Sie sind nicht gerade häufig, die Tannen-Feuerschwämme. In der Roten Liste gefährdeter Pilze Deutschlands werden sie in der Vorwarnliste geführt. Die Art ernährt sich parasitisch und saprobiontisch vom Holz der Weißtanne und erzeugt eine Weißfäule.
Eckdaten des Fundes:
• Pilzart: Tannen-Feuerschwamm (Fomitiporia hartigii (Allesch. & Schnabl) Fiasson & Niemelä)
• Funddatum 03.12.2021.
• Fundort: Walddistrikt Heidwald bei Straubenhardt, Baden-Württemberg.
• Substrat: Liegende, morsche Weißtanne.
• Boden: Pseudogley aus Fließerden über Unterem und Mittlerem Muschelkalk.
• Belegnummer: Miggel div21058,heid
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures012/314275_63208015.jpg)
Bild 1 – Der Wuchsort: liegender, morscher Weißtannenstamm in der Optimalphase der Vermorschung.
Die Fruchtkörper sind mehrjährig und können sehr groß werden, nach BERNICCHIA bis zu 30 cm in der Breite. Sie beginnen als Knolle und entwickeln sich zu einem konsolenförmigen, braunen, harten Fruchtkörper mit wulstigem, fein filzigem Randbereich. Die feine Porenschicht ist graulich braun. Die Oberseite, außer dem Randwulst, reißt mit zunehmendem Alter auf. Oft sind mehrere Fruchtkörper miteinander verwachsen.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures012/314275_32001227.jpg)
Bild 2 – Zwei noch recht junge Exemplare, wobei der größere 16 cm breit und 14 cm hoch ist. Der Abstand vom Substrat beträgt 9 cm.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures012/314275_19575591.jpg)
Bild 3 – Fruchtkörper im Schnitt: Trama und Porenschicht sind gleichfarbig rostbraun. Die Grenzlinie zwischen Trama und Porenschicht sowie die einzelnen Zuwachszonen sind nur schwer erkennbar.
Die Poren sind rundlich-eckig und sehr fein. Nach dem manuellen Auszählungsverfahren mit Hilfe der Software ImageJ [7] ergaben sich 134 Poren auf einer Fläche von 3x2 mm2 = 6 mm2, wobei man bei angeschnittenen Poren nur jede Zweite anwählt [5]. Rechnungsablauf:
134 Poren/6 mm2 → 22 Poren/mm2 → SQRT(22) Poren/mm → 4,7 Poren/mm.
Literaturvergleich: [1] & [6]: 5-7 Poren/mm; [2] & [3]: 4–6 Poren/mm.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures012/314275_41962596.jpg)
Bild 4 – Manuelles Abzählen der Poren mit der ImageJ-Software
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures012/314275_42119052.jpg)
Bild 5 – Ausschnitt aus Bild 4: Rundlich-eckige Poren, in die Hyphen hineinragen.
Das Hyphensystem ist dimitisch, mit 2-4 µm breiten, hyalinen Generativ- und 3-5 µm breiten, braunen, englumigen Skeletthyphen. Die beiden folgenden Bilder zeigen die Auskleidung der Poren. Da der Fund außerhalb der Sporulationsperiode stattfand und somit weder Basidien noch Sporen erzeugt wurden, und da der Tannen-Feuerschwann keine Hymenialsetae besitzt, sind nur die Enden generativer Hyphen zu sehen.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures012/314275_43527150.jpg)
Bild 6 – Porenauskleidung: dünnwandige, hyaline generative Hyphen sowie quergeschnittene, englumige, braune Skeletthyphen.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures012/314275_56200037.jpg)
Bild 7 – Porenauskleidung im Detail: 2-3 µm breite, hyaline, generative Hyphen (auch Cystidiolen?) und 3-4 µm breite, englumige, braune, meist quergeschnittene Skeletthyphen.
Basidien und Sporen gemäß [3]:
Sporenpulver weiß; Sporen globos bis subglobos, 6–8×5–7 μm, hyalin, glatt, etwas
dickwandig, dextrinoid; Basidien viersporig, clavat, ohne Basalschnalle.
Verwechslungsmöglichkeiten:
• Der Eichen-Feuerschwamm (Fomitiporia robusta) wächst an Eiche, wird genauso groß und ist nur über den Wirt zu unterscheiden.
• Der Sanddorn-Feuerschwamm (Fomitoporia hippophaicola) wächst an Sanddorn und bleibt kleiner. In den sonstigen Merkmalen unterscheidet er sich nicht.
