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Bibliothek => Mikro-Know-How => Technik => Thema gestartet von: Dypsis in Januar 31, 2021, 13:58:42 NACHMITTAGS

Titel: Zinn aus Gewinde entfernen
Beitrag von: Dypsis in Januar 31, 2021, 13:58:42 NACHMITTAGS
Hallo,

hat jemand vielleicht jemand von Euch eine Idee, wie ich das Zinn aus einem Gewinde entfernen kann? Einfach heiß machen scheint mir bedenklich, ich möchte die Vernickelung nicht verlieren. Mit dem Messer rausschneiden geht nicht so wirklich gut. Ich habe auch schon versucht, mich mit dem vorhanden Gewinde durch das Zinn zu "schneiden" doch das geht auch nicht (zumindest nicht zerstörungsfrei). Könnte man das Gewinde auf einer Drehbank nachschneiden (Originalgewinde wäre zum Abnehmen vorhanden). Der Aufwand wäre nicht sinnlos, der Ring ist von einem seltenen kleinen Leitzstatv (J)
Würde mich sehr freuen, wenn jemand eine Idee hätte.

Grüße
Thomas
Titel: Re: Zinn aus Gewinde entfernen
Beitrag von: Herbert Dietrich in Januar 31, 2021, 14:05:36 NACHMITTAGS
Hallo Thomas,

hast Du schon mal an "entlöten" gedacht. Ich habe da keine Erfahrung, aber ich habe das mal bei einem Bekannten gesehen.
Das Lötzinn wir da abgesaugt.
Google doch mal danach.
Herzliche Grüße

Herbert
Titel: Re: Zinn aus Gewinde entfernen
Beitrag von: reblaus in Januar 31, 2021, 14:26:43 NACHMITTAGS
Hallo -

Entlöten kann man im Prinzip indem man eine feine Cu-Entlötlitze in das flüssige Zinn taucht und dieses damit kapillar aufsaugt oder mit einer Entlötpumpe.
Leider muss man dazu das Teil je nach Lot auf ca 300 °C erhitzen (Heißluftgebläse) und mit beiden Verfahren habe ich meist schlechte Erfahrung gemacht. Vor allem in deinem Fall, wo das Zinn nicht als dicker Tropfen irgendwi sitzt, sondern flächig verteilt ist würde ich davon abraten, denn eine dünne Zinnschicht bleibt zurück und es müsste eh nachgeschnitten werden.
Geh gleich mit einer Flasche Champagner zu einem willigen und fachlich kompetenten Besitzer einer Drehbank ...

Viele Grüße

Rolf
Titel: Re: Zinn aus Gewinde entfernen
Beitrag von: jochen53 in Januar 31, 2021, 14:47:26 NACHMITTAGS
Hallo Thomas,

hast Du einen kleinen Dremel oder ein ähnliches Gerät? Dann könntest Du eine kleine Messing-Drahtbürste einspannen und versuchen, das Zinn mit der rotierenden Bürste aus den Gewindegängen rauszubürsten. Ansonsten mit einem Gewindeschneideisen nachschneiden oder mit einer Gewindefeile nacharbeiten. Dazu mußt Du aber genau wissen, was für ein Gewinde das ist.

Gruß, Jochen
Titel: Re: Zinn aus Gewinde entfernen
Beitrag von: Dypsis in Januar 31, 2021, 14:47:40 NACHMITTAGS
Hallo Rolf, hallo Herbert,

mit dem Lötkolben habe ich schon ein bisschen rumgefummelt, doch das hat das Zinn kein bisschen beeindruckt. Auch mit einem kleinen Gasbrenner war nix zu machen. Eine Heißluftpistole wär wohl das mindeste.
Ich fürchte auch, ums neu Schneiden kommt man nicht herum. Aber ob man das mit dem speziellen Gewinde so hinbekommt?

Grüße
Thomas
Titel: Re: Zinn aus Gewinde entfernen
Beitrag von: Dypsis in Januar 31, 2021, 14:49:19 NACHMITTAGS
... ah, Bürsten ist vielleicht eine Idee. Das werd ich mal versuchen. Selber schneiden kann ich sicher vergessen, das Gewinde ist 100% ein Leitzspezialgewinde.

