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Foren => Mikrofoto-Forum => Thema gestartet von: anne in Dezember 09, 2020, 12:17:00 NACHMITTAGS

Titel: Stephanosphaera pluvialis - Burgruine Lindelbrunn
Beitrag von: anne in Dezember 09, 2020, 12:17:00 NACHMITTAGS
Hallo zusammen,
nachdem ich mit der großen Unterstützung durch die Beiträge hier im Forum am Sonntag auf der Ruine Lindelbrunn war, zeige ich meine Ausbeute, die ich bis heute fotografiert habe. St. pluvialis ist für mich ein sehr schweres Objekt zu fotografieren, da Sie kugelrund ist und meine Objektive nicht so viel Tiefenschärfe hergeben.
Die Phasenkontrastaufnahmen sind mit dem 60er gemacht außer die Haematococcus pluvialis, diese ist mit dem 100er gemacht.
Meine Bilder sind aus wenigen Aufnahmen  (4-8) gestackt.
Die Faszination der Alge ist dadurch noch nicht eingefangen, ich übe noch.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/289809_56200037.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/289809_36038289.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/289809_55909147.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/289809_33420276.jpg)

lg
anne
Titel: Re: Stephanosphaera pluvialis - Burgruine Lindelbrunn
Beitrag von: Siegfried in Dezember 09, 2020, 12:30:23 NACHMITTAGS
Hallo Anne
Eine faszinierende Alge gekonnt auf den Foto's dokumentiert.
Sehr schön.
Die St. pluvialis wird es hier im Thüringer Wald zwar nicht geben,
aber Haematococcus pluvialis werde ich auch mal versuchen abzulichten.
Gruß von Siegfried
Titel: Re: Stephanosphaera pluvialis - Burgruine Lindelbrunn
Beitrag von: anne in Dezember 09, 2020, 13:02:44 NACHMITTAGS
Hallo,
danke an Siegfried und Adi!
Nachdem ich nun diesen Beitrag gefunden habe,
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=24524.msg183244#msg183244

könnte es sich beim letzten Bild auch um das einzellige Stadium von S. pluvialis handeln?

lg
anne
Titel: Re: Stephanosphaera pluvialis - Burgruine Lindelbrunn
Beitrag von: bewie in Dezember 09, 2020, 18:09:11 NACHMITTAGS
Hallo Anne,

da hat sich der Ausflug nach Lindelbrunn ja wirklich gelohnt. Schöne Aufnahmen! Vor allem das erste (vermutlich gestackte) Bild zeigt sehr schön und plastisch, wie sich die einzelnen Algen mit ihren Ausläufern an der Wand der Gallerthülle verankern. Ganz ausgezeichnet, tolles Bild!

Das letzte Bild dürfte eine H. pluvialis sein, ich bezweifle, dass Stephanosphaera jemals so viel Karotin-Pigment ansammelt, wie hier zu sehen ist.

LG
Bernhard
Titel: Re: Stephanosphaera pluvialis - Burgruine Lindelbrunn
Beitrag von: ImperatorRex in Dezember 09, 2020, 18:44:25 NACHMITTAGS
Zitat von: anne in Dezember 09, 2020, 13:02:44 NACHMITTAGS
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=24524.msg183244#msg183244

könnte es sich beim letzten Bild auch um das einzellige Stadium von S. pluvialis handeln?

Von diesem einzelligen, mobile und vegetativen Stadium von S. pluvialis habe ich zum ersten mal in dem von Dir verlinkten Beitrag gelesen. Ansonsten habe ich diesbezüglich auch nur eine weitere Quelle gefunden, wo dies auch nur am Rande erwähnt wurde.*). Hat jemand beobachtet, wann S. p. dieses einzellige, mobile Stadium ausbildet? Bilden sich daraus dann, ähnlich wie dies bei H.p. der Fall ist, die rötlichen Dauerformen (Aplanosporen) aus?
Ich konnte bislang nicht beobachten, dass die Kranzkugeln selber jemals die rötlichen Aplanosporen ausbildet haben.
Oft kam es in meiner Kultur zur Ausbildung von Mikrogameten, diese kopulierten sehr lebhaft. Aus den gebildeten Überbleibsel gelang es mir erst ein einziges mal, eine "S. p. Kugel" wieder zu erwecken. Daraus entwickelte sich dann die S.p. Clone-Kolonie, welche ich derzeit in Kultur habe (die mit dem Schleimpilz). (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=39313.msg289467#msg289467 (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=39313.msg289467#msg289467))

