Hallo Freunde,
Bei meinen Versuchen, die Metalle Kupfer, Cobalt und Nickel ( z.B. in den Mineralen Kolwezit, Glaukosphärit, Gillardit, Carrollit und anderen) möglichst elegant,
das heißt, mit möglichst wenigen, unkomplizierten Schritten qualitativ und semiquantitativ nachzuweisen und zu bestimmen, bin ich zum wiederholten Male bei den
Tripelnitriten (TN) gelandet und habe dabei eine (zumindest für mich) sehr überraschende Entdeckung gemacht.
Meine Idee war, zunächst das Cobalt in bewährter Weise mit KNO2 als komplexes Kaliumhexanitritocobaltat(III) zu fällen. Das schön feinkristalline gelbe Salz
(übrigens die Basis für den früher hochgeschätzten Farbstoff Kobaltgelb/Indischgelb) setzt sich auch ohne Zentrifugation bereitwillig ab und der Überstand kann
dekantiert werden. Eine Weiterverarbeitung des Überstandes z.B. durch Eindampfen verbietet sich unbedingt; hier sind bereits mehrere Explosionen in der
Fachliteratur vermerkt !!
Dann fiel mir aber auf, daß die in der Lösung verbliebenen Kationen Cu und Ni ja beide Baustein eines Tripelnitrites (TN) sein können, wenn auch an gleichartiger
Position und das KNO2 ist ja auch schon vorhanden.
Das hieße, wenn man nun zum Überstand noch ein Blei-Ion zufügte, würden Tripelnitrite der Form
K2Pb(Cu/NI)(NO2)6 entstehen, wobei die Cu-Verbindung tiefbraun, die Ni-Verbindung gelb ist. Verwenden läßt sich das zur Differenzierung aber nicht, da beide
zusammen ein braungelbes Mischsalz ergeben.
Aber ein Tripelnitrit fällt ja aus der Reihe, und zwar das TM, das sich aus Kupfer und Strontium bildet: K2SrCu(NO2)6. Es ist ein grasgrünes, kubisches Salz. Das
Analogon mit Nickel ist dagegen blassgelb.
Eine Mischung von Cu und Ni wurde also mit Strontium- und KNO2-Lösung versetzt und die Überraschung war groß!
Es entstanden unerwartet Kristalle aus einem grünen Mantel und einem gelben Kern, wobei das Verhältnis der geschachtelten Kuben anscheinend vom
Mischungsverhältnis Cu/Ni abhängt.
Die optimalen Fällungsbedingungen bedürfen noch weiterer Versuche. Wenn sich das weiter so bestätigt, hätte ich eine Möglichkeit, alle drei Metalle
praktisch in einem Gefäß nur durch Zusatz von KNO2 und Strontiumsalz unter dem Mikroskop nachzuweisen und auch ihre Teilmengen grob abzuschätzen.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/301016_36849274.jpg) (https://www.directupload.net)
Bild 1
Das Bild eines Tripelnitrites aus Strontium und Nickel (alleine)
Typische hellgelbe homogene Kuben
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/301016_63208015.jpg) (https://www.directupload.net)
Bild 2
Die Verbindung mit Strontium und Kupfer
Bisher neben Barium-Kupfer TN die einzige grüne Kombination, die ich kenne.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/301016_32001227.jpg) (https://www.directupload.net)
Bild 3
Die große Überraschung!
Solche Kristalle hatte ich nicht erwartet!
Man sieht den gelben Kern aus Nickel-TN und eine exakte Hülle aus grünem Cu-haltigem TN.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/301016_19575591.jpg) (https://www.directupload.net)
Bild 4
Hier ist das Mischungsverhältnis etwas zugunsten des Ni-Anteils verändert.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/301016_41962596.jpg) (https://www.directupload.net)
Bild 5
Eine stärkere Vergrößerung
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/301016_42119052.jpg) (https://www.directupload.net)
Bild 6
Hier sieht man einen Konzentrations-Gradienten in der Lösung, der rechtsseitig schon zur Veränderung der Kritallmorphologie führt,
während links noch das reine Ni-TN-Salz vorherrscht.
