Hallo Freunde,
hier ein weiteres Objekt aus einem meiner Präparatekästen ohne (lesbare) Beschriftung.
Ich habe keine Idee, was das sein könnte. Kann jemand weiterhelfen?
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/285001_49972132.jpg) (https://www.directupload.net)
Schönes Wochenende
Reinhard
Nematode, Vorderende schräg?
Lieber Rolf,
an so etwas in dieser "Preislage" hätte ich auch gedacht; evtl. auch Egel?
Da er in einem Kasten mit menschlicher Anatomie und Pathologie eingeordnet ist, dürfte er dem Hersteller der Schnitte wahrscheinlich
im Rahmen einer Obduktion über den Weg gekrochen sein. :( :o
Viele Grüße
Reinhard
Lieber Reinhard,
Nematode oder Egel halte ich für eher unwahrscheinlich, da fehlen der muskuläre Pharynx, bei Nematoden die äußere Querringelung und bei Egeln der Ringmuskelschlauch.
Wenn das Präparat aus einem Kasten mit menschlicher Anatomie und Pathologie stammt und ich mir die Farbgebung des Bildes so betrachte, könnte es sich um eine Azan-Färbung handeln. Die hellblau angefärbten Strukturen erinnern mich an Knorpel, die Punkte darin sind vermutlich die rot angefärbten Zellkerne, bei der Übersichtsvergrößerung kann ich das nicht so recht erkennen. Ich lehne mich mal weit aus dem Fenster und spekuliere, dass der Schnitt möglichweise durch eine noch nicht verkalkte Cochlea (= hellblaue regelmäßige Struktur) geführt wurde. Vielleicht hat Jemand eine bessere Idee?
Viele Grüße,
Birger
Hallo zusammen,
hier noch ein Detail des UFO.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/285057_55909147.jpg) (https://share-your-photo.com/635c004c11)
Es sind mehrere "Reihen" von unterschiedlichen Knorpelstrukturen (blau) zu sehen, dazu die unterschiedlichsten "Organe".
Im Zentrum (gelblich) etwas, was wie primitive Erythrozyten aussieht.
Die Gesamtlänge des Objektes beträgt 12mm, die Breite 2mm.
Viele Grüße
Reinhard
Vielleicht ein Lanzettfischchen?
Viele Grüsse
Florian
Ok, zweiter Versuch:
embryonale Anlage der Wirbelkörper der Wirbelsäule mit Dornfortsätzen? Die Bauchseite wäre dann oben im Bild. Links die Struktur mit dem Lumen Darm, rechts die Struktur Leber?
Lanzettfischchen wäre auch eine Option, ich würde dann aber mehr Details vom Kiemendarm erwarten.
Viele Grüße,
Birger
Hallo,
ich tippe auf einen Hai- oder Knochenfisch-Embrio. Die Unterseite ist im Bild oben, soviel steht fest. Eine Wirbelsäule ist deutlich erkennbar. Am Voderende scheinen auch Zahnanlagen zu sein und das Dunkelrote hinter dem dicksten blauen Knorpel/Knochen (Knochen werden ja oft aus Knorpel gebildet) halte ich für die Kiemen.
Beste Grüße
Gerd
Hallo zusammen,
hier noch einmal eine bessere Ansicht des vorderen Teils des Objetes und gedreht.
Vergrößerung durch Anklicken
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/285068_33420276.jpg) (https://share-your-photo.com/3a7187a108)
Danke für Eure Mithilfe!
Wundere mich auch, wie das Präparat in einen Human-Histo (und Pathohisto)-Kasten kommt. (Heidenhain)
Reinhard
Nachtrag:
Vergrößerung des von Gerd angemerkten Bereiches:
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/285071_32347029.jpg) (https://share-your-photo.com/d7f79fffc6)
Schönen Samstagabend
Reinhard
Hallo Gerd -
stimme Deiner Bestimmung zu und um die Knochenbildung brauchen wir uns nicht zu kümmern - Haie sind Knorpelfische ;)
Viele Grüße
Rolf
Hallo,
das was hier wie Kiemen aussieht, ist aber eindeutig quergestreifte Muskulatur, oder? ich weiß nicht wie Kiemen aussehen müssen, aber das sind Muskeln (dazu muss man sich aber die große Bildvariante ansehen. Schätze dass die Kiemen zu weite seitlich sitzen, um bei diesem wahrscheinlich relativ zentralen Schnitt mit ins Bild zu kommen. Vielleicht sind das die Muskeln, die die Kiemendeckel bewegen.
@ Rolf: die Wirbel der Haie sind - zumindest bei den Erwachsenen - durchaus knöchern. Ich kenne fossilie Haiwirbel aus den Tertär. Die wären sonst kaum erhalten geblieben.