*) Friederike Wawrik, Lothar Sandmann (1984): Algen-Besiedlung zweier periodisch austrocknender Granitmulden im Waldviertel (Nieder-Österreich). – Phyton, Annales Rei Botanicae, Horn – 24_2: Seite 250. (https://www.zobodat.at/publikation_articles.php?id=113132 (https://www.zobodat.at/publikation_articles.php?id=113132))

Viele Grüße
Jochen[/list][/list]
Titel: Re: Stephanosphaera pluvialis - Burgruine Lindelbrunn
Beitrag von: Martin Kreutz in Dezember 09, 2020, 19:27:21 NACHMITTAGS
Hallo Anne,

meinen Glückwunsch zu dem schönen Fund und den gelungenen Fotos. Wahrlich ein fotogenes Objekt! Ich bin mir jedoch nicht sicher, was man auf Deinem zweiten Foto sieht. Ist das eine apikale Ansicht der Zellen oder ist es ein Vermehrungsstadium?

Schönen Abend!

Martin
Titel: Re: Stephanosphaera pluvialis - Burgruine Lindelbrunn
Beitrag von: anne in Dezember 09, 2020, 19:48:38 NACHMITTAGS
Hallo Jochen,
den Artikel habe ich auch gefunden.
Hier noch das Bild im Phasenkontrast im DIC mit dem 100er Objektiv.
Danach das was ich in Loch 8 gefunden habe, in diesem Loch waren keinerlei S. pluvialis. Und noch ein Bild (sorry die Qualität) wo diese Perlenketten der "Aufhängung"auffällig sind.
DIC-Bild
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/289857_22687807.jpg)

Loch 8
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/289857_63208015.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/289857_32001227.jpg)

lg
anne
Titel: Re: Stephanosphaera pluvialis - Burgruine Lindelbrunn
Beitrag von: anne in Dezember 09, 2020, 19:52:54 NACHMITTAGS
Hallo Martin,

dankeschön!
Ich denke Bild 2 ist in " Friederike Wawrik, Lothar Sandmann (1984), Abb. d, Seite 248" beschrieben, ein knospendes Entwicklungsstadium.
Ich habe dies so sehr häufig gefunden. Das Phasenkontrastbild in der unteren Reihe links entspricht der Ansicht von der Seite.
lg
anne
Titel: Re: Stephanosphaera pluvialis - Burgruine Lindelbrunn
Beitrag von: bewie in Dezember 09, 2020, 21:31:33 NACHMITTAGS
Hallo,

tja, die einzelligen mobilen Formen von Stephanosphaera - ob es die wirklich gibt? Ich habe sie noch nie gesehen. Und was ich dazu in der Literatur gefunden habe, ist ziemlich vage und nicht wirklich überzeugend. Aber auch zu den Aplanosporen habe ich nichts Überzeugendes gefunden und gesehen habe ich bisher - ebenso wie Jochen - auch noch keine. Es sei denn, sie sehen genauso aus wie die Aplanosporen von Haematococcus. Im Bodensatz von Haematococcus-Ansätzen findet man immer massenhaft encystierte Formen, mal mehr mal weniger stark mit Karotinoiden beladen. Im Bodensatz von Stephanosphaera-Ansätzen habe ich bisher immer nur schattenhaft wirkende zugrunde gegangene Kolonien entdeckt. Es sei, es waren auch Haematococcen mit im Ansatz, dann waren am Boden auch die bekannten Aplanosporen von Haematococcus.

Vielleicht kennt sich hier jemand noch besser in der Literatur aus und kann uns weiterhelfen? Vielleicht kann man sich aber auch noch Sporen verdienen, wenn man die Bildung von Aplanosporen und die Revitalisierung zur mobilen Form mal genauer untersucht und dokumentiert.

@ Martin: Das Bild 2 sieht man immer, wenn man eine relativ junge Kolonie strikt basal oder apikal mit mittigem Fokus betrachtet. Wäre es ein vegetatives Vermehrungsstadium, würdest du bei apikaler Ansicht Teilungsfurchen in den 8 Algen sehen, denn die Teilung läuft bei Stephanosphaera längs und synchron bei allen Algen der Kolonie.

