Mikro-Forum

Foren => Mikroskopie-Forum => Thema gestartet von: Florian D. in Juli 17, 2020, 21:30:03 NACHMITTAGS

Titel: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: Florian D. in Juli 17, 2020, 21:30:03 NACHMITTAGS
Glückauf Forum,

nachdem ich mich z. Zt. mit Auflichtmikroskopie beschäftige, traf es sich gut, dass ich bei Ebay ein ellipsometrische Okular ersteigern konnte. Zunächst wusste ich gar nicht, was das ist, aber da konnte mir Olaf weiterhelfen, der selber2 davon in seinem Besitz war. Sie wurden von Max Berek, Leitz' genialstem Kopf in den 30' Jahren erdacht. Das Prinzip ist eigentlich einfach: Entsteht bei der Reflexion am Anschliff elliptisch polarisiertes Licht, so wird dies zum einen durch den Winkel, um den die Hauptachsen der Ellipsen gegen das einfallende polarisierte Licht verdreht sind charakterisiert. Zum anderen durch das Achsenverhältnis der Hauptachsen. Beide Grössen lassen sich bestimmen, indem man sowohl den Analysator um definierte Winkel drehen kann, als auch ein dem Analysator vorgelagertes doppelbrechendes Gipsplättchen.
Die Formeln zur Berechnung der Ellipsenparameter waren für die Routineanwendung zu unhandlich, sind aber heute leicht z. B. in Excel zu hinterlegen.
In den anhängenden Bildern beachte man auch den schönen Tubus, den Olaf mir extra angefertigt hat, weil der Binokulartubus aufgrund der Umlenkprismen zur Messung der Polarisation nicht geeignet ist.

Ach ja, noch ein Nachtrag: Die Okulare wurden anscheinend fortlaufend nummeriert und von den 3 Okularen über die Olaf und ich zusammen verfügen, war die höchste Nummer die 57.
Das Problem, aus einer zufälligen Stichprobe auf die maximale Stückzahl produzierter Teile zurückzuschliessen ist unter dem Namen "German Tank Problem" in die Geschichte eingegangen, weil die Alliierten damit auf die monatliche Produktion deutscher Panzer geschlossen haben, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/German_tank_problem.
In unserem Fall kann man wohl schliessen, dass von diesen Okularen wohl nicht mehr als 100 hergestellt wurden.

Viele Grüsse
Florian
Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: derda in Juli 18, 2020, 12:37:32 NACHMITTAGS
Hallo Florian,

ich hatte das Okular gesehen, wusste allerdings nicht wofür es gedacht war. Vielen Dank deshalb für die Vorstellung. Kann man das durch aussagekräftige Bilder möglicherweise dokumentieren?

Viele Grüße,

Erik

ps: so ein veräusserter Nachlass sorgt für eine Neuverteilung. Hatte das Glück auch einige schöne Teile daraus zu ergattern.
Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: hugojun in Juli 18, 2020, 15:22:39 NACHMITTAGS
Hallo Florian,
danke für zeigen. Wenn ich richtig lese sind die beiden Nonien unterschiedlich bezeichnet. Kannst Du uns sagen, was es damit auf sich hat?
Beabsichtigst Du die Messung im schräg auffallendem Licht zu machen , oder nach Eales 1969 konoskopisch?
Das doppelbrechende Gipsplättchen sollte ein azimutaler Drehkompensator sein, oder gibt es andere Möglichkeiten,
das elliptisch polarisierte Licht quantitativ zu kompensieren?

Gruß
Jürgen

Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: hugojun in Juli 18, 2020, 16:03:01 NACHMITTAGS
Ich denke ich kann mir die Frage zu den Nonien selber beantworten:
oben Analysator unten Gipsplättchen Kompensator, aber in welcher Größenordnung? λ/8; λ16 ?


Gruß
Jürgen

Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: Florian D. in Juli 18, 2020, 22:50:53 NACHMITTAGS
Hallo Erik und Jürgen,

@Erik: Bilder wären sehr unspektakulär. Der oberste Teil des Okulars ist eine Hilfslupe, mit der man konoskopisch beobachten kann. Dabei wird die Blende soweit zugezogen, dass nur ein kleiner Fleck in der Mitte hell erscheint. Diesen stellt man auf maximale Dunkelheit.

@Jürgen: Man beobachtet im senktrecht reflektierten Licht. Die Gipsplättchen haben eine optische Weglängendifferenz zwischen 50 und 100 nm. Wie Du richtig erkannt hast, ist der mit g beschriftete Nonius für die Rotation des Gipsplättchens und der mit a beschriftete für die Rotation des Analysators.

