Hallo zusammen,
in Proben aus einer Schale, in der ich seit ca. einem Jahr unterschiedliche Karnivoren in reinem Weißtorf kultiviere, entdecke ich immer wieder ein Rädertierchen, das ich sehr interessant finde.
Es stellt für mich aus verschiedenen Gründen eine Herausforderung dar.
Zum Einen ist es unter dem Stemi trotz seiner Länge gar nicht so leicht zu entdecken, weil es recht dünn und fast glasartig durchsichtig wirkt.
Es lässt sich auch nicht besonders leicht fangen, weil es dazu tendiert, sich an den Rand der Petrischale zu bewegen und in irgendwelchen Lichtreflexen zu "verstecken".
Leicht fotografieren lässt es sich auch nicht; jedenfalls habe ich schon etliche Serien angefertigt und auch mit den heute gezeigten Bildern bin ich noch nicht ganz zufrieden.
Unter dem Deckglas scheinen sie sich nicht wirklich wohl zu fühlen.
Jedenfalls fangen Sie an zu zappeln und sich zu verbiegen, was ihnen bei mir den Arbeitstitel "kleine Turner" eingebracht hat.
Auf Reduzieren der Schichtdicken reagieren sie bei mir empfindlich.
Zunächst entleeren Sie Ihren Darm oder ihre Blase (glaub ich zumindest), dann treten relativ bald die Innereien aus der Körperhöhle, was kein schöner Anblick ist.
Das Räderorgan scheint sehr fein zu sein und sich verhältnismäßig schnell zu bewegen.
Ich denke, dass es sich um Vertreter der Familie Gattung Monommata handelt.
Meine Vermutung geht sehr stark in Ríchtung Monommata longiseta, unter anderem wegen der deutlich ungleich langen Zehen, der passenden Größe und des Fundorts in einem - wenn auch künstlichen - Moorbiotop.
Und jetzt kommen die Bilder.
Anmerkungen zu den Tieren an sich oder zur Technik sind sehr willkommen.
Durch Anklicken des "x", öffnen sich die Bilder in höherer Auflösung.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/303807_56200037.jpg)
Hier zunächst der Fundort.
Die Tiere sind da nicht sonderlich häufig, aber mit etwas Suchen findet man in fast jeder Probe ein oder mehrere Exemplare.
x (https://www.chaos-net.de/webimages/foren/mikrochaos/210601-Monommata_sp/210530-Monommata-hr-01.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/303807_36038289.jpg)
Hier eine Hellfeldaufnahme bei geringem Deckglasdruck, wodurch die Gestalt noch einigermaßen natürlich ist.
Trotz der Unschärfe erkennt man eindeutig die unterschiedlich langen Zehen.
Angeblich soll die linke Zehe die kürzere sein.
Interessant finde ich auch die gebänderte bzw. spiralförmige Struktur der Zehen, die ich eigentlich immer beobachten konnte.
x (https://www.chaos-net.de/webimages/foren/mikrochaos/210601-Monommata_sp/210530-Monommata-hr-02.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/303807_55909147.jpg)
Hier geht's schon los mit dem Geturne.
Der Fokus liegt bei diesem Bild nahe an der Oberfläche.
Das einzige rote Auge ist verschwommen zu erkennen.
Interessieren würde mich, was all die "Kugeln" sind.
x (https://www.chaos-net.de/webimages/foren/mikrochaos/210601-Monommata_sp/210530-Monommata-hr-03.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/303807_33420276.jpg)
Hier ist der kleine Kerl annähernd ausgestreckt.
Nicht nur die Zehen, sondern auch der Kopf scheinen recht biegsam zu sein.
Die von mir gemessenen Exemplare waren alle zwischen ca. 200 und 280 µm lang.
Am Übergag zu den Zehen meint man fast eine Art "Hüfte" ausmachen zu können.
x (https://www.chaos-net.de/webimages/foren/mikrochaos/210601-Monommata_sp/210530-Monommata-hr-04.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/303807_32347029.jpg)
Hier geht der Fokus schon etwas tiefer.
Leider bekomme ich die Kopfregion nicht schärfer hin.
Ich glaube, da könnten interessante Details sichtbar werden.
Muss ich wohl doch irgendwann mal wieder Blitzversuche machen.
x (https://www.chaos-net.de/webimages/foren/mikrochaos/210601-Monommata_sp/210530-Monommata-hr-05.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/303807_22687807.jpg)
Mit steigendem Deckglasdruck tritt langsam der "Pfannkucheneffekt" ein.
Trotzdem bleiben die Bilder immer noch irgendwie verwaschen.
Weitergeturnt wird natürlich trotzdem.
x (https://www.chaos-net.de/webimages/foren/mikrochaos/210601-Monommata_sp/210530-Monommata-hr-06.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/303807_2863675.jpg)
Hier ein Versuch, das purpurrote Auge halbwegs scharf zu bekommen.
Das werden sicher nicht die letzten Fotos sein, die ich von diesem interessanten Rädertierchen mache.
Ich hoffe Sie bereiten etwas Freude.
Herzliche Grüße
Martin
Hallo Martin,
ich sehe gerade deinen Beitrag. Gerade habe ich in einer Moorwasserprobe aus dem Bayerwald die gleiche Spezies entdeckt. Nach Streble/Krauter (Leben im Wassertropfen) und Michael Plewka (https://www.plingfactory.de/Science/Atlas/KennkartenTiere/Rotifers/01RotEng/source/Monommata%20longiseta.html) ist es eindeutig M.longiseta.
By the way: hast du die Aufnahmen mit dem Panthera gemacht? Wenn ja mit welcher Optik genau? Die letzten Bilder scheinen mir mit schiefer Beleuchtung angefertigt - klasse.
Grüße Roland