Kritik erwünscht; ansonsten viel Spaß beim Ansehen der Bilder
Schönes Wochenende
Reinhard
Hallo Reinhard -
Vielleicht ist es ja für den mineralogischen Mikrochemiker eine ganz banale Sache - aber ich bin ganz hin und weg!
Meine spärlichen Kenntnisse zu dieser Materie habe ich ihm Rahmen des anorganisch-chemischen Praktikums vor 65 Jahren erworben und sie haben sich (wie damals der Laborkittel) in dunkle Bruchstücke aufgelöst - aber an so was kann ich mich nicht erinnern.
Glückwunsch zu der tollen Bildserie!
Rolf
Hallo,
super klasse! Hast Du mal die größenverhältnisse von innerem und äußerem Würfel bestimmt? Wir hatten letztes Jahr so ein Problem in der Firma, aber mit Kugeln. So etwa 1µm Durchmesser der äußeren Kugel.
Grüße
Carsten
Hallo Rolf, hallo Carsten,
es freut mich sehr, daß es Euch interessiert!
Wenn hier nicht noch ein "richtiger" Chemiker sagt, "du bist dieser oder jener Tatsache auf den Leim gegangen...",
dann denke ich, daß man mit so einem ungewöhnlichen Ergebnis nicht rechnen konnte und ich bin ständig mit den unterschiedlichsten
Mischsalzen, wie den Tripelnitriten "zugange".
Die Größenverhältnisse (Volumenverhältnisse) als Ausdruck des Verhältnisses der beiden Ionen Cu und Ni werde ich versuchen zu bestimmen,
wenn sonst alle Parameter festsehen.
Manche Tripelnitrite sind "Diven" und reagieren auf kleinste Unterschiede von Konzentration und "Terroir".
Viele Grüße
Reinhard
Lieber Reinhard,
wieder einmal grandios
Herzlichen Dank für diese schönen Einblicke in das Innere der Tripelsalze,
Olaf
Lieber Reinhard,
wie aus dem Lehrbuch👍
lg
Anne
Einfach Klasse, Reinhard!
Danke.
Grüße
Michael
Hallo Reinhard,
wunderschön und sehr interessant! Die gefüllten Quadrate sind der Hammer.
Viele Grüße,
Bob
Hallo Olaf, hallo Anne, hallo Michael, hallo Bob,
vielen Dank für Euer Lob!
Ein paar schöne Kristalle sind doch immer wieder nette Stimmungsaufheller.
Euch allen ein Schönes Wochenende!
Reinhard
Hallo Reinhard,
tolle Sache – überaus sogar.
Ammoniumcäsium-hexanitr(it)ocuprat(II) wäre ein weiterer grüner Kandidat. Ob der z.B. mit dem gelben Ammoniumnatrium-hexanitr(it)ocobaltat(III) dergleichen täte? Vermutlich nicht, denke, Du hast mit Deiner Variante einen Volltreffer gelandet.
Viel simpler und aus der Literatur lange bekannt ist das Kaliumpermanganat/-perchlorat:
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/301041_36849274.jpg) (https://abload.de/image.php?img=kaliumperchlorat_mangj4kyu.jpg)
Viele Grüße,
Heiko
Hallo Reinhard,
Bild 3 und 5 könnten Acrylgemälde aus einer Galerie sein. Klasse!
Viele Grüße,
Peter
Hallo Reinhard,
wie immer super interessant! Freue mich immer wenn ein neuer Beitrag von Dir erscheint.
Beste Grüße
Michael
Hallo Heiko,
ich weiß, daß Du auch ein Tripelnitrit-Fan und mir diesbezüglich immer "auf den Fersen" bist!
Das mit der NH4-Variante muss ich gleich ausprobieren; eine diagnostische Verwendung für solche "Ausreißer" findet sich immer.
Dein Mischkristall KMnO4/KClO4 ist auch ein schönes Beispiel für solche Kristallvermischungen.