Interessant ist, dass man damit das Verhältnis der Reflexionsvermögen R1/R2 genauer bestimmen kann als durch direkte Messung der Einzelreflexionen. Im Falle einachsiger Kristalle kann man überdies einen "charakteristischen Winkel tau" bestimmen, der sich nur vernachlässigbar mit der Orientierung des Kristalls ändert. Er ist also ein Charakteristikum des Minerals. Leider scheint es keine Auflistung dieses Parameters für verschiedene Erze zu geben.

Viele Grüsse
Florian

Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: hugojun in Juli 19, 2020, 10:46:19 VORMITTAG
Zitat von: Florian D. in Juli 18, 2020, 22:50:53 NACHMITTAGS



Interessant ist, dass man damit das Verhältnis der Reflexionsvermögen R1/R2 genauer bestimmen kann als durch direkte Messung der Einzelreflexionen. Im Falle einachsiger Kristalle kann man überdies einen "charakteristischen Winkel tau" bestimmen, der sich nur vernachlässigbar mit der Orientierung des Kristalls ändert. Er ist also ein Charakteristikum des Minerals. Leider scheint es keine Auflistung dieses Parameters für verschiedene Erze zu geben.

Viele Grüsse
Florian


Hallo Florian ,
wenn nur senkrecht beleuchtet  wird , geht es um die Bestimmung anisotroper Erze. Welche Methode ist das genau,
kannst Du da Literatur zu nennen.
Gruß
Jürgen
Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: Florian D. in Dezember 28, 2020, 16:09:47 NACHMITTAGS
Jetzt habe ich mich wieder ein bisschen mit diesem Okular beschäftigt.
Die folgenden Ausführungen sind sicher für die meisten uninteressant die sich nicht näher mit Polarisationsmikroskopie beschäftigen.

Ohne sich zunächst mal um die Anwendung, nämlich die Vermessung der Anisotropie von Erzmineralen zu kümmern, dient es ja allgemein dazu, den elliptischen Polarisationsgrad zu bestimmen. Darauf möchte ich im Folgenden kurz eingehen. Ähnliches ist auch mit moderneren Polmikroskopen möglich, wenn sie nicht nur über einen drehbaren Analysator, sondern auch über einen drehbaren Kompensator verfügen.
Nichts anderes ist in diesem Kompensationsokular auch verbaut.
Man bestimmt nun die Winkel a und g, um die der Analysator und Polarisator gedreht werden müssen, um Dunkelheit zu erreichen. Einfach genug. Wie bestimmt man nun daraus, wie das Licht polarisiert war ?

Eine Ellipse wird ja durch die relative Länge und Lage der beiden Aufeinander senkrecht stehenden Hauptachsen a und b beschrieben (Bild 1) . Der Winkel ("Azimut") zwischen der längeren Hauptachse und der x-Achse (typischerweise die Richtung des Polarisators des Mikroskops) wird bei Berek gerne "psi" abgekürzt.
Statt des Verhältnisses der beiden Hauptachsenlängen b/a wird gerne der arcus tangens davon als Winkel "theta" angegeben.
Ziel ist es also, diese beiden Winkel zu bestimmen.
Die Sache vereinfacht sich erheblich, wenn man sich die Verhältnisse auf der sogenannten Poincarekugel
veranschaulicht,
https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Poincare-sphere_arrows.svg
Auf derem Äquator liegen alle linearen Polarisationszustände, wobei sich linear entlang x und linear entlang y gegenüberstehen. Ebenso stehen sich die linearen Polarisationen entlang der Diagonalen gegenüber.
Das ist vielleicht etwas unintuitiv, bedeutet es doch, dass wir entlang des Äquators nicht den Azimut psi, sondern 2 psi auftragen.
An den Polen kommen die rechts- und linkszirkular polarisierten Zustände zu liegen. Dies sind spezielle elliptisch polarisierte Zustände, bei denen die Hauptachsen a und b gleich lang sind. Daraus folgt, dass für sie theta = +- 45 Grad ist.
Nachdem sie auf der Sphäre bei den Breitengraden +-90 Grad zu liegen kommen, wird also auch der Winkel theta verdoppelt.
Alle anderen Punkte auf der Kugel enstprechen allgemeinen elliptischen Polarisationszuständen.