LG
Bernhard
Titel: Re: Stephanosphaera pluvialis - Burgruine Lindelbrunn
Beitrag von: bewie in Dezember 09, 2020, 22:27:18 NACHMITTAGS
Hallo,

habe gerade den alten Beitrag von Holger gesehen (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=5233.0 (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=5233.0)), in dem er Aplanosporen von Stephanosphaera zeigt. Die sehen schon anders aus als die Haematocysten.

LG Bernhard
Titel: Re: Stephanosphaera pluvialis - Burgruine Lindelbrunn
Beitrag von: Gerald in Dezember 10, 2020, 11:28:03 VORMITTAG
Hallo Anne,

vielen Dank für das Zeigen Deiner schönen Bilder von dieser wundervollen Algen.

Ist es für Dich in Ordnung, wenn ich in Deinem Beitrag Bilder veröffentliche und auf die Frage von Jochen bezüglich der Aplanosporen eingehe?

Viele Grüße

Gerald
Titel: Re: Stephanosphaera pluvialis - Burgruine Lindelbrunn
Beitrag von: anne in Dezember 10, 2020, 12:38:38 NACHMITTAGS
Hallo Gerald,
aber natürlich, nur zu!
lg
Anne
Titel: Re: Stephanosphaera pluvialis - Burgruine Lindelbrunn
Beitrag von: Gerald in Dezember 10, 2020, 20:18:22 NACHMITTAGS
Zitat von: ImperatorRex in Dezember 09, 2020, 18:44:25 NACHMITTAGS
Hat jemand beobachtet, wann S. p. dieses einzellige, mobile Stadium ausbildet? Bilden sich daraus dann, ähnlich wie dies bei H.p. der Fall ist, die rötlichen Dauerformen (Aplanosporen) aus?

Hallo Jochen,

hier ein paar Bilder von Stephanosphaera pluvialis aus meinen eingliedrigen Kulturen. Ich hatte die Alge 2012 gefunden, isoliert (was auf Grund der Größe kein Problem darstellte) und bis Anfang 2020 in Kultur.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/289933_63208015.jpg)
Stephanosphaera pluvialis: Kolonien und Übergangsformen in das Palmellastadium

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/289933_32001227.jpg)
Stephanosphaera pluvialis: kurz vor dem Dauerstadium


(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/289933_19575591.jpg)
Stephanosphaera pluvialis: Aplanosporen

Viele Grüße

Gerald
Titel: Re: Stephanosphaera pluvialis - Burgruine Lindelbrunn
Beitrag von: Bernd in Dezember 10, 2020, 21:22:25 NACHMITTAGS
Liebe Algenfreunde,

das mit den einzelligen Formen von Stephanosphaera ist eine sehr interessante Sache. Ich habe ein wenig recherchiert. Hier meine Erkenntnisse.

Beim Altmeister der Stephanosphaera-Forschung (Cohn, F. (1853). Über eine neue Gattung aus der Familie der Volvocinen. Zeitschrift für wissenschftliche Zoologie 4, 77-116, Tafel VI.) habe ich diesbezüglich nur wenig oder besser nichts gefunden. Nur Fig. 20 zeigt ,,Eine Primordialzelle, welche nach Ausscheidung einer besonderen Hülle in Chlamydomonasähnlichem Zustand aus der gemeinschaftlichen Hüllzelle ausgetreten ist und spater in ein ruhendes Stadium übergeht." Die gezeichnete Zelle sieht wirklich wie eine Chlamydomonas aus.

Auf den ersten Blick scheint folgende Arbeit aufschlußreich zu sein: Hartmann, M. (1924). Ueber die Veranderung der Koloniebildung von Eudorina elegans und Gonium pectorale under dem Einfluss außerer Bedingungen. Mitt. der Undersuchungen uber die Morphologie und Physiologie des Formwechsels der Phytomonadinen (Volvocales). Arch Protistenkd 49, 375-395.
Die Einleitung beginnt so: Die Veranlassung zu der vorliegenden Arbeit waren Beobachtungen und daran anschließende Versuche, die ich in den Jahren 1902/03 an der Volvocinee Stephanosphaera pluvialis gemacht hatte.
Schon die ersten Untersucher dieser schönen Form hatten beobachtet, daß sie nicht nur in der typischen Ausbildung als achtzellige Kolonie in der freien Natur vorkommt, sondern auch als vielzellige, ja sogar als zwei- und einzellige Form. In meinen Kulturen konnte ich dieselbe Beobachtung machen und zugleich feststellen, daß Alter und Konzentration des Kulturmediums von großem Einfluß auf das Auftreten dieser atypischen Formen ist.
Leider fehlt eine Referenz, wahrscheinlich hat Hartmann diese Beobachtungen nicht publiziert. Ich konnte jedenfalls keine diesbezügliche Publikation von ihm zwischen 1900 und 1935 finden.