Wie müsste man sie bezeichnen? Okklusionskristalle? Ich weiß es nicht.
Anbei noch zwei Bilder mit veränderten Konzentrationen und Fällungsbedingungen:
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/301054_33420276.jpg) (https://www.directupload.net)
Bild 7
Hier habe ich die relative Konzentration von Ni weiter vermindert.
Es finden sich nur noch unregelmäßige Einlagerungen
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/301054_32347029.jpg) (https://www.directupload.net)
Bild 8
Bei Veränderungen der äußeren Bedingungen (Temperatur/Verdünnung) entstehen Unregelmäßigkeiten.
Viele Grüße
Reinhard
Hallo Peter,
kein Wunder, daß Du den künstlerischen Aspekt ansprichst:
Auszug Wikipedia:
Peter Ludwig (* 9. Juli 1925 in Koblenz; † 22. Juli 1996 in Aachen) war ein deutscher Schokoladenfabrikant und Kunst-Mäzen. ;D
Hallo Michael,
Vielen Dank! Freut mich zu hören.
Viele Grüße
Reinhard
Lieber Reinhard,
Bild 3 und 4 sind einfach nur genial! Das ist etwas für die Wand - genau wie die aktuell gezeigten "Nylonstrümpfe" von Alex.
Hezrliche Grüße
Peter
Hallo Reinhard,
das ist wieder mal ein atemberaubender Beitrag!
Wenn ich Dich richtig verstehe, ist das Hauptproblem die relative Quantifizierung von Nickel und Cobalt?
Ist das vielleicht spektrographisch möglich?
Viele Grüsse
Florian
Hallo Reinhard,
als Fan von ästhetischen Mikroobjekten sowie Selbstorganisations-Systemen komme ich bei deinen Bildern voll auf meine Kosten!
Danke fürs zeigen.
LG
Bernd
@Peter,
eben auch was für' Auge, nach dem Motto: Das Auge mikroskopiert mit! ;D
@Florian,
Vielen Dank!
Genau, die saubere Trennung von Co, Ni und Cu und eine zumindest halbquantitative Bestimmung
ist eine Aufgabe, die schwierig ist und für sich schon einen Ruheständler lange beschäftigen kann.
Es gibt seit längerem bekannte Verfahren mit Cyaniden, die ich vermeiden möchte und es gibt Trennungen über
Ionenaustauscher-Säulen. Alle haben ihre Tücken und viele andere verheißungsvolle Veröffentlichungen dazu
wurden später von anderen Stellen wieder als unbrauchbar verworfen.
Mit der Spektographie kenne ich mich nicht aus; bzgl. der o.g. Elemente bin ich aber auch noch nicht auf entsprechende
Veröffentlichungen gestossen.
@Bernd
freut mich zu hören. Deine Bilder mit dem EM sind natürlich dennoch nicht zu toppen.
LG
Reinhard
Zitat von: Reinhard in April 24, 2021, 15:52:10 NACHMITTAGS
@Bernd
freut mich zu hören. Deine Bilder mit dem EM sind natürlich dennoch nicht zu toppen.
... da muß ich aber mit dem Spruch "als Einäugiger unter den Blinden" intervenieren denn seit Volker nicht mehr ... edit: und Wilfried nur noch selten .... dabei ist, bin ich
leider der einzige Einäugiger hier, der den Elektronenstrahl sieht.
LG
Bernd
Zitat von: Reinhard in April 23, 2021, 17:56:22 NACHMITTAGS
Hallo Freunde,
Bei meinen Versuchen, die Metalle Kupfer, Cobalt und Nickel ( z.B. in den Mineralen Kolwezit, Glaukosphärit, Gillardit, Carrollit und anderen) möglichst elegant,
das heißt, mit möglichst wenigen, unkomplizierten Schritten qualitativ und semiquantitativ nachzuweisen und zu bestimmen, bin ich zum wiederholten Male bei den
Tripelnitriten (TN) gelandet und habe dabei eine (zumindest für mich) sehr überraschende Entdeckung gemacht.