Grüße
Thomas
Titel: Re: Zinn aus Gewinde entfernen
Beitrag von: olaf.med in Januar 31, 2021, 15:37:29 NACHMITTAGS
Gewinde nachschneiden ist der einzige vernünftige Weg für die Lösung dieses Problem.  Wende Dich doch einfach an den Mechaniker Deines Vertrauens ;D

Herzliche Grüße, Olaf
Titel: Re: Zinn aus Gewinde entfernen
Beitrag von: Dypsis in Januar 31, 2021, 16:03:38 NACHMITTAGS
... na die Idee ist natürlich unschlagbar und mit 100%er Sicherheit zielführend!  ;D

Herzliche Grüße
Thomas
Titel: Re: Zinn aus Gewinde entfernen
Beitrag von: jochen53 in Januar 31, 2021, 17:10:42 NACHMITTAGS
Hallo Thomas,

hast Du eine Gewindelehre? Kostet nur < 5 € und ist immer wieder nützlich. Damit könntest Du mit dem passenden Fühler versuchen, das Zinn aus den Gewindegängen rauszukratzen.

Jochen.

Titel: Re: Zinn aus Gewinde entfernen
Beitrag von: olaf.med in Januar 31, 2021, 18:58:00 NACHMITTAGS
Hallo Jochen,

mit einer Gewindelehre geht das nicht, da sie nicht schneidet. Allenfalls eine Gewindefeile könnte helfen, aber das ist eine Murkserei und die Wahrscheinlichkeit, dass es schief geht, ist sehr groß. Der einzige korrekte Weg ist, dieses Gewinde auf einer Drehmaschine mit der korrekten Steigung nachzuschneiden.

Herzliche Grüße, Olaf
Titel: Re: Zinn aus Gewinde entfernen
Beitrag von: Werner in Januar 31, 2021, 19:56:06 NACHMITTAGS
Zinn, auch Lötzinn (bleihaltig) kann man in heißer Natronlauge völlig auflösen. Aluminium und Zink auch. Nickel, Eisen, Kupfer werden nicht angegriffen, bei Messing wird oberflächlich etwas Zink gelöst, es ist dann rötlich vom Kupferüberschuß. Kurz in Salpetersäure getaucht wird es wieder gelb.

Natronlauge NICHT direkt Kochen, sie wird überhitzt (>110 °C) und kotzt dann schlagartig alles raus (!). Getroffene Stellen wie Haut, Gewebe, Haare und Lacke werden schnell und schmerzhaft verätzt (Abflußreiniger). Eventuell getroffene Stellen abseits der Handschuhe mit Essig und Wasser behandeln. Sicherheitsdatenblatt der Lauge vorher lesen, um die Probleme kennenzulernen.

Sichere Vorgehensweise:  Man erhitzt die Lauge in einem Edelstahlgefäß im kochenden Wasserbad, dann wird sie nie überhitzt. Entfetten kann unterbleiben, da die Lauge auch Fett löst. Wenn keine Gasbläschen mehr aufsteigen, ist alles Zinn und Blei aufgelöst. Das Teil mit einer Spitzzange, Tiegelzange oder einer großen Pinzette herausnehmen und mit Wasser abspülen. Eisendraht oder Kupferdraht geht auch. Die Ätzlösung kann im Klo entsorgt werden, das bißchen Blei wird im Kanal stark verdünnt und stört nicht. Bei richtiger Anwendung ist Natronlauge leichter zu handhaben, als das SDB zunächst vermuten läßt.

Gruß - Werner
Titel: Re: Zinn aus Gewinde entfernen
Beitrag von: olaf.med in Januar 31, 2021, 21:55:34 NACHMITTAGS
Lieber Werner,

die chemische Tortur würde aber auch den antiken Messinglack unrettbar zerstören, und das möchte man doch bei so einem historischen Schätzchen wirklich nicht.

Herzliche Grüße, Olaf
Titel: Re: Zinn aus Gewinde entfernen
Beitrag von: Werner in Januar 31, 2021, 23:18:29 NACHMITTAGS
...an der Überwurfmutter ist doch gar kein Lack (?). Und an den lackierten Teilen ist kein Zinn.

Gruß - Werner
Titel: Re: Zinn aus Gewinde entfernen
Beitrag von: olaf.med in Januar 31, 2021, 23:28:15 NACHMITTAGS
... ich kann das auf dem Bild nicht erkennen. Wenn die Überwurfmutter nicht lackiert ist, dann ist sie wohl vernickelt. Nacktes Messing an sichtbaren Oberflächen gibt es bei historischen Instrumenten aus dieser Zeit eigentlich nicht.

Eigentlich spricht doch nichts gegen die "Drehmaschinen-Lösung". Sie ist sauber und ungefährlich.