Aus neuerer Zeit scheint es nur eine diesbezüglich relevante Arbeit zu geben:
Boldina, O. N., Ulanova, A. A., and Chunaev, A. S. (2014). Stephanosphaera pluvialis (Volvocales, Chlorophyta), a rare freshwater species from northwestern Russia. Nov. Sist. Nizsh. Rast 48, 27-37.
Der Text ist auf Russisch und damit für mich nicht zugänglich, aber der Abstract ist auf Englisch. Hier ein Auszug: After 1.5–2 months cultivation....single cells with thickened walls (cysts or zygotes) of different sizes were revealed. After 5 months of cultivation, few single cells with short appendix or very small young coenobia with rounded cells were observed.
Auf Tafel 2 und 3 finden sich folgende Fotos:
7 — unicellular stages
6, 7 — cysts (or zygotes).

Somit belegen die Fotos von Gerald einen bisher kaum oder gar nicht dokumentierten Entwicklungszustand von Stephanosphaera.

Viele Grüße
Bernd
Titel: Re: Stephanosphaera pluvialis - Burgruine Lindelbrunn
Beitrag von: ImperatorRex in Dezember 10, 2020, 21:33:37 NACHMITTAGS
Hallo Gerald,
ich gratuliere Dir zu Deinen Beobachtungen. Endlich eine gesicherte und dokumentiere Beobachtung, welche das Vorkommen der einzelligen, mobilen Makro-Zoosporen bestätigt. Ich hatte bei meinen Kulturen nie die Sicherheit solch eine Aussage zu treffen,  es gab immer den Verdacht, dass sich da evtl. doch eine H. pluvialis eingeschlichen hat. 
Darf ich weitere Fragen stellen? Bilden sich aus den Aplanosporen immer die Kranzkugel-Formen aus, oder gibt es da auch Ansätze, welche wiederum nur die einzelligen, H. pluvialis ähnlichen Makrozoosporen ausbilden? Ich habe nämlich den Verdacht, dass ich evtl. solche Kulturen hatte.
Verwendest Du zur Kultur Regenwasser oder gibt es da noch gewisse "Zusätze"? Ich hoffe, ich habe Dir jetzt nicht zu viele Löcher in den Bauch gefragt, ich möchte den Bogen ja keinesfalls überspannen. 
viele Grüße
Jochen
Titel: Re: Stephanosphaera pluvialis - Burgruine Lindelbrunn
Beitrag von: bewie in Dezember 10, 2020, 21:37:15 NACHMITTAGS
Hallo Gerald,

das sind ja wirklich hochinteressante Bilder! Die singulären Zellen scheinen ja praktisch nicht von Haematococcus unterscheidbar zu sein. Konntest Du auch beobachten, wie sich die Aplanosporen wieder zu Kolonien mit 8 Zellen entwickelt haben? Denn das ist der große Knackpunkt in der Literatur. Die Bildung von Aplanosporen ist mehrfach beschrieben, wenn auch nicht ganz konsistent und es gibt unterschiedliche Aussagen; die einen glauben, sie entwickeln sich aus Zygoten, die anderen glauben, sie bilden sich aus vegetativen Zellen. Aber zur Ausbildung von Kolonien aus Aplanosporen habe ich bisher noch nichts gelesen.