Meine Idee war, zunächst das Cobalt in bewährter Weise mit KNO2 als komplexes Kaliumhexanitritocobaltat(III) zu fällen. ...
Lieber Reinhard,
die Kristalle sind sehr schön. Aber ich glaube ohne Vorwissen, kann man auch als Chemiker nur schwer nachvollziehen, was da gemacht wurde. Könntest du nochmal Schritt für Schritt angeben, was zusammengegeben wurde?
Ich vermute, es geht auch nicht um den Nachweis von Metallen sondern von Metallkationen in irgendwelchen Salzen. Könnte es sein, dass da zunächst eine Mischung verschiedener Salze gelöst und daraus etwas gefällt wurde?
LG Oliver
Hallo Reinhard,
schöne Idee und toll durchgeführt. Hat mich an meine qualitativen Analysen von Kalium erinnert. Meine Frage: Woher hast du die Infos über die TN? Nicht jeder hat den Gmelin im Bücherregal.
Liebe Grüße
Tilman
Lieber Oliver, lieber Tilman,
auch wenn ich nach wie vor begeisterter Leser im Mikro-Forum bin, so habe ich einige Themen, die überwiegend rein chemischer Natur sind,
zunehmend in das Chemie-Forum: "Illumina-Chemie" (unter "Seaborg") ausgelagert. Hier sind überwiegend Chemiestudenten, Chemiker und Hobbychemiker unterwegs.
Der Ton ist weit weniger verbindlich als im Mikro-Forum und Unachtsamkeiten der Versuchsbeschreibung oder Fehlschlüsse werden hart kommentiert.
Die Diskussion um meine Schichtkristalle geht in diesem Forum weiter und ich habe, um nicht weitere Bilder einbauen zu müssen, den Beitrag im Chemie-Forum hier verlinkt:
https://illumina-chemie.de/viewtopic.php?f=62&t=5680
Gegen Ende der ersten Seite steht das "Kochrezept" für diese ganze Familie der (von mir so getauften) Schachtelkristalle und gegen Ende der 3. Seite bestätigt mir der
Leiter der Anorg. Chemie der Uni Aachen, Prof.U.Englert, daß er solche Kristalle noch nicht gesehen habe.
Die Herstellung der Schachtelkristalle ist heikel und bedarf immer einiger Anläufe. Oft findet sich eine Häufung von schönen "Exemplaren" an irgend einer Stelle im Randbereich.
Man sollte den Objektträger während des "Brutvorgangs" nicht mehr bewegen und kein Deckglas auflegen. Dann halten sich die Kristalle über mehrere Tage.
Die beiden ersten Bilder im Anhang zeigen die zuerstgenannten Kristalle im polarisierten Licht. Hier zeigt sich, daß der Mantelbereich mit der Strontium-Nickel-Tripel-Verbindung
aufleuchtet, der Kern mit der Strontium-Kupfer-Tripel-Verbindung dunkel bleibt.
Daß das nicht ein Phänomen der Schichtung selbst ist, zeigt sich, wenn man den Kristall umgekehrt aufbaut, also das Strontium innen und der Nickel außen. Nun kehrt sich auch die
Reflektion um ( untere Bilder; wenn auch schlechter erkennbar).
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p.s.1: Vllt. kann ja ein Fachkundiger hier einmal korrekt beschreiben, wie man diese(s) Polarisationsphänomen richtig anspricht; ich vermute, Pleomorphie alleine wäre zu einfach.
p.s.2: Die Tripelnitrite, auf die ich immer wieder gerne zurückgreife gehorchen der Formel:
(K,Rb,Cs,Tl)2 (Pb,Sr,Ba,Cd) (Cu,Ni) (NO2)6
Das heißt: Ein willkürlich ausgewähltes Tripelnitrit wäre z.B.:
Cs2BaNi(NO2)6 oder
K2CdCu(NO2)6
Viele Grüße
Reinhard
... sehr interessant und aufregend. Vielen Dank!