LG Gerd
Nachtrag
hier noch die Erythrozyten des Objektes
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/285110_30631159.jpg) (https://share-your-photo.com/943670e8d6)
Gruß
Reinhard
Lieber Reinhard,
Die Treffer kommen immer näher:
Es dürfte sich um eine Triton-Larve handeln, sagittal geschnitten (Feuersalamander, Triton corthyphorus nach dem Tübinger Zoologen Leydig, 1867).
Diese Präparat war Teil des histologischen Kurses in Tübingen so gegen Mitte der 1950iger Jahre. Ebenso die Nabelschnur etc..
Die komplette Liste der ersten 100 Präparate (es wurden oft mehr als 100 ausgegeben, aber erhalten sind meist nur die ersten 100 in einem Kasten) aus einem Kurs für Zahnmediziner (ca. 1957):
Ovar Frosch
Hodenabstrich, Stier
Blut, Mensch gefärbt
Knochenmark, Sternum M
Wurzelspitze (Zellteilung)
Pankreas Salamander
Netz, Hund versilbert
Thyreoidea Kalb
Gallenblase Katze
Flimmerepithelzellen isoliert
Eileiter Mensch
spitzes Kondylom
Hufanlage Rindsfoet
Oesophagus quer Mensch
Oesophagus längs Mensch
Harnleiter Mensch
Milz, gespült, Hund
Netz Katze
Mesenterium Kaninchen
Nabelschnur Mensch
Schwanz quer Katzenfoetus
Lig. Nuchae quer Ochs
Rippenm. Mensch
Septum nasi Mensch
Cartilage arytosnoidea Kalb
Wirbelsäule längs, Mensch
Fibula quer, Mench
Fingergelenk, Mensch
Harnblase, Frosch
Skapula Kalb
Femur längs. neugeb. Kind
Humerus quer, Neugeb.Kopf frontal Schweinsfoet.
Kopf, frontal, Schweinsfoetus
Kiefer frontal Menschenfoet.
Kiefer, frontal, Katzenfoet.
Zähne im Kiefer, quer, Katze
Chorda dorsolugutnalis quer Mensch
Ductus deferens quer, Mensch
Tritonlarve sagittal
Zungenbeinmuskel Mensch
M. pectoris, längs
M. lumbricalis, Mensch
M. pectoralis, längs, Mensch
M. pect'is quer, Ochs
Papillarmuskel, längs, Mensch
Aorta, quer, Mensch
Aorta carotis, quer, Mensch
Aorta carotis, quer, Mensch
A. axillaris, längs, Mensch
Vena cava quer, Mensch
A. u. V. femoralis, quer, Mensch
Nerv, längs, Kninchen
N. ischiaticus, quer, Mensch
Spinalganglion, Mensch
Spinalganglion, Hund
Rückenmark, Ochs
Rückenmark, Hund
Rückenmark, Katze
Großhirn, Mensch
Cerebellum, Mensch
Cerebellum, Mensch
Haut, Fingerbeere, Mensch
Haut, Achselhöhle, Mensch
Kopfhaut, Haare, Längs, Mensch
Kopfhaut, Haare, quer, Mensch
Zunge (Pap. Filiformes) Mensch
Zunge (Pap. Foliatae) Kaninchen
Tonsilla lingualis, Mensch
Tonsilla palatina, Mensch
Tonsillapharyngae, Mensch
Lymphknoten, Hund
Lymphknoten, Mensch
Milz, Mensch,
Milz, gespült, Schwein
Thymus, menschl. Foetus
Thymus, Mensch, erwchsen
Glandula parotis, Mensch
Glandula submandibularis, Mensch
Nasenflügel, Mensch
Glandula sublingualis, Mensch
Glandula lacrimalis, Mensch
Unterlippe, Mensch
Pancreas Mensch
Thyreoidea, Mensch
Epithelkörperchen, Mensch
Hypophyse, Mensch
Nebenniere, Mensch
Magen (Cardia) Mensch
Magen (Fundus) Mensch
Magen (Pylorus) Mensch
Duodenum, Mensch
Jejunum, Mensch
Ileum, Peyersche Haufen, Mensch
Colon, Mensch
Wurmfortsatz, Mensch
Leber, Schwein
Leber, Mensch
Gallenblase, Mensch
Niere, Mensch foetal (18 cm)
Niere, Mensch
Harnblase Mensch
Uterus, Mensch
Vagina, Mensch
Ülacenta, Mensch
Milchdrüse, Mensch
Kehlkopf, Mensch
Trachea, längs, Mensch
Lunge, Mensch
Lunge, menschl. Foetus
Regio olfactorai, Hund
Auge, Schwein
Schnecke, Meerschweinchen
Hast Du in Erfahrung bringen können, aus welchem Jahr der Kasten stammt? und für welchen Kurs: Human/Zahn-Medizin oder Zoologie?
Mit herzlichen Grüßen,
Alfons
Lieber Alfons,
das ist eine grandiose Aufstellung, die mir sehr weiterhilft!!!
Der Kasten ist außen nur mit: "Histologie Heidenhain" beschriftet; eine Jahreszahl gibt es m.W. nicht.