LG
Bernhard
Titel: Re: Stephanosphaera pluvialis - Burgruine Lindelbrunn
Beitrag von: Gerald in Dezember 11, 2020, 20:20:55 NACHMITTAGS

Hallo Bernd, hallo Jochen,

der Zyklus von St. p. bei optimalen Bedingungen ist:

Dauerstadium (Aplanosporen) > mobiles, einzelliges Stadium > 8-zellige Kolonie und vegetative Vermehrung > mobiles, einzelliges Stadium > Dauerstadium (Aplanosporen)

Dieser Zyklus veranschaulicht sehr schön die Bedingungen der Biotope welche St. p. und H. p. besiedeln - absolute Extreme: sehr schnelles Austrocknen der Biotope, lange trocken, dann wieder sehr schnell Feuchtigkeit und oft nur für kurze Dauer, hohe Temperaturen (flache Wasseransammlungen, hohe Sonneneinstrahlung (exponierte Lagen)). Und hier liegen auch die Bedingungen für eine erfolgreiche Kultur von St. p. und H. p.: sie müssen immer wieder diese Zyklen durchlaufen - also immer wieder eintrocknen. Ich habe es bei beiden Algen nicht geschafft sie über einen längeren Zeitraum im mobilen Stadium (H.p.) oder "Kolonie-Stadium" (St.p.) zu kultivieren. Aber das entspricht ja auch nicht der Natur dieser Spezialisten.

Die Kulturansprüche von H.p. und St.p. sind identisch bis auf einen Punkt: St. p. verträgt kein Kulturmedium im sauren Bereich. Neutral oder etwas alkalisch ist optimal. Volvic hat sich hier als gut herausgestellt - ohne weitere Zugaben. Hohe Beleuchtungsdauer (14h), hohe Beleuchtungsintensität.

Vielleicht ist der Anspruch an das neutrale oder alkalische Medium auch ein Grund warum St. p. nicht so häufig vorkommt wie H.p. . Einfallendes Laub und andere organische Stoffe verändern den PH-Wert in den sauren Bereich. Der Drachenfels ist eine absolut exponierte Lage. Wenig Eintrag von organischen Stoffen. Es soll Fundstellen im Elbsandsteingebirge geben. Auch hier sind die Sandsteinsäulen exponiert. Ist aber nur so eine Theorie von mir.

@ Jochen. Ja ich kenne auch die Gegebenheit, dass St.p. nicht vom mobilen, einzelligen Stadium in die 8-zelligen Kolonien übergeht. Hier sind die Bedingungen nicht optimal (Lichtspektrum änden). Dafür spricht auch das Ausbilden von Mikrogamenten. (vegetative Vermehrung bei optimalen Bedingungen / generative Vermehrung bei schlechten Bedingungen). Übrigens findet die Zellteilung bei den Kolonien, wie Holger schon geschrieben hat, vorzugsweise Nachts statt. Man muss sehr früh aufstehen um das beobachten zu können.

Viele Grüße

Gerald
Titel: Re: Stephanosphaera pluvialis - Burgruine Lindelbrunn
Beitrag von: bewie in Dezember 11, 2020, 22:00:29 NACHMITTAGS
Hallo Gerald,

vielen Dank! Ich habe gerade mal wieder einen Versuch gestartet, Stephanosphaera in Kultur zu nehmen. Mal sehen, ob es diesmal klappt. Lässt du sie in Petrischalen austrocknen oder wartest Du einfach, bis das Wasser in der Flasche verdunstet ist?

Es gibt aber auch immer wieder Überraschungen oder Diskrepanzen bei den Beobachtungen. Bei dir wachsen die Algen im leicht alkalischen Milieu besser, etliche Autoren schreiben, dass saures Milieu besser ist und alkalische Werte die Alge zum Verschwinden bringen. Mein Fundortwasser von Lindelbrunn mit dem Massenvorkommen ist leicht sauer (pH etwa bei 6) und das ist bei Wasser aus dem Pfälzer Wald oft so - liegt vielleicht auch am tongebundenen Sandstein.

Möglicherweise gibt es Stämme mit unterschiedlichen Ansprüchen an das Habitat, das würde die Diskrepanzen erklären. In der Literatur wird so etwas vor allem für Haematococcus pluvialis diskutiert, weil da auch divergierende Beobachtungen vorliegen. Und so völlig unwahrscheinlich hört es sich ja auch nicht an.

Bin mal gespannt, was ich diesmal für Erfahrungen mit dem Kulturversuch mache.

