Hallo Zusammen,
Es war hier schon einmal Thema:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=5640.15 (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=5640.15)
Aus aktuellem Anlass möchte ich das Problem hier erneut behandeln. Ein Forumsmitglied schickte mir sein Ortholux (I) zu mit der Bitte den Feintrieb zu reparieren.
Er würde nach ca. einer Umdrehung blockieren, was v.a. bei niedrigeren Umgebungstemperaturen auftreten würde.
Der Feintrieb sollte sich aber vom unteren bis zum oberen Anschlag ca. 25 mal drehen lassen, nur eine Umdrehung oder gar weniger ist definitiv nicht normal.
Habe das Ortholux zerlegt und die Ursache des Problemes schnell gefunden.
Ausgelöst wird der Anschlag über einen gefederten L-förmigen Hebel, dessen dickerer Schenkel in einer Nut des Messingzahnrades auf der Feintriebachse läuft - siehe Bilder. Nach einer gewissen Anzahl an Umdrehungen blockiert er - am jeweiligen Ende der Nut angekommen - über seinen schmaleren Schenkel einen Zapfen auf der Feintriebwelle.
Ist Fett in diesem Hebelmechanismus verharzt oder in der am Triebkasten für den schmalen Hebelschenkel vorgesehenen Nut), kann sich der Hebel nicht mehr frei bewegen und blockiert entsprechend früher - siehe Video: www.youtube.com/watch?v=Eo3e_JZCSj0 (http://www.youtube.com/watch?v=Eo3e_JZCSj0)
Natürlich erklärt die Verharzung auch ein Verschwinden der Blockaden bei warmen Außentemperaturen, bei denen das Fett wieder weicher wird.
LG Diana
An das verharzte Hebelchen kommt man leider nicht so einfach.
Dafür ist der Triebkasten erst einmal schichtweise abzubauen:
1. Schlitten mit Tischaufnahme
2. Schicht mit dem Grobtrieb, die mit der hintersten Schicht ("Feintriebschicht") so umständlich von hinten verschraubt ist, dass man nach Punkt 1 zunächst den restlichen Triebkasten komplett vom Stativ lösen muss.
3. Nach Lösen der eben genannten Verschraubungen auf der Rückseite des Triebblockes, kommt man an die Feintriebschicht und damit an den verharzten blockierenden Hebel.
Unterwegs gibt es noch 3 Abdeckplatten, ein paar Kugellager, Triebknöpfe etc., die abzubauen sind.
Geht es nur um das Richten dieses hier thematisierten Hebelmechanismus, reicht es aber, wenn man von den Triebknöpfen den rechten Grobtriebknopf demontiert. Es müsste also nicht auch noch der gesamte Grobtrieb zerlegt werden. Der eine Knopf muss allerdings ab, sonst kommt man "triebkasten-verschachtelungsbedingt" nicht weiter.
Hürden bei diesem Trieb waren:
- v.a. bombenfest sitzende Schrauben (nahezu ALLE!!!), die z.T. noch ungünstig zugänglich waren - da half auch WD40 nicht arg viel ... zumindest für mich waren das quasi die festesten Schrauben, die ich je hatte ;)
- sehr fest aufgepresste Triebknöpfe - ohne gutes Abziehwerkzeug ist man definitiv aufgeschmissen! (Abzieher für die Grobtriebkknöpfe, M5 Schraube+Bolzen für die Feintriebknöpfe)
- Auch das spätere Wiederaufpressen der Triebknöpfe war mir ohne große Schraubzwinge und Schraubstock nicht möglich gewesen
Nachtrag: Bei einem weiteren Ortholuxtrieb, den ich parallel zerlegt habe, waren zumindest die "normalen" Schrauben nur mäßig fest. Das scheint also Glückssache zu sein. Aber auch beim zweiten Trieb saßen die Triebknöpfe extrem fest auf den Wellen.
Viele Grüße
Diana
Hier noch Legebilder des Feintriebes und ein Foto nach Wiederzusammenbau.
Man hätte noch den zweiten Knopf abbekommen können, dann wäre ein weiteres Mini-Kugellager mit 12 1mm Kügelchen zum Vorschein gekommen (siehe rechte Seite).
Man kommt aber auch so dran, ohne den Knopf abzubauen. Achtung, die Kügelchen gehen sehr leicht verloren, bzw. "hüpfen" bei der Montage leicht wieder aus den Löchern raus!
Auf der rechten Seite ist eine zweite Lagerscheibe noch im Knopf versteckt und daher nicht mit abgebildet.
Unter dem Block mit dem Anschlagshebel gibt es beim zweiten von mir zerlegten Trieb zwei dünne Unterlegscheiben. Auch diese sind nicht auf den Fotos und auch nicht bei jedem Trieb dabei.
Ebenfalls nicht abgebildet sind 2 Kugellagerkäfige mit jeweils 8 Kugeln für den Feintriebschitten.
Chapeau!
Viele Grüsse
Florian
Danke Florian :)
Hier noch - der Vollständigkeit halber - auch wenn es mit dem blockierten Feintrieb nichts zu tun hat, ein Legebild vom Grobtrieb.
LG Diana
...und der wiederzusammengebaute und mit der "Feintriebschicht" verbundene Grobtrieb.
