fall ist.
Viele Grüße,
Bob
Hallo Bob,
ich glaube die Ausbaubarkeit (und deren Kosten) sind vielleicht das Argument schlechthin. Ich bin als Neuling in der Mikroskopie zwar erst seit letztem Jahr in Besitz eines "richtigen" Durchlichtmikroskops, aber genau dieser Punkt war das Hauptkriterium für meine Wahl. Ich habe meine Entscheidung für ein LOMO Biolam bis heute nicht bereut. Ich habe mein Mikroskop mittlerweile recht gut ausgestattet, sowohl mit Anbau- und Umrüstteilen von LOMO, Zeiss und Leitz. Die Kosten hielten sich nicht nur beim Grundgerät, sondern auch für den nachträglichen Ausbau in Grenzen.
Ich habe bisher noch kein Neugerät zum Preis meiner Ausrüstung gesehen, dessen Qualität oder Ausstattung meinem nahe kommt. Zudem kommt noch dessen Charme - aber das ist eben Geschmackssache. Man sollte halt schon auch damit arbeiten wollen, und sich nicht jedes mal dazu überwinden müssen.
Grüße
Alex
Danke,
ich sehe, bei diesem Thema sind sich auch nicht alle einig. Was ich mich noch frage zur Ausbaubarkeit ist, wie man quasi "erkennt", oder an welchen Parametern man abliest ob ein Objektiv mit einem Mikroskop "kompatibel" ist. Ich weiß, dass die mechanische Tubuslänge gleich sein muss, es das selbe Gewinde haben muss und dass die N.A. nicht die N.A. des Kondensors überschreiten darf. Aber war's das? Kann ich also zB auf dem Swift (160mm Tubuslänge, DIN/RMS und 1,25 N.A. Kondensor) alle Objektive mit 160mm Tubuslänge, RMS Gewinde und einer N.A. von bis 1,25 einschrauben welche dann auch funktionieren? Oder gibt es da noch mehr, was ich nicht weiß?
LG Christoph
Hallo Christoph,
ja, es gibt noch mehr.
Bei unendlich - Objektiven geht das gar nicht, jeder Hersteller verwendet andere Tubuslinsen.
Bei 160mm Objektiven geht das prinzipiell.
ABER: Die meissten dieser Objektive sind nicht völlig auskorrigiert. Die letzte Bildkorrektur macht da das Okular. Das bedeutet, Objektiv und Okular müssen zusammen passen. Manchmal kann man die Hersteller mixen, meistens nicht.
Grüße
Carsten
Du mußt noch die Abgleichlänge der Objektive beachten, die sollte gleich sein. Üblicherweise 45mm.
Guten Tag
Ich hatte einmal das Glück bei der Vermessung von Objektiven eines der großen deutschen Herstellers dabei sein dürfen, das war ein spannender Tag .-)
Da wurden 2 Objektivarten einer Serie vermessen. Die Objektive waren noch nicht beschriftet, sie wurden getestet und dann in 4 Qualitätsklassen eingeteilt, Ausschuss und der Hauseigenen Serie oder für andere am Markt erhältlichen Serien. Der Ausschuss und die Premiumklasse war sehr gering, es gab auch Objektive die zur Nachbesserung in die Sonderfertigung zurückgingen ...
Dabei ging es nicht um APOs, es waren Objekitve der Standardklasse ...
Damit kann man bei einem billigen Hersteller immer noch Glück haben und ein relativ gutes Objektiv zu bekommen, zu den Besten gehört es aber nicht. Das ist in der Fertigung durchaus ein gängiges Vorgehen ... Es ist also eine Frage was man braucht ...
Liebe Grüße
Gerhard
Hallo Christoph,
zum Thema "Umrüstung von Mikroskopen mit fremden Bauteilen" gibt es in der Mikrofiebel (https://www.mikroskopie-forum.de/pdf/mikrofibel.pdf) von Klaus Henkel ein eigenes Kapitel S.53ff, das ich Dir zu lesen empfehlen möchte.
LG Gerd
Danke noch mal für die vielen Antworten. Das hat mir Klarheit verschafft.
Zitatzum Thema "Umrüstung von Mikroskopen mit fremden Bauteilen" gibt es in der Mikrofiebel von Klaus Henkel ein eigenes Kapitel S.53ff, das ich Dir zu lesen empfehlen möchte.
und das werde ich auf jeden Fall machen.
LG Christoph