Was tut nun der Kompensator? Er besteht aus einem doppelbrechenden Plättchen, bei Berek Gips. Sei g (wegen des Gipses) der Azimut (Längengrad) der Hauptachse mit dem grösseren Brechungsindex, tragen wir 2g entlang des Äquators ab.
Der Kompensator wird nun die ganze Poincare Kugel um den Winkel -Delta um diese Achse drehen. Delta ist bei fester Wellenlänge eine Konstante des Kompensators. Für ein lambda/4 Plättchen beträgt sie Beispielsweise 90 Grad, da dieser ja eine lineare Polarisation maximal in eine Zirkulare drehen kann. Der volle Drehwinkel wird aber nur für die relativ zu den Hauptachsen des Kompensators diagonal liegenden Polarisationen erreicht. Man überlege sich auf der Poincarekugel, dass dies wirklich Sinn macht!
Das theoretische Lieblingswerkzeug des klassischen Mineralogen ist ja das Wulffsche Netz. Auf diesem lässt sich die Bestimmung jetzt prima veranschaulichen.
Die Hauptachse mit dem grösseren n des Kompensators wird in das Zentrum des Netzes gelegt. Bei der Stellung a des Analysators beobachtet man Dunkelheit, d. h. das Licht muss linear polarisiert sein. D. h. mit Kompensator finden wir einen linear polarisierten Zustand, der auf dem Äquator bei 2a liegt oder, auf dem Wulffschen Netz, bei 2a-2g.
Um zu finden, wo dieser Zustand ohne Analysator liegt, drehen wir ihn zurück. Die maximale Drehung erfahren die Punkte auf dem äusseren Kreis des Netzes, für diese beträgt die Drehung Delta, das wir kennen, so dass wir diese Drehung direkt einstellen können. Auf dem gedrehten Netz können wir jetzt direkt die Parameter 2 psi - 2g und 2 theta ablesen, siehe Bilder 2 und 3. 

Viele Grüsse
Florian









Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: hugojun in Dezember 28, 2020, 17:36:42 NACHMITTAGS
Hallo Florian,
genial , ist diesmal die  Wullfsche Netz Methode,  die Einfachere.
Hast du die Resultate mit deinen Berechnungen in R verglichen?
LG
Jürgen
Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: hugojun in Dezember 29, 2020, 11:46:37 VORMITTAG
Zitat von: hugojun in Dezember 28, 2020, 17:36:42 NACHMITTAGS
Hallo Florian,
genial , ist diesmal die  Wullfsche Netz Methode,  die Einfachere.
Hast du die Resultate mit deinen Berechnungen in R verglichen?
LG
Jürgen

Hallo Florian,
Ich habe gerade keine absoluten Werte für Minerale zur Hand.
Aber wenn ich mich recht erinnere , sind die Winkel selten größer
als ein paar Grade?

LG
Jürgen
Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: Florian D. in Dezember 29, 2020, 12:21:34 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen,

ja, das stimmt. Ich wollte das mit dem Wulffschen Netz auch nur zur Veranschaulichung der Verhältnisse auf der Poincarekugel zeigen. Man kann dieses Kugeldreieck auch mit den Neperschen Formeln der sphärischen Geometrie lösen. Die verwendet auch Berek, bezeichnet es aber nur als "Analogie".

Viele Grüsse
Florian
Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: Florian D. in Februar 22, 2021, 15:17:40 NACHMITTAGS
Nachdem, natürlich wieder der liebe Olaf, mir ein schönes Testpräparat aus Glimmer gebastelt hat, konnte ich das jetzt auch experimentell austesten.
Im Durchlicht ist die Situation einfacher als im reflektierten Licht, weil, zumindest solange die Präparate nicht optisch aktiv sind, die Polarisationsrichtung von ihnen nicht gedreht wird. Sie erzeugen lediglich eine Phasenverschiebung, die man gut auch anderweitig messen kann.
Mit dem Berekkompensator bestimmt sich z. B. die Weglängendifferenz eines solchen Plättchens zu 27.2 nm bei Licht der Wellenlänge 550 nm, wobei ich keine Messwiederholungen vorgenommen habe um etwa das Letzte an Genauigkeit herauszukitzeln.