Die 100 Präparate sind vollständig und gut erhalten, die Schnitte nahezu allesamt großartig.
Nur wenige OT haben eine lesbare Beschriftung, meist "Restworte" mit Filzstift geschrieben.
Ich arbeite mich nun langsam mithilfe von "Bucher" (noch aus meinem Studium), "Welsch et al."und Sobotta/Hammersen"
durch die Sammlung und muss feststellen, daß sie Reihenfolge (cum grano salis) Deiner Liste entspricht!
So liegt der Triton auf Platz 36 statt auf 38; viele weitere Übereinstimmungen.
Also können wir das Rätsel mit Deiner Information als gelöst betrachten.
Den Kasten habe ich übrigens kurz nach meinem "Eintritt" ins Forum von einem Mitglied erworben.
Also Vielen Dank für Deine Mühe! So habe ich nun eine gute Kontrolle.
Herzliche Grüße
Reinhard
Lieber Alfons,
sehr hilfreich deine Liste. Vielen Dank dafür!
Lieber Reinhard, lieber Klaus,
Es freut mich, dass Euch die Liste hilft!
Ich beschäftige mich ja schon seit längerem mit der Geschichte der Präparate von Prof. Martin Heidenhain und versuche, anhand der noch vorhandener Kästen die Evolution derKurs-Präparate zu analysieren: Wann wurden welche Präparate hergestellt / ausgeteilt?
Es ist eine Geschichte mit einem sehr dunklen Kapitel: Bis Anfang der 1950iger Jahre stammten die meisten Human-Organpräparate von Leichen aus dem Justizvollzug. Die Ersten noch von Hinrichtungen in München, später in Württemberg. Die einzig verfügbare 'Landes-Guillotine' wurde zu den jeweiligen Hinrichtungen an die Stätten des Justizvollzugs gebracht. Die Anatomie-Assistenten mussten zu diesen Hinrichtungen reisen, wenn frisches Material benötigt wurde. In Tübingen war es einfacher: Dort liegt die Anatomie gleich neben der Justizvollzugsanstalt in der Doblerstraße. Eine kleine Tür in der hohen Gefängnismauer verband - und verbindet noch heute - die beiden Anstalten.
Während des Dritten Reichs nahm die Zahl der Hinrichtungen in grauenvoller Weise zu, wobei davon auszugehen ist, dass rechtsstaatliche Normen ausgesetzt waren. Deshalb wurden auch alle Präparate aus dem Dritten Reich von der Lehre ausgesondert und im Gräberfeld X auf dem Stadtfriedhof Tübingen in einer feierlichen Zeremonie beerdigt.
Die Stuttgarter Guillotine wurde, beschädigt durch einen Bombenangriff - kurz vor Kriegsende im Neckar versenkt und liegt dort noch heute.... Die Französische Besatzungsmacht ließ alsbald ein neues Gerät nach dem alten Bauplänen anfertigen, das weiter für den Justizvollzug genutzt wurde. Der letzte Mörder wurde damit 1949 in Tübingen hingerichtet, kurz bevor die Todesstrafe in der Ziviljustiz abgeschafft wurde. Die Guillotine kam jedoch weiter im Rahmen der französischen Militärgerichtsbarkeit zum Einsatz, bis in die Mitte der 1950iger Jahre. Heute kann man sie im Museum des Justizvollzugs in Ludwigsburg besichtigen.
Bei den Mitte der 1950iger Jahren angefertigten Präparaten ist anzunehmen, dass diese allenfalls von der Hinrichtung 1949 stammten, oder von 'natürlicheren Quellen', sprich Operationen und Obduktionen.
Hergestellt wurden die Heidenhain'schen Kurspräparate vom Assistenten Paul Graf, dem für seine Tätigkeit 1957 das Bundesverdienstkreuz zum Ruhestand verliehen wurde, s.u..
Der vorliegende Kasten dürfte also Präparate enthalten, die zu den Letzten von Paul Graf persönlich hergestellten zählen, und deren Qualität und auch Haltbarkeit der Färbung einzigartig ist.
Im Kurs wurde offenbar großer Wert auf die korrekte Einbettung und Beschriftung der bis zu 130 Kurspräparate gelegt. Aber leider haben es die Studenten in den meisten Fällen vergessen, das Semester und den Titel ihres Kurses im Kasten zu vermerken.
Um meinen Überblick über die Entwicklungsgeschichte der Heidenhainschen Präparate zu ergänzen, bin ich deshalb immer dankbar für Listen von zeitlich datierten Kästen. Anhand derer versuche ich, eine 'Evolution' der Lehre der Histologie an der Universität Tübingen zu rekonstruieren.
Mit herzlichen Grüßen,
Alfons
Anmerkung:
Hier noch das Triton-Präparat aus meinem Kasten von ca. 1957: Er macht ein etwas missmutiges Gesicht, dieser Salamander!
Alfons