Es fehlt auf dem Bild noch das Feststellhebelchen für den Grobtrieb (auf der linken Seite). Auch sind die Triebknöpfe noch nicht wieder richtig aufgepresst und damit die Welle nicht in mittiger Position. Durch das Aufpressen werden auch die 4 "Reibscheiben" zusammengedrückt.
(Auf diese Grobtriebschicht, käme als nächstes noch der Schlitten der Tischführung, der ebenfalls über 2 seitliche Kugellager läuft. Vielleicht mache ich später nochmal Fotos von einem anderen Stativ und ergänze sie. Hier habe ich das leider versäumt. Man sieht das ganze aber auch in Hugos Anleitung - siehe übernächsten Beitrag.)
Nachdem ich gestern so gut wie fertig war und mit Hugo Halfmann über diesen Trieb und die damit verbundenen Herausforderungen diskutiert hatte, hat er eine sehr schön detaillierte von ihm erstellte Wartungsanleitung ausgegraben, die ich hier mit anhängen darf :) :) :)
Nach dem Gespräch war ich ein wenig "froh", dass es ihm wohl auch nicht besser gegangen ist....was Triebknöpfe und Schrauben anbelangt ;D
Ich muss das PDF noch aufteilen...
Die Anleitung kommt gleich...
LG Diana
Hugos Anleitung - Teil 1
Hugos Anleitung - Teil 2
Hallo Diana, Hallo Hugo,
herzlichen Dank für diese übersichtliche Anleitung.
Gruß !
JB
Liebe Diana,
wieder mal ein schönes Beispiel wie einfach doch alles ist, wenn man jemand wie dich hat mit 2 goldenen Händen und einem hellen Kopf.
Toll, wie du das hinkriegst und auch sauber dokumentierst.
Kommt mir ein wenig so vor wie wenn ich im Konzert sitze und einem begnadeten Pianisten zuhöre: eigentlich ganz einfach: nur im richtigen Moment die Tasten anschlagen.
Liebe Diana,
Wartungsanleitung...schön und gut. Aber da geht es mir wie in Klaus Herrmanns Beispiel: Die Wartungsanleitung ist qausi das Notenblatt; das würde mir, der über Hänschen Klein auf der Blockflöte nicht hinausgekommen ist, genau so wenig helfen.
Deshlab bin ich froh, dass Du so etwas kannst und schon einige Orthoplane von mir "behandelt" hast, die nun wieder laufen, als hätten sie frisch das Werk verlassen. (Das Ortholux ist aber nicht von mir).
Herzliche Grüße
Peter
Hallo Diana,
tolle Reparaturdokumentation! Die wird bestimmt noch dem einen oder anderen dabei helfen, sein Orthoplan am Laufen zu halten. Was so ein Bisschen verharztes Fett bewirken kann!
Viele Grüße,
Bob
Lieber Peter, lieber Bob,
Es geht hier um das schwarze Ortholux I und nicht das Orthoplan, welches völlig anders aufgebaut ist.
Die hürdenreiche Demontage, die ohne Spezialwerkzeug gar nicht machbar ist, hat Diana gut beschrieben und wie ich auch ohne Anleitung hinbekommen.
Hallo,
der Ortholux Feintrieb interessiert mich nicht, aber die Reparaturanleitung ist so gut, dass es schade wäre, ginge sie verloren.
Mein Wunsch: eine Rubrik Reparaturanleitungen. Bitte noch nach Fabrikaten unterteilt.
ZitatMein Wunsch: eine Rubrik Reparaturanleitungen. Bitte noch nach Fabrikaten unterteilt.
exakt das möchte ich heftig unterstützen. Und die Überschriften sollten einen genauen Hinweis auf das jeweilige Objekt haben. Also "mal wieder was Verharztes" ist zwar ein guter Aufhänger - zum Suchen aber so hilfreich wie die Überschrift bei der Vorstellung:"Hallo ein Neuer schaut rein"!
Diana hat es hier wieder vorbildlich gemacht.
...
Hallo Zusammen,
Freut mich, dass Euch mein Wartungs-Beitrag hier gefällt :)
Die beiden ausführlichen PDFs sind aber von Hugo!
Jedenfalls war das mal eine neue Herausforderung und hat - so im Nachhinein betrachtet 8) - doch irgendwie wieder Spaß gemacht.
Wie ich inzwischen gehört habe, scheint das hier thematisierte Problem recht verbreitet beim Ortholux I zu sein, somit wünsche ich allen, die das hier nachmachen möchten, viel Erfolg!
Übrigens: Mit dem Orthoplantrieb hat der vom Ortholux I wirklich nichts gemeinsam, der vom Ortholux II hingegen ist baugleich mit dem vom Orthoplan.
Als nächstes wage ich mich dann mal an ein Diavert...aber dazu gibts schon einen schönen Beitrag von Frank D.
LG
Diana
Zitat
Zitat
Hallo Zusammen,
Freut mich, dass Euch mein Wartungs-Beitrag hier gefällt :)
Die beiden ausführlichen PDFs sind aber von Hugo!
Und wer das PDF in einem Stück und in groß haben möchte, schreibt mich einfach mit Angabe einer E-Mail Adresse an.
Das Original passt nicht ins Forum.
Lieber Holger,
das vollständige pdf der Triebreparatur des Ortholux würde mich schon interessieren.
olaf,medenbach@rub.de
Herzlichen Dank,
Olaf