LG und nochmals vielen Dank!
Bernhard
Titel: Re: Stephanosphaera pluvialis - Burgruine Lindelbrunn
Beitrag von: ImperatorRex in Dezember 12, 2020, 12:24:24 NACHMITTAGS
Lieber Gerald,
sehr interessante Hinweise und Details zum Entwicklungszyklus von S. und H. pluvialis, besten Dank dafür. Ich werde nunmehr meinerseits versuchen etwas gezielter nach den Entwicklungsstadien Ausschau zu halten (vor zwei Tagen ist es mir gelungen, aus einem alten Kulturansatz von Mai 2019 die S. p. Kugeln wieder zu erwecken).
Volvex als Kulturmedium werde ich zum Vergleich heranziehen, bislang habe ich ja immer mit leicht saurem (pH 6) Regenwasser vorlieb genommen. Das mit dem Laubeintrag als Erklärung für das Vorkommen der Alge in "exponierten" Lagen klingt plausibel, vielleicht kann ich ja mal entsprechende, vergleichende Versuche in meinen Kulturansätzen machen. Das klingt nach einem interessanten Betätigungsfeld. Jetzt im Winter ist es sicherlich angebracht, zusätzlich künstliche Beleuchtungsquellen zu verwenden.

Vielleicht hat jemand bereits Erfahrungen hierzu gemacht, was ist denn besser, eine  LED oder eine Halogenlampe als Algen-Kulturlampe?

viele Grüße
Jochen 
Titel: Re: Stephanosphaera pluvialis - Burgruine Lindelbrunn
Beitrag von: bewie in Dezember 12, 2020, 13:32:53 NACHMITTAGS
Hallo Jochen,

ich verwende derzeit LED-Lampen mit Tageslichtspektrum, 13 Stunden lang pro Tag. Da ich gerade angefangen habe, kann ich natürlich noch nicht viel sagen. Aber ein Ansatz, in den ich eine kleine Probe Stephanosphaera gegeben habe, hat innerhalb einiger Tage sichtbare Algen-Wolken entwickelt. Kann also nicht ganz verkehrt sein. Bei Halogenlampen habe ich immer die Befürchtung, dass sie zuviel Infrarot reinstrahlen.

LG
Bernhard
Titel: Re: Stephanosphaera pluvialis - Burgruine Lindelbrunn
Beitrag von: Gerald in Dezember 13, 2020, 11:24:34 VORMITTAG
Hallo Bernhard und Jochen,

ich hatte meine Kulturen immer unter künstlicher Beleuchtung. Bei H.p. und St.p. wird es ausser im Sommer sehr schwer sein sie am Fensterbrett zu kultivieren. Ich hatte Neonröhren für Pflanzenwachstum im Einsatz. Ich hatte vor ca. 2 Jahren auf LED umgestellt (LED-Leuchten für Süsswasseraquaristik). Alle meine Algenstämme wuchsen unter dem Licht einwandfrei, nur H.p. und St.p. nicht. Sie gingen nicht vom Pamellastadium ins mobile Stadium über.  Die musste ich weiter unter den Neonröhren kultivieren. Anscheinend hat das Lichtspektrum nicht gepasst.

@ Bernhard: ich bin gespannt über Deine Erfahrungen. Was für LED-Lampen genau hast Du im Einsatz?

@ Jochen: wie sind Deine Kulturbedingungen?

Viele Grüße

Gerald
Titel: Re: Stephanosphaera pluvialis - Burgruine Lindelbrunn
Beitrag von: ImperatorRex in Dezember 13, 2020, 13:52:15 NACHMITTAGS
Hallo Gerald und Bernhard,
ich habe mir mal kurzerhand zwei verschiedene Pflanzen LED bestellt (eine mit blau und rot LED, die andere mit zusätzlichem weissem Spektrum).  Mal schauen, wie diese sich bewähren.

Gerald, ich habe meine Kulturen immer mit Regenwasser angesetzt. Beleuchtung nur das, was über das Tageslicht kommt, im Sommer Balkonfenster "Nordseite", im Herbst/Winter ein Fenster Richtung Westen. Mich hat es überrascht, dass meine letzte Kultur tatsächlich S.p. Kränze, trotz der mäßigen Sonneneinstrahlung ausgebildet hatte.
Mit einer IKEA Jansö als Beleuchtung habe ich bislang keine guten Ergebnisse erzielt. Werde bis zur Ankunft der Pflanzenlicht-LED mal eine ältere Energiesparlampe (Röhre) verwenden.
viele Grüße
Jochen
Titel: Re: Stephanosphaera pluvialis - Burgruine Lindelbrunn
Beitrag von: Gerald in Dezember 13, 2020, 15:09:54 NACHMITTAGS
Zitat von: bewie in Dezember 11, 2020, 22:00:29 NACHMITTAGS
Lässt du sie in Petrischalen austrocknen oder wartest Du einfach, bis das Wasser in der Flasche verdunstet ist?

