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Foren => Mikroskopie-Forum => Thema gestartet von: Schrodt in Mai 25, 2021, 12:00:38 NACHMITTAGS

Titel: FEUCHTIGKEIT: JA ODER NEIN ?
Beitrag von: Schrodt in Mai 25, 2021, 12:00:38 NACHMITTAGS
In einem überdeckten Laubengang eines Mehrfamilienhauses zeigten sich an der Wand einer Wohnung am Wandfuß weiße Ausblühungen. Die Wohnungseigentümerin meldete das der Hausverwaltung, da sie
der Ansicht war, dass die Ausblühungen durch Feuchtigkeit entstanden sind und saniert werden müssten.Der Wandaufbau besteht aus Kalksandsteinmauerwerk mit außenseitiger verputzter Wärmedämmplatte.
Die Hausverwaltung schickte den Hausmeister zur Besichtigung der Ausblühungen. Dieser meldete der Hausverwaltung, dass der Wandputz trocken sei. Die Hausverwaltung teilte der Wohnungseigentümerin darauf hin mit, dass keine Feuchtigkeit vorhanden ist, die Ausblühungen harmlos wären und nicht saniert werden müssten. Die Wohnungseigentümerin fragte mich als fachkundigen Nachbar nach meiner Meinung und ich stellte Folgendes fest:
Die Beton-Bodenplatten des Laubengang-Fußbodens stießen direkt an den Wandputz. Bei Regen mit Wind wurde der Laubengang-Fußboden bis zur Hauswand feucht. Diese Feuchtigkeit zog in den Wandputz ein und löste wasserlösliche Bestandteile des Wandputzes. Bei einer Trockenperiode verdunstete die Feuchtigkeit und die wasserlöslichen Bestandteile des Putzes bildeten Ausblühungen auf der Putzoberfläche.
Diese Ausblühungen sind hier nicht gefährlich für die Bausubstanz, sie sind jedoch ein optischer Baumangel.
Der Laubengang sollte eine abgedichtete Fußleiste erhalten, damit das Regenwasser von den Bodenplatten nicht in den Putz einziehen kann. Der optische Baumangel sollte beseitigt werden.

Folgende Untersuchungen habe ich durchgeführt:

•  Besichtigung der Ausblühungen  ( Fotos 1 + 2 ).

•  Probeentnahme von den Ausblühungen.

•  Auflösung von Krümeln der Ausblühungs-Proben mit Wasser zur Herstellung von 2 Verdunstungs-Präparaten für die Mikroskopie. Die Krümel lösten sich schnell vollständig in Wasser auf. ( Foto 3 ).

•  Mikroskopie der Verdunstungs-Präparate mit dem Stemi MBS10 ( Mikrofoto 1 ).


FAZIT:

Wenn auch zurzeit der Wandputz trocken Ist, so sind die Ausblühungen doch durch Feuchtigkeit entstanden. Damit keine weiteren Ausblühungen entstehen, sollte eine abgedichtete Fußleiste angebracht werden. Die derzeitigen Ausblühungen sollten beseitigt werden.


Fotos 1 + 2

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/303362_19575591.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/303362_41962596.jpg)

Foto 3

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/303362_42119052.jpg)


Mikrofoto 1

](https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/303362_43527150.jpg)


Mit herzlichen Mikrogrüßen

Jürgen aus Hemer
Titel: Re: FEUCHTIGKEIT: JA ODER NEIN ?
Beitrag von: jochen53 in Mai 25, 2021, 12:33:25 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen,
das sind die typischen Ausblühungen, die durch aufsteigende Feuchtigkeit infolge von Kapillareffekten im porösen Mauerwerk oder Putz, Verdunsten des Wassers und Auskristallisation gelöster Salze entstehen. Ursache ist eine fehlende oder mangelhafte Isolation zum feuchten Erdreich hin durch einen ausreichend dicken Bitumenanstrich und eine zusätzliche Folie aus Kunststoff oder Kupfer. Das können Nitrate ("Mauersalpeter"), Chloride, Carbonate, Sulfate oder Silikate sein, fast immer Calcium-, Natrium- oder seltener Magnesiumsalze.
Auf Deinen Fotos sehe ich keinerlei Hinweise, die zur Identifizierung der Ausblühungen hilfreich sein könnten.
Jochen
Titel: Re: FEUCHTIGKEIT: JA ODER NEIN ?
Beitrag von: Schrodt in Mai 26, 2021, 11:11:19 VORMITTAG
Hallo Jochen,

vielen Dank für deinen vertiefenden Beitrag.
Die Fotos sollten die Stelle und das Ausmaß der Ausblühungen zeigen. Die Mikropräparate sollten zeigen, dass die Ausblühungen wasserlöslich sind und bei Verdunstung sich in feinen Partikeln rekristallisieren. Die Fotos sollten keine Hinweise zur Identifizierung der Ausblühungen geben, dafür sind nach meiner Erfahrung Laboruntersuchungen auf die Art der Salze sowie ihr hygroskopisches Verhalten erforderlich.
Der labortechnische Aufwand verursacht erhebliche Kosten von ca.600 - 1000 €. Die Ausblühungen werden meist ganz einfach mit einem Spachtel oder einer Bürste entfernt. Im Normalfall sollte das genügen.
Neue Ausblühungen entstehen erst wieder, wenn Wasser neuerlich in den Putz eindringt.

Mit herzlichen Grüßen
Jürgen aus Hemer
Titel: Re: FEUCHTIGKEIT: JA ODER NEIN ?
Beitrag von: Diana1982 in Mai 26, 2021, 11:28:35 VORMITTAG
Lieber Jürgen,

Bei mir im Haus findet sich weiß flockig ausblühender Salpeter.
Hier aufgrund der früheren Nutzung mit Kuh-/Schweinestall (früher am Wohnbereich angrenzend).
Ich tippe in Deinem Fall zwar auch eher auf die möglichen Ursachen, die Du und Jochen ausgeführt habt, aber falls an der Stelle immer mal z.B. ein Hund/Kater markiert, kann das auch ähnlich aussehen, wäre dann nur etwas eingegrenzter.

Auch in manchen Putzen oder Mörteln befinden sich an sich diverse Salze, die mit der Zeit ausblühen (hattest Du ja auch geschrieben). Vielleicht kommt zusätzlich auch Streusalz als Mitverursacher in Frage.

Ggf. löst sich der Putz mit der Zeit auch flächig ab. Bis dahin: Einfach abkratzen - hört sich doch gut an! Das mache ich bei mir im Haus (nach erstem Schock, als ich das das erste Mal sah) auch so  ;) und streiche in meinem Fall ab und zu neue Kalkfarbe drauf.

LG Diana