Mit dem Ellipsometrischen Okular finde ich 27.4 nm, was ja gut zusammenpasst.
Auch die Kompensatorkonstante des Okulars konnte ich in mit denselben Messdaten zu 106 nm bestimmen.
Jürgen hat natürlich recht, dass die graphische Methode bei kleinen Winkeln sehr fehlerbehaftet ist. Um die Operationen zu veranschaulichen, taugt sie aber gut.
Anbei ein Programmschnipsel zur numerischen Lösung:

lambda <- 550 #Wellenlänge
# Winkel der Auslöschungsstellungen
#Kompensatorplättchen
g1 <- 47.4
g2 <- 40.4
# Analysator
a1 <- 38.0
a2 <- 50.2

twog <- (g1-g2)*pi/180
twoa <- (a1-a2)*pi/180
ag2 <- (twog-twoa)

Gam <- acos(tan(twog)/tan(ag2))/(2*pi)*lambda #Weglängendifferenz Kompensatorplätchen
Del <-  Gam/lambda*2*pi #Phasendifferenz

theta2 <- asin(sin(ag2)*sin(Del))*lambda/(2*pi) #Weglängendifferenz durch Präparat






Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: hugojun in Februar 22, 2021, 16:27:36 NACHMITTAGS
Hallo Florian,
,,...Auch die Kompensator Konstante des Okulars konnte ich in mit denselben Messdaten zu 106 nm bestimmen..."
Das entspricht dann etwa λ/5.6 (für nD)für den Okular-Kompensator , so wie es sich aus Beispiel Rechnungen in
verschiedener Literatur hat erahnen lassen, und ca λ/22 für das Testobjekt.
Wie genau war die Lage des Testpräparats zum Polarisator; z.B.: γ// Polarisator?
LG
Jürgen
Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: Florian D. in Februar 22, 2021, 16:43:58 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen,

das Präparat war in Diagonalstellung zum Polarisator.

Viele Grüsse
Florian
Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: hugojun in Februar 22, 2021, 19:12:54 NACHMITTAGS
Hallo Florian ,
Ich habe meine Kompensatoren nochmal gegeneinander Vermessen und
dann mit deinem kleinen Programm berechnet.

> source...lambda16 mit lamba 8.R")

#Weglängendifferenz durch Präparat                   32.80853       Г (nm )
#Weglängendifferenz Kompensatorplätchen      65.61705       Г (nm )
#Phasendifferenz                                                       0.7496074

> source...lambda32 mit lamba 8.R")

#Weglängendifferenz durch Präparat                   11.06736         Г (nm )
#Weglängendifferenz Kompensatorplätchen      69.36651          Г (nm )
#Phasendifferenz                                                       0.7924411

> source...lambda32 mit lamba 16.R")

#Weglängendifferenz durch Präparat                   10.87525           Г (nm )
#Weglängendifferenz Kompensatorplätchen      28.86565           Г (nm )
#Phasendifferenz                                                       0.3297604

Dabei Komme ich dann für den λ/8 auf Г (mittel) von 67,5 (nominal 65+-2),
beim λ/16 auf 30,8 (nominal 32+-2) und beim λ*32 auf 10,9 (nominal 16+-2).
Auch ich habe keine Messreihen durchgeführt , sondern nur einmalige Messungen ohne Mittelwerte.
LG
Jürgen
Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: Florian D. in Februar 22, 2021, 19:48:58 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen,

danke für die Messungen! Das sieht ja schon mal halbwegs ermutigend aus!

Viele Grüsse
Florian

PS: Erstaunt sehe ich gerade, dass dieser Thread schon über tausendmal angeklickt wurde. Mehr als zwei duzend Klicks von vielleicht 4 Personen hatte ich eigentlich nicht erwartet.
Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: derda in Februar 23, 2021, 06:46:49 VORMITTAG
Guten Morgen Florian,

ZitatErstaunt sehe ich gerade, dass dieser Thread schon über tausendmal angeklickt wurde.

Was sang Klaus Lage? Tausend mal berührt, tausend mal ist nichts passiert...

So ähnlich geht es mir mit deinem Auflichtbeitrag auch. In der Praxis habe ich mich nie tiefgründig mit Auflichtmikroskopie beschäftigt und bin deshalb auch nicht über diese Problemstellungen gestolpert. Trotzdem ein sehr inhaltsreicher Beitrag, den ich mir abspeichere.