Hallo Bernhard,
ich verwende Petŕischalen oder Kristallisationsschalen. Immer abgedeckt und sehr nahe an der Lichtquelle. Wenn der Höhepunkt der Kultur überschritten ist entferne ich die Abdeckung und lasse die Kultur vollkommen eintrocknen. Diese Kultur erst nach ca. 2 - 3 Wochen wieder ansetzen.

Viele Grüße

Gerald
Titel: Re: Stephanosphaera pluvialis - Burgruine Lindelbrunn
Beitrag von: bewie in Dezember 13, 2020, 16:57:22 NACHMITTAGS
Hallo Gerald,

zu deiner Frage: Ich habe die LED-Strahler von Reichelt wie hier https://www.reichelt.de/led-strahler-e27-11-w-825-lm-4000-k-samsung-chip-vt-154-p229786.html?&trstct=pol_0&nbc=1 (https://www.reichelt.de/led-strahler-e27-11-w-825-lm-4000-k-samsung-chip-vt-154-p229786.html?&trstct=pol_0&nbc=1) abgebildet. Submerse Pflanzen im Aquarium sind damit hervorragend gewachsen, deswegen wollte ich sie auch mal mit den Algen testen.

Von meiner Tomaten-, Gurken- etc.-Anzuchtstation hab ich jetzt auch mal eine Pflanzlampe mit Blau, Rot und Weißlicht, aber ohne UV genommen und einige Ansätze darunter gestellt. Die Lampe hatte ich irgendwann direkt beim Chinesen bestellt. Bei der Gemüseanzucht verwende ich sie aber nur zusammen mit Lampen, die auch einen UV-Anteil haben.

Muss jetzt halt eine Weile beobachten, wie sich alles entwickelt, ob es Aplanosporen gibt, und wenn ja, ob die nach einer Trockenphase auch wieder revitalisierbar sind. Bisher konnte ich noch keine Aplanosporen finden, nur zahlreiche vegetative Teilungen und eine Menge Gametenbildung. In einer Kolonie auch mal beides gleichzeitig, wie das Bild unten zeigt.

Werde euch wieder informieren, sobald ich belastbare Aussagen machen kann.

LG
Bernhard
Titel: Re: Stephanosphaera pluvialis - Burgruine Lindelbrunn
Beitrag von: Bernd in Dezember 17, 2020, 15:33:28 NACHMITTAGS
Hallo Bernhard,

ZitatVielleicht kann man sich aber auch noch Sporen verdienen, wenn man die Bildung von Aplanosporen und die Revitalisierung zur mobilen Form mal genauer untersucht und dokumentiert.

leider nein. Das wurde bereits ausfürlich beschrieben und dokumentiert in Cohn, F., and Wichura, M. (1857). Über Stephanosphaera pluvialis. Nov. Acta Acad. Caes. Leop. Nat. Cur. 26, Nachtrag. https://www.biodiversitylibrary.org/item/176984#page/9/mode/1up (https://www.biodiversitylibrary.org/item/176984#page/9/mode/1up)

Viele Grüße
Bernd
Titel: Re: Stephanosphaera pluvialis - Burgruine Lindelbrunn
Beitrag von: bewie in Dezember 17, 2020, 18:14:42 NACHMITTAGS
Hallo Bernd,

danke für den Hinweis. Da haben Cohn unde Wichura ja schon vor langer Zeit alles ausgiebig dokumentiert.

LG
Bernhard
Titel: Re: Stephanosphaera pluvialis - Burgruine Lindelbrunn
Beitrag von: ImperatorRex in Februar 13, 2021, 20:24:22 NACHMITTAGS
Zitat von: bewie in Dezember 13, 2020, 16:57:22 NACHMITTAGS
Von meiner Tomaten-, Gurken- etc.-Anzuchtstation hab ich jetzt auch mal eine Pflanzlampe mit Blau, Rot und Weißlicht, aber ohne UV genommen und einige Ansätze darunter gestellt. Die Lampe hatte ich irgendwann direkt beim Chinesen bestellt. Bei der Gemüseanzucht verwende ich sie aber nur zusammen mit Lampen, die auch einen UV-Anteil haben.