Weiterführende Literatur:
• [1] BERNICCHIA, A. (2005): Polyporaceae s.l. – Fungi Europaei Vol 10: 409-410, 719.
• [2] BREITENBACH, J. & KRÄNZLIN F. (1986): Pilze der Schweiz Bd. 2, Nichtblätterpilze: Nr. 314.
• [3] DÖRFELT, H. & RUSKE, E. (2015): Die pileaten Porlinge Mitteleuropas: 274-275.
• [4] JAHN, H. (1979): Pilze die an Holz wachsen: Nr. 140.
• [5] MIGGEL, B. (2021): Porendichte-Bestimmung mit Kamera und PC. Südwestdeutsche Pilzrundschau, 2021,
Heft 2: 51-57.
• [6] RYVARDEN, L. & MELO, I. (2014): Poroid fungi of Europe: 320.
• [7] ImageJ-Homepage des National Institute of Health: https://imagej.nih.gov/ij/index.html
https://fundkorb.de/pilze/phellinus-hartigii-tannen-feuerschwamm
Viel Vergnügen mit dem Fundbericht!
Bernd
Alle Fundberichte in der Übersicht: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=42360.msg312080#msg312080
Fachausdrücke, Abkürzungen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41611.msg306729#msg306729
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Hallo Bernd,
wieder ein sehr interessanter Beitrag! Die Pilzmikroskopie ist erfreulicherweise ein richtiges Ganzjahresthema.
Wie würde man vorgehen, wenn man das Pilzmyzel im Holz, von dem sich der Pilz ernährt, sichtbar machen wollte? Gibt es da Färbungen, die eine gute Differenzierung zwischen der Zellulose des Holzes und dem Chitin des Pilzes ermöglichen?
LG
Jürgen
Hallo Jürgen,
das funktioniert mit Etzold-FCA einwandfrei: Tracheidenwände und Libriformfasern färben sich rot, während Holzparenchym, Epithelzellen der Harzkanäle (Nadelholz) sowie Pilzhyphen sich blau farben. Einfach mal ausprobieren, dünnen Holzschnitt anfertigen, einfärben und mikroskopieren, sieht klasse aus!
lg - Bernd
Hallo Bernd,
bisher habe ich immer nur den Gemeinen Feuerschwamm, der vor allem an Birken und Buchen wächst, zu Zunder verarbeitet. Weißt Du ob der Tannenfeuerschwamm dazu auch benutzt wurde? Der Name legt das ja nahe.
Beste Grüße
Gerd
Zitat von: Bernd Miggel in Dezember 07, 2021, 18:49:13 NACHMITTAGS
das funktioniert mit Etzold-FCA einwandfrei: Tracheidenwände und Libriformfasern färben sich rot, während Holzparenchym, Epithelzellen der Harzkanäle (Nadelholz) sowie Pilzhyphen sich blau farben. Einfach mal ausprobieren, dünnen Holzschnitt anfertigen, einfärben und mikroskopieren, sieht klasse aus!
Interessant, danke für die Info! Da habe ich ja gleich eine kleine Vorbereitungs-Übung für den angedachten Pilzworkshop.
Jürgen
Hallo Gerd,
der "Gemeine Feuerschwamm", den du meinst und aus dem man Zunder, Kappen, Hüte, Handtaschen etc. anfertigen kann, heißt eigentlich "Gemeiner Zunderschwamm", Fomes fomentarius.
Die Feuerschwämme, Gattungen Phellinus, Fomitoporia etc. lassen sich leider nicht für solche Dinge verwenden. Ich habe zu Weihnachten mir selbst eine Zunderschwamm-Kappe und meinen Enkeln je eine Zunderschwamm-Maus gegönnt.
Herzlichen Gruß
Bernd
Hallo Jürgen,
viel Erfolg für den angedachten Workshop!
lg - Bernd
Hallo Bernd,
Du hast natürlich recht: Zunderschwamm, nicht Feuerschwamm! Aber ja, ich werde es einfach mal ausprobieren Tannenfeuerschwamm gibt es bei mir hier auch.
Das "Leder" aus Zunderschwamm ist schon eine sehr genialer Stoff. Weißt Du von wo Deine Kappe stammt? Rumänien?
LG Gerd
Hallo Gerd,
Rumänien, aber in Deutschland bestellbar: http://www.pilzteam-bayern.de/?Produkte_aus_Zunderschwamm_-_veganes_Leder%21 (http://www.pilzteam-bayern.de/?Produkte_aus_Zunderschwamm_-_veganes_Leder%21)
lg - Bernd