Viele Grüße,

Erik
Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: Florian D. in Februar 26, 2021, 10:12:21 VORMITTAG
Berek hat kurz vor seinem Tod  zusammen mit einem Mitarbeiter noch einen Artikel (Zitat s. u.) publiziert in dem er versucht, einen optimalen Wert für die Kompensatorkonstante  Delta des Gipsplättchens zu bestimmen. Ich habe mir den jetzt mal zu Gemüte geführt. Er findet einen Wert von 60 Grad. Die Argumentation verläuft in etwa so:
Die Genauigkeit der Einstellung der Analysator und Kompensatorlage ist begrenzt durch die Einstellung auf absolute Dunkelheit.
Gibt man für die minimal wahrnehmbare Aufhellung einen Schwellenwert vor, so kann man Berechnen, wie der maximale resultierende Fehler in (a,g) (als Vektor aufgefasst, d. h. der Fehler auch in Vektornorm) von Delta abhängt.
Da findet man dann 60 Grad.
Was ich dabei nicht verstehe: Eigentlich interessiert mich der Fehler in a und g gar nicht. Dies sind ja nur Hilfsgrössen, mit denen man Schätzwerte für den Azimut psi und die Elliptizität theta berechnet.
Der Fehler gemeinsame Fehler von (psi, theta) hängt dann aber gar nicht von Delta ab!




Berek, M., and H. MARX. "* THEORIE EINER ABWANDLUNG DER METHODE VON MACCULLAGH, J UND STOKES, GG ZUR ANALYSE ELLIPTISCH POLARISIERTEN LICHTS FUR DEN SONDERFALL LANGGESTRECKTER SCHWINGUNGSELLIPSEN." Optik 3.5 (1948): 444-450.
Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: hugojun in Februar 26, 2021, 11:02:22 VORMITTAG
Hallo Florian,

ich konnte bisher den Artikel nicht online finden.
Hast Du antiquarische Quellen?
Gruß
Jürgen
Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: hugojun in Februar 27, 2021, 12:16:07 NACHMITTAGS
Hallo Florian,
beim Schließen oder Öffnen von parallel- zu gekreuzter Stellung der Polarisatoren liegt die relative Zunahme/Abnahme der Intensität
(nicht Amplitude )pro 1Grad bei 18% für eine Drehung von 9° nach 10°, bei 5% für einen Drehung von 34° nach 35° und 1,6% von 64° nach 65 usw...
Ich kann mir nur vorstellen, dass die Ablesefehler von a und g in ähnlicher Größenordnung in die Rechnung für die ,,Schätzwerte"
von Psi und Theta eingehen.

LG
Jürgen

Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: Florian D. in Februar 27, 2021, 23:57:31 NACHMITTAGS
Glückauf Forum,

die Theorie hinter diesem Okular und seinen moderneren Varianten ist ja nicht gerade einfach und ich hatte mit Jürgen (hugojun) schon einen sehr fruchtbaren Austausch zu diesem Thema. Bevor man viel Geld in einen evtl. subobtimalen Kompensator versenkt, ist es sicher interessant, sich zu überlegen, welcher Gangunterschied für diesen optimal ist. Berek und Marx haben hierzu in einem Artikel von 1948 eine Theorie entwickelt, die einen optimalen Gangunterschied von lambda/6 liefert.
Nach Lektüre dieses Artikels sind mir aber gewisse Zweifel gekommen. Insbesondere scheint es mir, dass der Gangunterschied überhaupt keinen Einfluss auf den Fehler hat. Den grössten Messbereich bekommt man mit einem lambda/4 Kompensator. Für diesen Wert werden die Messergebnisse auch besonders einfach interpretierbar. Insbesondere wird der Kompensatorwinkel g gleich dem Azimut psi der Polarisationsellipse und a-g gleich der Elliptizität theta.
Heutzutage ist es Standard, die Wirkungen dieser Polarisationskomponenten auf der sogenannten Poincarékugel zu veranschaulichen, die Berek seinerzeit anscheinend noch nicht geläufig war. In dem anhängenden Entwurf habe ich versucht Bereks und Marx Untersuchung unter diesem Blickwinkel nachzuvollziehen.

PS: Dokument gerade nochmal upgedatet, um die Ergebnisse der letzten Diskussionen zu berücksichtigen.