Muss jetzt halt eine Weile beobachten, wie sich alles entwickelt, ob es Aplanosporen gibt, und wenn ja, ob die nach einer Trockenphase auch wieder revitalisierbar sind. Bisher konnte ich noch keine Aplanosporen finden, nur zahlreiche vegetative Teilungen und eine Menge Gametenbildung. In einer Kolonie auch mal beides gleichzeitig, wie das Bild unten zeigt.

Werde euch wieder informieren, sobald ich belastbare Aussagen machen kann.

Hallo Bernhard,
gibt es Neues zu berichten?

Leider bin ich etwas ratlos, meine neuerlichen Versuche S. pluvualis zu kultivieren sind gescheitert:
Aus den Aplanosporen entwickeln sich zwar die ersten, jungen 8-er S.p. Kugeln. Die Kranzkugeln bleiben leider kümmerlich, d.h. die Individuen der Kolonie verbleiben in der runden, kugeligen Form, darüber hinaus gibt es leider kein  Wachstum und Reproduktion. Nach ein paar Tagen ist die Kultur dann eingegangen.

Kulturansatz war mit Volvic Mineralwasser, der pH liegt bei etwas 6 oder 6.,5.
Ich habe auch die Beleuchtung variiert, zum einen eine LED mit den rot/blauen LEDs, aber auch eine weise Pflanzenlicht LED. Nachdem ich hier keine ausreichende Entwicklung der Kulturen erzielen konnte, habe ich Versuche mit einer Leuchtstoffröhre (Osram HO 24W/865) gemacht. Leider waren auch diese Kulturansätze auch erfolglos.

Vielleicht hast Du oder Gerald noch Hinweise? Temperatur und Spurenelemente wären ja noch Parameter? Oder Gasaustausch und Bakterienrasen, der teilweise doch recht stark war.

Etwas ratlose Grüße
Jochen
Titel: Re: Stephanosphaera pluvialis - Burgruine Lindelbrunn
Beitrag von: bewie in Februar 26, 2021, 15:43:23 NACHMITTAGS
Hallo Jochen,

sorry, wenn ich mich erst jetzt wieder melde. Hatte einen coronabedingten Todesfall in der Familie, da war dann nicht mehr so viel Zeit für die Mikroskopie.

Insofern kann ich im Moment noch nicht allzuviel sagen. Ich konnte keinen eindeutigen Einfluss von Art und Stärke der Beleuchtung feststellen. Eine Wachstumsbremse scheint die Begleitflora zu sein und dabei vor allem auch der Biofilm, der sich auf dem stehenden Wasser bildet. Je stärker der war, desto mickriger waren die Algen. Wenn ich ihn mit Belüftung aufgebrochen habe, ging es besser. Aber nach einer gewissen Zeit ließ die Proliferation auch dabei nach, obwohl die Algen anfangs in Volvic schon beinahe explosiv gewachsen sind.

Ich habe die Ansätze dann - auch aus Zeitmangel - eintrocknen lassen und habe jetzt nur noch ein paar Petrischälchen mit trockenen Aplanosporen. Mit denen will ich in nächster Zeit weiterarbeiten und zwei Aspekte austesten, die in der Literatur als recht erfolgreich bzw. sogar als notwendig beschrieben sind: Einmal Begasung mit CO2, die allerdings ziemlich fein dosiert werden muss. Und zum anderen Zugabe von Cyanocobalamin und Thiamin. In allen Medien für Stephanosphaera oder Volvocales sind die beiden Vitamine enthalten, eine Rezeptur ohne sie habe ich bisher nicht gefunden. Muss also schon eine gewisse Bedeutung haben.

LG
Bernhard
Wenn ich damit weitergekommen bin, melde ich mich wieder.
Titel: Re: Stephanosphaera pluvialis - Burgruine Lindelbrunn
Beitrag von: ImperatorRex in Februar 27, 2021, 13:46:36 NACHMITTAGS
Hallo Bernhard,
verstehe, dass Du zur Zeit andere Gedanken hast.
Zumindest hast Du ja noch die eingetrockneten Aplanosporen und damit jederzeit die Möglichkeit, wieder Kulturen anzusetzen.
Mal schauen, in welche Richtung meine Versuche die Kulturbedingungen zu verbessern, gehen.
viele Grüße
Jochen