Herzliche Grüße, Olaf
Titel: Re: Zinn aus Gewinde entfernen
Beitrag von: Dypsis in Februar 01, 2021, 15:59:13 NACHMITTAGS
Hallo,

der Ring in dessen Gewinde das Zinn ist, ist ganz vernickelt. Das auszukochen fände ich schon auch ganz spannend, zumal ich wirklich nicht gedacht hätte, dass das geht ohne die Vernickelung zu zerstören. Aber ich glaube das Ausschneiden ist doch eleganter und außerdem weiß ich ja nicht wie das Gewinde unter dem Zinn aussieht. Vielleicht hatte der Löter einen guten Grund für seine Löterei? Auf jeden Fall sind die Sachen jetzt unterwegs zum großen Zaubermeister. Der macht das dann schon.  :)
Danke für die Ideen und Anregungen. Das mit dem Zinn auskochen werde ich mir gut merken, das brauch ich bestimmt mal.

Herzliche Grüße
Thomas
Titel: Re: Zinn aus Gewinde entfernen
Beitrag von: regulus56 in Februar 01, 2021, 16:22:58 NACHMITTAGS
Hallo Thomas,
wenn Du nicht weisst wie das Gewinde aussieht kann es mir dem nachschneiden eigentlich nur schief gehen.
Wenn Du an Trockeneis kommen kannst gäbe es da noch die Sache mit der Zinnpest. Google mal.
Gruß vom Klaus
Titel: Re: Zinn aus Gewinde entfernen
Beitrag von: Wutsdorff Peter in Februar 01, 2021, 17:23:47 NACHMITTAGS
"Vielleicht hatte der Löter einen guten Grund für seine Löterei?"

Wenn ein Gew. zu viel Spiel hat, macht man das u.U.
Dadurch bekommt man aber keine Zentrierung!!
Gruß Peter

Titel: Re: Zinn aus Gewinde entfernen
Beitrag von: olaf.med in Februar 01, 2021, 18:05:20 NACHMITTAGS
Hallo Klaus,

Zitatwenn Du nicht weisst wie das Gewinde aussieht kann es mir dem nachschneiden eigentlich nur schief gehen.

Das Gegensttück mit dem Außengewinde ist doch da und man kann es anpassen, was soll denn da schiefgehen?

Hallo Peter,

Zitat"Vielleicht hatte der Löter einen guten Grund für seine Löterei?"

Wenn ein Gew. zu viel Spiel hat, macht man das u.U.
Dadurch bekommt man aber keine Zentrierung!!

Zur Not wird die Überwurfmutter innen ausgedreht und eine Gewindebuchse eingesetzt, das sieht nachher kein Mensch mehr.

Herzliche Grüße,

Olaf
Titel: Re: Zinn aus Gewinde entfernen
Beitrag von: regulus56 in Februar 01, 2021, 19:18:27 NACHMITTAGS
Hallo Olaf,
da das Gewinde unsichtbar ist musst du ersteinmal die genau richtige Stelle finden an der das Gewinde beginnt, sonst schneidest Du ein Gewinde, aber quer über das Gewinde welches Peter so krampfhaft erhalten will.
Gruß vom Klaus
P.S.: Ich habe vor fast 50 Jahren Dreher gelernt  ;)
Titel: Re: Zinn aus Gewinde entfernen
Beitrag von: olaf.med in Februar 01, 2021, 21:04:12 NACHMITTAGS
Hallo Klaus,

sieh' Dir doch mal das Bild an. Auf der rechten Seite siehst Du mindestens einen Gang der frei von Lot ist. Insofern ist das sehr einfach.

Herzliche Grüße, Olaf
Titel: Re: Zinn aus Gewinde entfernen
Beitrag von: regulus56 in Februar 02, 2021, 08:02:16 VORMITTAG
Hallo Olaf,
das mit dem 1.Gewindegang habe ich auf meinem Bildschirm nicht so wahrgenommen.Trotzallem bleibt es ein riskantes Unterfangen. Vorallem weil der Thomas ja alle anderen Methoden aus Angst vor möglicher Beschädigung ablehnt.
Und ob auf jeder Drehbank von heute Spezialgewinde gefertigt werden können???
Trotzdem viel Erfolg bei dem Versuch.
Gruß vom Klaus
Titel: Re: Zinn aus Gewinde entfernen
Beitrag von: olaf.med in Februar 02, 2021, 09:36:02 VORMITTAG
Hallo Klaus,

ich mache so etwas wirklich nicht zum ersten Mal!!!

Es handelt sich immer um ganz normale metrische oder zöllige Feingewinde, die meine Drehbank (Weiler Matador) mit links kann. Ich muss höchstens mal Zahnräder wechseln, wenn's zöllig ist. Außerdem verfüge ich über ALLE Spannzeuge um solche Teile ohne Beschädigungen aufnehmen zu können.