Viele Grüsse
Florian
Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: Florian D. in Februar 28, 2021, 12:39:27 NACHMITTAGS
Berek und Marx zitieren auch einen Artikel
Turner, Arthur Francis, J. Benford, and W. J. McLean. "A polarized light compensator for oqaque minerals." Economic Geology 40.1 (1945): 18-33,
äussern sich aber sehr negativ: "Es nützt gar nichts, durch irgendwelche Hilfsmittel die Ausschläge der Einstellungen g und a zu vergrössern, ein Weg, der kürzlich als "Verbesserung" einer unter 3) beschriebenen Methode, die ein Vorläufer von 2) ist, amerikanische Forscher 4) beschritten haben. Eine solche Massnahme ist nur schädlich, weil sie den Streubereich dg, da der Einstellungen vergrössert und damit leicht die Gefahr einseitiger Einstellungen mit sich bringt."
Von dem Artikel kann ich leider nur die erste Seite sehen, aber sie schreiben: "The action of these elements is traced on the Poincaré sphere". Tolle  Abbildungen habe ich aber hier auf Seite 20 gefunden: https://books.google.de/books?hl=de&lr=&id=fJwT_cG8PzMC&oi=fnd&pg=PA1&ots=bK-JZcaiLI&sig=t008LZBI7JQ6sYB0E_zSPLtcXS8#v=onepage&q&f=false
Die Amerikaner hatten da also schon ein besseres Verständnis der Materie. Wohl kriegsbedingt ist man bei uns wohl ins hintertreffen geraten.

PS: Das Buch findet man auch hier: https://calhoun.nps.edu/handle/10945/14633
Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: hugojun in Februar 28, 2021, 13:16:19 NACHMITTAGS
Hall Florian,
ein gelungener Artikel, der die Thematik überschaubarer macht, ohne den Wusch an trigonometrischen Formeln, der leicht den Überblick verlieren lässt.
Die beschrieben Problematik bezieht sich auf den Sonderfall der ,,langgestreckten Ellipsen". Hierunter versteht man elliptisch polarisiertes
Licht hervorgerufen durch anisotrope Minerale im senkrecht reflektierten Licht oder im Durchlicht, dessen Elliptizität gering ist.
Die Kenntnis des absolute Gangunterschied Δ eines Kompensators ist abhängig von der Methode.
Eine Methode wurde von MacCullagh beschrieben und setzt die Kenntnis der Nulllage des Azimut A₀ voraus.

Θ=((A₁-A₀) +(A₂-A₀)) /2

Die abgewandelte Methode von Berek nutzt das Mittel (A₁-A₂) /2 in Verbindung der Kompensator Messung(C₁-C₂) /2
ohne Kenntnis der Nulllage

+-Θ= ((A₁-A₂) /2)-( (C₁-C₂) /2).....

aber der Gangunterschied des Kompensators muss bekannt sein

+-Θ= ((A₁-A₂) /2)-( (C₁-C₂) /2)* (cos2пГ/(λ+1/2(C₁-C₂))

Im Prinzip könnte ich ja einen Kompensator nutzen, der nicht die völlige Dunkelheit erzeugt. Dann würde ich den Winkel A ermitteln,
indem ich auf minimale Helligkeit einstelle, was wegen der Abnahme der Empfindlichkeit des Auges aber Fehlerhaft ist.
Oder man beschreitet den Weg der Intensitätsmessung mit einem Fotoelement bei vorgegebener Intensität. Man stellt dann auf die gleiche Intensität
vor und hinter dem Minimum und mittelt den Betrag. Diese Vorgehensweise haben Cameron und Carpenter 1965 in
,, Photometric Measurements Of Rotation Properties" vorgestellt.
Deinen oben vorgestellten Artikel ,,Turner, Arthur Francis, J. Benford, and W. J. McLean. "A polarized light compensator for oqaque minerals."
muss ich noch lessen.

LG
Jürgen

Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: Florian D. in Februar 28, 2021, 14:07:54 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen,

ja, das klingt nach der von Cameron propagierten Methode nach Hallimond, wo man das Azimut psi, oder, in seiner Nomenklatur, A_r aus der Stellung minimaler Helligkeit des Analysators bestimmt.
Interessant finde ich auch folgende Frage: Nach der Analyse von Berek sollte man für den Kompensator eher grössere Phasendifferenzen, lambda/6, verwenden. Anscheinend hat die Phasendifferenz jedoch gar keinen Einfluss, sofern man wie Berek den Hauptfehler in der Einstellung der Dunkellage sieht. Nimmt man einen lambda/4 Kompensator, hat man de facto nur ein leicht modifiziertes Senarmontverfahren.
Für die Vermessung sehr kleiner Phasenunterschiede verwendet man aber gerne Brace-Köhler Kompensatoren mit sehr kleinen Gangunterschieden. Worin besteht deren Vorteil? Ich vermute, in der genaueren Ablesbarkeit von g, bin mir da aber nicht sicher.

Viele Grüsse
Florian
Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: hugojun in Februar 28, 2021, 14:54:05 NACHMITTAGS
Hallo Florian,

In Cameron 1957 ,,APPARATUS AND TECHNIQUES FOR THE MEASUREMENT OF CERTAIN OPTICAL PROPERTIES OF ORE MINERALS IN REFLECTED LIGHT " ,
macht er  folgende Bemerkung:
"Unfortunately, even apart from the potential errors due to inaccurate setting of the mica plate, the method is mechanically unworkable with any microscope
apparatus now available, including the Berek ocular, unless Δx,y closely approaches ΔG."; also einen an die Messsituation angepassten Kompensator ,
leider geht er nicht näher auf die Gründe ein.

LG
Jürgen

Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: Werner in Februar 28, 2021, 15:42:34 NACHMITTAGS
Nur zur Info:
Eine sehr elegante Methode der Drehwinkelmessung gibt es in (Zucker-)Polarimetern, Winkelgenauigkeit 0,0001°:

Ein Glan-Thompson-Polarisator wird zentrisch in einem federgefesselten "Rotor" in einen kleinen (Spaltpol) Elektromotor angebracht. Damit pendelt die Polarisation des parallelisierten Lichtstrahls mit 50 Hz um einen festen Nullwert. Nach Durchlauf durch eine Küvette trifft er auf den Glan-Thompson-Analysator, hinter dem ein Photoempfänger sitzt. Diese Anordnung sitzt im Zentrum einer Präzisionsschnecke, die von einem Servomotor verstellt wird. In allen Stellungen des Analysators wird ein 50-Hz-Intensitätssignal empfangen, außer an der Auslöschstellung, da wechselt die Intensität im 100-Hz-Takt, weil die Polarisation genau im gleichen Betrag zu weit links wie zu weit rechts pendelt. Die 100 Hz sind genau die Mitte, also ein eindeutiges Stoppkriterium. Durch phasenrichtige Auswertung weiß der Servomotor immer, in welche Richtung er zu Null laufen muß. Den Winkelwert gibt ein Encoder her.

Heutige Geräte haben dieselbe Mechanik, aber einen Schrittmotor, dessen Impulse gezählt werden.

Gruß - Werner
Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: Florian D. in Februar 28, 2021, 17:33:42 NACHMITTAGS
Hallo Werner,

ja, das klingt recht schlau, aber bei der Elliptizitätsmessung muss man sowohl den Analysator als auch den Polarisator bewegen, was nicht heisst, dass man das nicht auch elektronisch machen könnte,

Viele Grüsse
Florian
Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: Florian D. in Februar 28, 2021, 17:46:40 NACHMITTAGS
Zitat von: hugojun in Februar 28, 2021, 14:54:05 NACHMITTAGS
Hallo Florian,

In Cameron 1957 ,,APPARATUS AND TECHNIQUES FOR THE MEASUREMENT OF CERTAIN OPTICAL PROPERTIES OF ORE MINERALS IN REFLECTED LIGHT " ,
macht er  folgende Bemerkung:
"Unfortunately, even apart from the potential errors due to inaccurate setting of the mica plate, the method is mechanically unworkable with any microscope
apparatus now available, including the Berek ocular, unless Δx,y closely approaches ΔG."; also einen an die Messsituation angepassten Kompensator ,
leider geht er nicht näher auf die Gründe ein.

LG
Jürgen

Ja genau Jürgen,

ich glaube, das ist der beleg für das, was ich mit dem Einfluss der Ablesegenauigkeit von g meinte.
Wenn Δx,y sehr nahe (aber noch kleiner) als  ΔG ist, so wird psi-g fast 45 Grad, also maximal. Man kann dann zwar nicht mehr die Näherung des Dreiecks der ebenen Geometrie verwenden, aber dieser Grenzfall entspricht dem von ΔG=0 in Bereks Näherung, vergleiche die Abbildungen 4 und 5 in meinem Pamphlet. Der Einfluss der Messunsicherheit in g auf theta geht gegen 0. Dies ist die Begründung, warum du mehrere Kompensatoren mit kleinem Gangunterschied hast und warum Brace-Köhler Kompensatoren besser zur Vermessung kleiner Doppelbrechungen taugen als ein Senarmontkompensator. Der elliptische Kompensator von Berek ist in dieser Hinsicht eine Fehlkonstruktion.

Viele Grüsse
Florian
Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: ortholux in März 01, 2021, 11:56:47 VORMITTAG
Kleine Ergänzung, da ich wie immer zur Sache wenig beitragen kann, kommt hier immerhin die Seriennummer meines Okulars. Und das ist die 55.