Herzliche Grüße, Olaf
Titel: Re: Zinn aus Gewinde entfernen
Beitrag von: reblaus in Februar 02, 2021, 11:26:42 VORMITTAG
Hallo -

mich deucht es sei gar kein Weich- sondern (der Farbe nach) Hartlot (?). Wenn das stimmt war die Diskussion über die Methode zur Gewinderestaurierung doch überflüssig ...

Gruß

Rolf
Titel: Re: Zinn aus Gewinde entfernen
Beitrag von: regulus56 in Februar 02, 2021, 17:09:25 NACHMITTAGS
Hallo,
vielleicht lassen uns die Protagonisten ja am Ergebniss ihrer Bemühungen teilhaben. ;D
Auf jeden Fall, viel Erfolg.
Gruß vom Klaus
Titel: Re: Zinn aus Gewinde entfernen
Beitrag von: olaf.med in Februar 02, 2021, 18:10:40 NACHMITTAGS
... heute Mittag kamen die Teile per Post an und jetzt ist schon alles wieder verpackt für den Rückversand. Wie vermutet war das Ausdrehen problemlos möglich und, da schon danach gefragt wurde, erkläre ich auch gerne wie ich es gemacht habe.

Zunächst erfolgte die Vermessung der Gewindesteigung am Gegenstück, und da stellt sich heraus, dass das Gewinde, wie oft an dünnen Rohren alter Mikroskope, sehr unsauber geschnitten war. Die Messung ergab ein zölliges Maß mit 40 Gang/inch. Der Außendurchmesser der "Überwurfmutter", die eigentlich nur eine aufschraubbare Hülse ist und keine weitere mechanische Funktion hat, war 34,5 mm. Dazu gibt es keine passende Stufenzange, daher habe ich eine geschlitzte Aufnahme aus Alu gedreht und ins Dreibackenfutter gespannt.

Beim Innengewinde ist das kritischste, den Gewindegang zu finden. Mit der Lupe kommt man nicht richtig dran und hat entweder kein Licht oder muss sich fürchterlich verrenken. Daher habe ich, auch sehr angenehm für andere feine Arbeiten, eine Präparierlupe mit weitem Arbeitsabstand an der Maschine. Über einen Spiegel an einem Schwanenhals ist dann das sehr entspannte Beobachten und exakte Positionieren des Stahls möglich.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures011/294543_7244975.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures011/294543_65204782.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures011/294543_49972132.jpg)


Entschuldigt bitte die ganz miese Qualität der Bilder, vor allem des Bilds mit dem Handy durch das Okular der Präparierlupe, aber ich wollte ja keinen Schönheitswettbewerb gewinnen, sondern nur die Funktion zeigen.

Herzliche Grüße,

Olaf
Titel: Re: Zinn aus Gewinde entfernen
Beitrag von: regulus56 in Februar 02, 2021, 19:06:29 NACHMITTAGS
Hallo Olaf,
danke für die sehr anschauliche Darstellung.
Schön das du es hinbekommen hast, auch wenn es sicher nicht ganz einfach war.
Und sicher auch für den Ein oder Anderen ein Tip, wohin er sich mit besonderen Anliegen wenden kann.
Gruß vom Klaus
Titel: Re: Zinn aus Gewinde entfernen
Beitrag von: Dypsis in Februar 02, 2021, 20:01:55 NACHMITTAGS
Hallo,

als ich wusste, dass Olaf sich der Sache annimmt, war bei mir der allerleiseste Zweifel verflogen. Ich kenne ein paar Sative, die er restauriert hat, da ist meine Geschichte mit dem Ring noch nicht mal ein Kinderspiel dagegen. Und wenn es das nicht für ihn gewesen wäre, dann wüsste ich, dass er nicht nur einen Plan B, C und D im Ärmel sondern auch die Erfahrung, die Fähigkeit, das Fachwissen, die Ausrüstung und den Sportsgeist gehabt hätte den auch perfekt umzusetzen.

Jetzt freue ich mich auf den Ring. Er ist für ein kleines Stativ von Leitz (ca. 1918) das ausgesprochen selten ist. Ich jage seit 10 Jahren danach. Die kleinen, einfachen Stative (von den Trichinoskopen abgesehen) sind weit seltener als die großen und mittelgroßen Stative von Leitz. Mein Stativ ist, von dem Ring abgesehen, perfekt erhalten und mit dem Ring jetzt wieder fast wie neu.

Grüße
Thomas