Wolfgang
Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: Florian D. in März 01, 2021, 12:41:02 NACHMITTAGS
Hallo Wolfgang,

da verbessert sich unsere Schätzstatistik:
Frequentistisch berechnet sich der Schätzwert für die Zahl der produzierten Okulare zu 70,25.
Mit Bayesstatistik ergibt sich ein Schätzer von 84 mit einer Standardabweichung von 47,18.

Viele Grüsse
Florian
Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: Florian D. in März 11, 2021, 13:41:03 NACHMITTAGS
Ich habe jetzt eine kleine Auswerteroutine geschrieben, die auch 2 Beispieldatensätze von Berek enthält. Bei Interesse => PN

Gruss
Florian
Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: Florian D. in Mai 25, 2021, 00:26:04 VORMITTAG
Leider ist mein Mikroskoparbeitsplatz seit vor Ostern abgebaut, weil in das Zimmer neue Schränke kommen.
Zwischenzeitlich habe ich aber einen lambda/8 Azimuthalkompensator erstanden und musste den jetzt doch mal ausprobieren.
Die Weglängendifferenz des Kompensators wird mit 74 nm angegeben.
Alle folgenden Messungen wurden nur als Einfachbestimmung durchgeführt.
Ich habe jetzt ein Muskovitplättchen zunächst mit dem Berekkompensator vermessen und finde 41 nm Weglängendifferenz.
Doppelbrechende Präparate im Durchlicht geben wesentlich höhere Elliptizitäten als Auflichtpräparate.

Mit dem Azimuthalkompensator habe ich die Methode nach McCullagh verwendet. Diese ist in der Ausgabe vom Rinne/ Berek von
1953 auf Seite 323, 327-328 beschrieben.
Messung bei lambda=550 nm.
Das Muskovitplättchen (Präparat)  wird zunächst in Diagonalstellung gebracht.
Nun wird der Kompensator eingeschoben und die Stellungen des Analysators (a1 und a2) und Kompensators (g1 und g2) aufgesucht, für die wieder Dunkelheit eintritt. Dies kann man auch gut konoskopisch beurteilen. Auslöschung wird für 2 Positionen beobachtet
a1=4,6 Grad, g1=30,8 Grad
a2=5,4 Grad g2=326,2 Grad
Mit der Formel aus Tab. 19, Seite 327 errechnet man 2 theta =25,5 Grad und damit die Weglängendifferenz mit
Delta =2 theta/360 * lambda0 = 39 nm
Das passt zu den 41 nm, die mit dem Kippkompensator gefunden wurden.

Mit der Formel 95 auf Seite 328 erhält man die Weglängendifferenz des Azimuthalkompensators zu 73,4 nm. Im Eichblatt des Kompensators sind 75 nm angegeben.
Für eine schnelle Messung befriedigend.
Die Arbeit ist deutlich bequemer als mit dem ellipsometrischen Okular nach Berek und die optische Qualität auch wesentlich besser.

Viele Grüsse
Florian



Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: hugojun in Juni 21, 2023, 11:00:32 VORMITTAG
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures013/344407_63208015.jpg) (https://www.pic-upload.de)

Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass mir irgendwann solch ein Okular in die Hände fällt.
Die bisher hier im Forum bekannte höchste Seriennummer ist die #57. In dem obigen (Bild) -Beitrag aus dem ,,Erzmikroskopisches Praktikum"
von H. Schneiderhöhn 1952 geht hervor, dass dieses Okular erst ab 1951 in Serie gebaut wurde. Daher gehe ich davon aus , dass nicht ,
wie bisher angenommen , viele Okulare in den Kriegsjahren verloren gingen.
Auch wenn die "German Tank Problem"-Statistik nur ca. 100 Exemplare hergibt.
LG
Jürgen
Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: Florian D. in Juni 21, 2023, 11:12:37 VORMITTAG
Hallo Jürgen,

du hast doch die Möglichkeit, diese Analysen mit den lambda/n- Kompensatoren durchzuführen.
Was willst Du da mit dem alten Teil?

Viele Grüsse
Florian
Titel: Re: Ellipsometrisches Okular
Beitrag von: hugojun in Juni 21, 2023, 11:26:01 VORMITTAG
Hallo Florian,

hast schon recht, aber dann wäre mein ,,Leitz-System" zum Thema Reflexionsmessung (Spalt-Photometer nach Berek)
und Anisotropie der absorbierenden Kristalle komplett. Bin eigentlich gar nicht der Mikroskop-Sammler,
aber dafür würde ich mal eine Ausnahme machen.

LG
Jürgen